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Autor Thema: Kapitel III - Söhne des Gruumsh  (Gelesen 32591 mal)

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Ultan

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Kapitel III - Söhne des Gruumsh
« am: 14.07.2011, 18:49:37 »
Einundzwanzigster Tag des Uktar, TZ 1372 im Jahr der wilden Magie:

Vaêl taucht die Feder ein letztes Mal in das Tintenfäßchen und unterschreibt das vor ihm liegenden Pegamentbogen mit seinem Namen. Geduldig wartet er bis die Tinte getrocknet ist, bevor er den Brief zusammenrollt und versiegelt.
Der Kleriker lehnt sich auf dem harten Holzstuhl zurück und spreizt die vom Schreiben verkrampften Finger. Sein Blick fällt auf den alten Folianten, den er vor über einem Zehntag aus den Tempelruinen in Alt-Phlan geborgen hat und der ihm seitdem keine Ruhe mehr lässt.
Mithilfe Kalokins magischer Künste war es ihm möglich gewesen das verzauberte Schloss zu entfernen, doch das aufgeschlagene Buch hatte mehr Rätsel aufgegeben als gelöst. Mit großer Mühe gelang es Vaêl in den letzten Tagen einen Teil der antiken Schrift zu entziffern und er ist sich fast sicher, dass es sich um die uralte Sprache der Einwohner Nesserils handeln muss. Den wenigen Sätze die Vaêl verstanden hat, ist zu entnehmen, dass es sich bei dem Inhalt des Folianten um eine Art Heldenerzählung handelt. Was Vaêl allerdings in Aufregung versetzt hatte, war die Tatsache, dass er beim Lesen des Textes mehrmals auf ein eine Abfolge von Runen gestoßen war, die in alter Zeit den nesserischen Sonnengott Amaunator bezeichnet hatten. Offenbar handelt das Buch von einem Champion Amaunators oder - eine Möglichkeit die Vaêl fast um den Verstand bringt - von Amaunator selbst.
In jedem Fall musste der Orden der Sonnenseele von diesem Fund in Kenntniss versetzt werden!
Nachdenklich schweift der Blick des Klerikers zum Fenster.

Trübe Regenwolken bedecken den Himmel, doch für die Bewohner der Mondsee war dies ein alltäglicher Anblick und niemand schert sich um die paar Tropfen die gelegentlich vom Himmel fallen. Bolmurs Blick streift die am Himmel vorbeiziehenden Wolkenfetzen kurz, dann richten sich seine Augen wieder auf den Horizont. Obwohl der Nordmann sich ein wenig an das städtische Treiben gewöhnt hat, bevorzugt er doch nach wie vor die rauen Ebenen und so trifft man ihn häufig draußen vor der Stadt an, wo er ausgedehnte Streifzüge durch die Felder und Hügel unternimmt. Innerhalb einer Woche hatten sich die Bauern an die riesenhafte Gestalt Bolmurs gewöhnt und nun nickt man ihm gelegentlich zu, wenn sein Weg zufällig an einem Hof vorbeiführt.
Heute wirkt der Nordmann unruhiger als sonst, so als suche er etwas. In der Tat kommt es Bolmur schon seit den frühen Morgenstunden so vor, als hätte er etwas Wichtiges vergessen. Irgendeine Sache, eine Angelenheit von Ehre, und je mehr er darüber nachdenkt, desto unwohler wird ihm. Ein Donnergrollen rollt aus der Ferne über die Ebene und plötzlich fällt es Bolmur wie Schuppen von den Augen. Hastig reißt er sich seinen Rucksack vom Rücken und wühlt fieberhaft darin herum, bis er einen zerknickten und fleckigen Umschlag hervorzieht. Wieder donnert es in der Ferne, so als würde ein zorniger Gott seinen Unwillen über Bolmurs Verfehlen kundtun wollen.

Kâdir zuckt zusammen, genau in dem Moment, indem das zweite Donnern zu hören ist. Doch ist es nicht das Wetter, was den Unwillen des Waldläufers erregt, sondern die kleine hastig gekrakelte Nachricht in seiner Hand. Der Südländer hatte gerade nach einer kleinen Jagdpartie und mit zwei fetten Kaninchen am Gürtel wieder Nat Wylers Glocke betreten wollen, als ein strohblonder Junge ihn angehalten hatte. Der Knabe sagte er hätte eine Botschaft für Kâdir und er würde eine Silbermünze für die Überstellung bekommen. Ärgerlich knurrend warf der Waldläufer dem Kind eine Münze hin und ehe er sich versah, war der Junge schon wieder davongerannt.
Mit missbilligendem Blick betrachtet Kâdir nun den schlampig gefalteten Zettel auf dem geschrieben steht:

Es gibt da jemanden der euch sprechen möchte.
Trefft mich heute Abend bei Kutos Brunnen

Fellian

Kalokin blickt neugierig auf, als die Tür der Glocke aufgestoßen wird und ein missmutig dreinblickender Kâdir den Raum betritt. Vor dem Halbling auf dem Tisch befinden sich die Reste eines zweiten Frühstücks und eines späten Mittagessens. Zwischen Geschirr und Bratenresten steht der unscheinbare Tonkrug, den Kalokin in Oraks Badehaus mitgehen hat lassen und der ihm im Kampf gegen Drakthar so gute Dienste geleistet hat. Der Halbling ist sich nicht so sicher was er mit dem Gegenstand weiterhin anfangen soll. Zum Einen ist er sich der Macht des Karaffe bewusst und er würde sie nur zu gerne verkaufen, doch erst gestern hat Vaêl einen kritischen Blick in Kalokins Richtung geworfen, als dieser sich zum Abendessen etwas Wasser in den Wein gegossen hat. Der Kleriker scheint nicht vergessen zu haben woher die Karaffe stammt und auch wenn er im Moment durch das Buch etwas abgelenkt erscheint, überkommt Kalokin ständig das Gefühl das Vaêl das Diebesgut nicht einfach so akzeptieren wird.
Als Kâdir zwei tote Kaninchen auf den Tisch wirft, schrickt Kalokin aus seinen Gedanken hoch.
« Letzte Änderung: 06.02.2014, 10:15:43 von Ultan »

Vaêl

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Kapitel III - Söhne des Gruumsh
« Antwort #1 am: 20.07.2011, 12:40:20 »
Vaêl wendet schließlich den Kopf vom Fenster. Gleich wie sehr er sich bemühte, Antworten auf seine Fragen zu finden, wusste er doch, dass er sie nicht hier im Zimmer erhalten würde. Ohne den Inhalt des Folianten einwandfrei entziffern zu können, war jedwede Deutung reine Spekulation. Er brauchte Hilfe. Leider hatte er bisher noch von keiner Bibliothek gehört. Vielleicht im Tempel? Oder ein Magus?

Es galt, Licht ins Dunkel zu bringen. Ein Schmunzeln mischt sich in die entschlossene Miene des Priesters. Wie oft hatte er diesen Satz die letzten Tage bereits auf den Lippen gehabt? Ein Diener Lathanders ist mehr als ein laufendes Buch leerer Aphorismen. Er würde sich selbst stärker kontrollieren müssen, die Botschaft seines Gottes zu leben, statt sie bloß in abgedroschene Wortspiele zu packen.

Mit einem letzten Nicken zieht Vaêl die Bänder seiner Robe fest und geht in den Schankraum zu seinen Gefährten. Er hatte sich vorgenommen, endlich mit Kalokin ein klares Wort über die Karaffe zu sprechen und auch die grobschlächtige Gewalt Bolmurs machte ihm sorgen. Nicht dass er die Stärke nicht zu schätzen wusste, doch dem Nordmann fehlte es  an Orientierung. Er war wie eine Naturgewalt, die es zu schmieden galt.

Jon Faust

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Kapitel III - Söhne des Gruumsh
« Antwort #2 am: 20.07.2011, 20:54:49 »
Bolmurs Augen weiten sich beim Anblick des Briefes. Er hatte seine eigentliche Aufgabe schon seit Langem vergessen. Der Krieger zögert einen Moment und öffnet schließlich den Umschlag. Unter großen Anstrengungen ließt er dessen Inschrift.

Kâdir Zinopolous

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Kapitel III - Söhne des Gruumsh
« Antwort #3 am: 20.07.2011, 21:24:13 »
"Wachsam bleiben, Mondwanderer! Man kennt uns mittlerweile in Phlan, was, wenn ich einer der Gaukler oder der Stahlherzogdiener wäre?"

Dem wilden Blick des Soldaten gelingt es nicht, auch nur für einen kurzen Moment auf dem Halbling zu ruhen. Seit sich die Abenteurer in dem Wirtshaus niedergelassen haben, ist der Südländer unruhig, vermeidet das tägliche Treiben der Stadt und hält sich so wenig wie möglich in Phlan auf. Schon zehn Mal hat er auf Vaêl eingeredet, dass sie sich mit den Ereignissen der letzten Tage in Verstrickungen eingemischt hatten, die sie nicht absehen oder abschätzen können. Wäre es nach Kâdir gegangen, so hätten sie den Auftrag des Hauptmanns Serkow erledigt und sich schnell wieder aus dem Staub gemacht. Nur keine Aufmerksamkeit erregen, unbedeutend und unwichtig bleiben, so sichert man sich das überleben. Doch jedes Mal, wenn Kâdirs Paranoia ihn gepackt hat und er mit lauter Stimme Vaêls Absichten begegnete, lächelte der Kleriker nur gnädig und beteuerte, dass sie in Sicherheit seien. Dem Soldaten ist die Sache trotzdem nicht geheuer.

"Ich hab's Euch gesagt, man ist uns auf dem Fersen. Man hat Arbeit für uns." Missmutig und mit geschürzten Lippen wirft Kâdir die unvorsichtig zusammengeknüllte Nachricht auf den Tisch. "Ich hab Euch gesagt, dass wir uns nicht einmischen dürfen, jetzt wollen die Harfner, dass wir Partei ergreifen. Das gefällt mir nicht. Ganz und gar nicht!"

Vaêl

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Kapitel III - Söhne des Gruumsh
« Antwort #4 am: 22.07.2011, 14:03:55 »
"Was gefällt Ihnen nicht, Herr Zinopolous?"

Genau in diesem Moment betritt Vaêl den Schankraum und schenkt den Anwesenden ein strahlendes Lächeln. Er tritt zum Tisch seiner Gefährten, nickt Kalokin zu und setzt sich. Seiner Blick streift den Tonkrug und verharrt dann auf Kalokin.

"Es wird Zeit, dass wir Orak wieder geben, was Orak gehört, Kalokin. Auch wenn ich verstehen kann, dass euch dieser Gegenstand fesselt. Beeindruckende Magie."


Kâdir Zinopolous

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Kapitel III - Söhne des Gruumsh
« Antwort #5 am: 25.07.2011, 17:57:39 »
"Sie sind uns auf der Spur, Kleriker!," wiederholt sich der aufgeschreckte Soldat, krallt sich die Notiz vom Tisch und drückt sie Vaêl in die Hand. "Man kennt uns in der Stadt, man wird uns für die Geschichte in den Ruinen verantwortlich machen, und noch schlimmer, man wird uns als Helden feiern wollen. Ich kann nicht mal mehr durch die Straßen dieser irrsinnigen Stadt streichen, ohne von allen Seiten gegrüßt zu werden. Gegrüßt!"

Bedeutungsvoll schlägt Kâdir mit der flachen Hand auf den Tisch. Offenbar ist er es nicht gewohnt, im Zentrum der allgemeinen Aufmerksamkeit zu stehen.

Vaêl

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Kapitel III - Söhne des Gruumsh
« Antwort #6 am: 26.07.2011, 21:04:26 »
Vaêl nimmt die Nachricht, überfliegt sie und spricht dabei zu Kâdir:

"Ich hoffe doch schwer, dass man uns für die Ereignisse in den Ruinen verantwortlich macht. Die Menschen dieser Stadt haben tagtäglich mit genug Elend zu kämpfen. Es wird ihnen vielleicht ein wenig Hoffnung geben, wenn sie wissen, dass sie sich um marodierende Goblins keine Gedanken mehr machen müssen. Von diesem Vampir ganz zu schweigen."

Dann wendet sich der Kleriker an Kalokin.

"Wie mir scheint haben wir damit aber auch in ein Wespennest gestochen. Fellian will uns heute Abend an Kutos Brunnen treffen. Angeblich will er uns jemandem vorstellen, der uns treffen will, auch wenn ich mich frage, warum er sich scheut, uns einfach hier im Gasthaus zu besuchen. Ich werde trotzdem hingehen. Vielleicht hilft er uns, ein wenig mehr über den Stahlherzog oder die Gaukler in Erfahrung zu bringen. Begleitest du mich, Kalokin?"

Ultan

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Kapitel III - Söhne des Gruumsh
« Antwort #7 am: 26.07.2011, 23:09:42 »
Während die Gefährten miteinander sprechen betritt Bolmur das Gasthaus. In den Händen hält er ein Stück Pergament, dass er kritisch beäugt.

Vaêl

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Kapitel III - Söhne des Gruumsh
« Antwort #8 am: 27.07.2011, 01:30:12 »
Vaêl, der sich schon im Raum nach dem Nordmann umgesehen und ihn nicht entdeckt hatte, winkt Bolmur zu sich herüber.

"Ah, Bolmur, schön, euch zu sehen. Wir haben Nachricht von Fellian erhalten. Er bittet uns heute Abend um ein Treffen. Ich wüsste mich sicherer, euer Schwert an meiner Seite zu wissen."

Dann fällt dem Kleriker auf, dass Bolmur seinerseits ein Schriftstück in den Händen hält und noch dazu nicht allzu erfreut darüber zu sein scheint.

"Aber ich sehe, dass ihr selbst bereits Nachricht erhalten habt und keine gute, wie mir scheint."

Jon Faust

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Kapitel III - Söhne des Gruumsh
« Antwort #9 am: 27.07.2011, 10:31:53 »
Bolmur blickt verwirrt vom Pergament auf und hält es seinen Gefährten hin.

Versteht irgendeiner von euch dieses Gekritzel. Der Zwerg, der mir diesen Brief im Sterben gab, sagte zwar, dass ich nach Melvaunt gehen soll und erwähnte in Verbindung damit noch einen Namen, den ich wieder vergessen habe. Doch aus den Worten Haus Nanther werde ich auch nicht schlauer.

Vaêl

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Kapitel III - Söhne des Gruumsh
« Antwort #10 am: 27.07.2011, 12:27:01 »
"Wo liegt ein Zwerg im Sterben? Vielleicht können wir ihm noch helfen! Schnell Bolmur, führt mich zu ihm!"

Vaêl ist schon auf halbem Weg zur Tür.

Jon Faust

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Kapitel III - Söhne des Gruumsh
« Antwort #11 am: 27.07.2011, 13:05:09 »
Bolmur greift sich bei den Worten Vaêl an den Kopf.

Der Zwerg ist tot. Doch er starb im Kampf, ein ehrenhafter Tod. Er gab mir diesen Brief, ich sollte ihn nach Melvaunt bringen, doch Genaueres ist mir entfallen. Es ist recht lange her.     

Vaêl

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Kapitel III - Söhne des Gruumsh
« Antwort #12 am: 27.07.2011, 13:18:41 »
Vaêl stockt.

"Ihr habt den Brief also bereits bei euch, seitdem wir euch kennen und habt ihn erst jetzt wieder entdeckt? Na gut, wie dem auch sei. Nanther ist der Name einer einflussreichen Adelsfamilie aus Melvaunt. Normalerweise ist es nicht meine Art, Schriftstücke fremder Leute einfach so zu lesen, aber da der Brief ja bereits geöffnet wurde und eine Verwicklung mit Haus Nanther höchst kompliziert werden könnte, ist es vielleicht das beste, wenn wir zunächst in Erfahrung bringen, was in eurem Brief überhaupt geschrieben steht."

Der Kleriker ist verblüfft und muss sich wieder in Erinnerung rufen, wie wenig er von seinen Gefährten weiß. Bolmur im Dienste einer Adelsfamilie? So recht will das alles nicht ins Bild passen.

Jon Faust

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Kapitel III - Söhne des Gruumsh
« Antwort #13 am: 27.07.2011, 15:14:29 »
Bolmur horcht auf und grinst dabei hämisch.

Eine Adelsfamilie sagt Ihr? Da könnte eine hilfreiche Belohnung bei rausspringen. Doch Ihr spracht von einem anderen Brief, als ich hereinkam.

Fragend blickt der Barbar zu Vaêl.

Vaêl

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Kapitel III - Söhne des Gruumsh
« Antwort #14 am: 27.07.2011, 15:36:33 »
Während Vaêl noch Bolmurs Brief liest[1], richtet er ein paar knappe Worte an den Nordmann:

"Wie gesagt, Fellian will uns heute Abend treffen und uns jemandem vorstellen. Ich bin misstrauisch genug geworden, um hinzugehen."
 1. Wenn er die Sprache nicht verstehen sollte, spricht er notfalls den Zauber Sprachen verstehen.

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