Falkengrund, jenes kleine Dorf nahe Droskars Klippe, das größte Holzfällerkonsortium, ein kleiner Handelsposten und - eine große Gefahr: Eine gefährliche Seuche sucht Falkengrund heim. Seit kurzem erst sind typische Krankheitssymptome wie starker Husten mit oftmals blutigem Auswurf, Müdigkeit und Gliederschmerzen, bis hin zu Krämpfen und Atembeschwerden: Nicht selten haben all diese schon zum Tode geführt. Junge und alte, sogar einen der Dorfältesten hat die sonderbare Krankheit, welche von einem Pilz stammen soll, hinweggerafft. Ein solches Leid in einer Gegend, die so oder so schon nicht mit Glück und Wohlstand gesegnet ist: Jeder ist sich selbst der Nächste. Ein rauer Umgangston liegt in der Luft und nur der Kampf gegen die schreckliche Seuche vereint die Gemüter im Dorf manchmal. Tüchtig und stolz, die Holzfäller des Dorfes - harte Burschen, meist zu derben Späßen aufgelegt, doch auch sie und ihr Betrieb unter dem Lageraufseher und Vorarbeiter Zandag Tiedum, genannt "Zahltag", längst Heimgesuchte der Pilzkrankheit. Vorsteher Thuldrin Kreed hat vor einigen Tagen den Lieferungsstopp für einige wertvolle Hölzer aus dem Finstermondwald verhängt:
...Meine Männer sind nicht mehr dazu in der Lage diese schwere Arbeit zu erledigen. Der elende Husten, die dahinsiechenden Kranken, unsere eigenen Familien. Der Tod steht nahe neben uns, er lauert auf uns, bald wird er ganz Falkengrund im Griffe haben. Es muss etwas geschehen: Unsere Kräfte werden anderswo gebraucht, nur das Nötigste an Holz wird noch beschafft werden können. Die Lieferungen für die edlen Hölzer müssen einstweilen eingestellt werden. Wir brauchen jeden Mann! Und wir haben nicht mehr viele. Doch wir müssen weiterarbeiten, die Kleriker und Heilkundigen müssen das Problem lösen: Wo sind sie, wenn man sie braucht, die großen Männer und ihre berühmten Taten!?...
Nur ein kurzer Ausschnitt aus seinem Schreiben an den Vogt des Finstermondtals Deldrin Balson, aber dennoch aussagekräftig genug, um Falkengrund und seine Seuche auch über die Grenzen des Tals hinaus bekannt werden zu lassen. Die Vorsteher des Ortes selbst, eher minder interessiert solange es ihnen nicht selbst ans Leder geht: Doch auch vor den Aristokraten und wenigen Autoritäten Falkengrunds scheint die Seuche nicht Halt zu machen. Die zahlreichen Handelskarawanen, die das Dorf in der nahen Vergangenheit so oft besucht und bereist haben scheinen zu versiegen. Die letzte Quelle der Hoffnung, dass Abenteurer und Glücksritter ihren Weg in den, dem Tode geweihten Ort finden ist dabei zu versiegen...
An jenem Morgen, als Turin Hammerschmied sein Lager nahe des Dorfes abgebaut hat und endlich in den Ort selbst reist, ist überall ein Raunen und Tuscheln zu vernehmen:
"Die Bachmannsquelle... ja, genau die solls gewesen sein... dort hinaus, zum Tor und links... Wachposten haben sie stationiert... das Trinkwasser könnte knapp werden... aber nein, wir haben doch noch... und habt ihr gehört, sie sollen diesen Pilz gefunden haben... meine Nichte, hört ihr meine Nichte... was ist mit deiner buckligen Verwandtschaft, los erzähl schon... sie kennt sich aus mit den Pflanzen dieser Welt und sie sagt es sei wohl eine Ausbreitung des schwarzen Scheuerlings Schuld an unserem Übel... soso, was du nicht sagst... und ich bin trotzdem noch der Meinung, dass das alles nur eine Verschwörung ist... die wollen uns los werden hier... hart arbeiten müssen wir jeden Tag... und der Lohn?... Eine Portion Gift in den eigenen Brei... so er doch eh schon nichts besonderes... ach du, das glaubt dir doch keiner... red keinen Mist... alles Lügen und falsche Annahmen, die Götter strafen uns... Laster und Neid, Habgier und Boshaftigkeit... ich sage euch... kehrt um und alles wird be - na sei doch du ruhig...
Uneinigkeit in der Bevölkerung und doch wird Turin sofort bewusst: All das, was er bisher über den Ort gehört hat, über das Konsortium, die Seuche und das fehlende Heilmittel, all das scheint zu stimmen. Die Leute um ihn herum, allesamt ärmlich gekleidet und mit eingesackten Gesichtern, ihre Haut ist fahl und sie wirken kränklich und erschöpft. Zaghaft drehen sich die Köpfe nach seiner Gestalt um: unscheinbar ist er und wirkt selbst etwas heruntergekommen. Aber dennoch scheint irgendetwas an ihm die Leute zu faszinieren. Turin selbst aber fasziniert etwas anderes, auf seiner Suche nach Ruhm, Ehre und Arbeit hatte er sich erhofft im Konsortium den ein oder anderen Auftrag ergattern zu können, aber das scheint nun wohl zu spät. Gebannt starrt er auf ein kleines Holzschild, welches an der Tür des Geschäfts vor ihm, und den anderen gut zwanzig Dorfbewohnern baumelt. Eine hustende Menge, scheinbar wartend auf die morgendliche Öffnung und auf dem Schild, der Name des Geschäftes: "Wurzeln und Heilmittel". Scheint als hätte Turin den örtlichen Quacksalber-Laden gefunden, ob es dort vielleicht etwas zu holen gibt? Er ist nicht sofort Feuer und Flamme, aber als er seinen Blick nochmals über die wartende Schlange schweifen lässt scheint klar: Nachfragen kostet nichts, und die vor ihm, werden ihm keinen Job streitig machen. Plötzlich ruft einer aus der vordersten Reihe nach hinten, während sich die Stimmen und das Husten erheben:
"Ein Schild, ja Laurel, sie öffnet gerade wieder, dort im Fenster ein Schild - Botenjunge gesucht! Es scheint Neuigkeiten zu geben!"
Und wahrhaftig irgendwo scheint ein Funken Hoffnung aufzukeimen, ein Lächeln breitet sich aus über Turins zerfurchtem Gesicht...