Während Kwazeel und die Anderen sich um die Nachtwacheneinteilung kümmerten hatte sich Simue schon zur Ruhe gelegt. Sie hatten ein Lager, sie hatten einen Sieg errungen und Morgen lag schließlich auch noch ein Tag vor ihnen: Mit keinen geringeren Gefahren, wenn ihre Vermutungen und Gedanken auch nur einigermaßen stimmen sollten...
Lediglich Ischiro und Halas Martain blieben noch kurz am Feuer sitzen, während sich Tolkwy zur ersten Wache auf den kleinen Turm im Thrunezahnlager begab und es sich einrichtete - er würde später Dan zur zweiten Wache wecken und Kwazeel würde den Frühdienst übernehmen. Dem Rest hatten sie es freigestellt. Jeder hat heute einen großen Dienst geleistet und sein Leben riskiert - die nicht so Kampfeserfahrenen unter ihnen würden den Schlaf und die Erholung dringend benötigen...
Der alte Tian berichtete dem Mystiker erfreut über die Nachfrage von seinem Gemütszustand, welchen er als äußert verbittert, aber zufrieden darstellte. Ischiro fühlte sich nicht mehr wohl auf der Schmugglerinsel, und auch seine Bindung zur Gruppe und der Hang zum Abenteuer schien nachzulassen. Er wollte endlich seine Reise nach Eleder vollenden und eigentlich gab es nichts mehr, was ihn hier hielt: Bis auf die seltsame Gelehrte und das fehlende Transportmittel vielleicht. Gesundheitlich ging es dem Tian den Umständen entsprechend gut, er war erschöpft und müde und Geliks Gequassel hatte ihn in den letzten Stunden vielerlei Nerven gekostet. Er äußerte sich aber nicht weiter über den Gnom und verwies Halas an Tolkwy. Es schien, als hätte Gelik Ebberschwinge einen neuen 'Herren' gefunden: Tolkwy Rotus. Vielleicht würde sich Morgen eine Gelegenheit zum Gespräch ergeben. Die Beiden beließen es jedenfalls dabei und legten sich schlafen...
Die Nacht im Thrunezahnlager verlief ruhig und ohne Zwischenfall. Die Wachablösungen hatten allesamt funktioniert und jeder hatte eine erholsame Nachtwache hinter sich gebracht. Das gemeinsame Frühstück fiel etwas wortkarger aus als die gestrige Erkundungstour in den Höhlen der Mutter, aber dennoch war man sich einig: Man würde die Gruppe spalten für den heutigen, und vielleicht auch den morgigen Tag - das konnte man noch nicht abschätzen!
Ein Teil der Gruppe, darunter Ischiro und Gelik, aber auch Dan und Tascha, würden zurück im Lager bleiben und die Hütten weiter herrichten. Den Leuchtturm reinigen und erste Versuche starten ihn wieder in Betrieb zu nehmen. Ebenso wollten sie sich um eine Vorratssichtung kümmern und Feuerholz sammeln. Ein neues Basislager war gefunden und wollte in Betrieb genommen werden...
Der Rest der Gruppe würde sich aufmachen gen roten Berg und versuchen Aerys zu retten - so noch etwas von ihr zu retten war - und das Naturspektakelvom gestrigen Tage untersuchen: Die Vermutung lag nahe, dass die Gelehrte Ieana irgendetwas mit diesen Vorkommnissen zu tun hatte - sie war inzwischen ziemlich eindeutig als Schuldige für ihren Aufenthalt auf der verfluchten Insel entlarvt und hatte womöglich noch Größeres, noch Böseres mit ihnen und der gesamten bekannten Welt vor...
Doch noch bevor die Gefährten aufbrechen konnten begann sich das Schauspiel vom Vortag zu wiederholen, zumindest teilweise. Es waren keine Blitze oder lodernde Wolken um die Spitze des Berges herum zu sehen, aber die Geräuschkulisse stimmte: Ein ohrenbetäubendes Donnergrollen und Grummeln setzte an und schwang sich mit seinen tiefen Frequenzen inmitten ihrer Magengruben. Zwar ließ die Lautstärke sogleich nach, aber das monotone Grummeln hielt vorerst an. Sie beschlossen gemeinsam, etwas erschrocken und schmunzelnd zugleich, dass dies wohl das Zeichen zum Aufbruch sein musste und zogen ostwärts, den Pfad der Kannibalen entlang in den Dschungel...
Etwa zur Mittagszeit rasteten die Gefährten an der ihnen altbekannten Kreuzung, welche sie aus Norden herbeigeführt hatte und berieten gemeinsam ihr Vorgehen vor Ort. Allmählich hatte das Geräusch aus Richtung des Berges nachgelassen und war schließlich sogar völlig verstummt. Sie würden dort eine Opferstätte oder Ähnliches finden, vielleicht einen weiteren Tempel, vielleicht aber auch einfach nur ein zweites Kannibalenlager - wer wusste das schon! Auf jeden Fall lag auch die Vermutung nahe, dass die auf den Fresken abgebildeten Obelisken vort Ort waren und eventuell diese Aerys Aufenthaltsort verraten, beziehungsweise sein könnten. Unter regen Gesprächen zog die Entdeckertruppe weiter...
Teils genoßen sie sogar die Flora und Fauna, welche die Schmugglerinsel ihnen darbot. Kaum wilde Tiere, lediglich ein Paar Schockechsen sprang sie von einem niedrigen Baum herab an und attackierten sie. Vergeblich, zu geschickt und eingespielt waren die Gefährten inzwischen und schnell hatten sie sich dieser Bedrohung entledigt. Die weitere Reise verging ohne größere Zwischenfälle...
Gen späten Nachmittag war es dann endlich soweit: Die Ausläufer des roten Berges lagen vor ihnen - einige grasbedeckte Hügel führten, ein kleiner Trampelpfad voraus, hinauf gen felsige, rote Spitze. Doch schon wenige hundert Meter vor ihnen erhob sich, Bäume gab es hier kaum noch welche, genauso wenig wie größere Sträucher, eine Klippe, die hinaus ins Meer stand - ein Vorsatz zum roten Berg, scheinbar verbunden durch einige kleine Holzbrücken. Und auf dieser Klippe standen, das ließ sich zumindest schon relativ gut erkennen, vier Steinmonolithen! Sie waren ihren gesteckten Zielen also schon ziemlich nahe gekommen, jetzt lag es an ihnen das weitere Vorgehen festzulegen. Bis Sonnenuntergang hatten sie noch einige Stunden...
Aber ob Aerys Mavato diese Zeit auch hatte?!...