Autor Thema: Der Tag beginnt um Mitternacht  (Gelesen 2312 mal)

Beschreibung: Scarlets Abschied

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Scarlet

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Der Tag beginnt um Mitternacht
« am: 14.07.2011, 18:45:02 »
Tief in der Nacht klopft Scarlet an der Tür zu Gharts Zimmer. Nach einigen langen Momenten öffnet der Zwerg schlaftrunken und Scarlet gebietet ihm mit einigem Winken, dass er auf den Gang treten und die Tür schließen soll, dass die anderen nichts mitbekommen. Scarlet ist komplett angezogen und hat ihren Rucksack neben sich an die Wand gelehnt. Ghart blickt sie erstaunt an. "Wahrscheinlich hat er schon verstanden ... ", denkt Scarlet. Für einen Moment erwägt sie, sich einfach umzudrehen und aus dem Gasthaus zu flüchten. Stattdessen zuckt sie müde und resigniert mit den Schultern und für einen Moment ist es still.

"Ghart," hebt sie sachte an, "Du bist ein Zwerg und ich weiß, dass Dein Volk gewohnheitsmässig ein gegebenes Wort hält und selbst dann, wenn die Kacke mal richtig am dampfen ist. Wir Menschen sind da anders ... , wir sind wankelmütiger. So bin ich auch. Morgen bin ich weg ... und sag' nur 'Auf Wiedersehen'", erklärt sie. Die Worte verklingen und es kehrt wieder Stille ein. Sie verzieht das Gesicht und blickt vor Verlegenheit zu Boden. "Vielleicht überrascht es Dich, dass ich mich gerade bei Dir verabschiede. Dir, dem Zwerg. Ich kann mir ja denken, was Du jetzt denkst - und wahrscheinlich trifft das meiste auch zu. Ich habe nie für mich in Anspruch genommen, besonders mutig zu sein. Oder heldenhaft. Oder ehrenhaft. Diese Tugenden wurden weder bei den Summerfields[1], noch im Krieg und erst recht nicht in der Gosse gelehrt. Ich habe immer danach gucken müssen, wie ich mich aus der Scheiße rette, bevor sie mich erdrückt." Ihr Stimme war leise und sie ringt um Worte. Sie sucht Gharts Blick.

"Denke bitte nicht lange schlecht über mich. Ich bin nur ein kleines Mädchen aus der Gosse. Die ganze Sache wird 'ne Nummer zu groß für mich. Erst die Seuche, die Barbarenkrieger, diese skrupellosen Verbrecher... und dann auch noch Dämonen? Ich weiß, Du wirst trotzdem bleiben. Aber ich bin nicht Du. Ich bin aus einem anderen Erz geschmiedet." Ihre Stimme wurde lauter und langsam röten sich ihre Wangen und ihre Stimme wird angriffslustig. Doch zweifelslos aus Scham. "Verdammt, vielleicht seid ihr alle wahnsinnig oder habt bereits alles verloren. Doch es ist einfach, mutig zu sein, wenn man nichts mehr hat. Weißt...", abrupt bricht sie ab. Sie schließt die Augen und murmelt ein 'Entschuldige bitte'.

Wieder ruhig und leise erklärt sie weiter. "Ich bin doch nur ein kleines Mädchen aus der Gosse. Ich will doch nur etwas Sicherheit, ein Zuhause und das kleine Glück. Mein Entschluss steht fest, ich hol' mein Mädchen aus dem Waisenhaus und bin weg, noch bevor die Sonne aufgegangen ist. Sag den anderen, dass es mir leid tut."
 1. Ein Adelsgeschlecht aus dem garten, das in den vergangenen Kriegen unterging
« Letzte Änderung: 14.07.2011, 18:48:04 von Scarlet »

Ghart

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Der Tag beginnt um Mitternacht
« Antwort #1 am: 14.07.2011, 20:17:22 »
Nicht nur, dass der Zwerg einen langen, einen enorm zähflüssigen, dreckigen, blutigen Tag gehabt hat und dementsprechend müde ist, es wird auch noch sein Schlaf gestört. Der Zwerg hat an einem Bein ein Lederband, auch wenn er sonst nur einen Unterrock trägt. Im Lederband steckt ein Dolch. Unbewaffnet ist dieser Zwerg nie. Sofort kann Scarlet die rituellen, formvollendeten Narben auf den Schien- und Wadenbeinen sehen, welche tief mit einander verwoben sind und in der Form stilisierte Drachen darstellen[1]. Die Drachen schauen nach außen. Die Ränder wurde mit roter Farbe nachtätowiert. Der Zwerg hat sonst niemanden ein Blick auf seine Beine gewährt, sie waren immer mehr verpackt, als es bei diesem Wetter notwendig gewesen ist. Wahrscheinlich hat sie den Zwerg auf dem falschen Fuß erwähnt. Er achtet selbst nicht darauf, sondern sein Blick wird furchtbar grimmig.
"Bei Dol Dorn, Scarlet, hast du mir nicht zugehört? Du kannst nicht alleine gehen. Wir sind in Gefahr und es ist schon furchtbar törricht hier keine Wachen aufgestellt zu haben. Sie sind uns auf den Fersen und da du aus diesem Loch kommst, kennen sie dich besser als uns."
Ghart blickt auf den Rucksack von Scarlet und dann in ihre Augen.

Der Zwerg wischt sich die linke Hand durch das Gesicht und zieht sie dann dem Bart hinab, er verdreht die Augen dabei. Eine Geste der Verzweiflung. "Ich denke nicht schlecht über dich und ich weiß auch, dass ich dich nicht zurückhalten kann. Aber..." Der Zwerg stockt, hält inne und wischt sich nochmal durch das Gesicht. "Was fällt dir überhaupt ein, so zu gehen? Warum ausgerechnet dann, wenn es am gefährlichsten ist? Warte noch bis zum Morgengrauen, bevor du in die Stadt gehst. Jetzt sind die Feinde unterwegs, tagsüber findest du schnell Hilfe..." Der Zwerg zweifelt einen Moment daran, ob er richtig zugehört hat. "gerade wenn du...dein Kind holst und dann bei dir hast."

Der Zwerg verschränkt die Arme und dreht Scarlet den Rücken zu, damit sie nicht sieht, dass sein Blick für einen Moment etwas weicher wird. Scarlet kann erkennen, dass in der Mitte seines Rücken weitere Skarifizierungen sind, jene sind jedoch nicht an den Rändern betont. Sie sind Runen und bilden irgendein Wort[2]. "Eigentlich müsste ich dich solange prügeln bis du windelweich bist und deine Meinung änderst. Ich könnte Pavel, Bolbas oder die ganzen anderen wahrscheinlich verletzen, aber bei dir kann ich es nicht. Frag mich nicht warum, aber dich kann ich nicht bewusstlos schlagen." Er pausierte einen Moment, in dem er sich zurückdreht.
"Ich will nicht, dass du mit falschen Bildern von Zwergen gehst, solltest du es schaffen. Wir halten genauso wenig unsere Worte, wie ihr Menschen es tut. Wir wissen nur besser Vertrauensbrüche zu kaschieren. Auch wir Zwerge müssen uns immer wieder aus der Scheiße retten, die wir oder andere uns einbrocken." Er atmete tief ein. "Nein, Scarlet, du brauchst mich oder mein vermaledeites Volk nicht in die Höhe recken, damit deine angeblichen Verfehlungen verächtlicher wirken. Ist Bolbas mutig? Nein, ihn treibt seine Pflicht, aber er geht daran langsam geistig zu Grunde. Ist Rendal mutig? Er ist der einzige Ermittler unter uns, aber getraut sich noch nicht, das Kommando zu übernehmen. Ist Pavel mutig? Er benötigt einen Engel, um sich seiner eigenen Möglichkeiten bewusst zu werden und er wird getrieben aus Sorge und der Verpflichtung Freunden gegenüber. Ist Dayn mutig? Auch ihn treibt die Angst um seinen Vater und nicht gleißendes Licht. Ist Gillivane mutig? Sie ist vielleicht naiv. Ist Ghart mutig? Nein, Scarlet, du hast es erkennt. Ich habe alles verloren und nichts mehr zu verlieren. Anfangs wirkte es wie ein beschwingtes Abenteuer, ich lernte Redril kennen und dann dich. Das erste Mal habe ich auf Sonnenschein statt Regen gehofft. Aber wahrscheinlich muss ich dankbar sein, dass ich mich nicht so gut mit euch anfreunden konnte, dass es mir noch mehr Schmerzen bereiten muss. Dass ich euch nicht schon sein Monaten kenne...auch wenn ich eher das Gefühl habe, dass dem so sein könnte."

Der Einzahn hat noch immer eine abwehrende Haltung, wie seine verschränkten Arme zeigen, doch jetzt lässt er sie fallen.
"Ist Scarlet mutig? Mutiger als alle anderen in diesem Haus. Sie macht nicht nur weiter, weil sie nichts mehr zu verlieren hat oder weil sie sich davor schämt, dass andere schlecht von ihr denken könnten. Sie geht nicht Wege, von denen sie zu wissen glaubt, dass sie diese nicht gehen kann. Vielleicht mag es aus der Sicht der Stadt beschissen sein, aber wen will die Stadt verurteilen? Sie hilft sich kaum von sich aus. Es sind Männer und Frauen von außen gewesen, welche die ersten Hilfeimpulse gesetzt haben. Wenn sie verurteilen, dass jemand aus ihrer Mitte Angst um ihr Leben, um ihr Blut, um ihre Nachkommen hat, dann wollen sie nur davon ablenken, dass sie selbst Angst haben und vor Angst gelähmt sind. Nur dass sie sich nicht, im Gegensatz zu einer Scarlet, nicht selbst zu helfen wissen. Du bist sicherlich eine Einzelgängerin, aber dann ist dem so. Und es ist sicherlich so, dass es verzweifelte Idioten wie Ghart braucht, um hier aufzuräumen."

Der Zwerg greift unter seinen Bart und nestelt einen Beutel los, den man unter dem dichten Bart nicht sieht. Er nimmt ein paar Münzen heraus und behält sie in der hohlen Hand und wirft ihn dann Scarlet zu. "Was? Guck nicht wie 'ne Milchkuh. Ich habe seit Jahren unter Pennern und Halunken gelebt. Ich weiß, wo ich mein Gold verberge." Ghart zwinkert kurz und versucht dadurch einen souveränen Eindruck zu machen. In Wirklichkeit versucht er eine sich ankündigende Träne wegzublinzeln. "Das ist für dich und dein Balg. Pass ja auf, dass es durchkommt und sieh zu, dass du durchkommst, Scarlet. Auf Wiedersehen."
 1. Rituelle Skarifizierung
 2. Das ist der Name seiner ermordeten Ehefrau: Marjena

Scarlet

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Der Tag beginnt um Mitternacht
« Antwort #2 am: 16.07.2011, 19:58:16 »
Scarlet ist tatsächlich mehr als verwundert, als Ghart den Lederbeutel aus seinem Bart hervorholt. Irritiert lässt sie ihn sich in die Hand drücken und behält ihn vor der Brust. "Danke ... ", murmelt sie. Als sich Ghart von ihr wegdrehen will, erwacht sie aus ihrer Verwunderung. "Warte, Ghart!", ruft Scarlet aus und streckt den Arm aus, nur um ihn sogleich wieder sinken zu lassen. "Mir ist klar, dass ich Dir ganz gehörig vor den Kopf stoße. Der Rest ist mir egal, doch ich will nicht, dass Du mich mit Ingrimm in Erinnerung behälst. Das ist mir wichtig. Sehr wichtig sogar."

Sie atmet tief durch die Nase ein, dass sich ihr Brustkorb - wie manche meinen würden - aufreizend anhebt. Dann seufzt sie geräuschvoll auf. "Weißt Du, Ghart, ich fühle mich wie dieser Candide aus diesem Roman[1]." Entschuldigend verdreht sie die Augen. "Das ist nichts, was man unbedingt gelesen haben muss. Es geht um einen kleinen Mann, dem immer und immer wieder erzählt wird, was für ein schöner Ort die Welt doch sei. Dies gilt sicher für sein Schloss, doch als er dem Herren auf die Füße tritt, wird er hinausgeworfen und muss sich von da an alleine durchschlagen. Auf seinen Reisen wird er mit der Realität konfrontiert und wird Zeuge von Leiden, Kriegen und der ganzen anderen Scheiße. Schließlich lässt er sich auf einem kleinen Landgut nieder, wo er der Sinnlosigkeit seiner Existenz nur noch seinen kleinen Garten entgegensetzen kann." Sie macht eine kleine Pause, um Ghart die Gelegenheit zu geben, die Geschichte nachzuvollziehen. "Ich bin auch so ein kleiner Candide. Geboren mit dem goldenen Löffel im Maul, im Krieg vom hohen Ross gefallen, versumpft in der Gosse. Ich habe so viel gesehen und es ist mir jetzt alles zu viel. Und ich will nur noch ausreißen und meinen kleinen Frieden finden. Mich um meinen persönlichen Garten kümmern - und das ist meine Tochter."

Als sie das erklärt hat, steckt sie den Beutel ein. "Mir widerstrebt es, Deine Kohlen anzunehmen. Aber ich würde lügen, würde ich behaupten, sie nicht gebrauchen zu können." Sie verzieht den Mund und kramt in einer Ihrer Taschen und zieht eine kleine goldene Brosche hervor[2]. "Hier, nimm wenigstens diese. Wenn's eng wird, dann kannst Du sie versetzen. Ansonsten kannst Du sie ja behalten ... ", als Erinnerung., vollendet sie den Satz in Gedanken. Eine einzelne Träne rinnt ihr über die Wange. Doch ihre Stimme bleibt fest.

Da sie glaubt, den Zwerg noch immer nicht voll und ganz überzeugt zu haben, fügt sie noch hinzu: "Mach Dir keinen Kopf - ich komme schon durch. Ich kenne die Gassen besser als jeder andere und kann mich fast unsichtbar machen, wenn ich will. Und zur Not kenne ich auch das eine oder andere Versteck." Sie nimmt ihren Hut ab und rollt ihn zusammen und steckt ihn in eine der Manteltaschen. Anschließend zieht sie sich einen dunkelgrünen Gugel[3] über, der ihre auffälligen, roten Haare verdeckt.
 1. Voltaire - Candide oder der Optimismus
 2. Brosche aus Gold mit Smaragden besetzt (von Gwen gestohlen, 35 Galifar)
 3. Gugel
« Letzte Änderung: 16.07.2011, 20:10:07 von Scarlet »

Ghart

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Der Tag beginnt um Mitternacht
« Antwort #3 am: 18.07.2011, 21:02:57 »
Ghart nimmt die Brosche widerwillig an sich, erst als er es in Gedanken zum Erinnerungsstück erhebt, und seufzt abermals. "Weißt du, Scarlet. Ich sage es am Besten in der Sprache, welche mir im Mark ist. Du bist dein eigener Schichtmeister[1]. Du weißt selbst, wann das Malochen für dich aufzuhören hat. Deine einzige Verantwortung ist dir und deiner Tochter gegenüber. Du hast diese sein lassen, ehedem dies hier alles geschah. Wenn wir die Hauer[2] waren, welche dir den Flöz[3] deiner Bedürfnisse und Ängste zeigen konnten und du jene Mineralien, also dein Kind und ein Leben ergreifen möchtest, ja, dann ist das so. Du brauchst mich nicht mehr überzeugen. Ich nehme dir das nicht übel und das kann ich nicht. Hätte ich Frau und Sohn oder Tochter, ich würde selbiges Wagnis eingehen, würde auch nach frischer Luft schnappen statt in tiefe, unwegsame, unbekannte, frisch gesprengte Schächte zu klettern, in denen der Grundwasserpegel schneller steigt als mir lieb sein kann. Erst recht, wenn ich mein Leben unter Tage verbracht habe und all den Staub, die Dunkelheit, die ewige Feuchtigkeit und Kälte nicht mehr sehen will. Dann ist ein Licht nach allen den Jahren wie ein Sonnenstrahl."
Der Einzahn hält die Brosche in seiner großen, rechten Hand. Es wird schwer sein, dieses hübsche Schmuckstück nur mit Scarlet zu verbinden. Er wird es zwangsläufig auch immer mit den Ereignissen, unter denen sie zusammenfanden als Kampfgefährten und sich wieder trennen mussten, verbinden. Aber welchen Gegenstand kann man schon mit exakt einer Erinnerung verbinden? Ghart kann dies zumindest nicht.

Er blickt Scarlet nochmal ins Gesicht, will noch einmal ihr Antlitz anschauen, bevor sie sich auf den langen Weg, die Schächte und Stollen hinauf, in das Tageslicht macht. Ghart hat selten für andere gebetet, noch seltener für Menschen, die er nicht einmal ein paar Tage kennt, aber für Scarlet will er es tun.
"Es ist besser, wenn ich zurück in mein Bett gehe und du deinen Weg gehst. Ich hoffe, du hälst dein Wort und kannst dich und dein Mündel in Sicherheit bringen. Auf Wiedersehen."
Der Zwerg blickt noch einmal auf die Brosche, dann auf Scarlet. Er dreht sich langsam um und verschwindet wieder in sein Zimmer. Jedoch legt er sich nicht hin. Missmutig und mit einem schlechten Gefühl in der Magengegend stellt er sich an das Fenster. Immer wieder blickt er auf die Brosche und dann durch das Fenster in die Nacht. Still betet er zu Dol Dorn[4], dass dieser Scarlet und ihr Mädchen auf ihrem Weg schützen möge.
 1. Schichtmeister - Ghart hat in der Vergangenheit immer mal wieder die Sprache seiner Bergbauvergangenheit genutzt.
 2. Hauer
 3. Flöz
 4. Dol Dorn
« Letzte Änderung: 18.07.2011, 21:51:31 von Ghart »

Scarlet

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Der Tag beginnt um Mitternacht
« Antwort #4 am: 18.07.2011, 22:14:33 »
"Auch du pass auf Dich auf, Ghart! Auf Wiederseh'n!", sagt Scarlet, als sich der Zwerg schon von ihr abwendet. Sie blickt dem Zwerg hinterher, wie er in dem dunklen Zimmer verschwindet und wischt sich die Träne ab. "Auf Widerseh'n", murmelt sie dann noch einmal, als sich die Tür schon geschlossen hat.

Sie bleibt noch etwa eine Minute vor der Tür stehen, unfähig, sich ebenfalls abzuwenden. Es fällt ihr schwer jetzt zu gehen; ohne Frage, wegen Ghart. Sie fühlte sich nicht romantisch zu ihm hingezogen - weiß Gott nicht! Vielmehr war es eine dieser seltenen Fälle, in denen man jemanden kennenlernte und bereits nach wenigen Minuten das Gefühl hat, unter demselben Stern geboren worden zu sein. Es war ein gewisses Grundvertrauen von Anfang an dagewesen. Es war schon auffällig, dass sie seine Nähe gesucht hatte, obgleich er ständig trank. Sie hatte Angst vor betrunkenen Männern gehabt, seit ... - Sie windet vor seelischer Pein den Kopf bei dem Gedanken. Sie hatte das Gesicht ihrer Tochter seit etwa einem Jahr nicht gesehen. Sie hoffte, dass sie nach ihr geraten würde.

Diese schreckensreichen Gedanken gaben ihr den Impuls, endlich das Gasthaus zu verlassen. Sie fasst hinter den Mantel und zieht ihren Dolch und steckt ihn griffbereit in den Gürtel. Dann stieg sie leise die Treppe hinunter. Sie denkt noch einmal an Ghart. Vielleicht war es das letzte Mal gewesen, dass sie ihn gesehen hatte. Da kommt ihr etwas in den Sinn. "Wer ist Marjena?", fragte sie sich. Vielleicht würde sie es erfahren, wenn er die Nachricht fand, die sie in das kleine Fach der Brosche getan hatte:

Enge Gasse - Verfallenes Haus - Gneis - In vier Wochen.

Dann tritt sie hinaus in die Dunkelheit. Nur noch einmal blickte sie zu dem Fenster, meinte sich eine Bewegung einzubilden, und verschwindet dann in den Gassen[1].
 1. Full Throttle Soundtrack - Smooth Escape
« Letzte Änderung: 18.07.2011, 22:17:15 von Scarlet »