Die restlichen Gefährten waren mehr oder minder erstaunt über das umfangreiche Wissen, welches plötzlich nur so aus dem Taldan heraussprudelte! Kwazeel griff geistesgegenwärtig nach seinem Wasserschlauch, bevor der Mystiker beleidigt reagieren würde, weil ihm keiner zur Hilfe eilte, und reichte dem Wissenshüter das gewünschte, kühlende Nass. Tolkwy, der sich noch Stunden zuvor doch ziemlich in den Haaren gelegen hatte mit Halas Martain stürzte trotz allem sofort auf den Mystiker zu und war ziemlich verdutzt, wozu der 'alte' Mann noch fähig war. All dies waren wirklich beunruhigende Neuigkeiten und Erkenntnisse: Etwas noch viel Böseres als vermutet oder erwartet schien hinter dem Scheitern ihrer Schiffsreise nach Eleder zu stehen. Doch noch kannten sie den wahren Gegner nicht: Die Gelehrte Ieana war ihr neuer Feind - nun war der letzte Vorhang gefallen - sie würden sie stellen müssen, so sie überhaupt noch am Leben und überhaupt noch auf der Schmugglerinsel zu Gange war...
Es war Eile angebracht, egal ob Aerys noch zu retten war oder nicht, hier waren dunkle und böse Mächte am Werk, deren Wirkung und vor allem Ziel sie noch nicht einzuschätzen wussten. Die Entdecker ließen den Ort das Innerste Heiligtum und den Tempel des Ydersius demnach ungeschändet und unzerstört zurück und drangen tiefer in das Höhlensystem ein: Vielleicht hatte sich Ieana, diese falsche Schlange, noch hier Unten irgendwo versteckt...
Zurück in der runden Kammer mit dem Steinsims folgte die Gemeinschaft dem Weg nach Süden und gelangten in eine kleine, langgezogene Höhle. Leer - bis auf einige verblasste Einkerbungen in der östlichen Steinwand, gerade noch so zu erkennen. Doch die Inschrift, die eher einem wilden Gekritzel glich, war in derselben, den Charakteren unbekannten Sprache geschrieben, wie die zuvor entdeckte Inschrift im Tempel des Ydersius!
[1] Doch dieses Mal waren keine ergänzenden Übersetzungen oder dergleichen angebracht, und somit schien eine Entschlüsselung unmöglich! Eine Warnung - oder doch nur eine wilde Notiz in völligem Wahnsinn?!
Gen Westen ging ein schmaler Gang hinab in eine weitere, größere Höhle: Auf dem im Fackellicht spärlich erleuchteten Boden lagen eine Vielzahl von Knochen verstreut. Die scheußlichen Überreste verrottender Toter waren allen Anscheins nach gierig und hungrig abgenagt worden - es waren sogar aus einiger Entfernung große Scharten und spitze Einkerbungen zu erkennen. Inmitten des Knochenhaufens saß ein weiterer, zischender Lacedon, der gerade genüßlich an einem großen Knochen nagte. Doch die Gefährten erschlugen das untoten Geschöpf der Finsternis, ehe es fliehen oder sich wehren konnte: Es war in der Unterzahl gewesen - doch im Todesmoment stieß der Lacedon noch einen gellenden Kreischer aus, der sich an den Höhlenwänden brach und durch die Höhle echote! Sollte es noch mehr untotes Gesindel hier Unten geben, so war es nun endgültig von den Eindringlingen gewarnt
[2]...
Einen Gang weiter, nach Norden, durch eine kleine Kaverne hindurch, hinab zu einem schmalen Sandstrand, dessen Wasser von mehreren Zuflüssen, vermutlich vom Meer selbst, gespeist wurde. Ein gewisser Seegang und Wellenschlag war jedenfalls am dunklen Ufer zu erkennen und die Lichter der Gefährten vollführten ein flimmerndes Schattenspiel auf den kleinen Wellenbergen. Es war unangenehm ruhig in der Höhle und nur das Plätschern des Wassers und einiger fallender Tropfen von der steinigen Decke war zu hören. Der Feind hatte sie erkannt und schien im Schatten auf sie zu warten....
Ein schmaler Pfad führte die Entdecker östlich in weitere, lange Höhle: Knochen, halb-verweste Körperteile und Algenfetzen! Wiederum ein Wasserzufluss im Norden - eine Verbindung zu dem vorherigen Höhlenabschnitt, zum dunklen Strand der Meereshöhle. Hier war das Hallen der Brandung etwas deutlicher zu hören und bestätigte ihren Verdacht über das Wasser der Höhle. Doch zu weiteren Gedanken hatten sie jetzt keine Zeit, denn wie vermutet wand sich der Feind nun mit aller Macht gegen sie! Drei Lacedons sprangen von der Höhlendecke, aus dem Dunkel des Steins auf sie herab und ergriffen sie. Kwazeel und Simue landeten im derben Würgegriff der Wesen und wurden ringend zu Boden gerissen. Tolkwy schlug machtvoll mit seiner Axt um sich und zerhieb sofort den Arm eines Lacedons, aus dem dickflüssiges und dunkles Blut qoll. Kreischend sprang das Wesen gen Norden von dannen und verschwand um eine Biegung. Auch Halas Nachsatz und ebenso erfolgreicher Hieb hielt das Wesen nicht davon ab. Auch, wenn es nun schwer verwundet war. Oblivio hatte derweil Simues Lacedon ergriffen und in auf sich abgewälzt. Einige heftige Faustschläge krachten in das entstellte Gesicht des Untoten und einen Augenblick später starb auch er - durch die zielsicher und voller Wut und Angst gewirkte Magie von Simue. Kwazeel konnte sich schließlich dank der schnellen Hilfe von Halas und Tolkwy auch seines Gegners entledigen. Jedoch trugen sowohl Oblivio, als auch Simue und vor allem Kwazeel einige Kratzer und kleinere Wunden davon
[3]...
Für einen kurzen Moment war es Still - dann brach völlig Dunkelheit über sie herein und ihre Fackeln spendeten nur noch für sie selbst Licht. Man konnte beinahe die eigene Hand vor Augen nicht mehr erkennen. Verwirrung und ein kurzer Anflug von Panik machte sich unter den Gefährten breit: Dies war die wahre Bedrohung, der wahre Gegner - der Anführer der Lacedons hier in der Tiefe?! Fürwahr, plötzlich schoss der schwer verletzte Untote wieder auf sie zu und versetzte Halas einen Hieb mit seinen langgezogenen Klauen
[4] - bevor der Mystiker das Wesen mit einem kräftig geführten Hieb in der Dunkelheit in den Tod schickte. Ihn störte es kaum, dass er wenig sah, er war diesen Zustand gewohnt. Doch seine Gefährten waren ziemlich verunsichert - im wahrsten Sinne des Wortes, dunkle Magie, war hier am Werke. Eine zischelnde und bösartige Stimme, im fremdartigen Infernalisch, erhob sich im Norden, während die Gefährten sich zusammenstellten, Rücken an Rücken, sich Deckung gaben in der Dunkelheit der Höhle:
"Wer stört meine Ruhe und tötet meine Diener - Klorak?! Ihr könnt es nicht sein, ihr wärt nie soweit gekommen, hahaha... Fremde, Abkömmlinge der Sonne, ihr seid dem Tode geweiht: Willkommen in meinen düsteren Hallen - wisset den Namen derer, die euch nun töten wird: Nylithati! Mutter Thrunezahn, hahaha..."Plötzlich verspürten die Magiekundigen unter den Entdeckern eine starke negative Sphäre um sich, ehe kurz darauf zwei schwarze Strahlen negativer Energie an den Gefährten abprallten und hässliche, magische Narben auf ihren Körpern hinterließen. Doch diese Narben würden sich wieder schließen und waren nicht von langer Dauer, so sie ihrem Feind gewachsen waren: Ansonsten war dies hier ihr endgültiges Schicksal...
Es entbrannte ein heftiger Kampf, Oblivio, Tolkwy und Halas stürmten voran in die Dunkelheit und suchten erfolreich nach Nylithati - Mutter Thrunezahn - einer mageren und grünhäutigen Lacedon-Frau. Lange und spitze Ohren, lange und spitze Zunge und ein verrottender Körper: Untot! Gekleidet, wenn man das so nennen konnte in zerfledderte Lumpen und um den ausgemergelten Hals eine Haarkordel mit einem aus Holz geschnitzen Miniatur-Schlangenschädel! Zwei Schläge verletzten die Trägerin der dunklen Macht und versetzten ihr tiefe Wunden. Simue und Kwazeel kämpften magisch gegen die Dunkelheit an und vermochten es die Wirkung des Zaubers aufzuheben. Nun erblickten alle die widerwärtige Gestalt von Mutter Thrunezahn!
"Haltet ein, ihr Narren - eure Beharrlichkeit ist beachtenswert: Ich möchte euch ein heiliges Angebot unterbreiten, hahaha..."Ihr furchterregendes Gelächter zerriss die plötzliche Kampfesstille in der Höhle, dann fuhr sie fort:
"Ein Leben jenseits des Tods - ich beiße euch, ganz sanft und vorsichtig, und das Ghulfieber wird euch zu meinen treusten und besten Gefährten machen! Meine neuen Kinder - löst eure Hände von euren schändlichen Waffen, richtet sie nicht gegen mich - kommt in meine Arme!..."Ein verführerisch bösartiges und hinterlistiges Zischeln entrann ihrem verzerrten und vergangenen Schädel. Der böse Gedanke bahnte sich schnell seinen Weg durch die Gehirngänge der Gefährten - doch Tolkwys erneuter Axthieb gegen Nylithati war eine eindeutige und klare Ablehnung des Angebots: Die einzig, wahre Wahl war getroffen! Nun waren sie nur noch Futter für Mutter Thrunezahn und sofort wirkte die untote Klerikerin einen weiteren Zauber - und dichter Nebel hüllte die Gefährten ein. Doch mit vereinter Kraft gelang es ihnen schließlich Mutter Thrunezahn zu Boden zu reißen und ihr den Todesstoß zu versetzen. Die alte Dame kämpfte fanatisch bis zum bitteren Ende und versuchte Mal um Mal den Geist der Gefährten ins Chaos und die völlige Verwirrung zu schicken. Doch sie alle blieben stark und halfen, trotz weiterer magischer und körperlicher Wunden durch die Lacedon-Frau
[5], die Ausgestalt des Bösen in dieser, ihrer eigenen Höhle zu besiegen: Der Kampf war vorüber - der Nebel lichtete sich und das Unheil und Grauen in diesem Höhlensystem war vernichtet und beseitigt...
Erleichterung machte sich unter den Gefährten breit und gemeinsam waren sie nun bereit sich erstens zu heilen und zu erholen, die restliche Höhle auszukundschaften und schließlich siegreich zu ihren Gefährten ins nunmehr völlig sichere Thrunezahnlager zurückzukehren!...