Tyrome blickte dem verschwindenen Geist hinterher und grübelte. Aber er hatte den Moment dabei leicht geöffnet. Sezair gab sich immer so bescheiden und besaß doch so viel bemerkenswerte Macht. Tyrome hingegen, er besaß nur seinen Hammer und das Glück, genügend Schlachten bis zu diesem Tag überlebt zu haben. Und jeder, der eine Schlacht miterlebt hatte, wusste, dass das Überleben nur zu einem Bruchteil von den eigenen Fähigkeiten abhing. Ein verirrter Pfeil, am falschen Ort zur falschen Zeit zu sein und was es nicht alles für Todesmöglichkeiten gab, alleine während der Schlacht, doch viel mehr starben an Krankheiten in den Lagern, an leichten und doch in der Masse so schwer behandelbare Verwundungen und an den Strapazen der Märsche. Heldentode in der Schlacht, das war etwas für Legenden. Das Sterben dort war dreckig, eklig, blutig und oftmals lagen die Verwundete Stunden, manchmal Tage im Sterben auf den Schlachtfeldern und jammerten und klagten, beteten zu den Götter, gaben sich ihrem Delirium hin und wartete auf den Tod oder auf wundersame Rettung. Und oftmals gab es Menschen, die dieses nutzten, um zu plündern, weil sie das Plündergut zum Überleben brauchten. Tyrome hatte es einen Moment vor Augen, wie arme Menschen, denen der Krieg Hof, Hab und Gut genommen hatte, die Sterbenden plünderten, aber nicht die Kraft fanden, die Leidenden zu töten oder zu heilen, und aus Angst ihr Leid und das der Sterbenden verlängerte. Und all dies, es kehrte zurück in die Erinnerung des müden, alten Ritters, der seinen Herren Leoric verloren hatte. Es kehrte zurück wegen des Ausbruches des Geistes. Würde Tyrome, für das, was er seit jeher tat, auch eines Tages so büßen müssen? Tyrome blickte zu Sezair. Was für ein Tyrann Tyrome immer war, und wie selbstsüchtig. Er erinnerte sich gut an das erste Aufeinandertreffen mit Besnell und wie sie sich stritten, der Gelehrte und der Ritter, und jeder Stärke und Recht einforderte. Früher hätte Tyrome nicht vergeben, nicht vergessen, sondern versucht Besnell zu demütigen oder zu opfern, doch Sezair...er machte etwas mit Tyrome, als schenkte er dem alten Ritter das erste Mal nach all diesen Jahren der Furcht und Niederlagen, nach all den Demütigungen durch das Leben etwas. Es war keine Hoffnung, das war es mitnichten, aber es war eine gewisse Art Ruhe und erst der Geist erinnerte Tyrome an seine Rastlosigkeit und an seine Rachsucht. Ja, Tyrome erinnerte sich, dass er Lazarus stellen wollte, aber es war nicht mehr diese antriebslose Wut auf alles, was er nicht kontrollieren konnte. Tyrome war...sanfter geworden und doch erinnerte der Geist ihn daran, wie er wohl einst war und wie er wohl ohne Sezairs Sanftheit wieder sein würde. Tyrome schluckte und schloss den Mund.
"Ob der Geist und sein Leid der Manifestationspunkt Andariels ist? Hat sein unendliches Leid, wenn er verdammt ist, diese Welt nimmermehr zu verlassen und sogar uns hasst, Andariel angezogen, wie ein unendlich sprudelnder Quell. Weil sie sich ewiglich an seinem Leid ergötzen kann, da es niemals enden mag?", fragte Rhistle und blickte dorthin, wo eben der Geist verschwunden war. Tyrome schüttelte den Kopf. "Lasst uns aufbrechen. Ihr habt recht, Sezair. Wir können nicht alle retten, und wir sollten uns nicht an etwas aufreiben, welches uns noch unerklärlich ist. Unsere Kräfte sind erschöpft und unser Wille wird gebraucht. Andariel, mag sie auch bei der nächsten Begegnung spooten, nur mit uns gespielt zu haben, wird gewarnt sein."
Tyrome verstand das, was passierte auch nicht wirklich, als sah er es so, wie er die Dinge immer betrachtet hatte: wie ein Krieger. Dann ging Tyrome los. Es war Zeit, das Kloster hinter sich zu lassen.