Ich will mich an einer kurzen Manöverkritik versuchen.
Ich mag diese Runde, weil sie anders ist. Sie hält ein inhärentes Gefühl des Ausgeliefertseins, eine große Unbekannte, etwas Hilflosigkeit für mich bereit, ohne mir die Hoffnung ganz zu nehmen und damit die Motivation. Sie lässt mich lange grübeln, wie ich selbst und wie Peter wohl mit dieser Situation umgehen würde, und sie lässt mich alle Gefahren meiden, um nicht das "Falsche" zu tun. Dieses hasenartige Verhalten eines Charakters von mir ist ungewöhnlich, da ich meist Charaktere spiele, die eine offene Meinung pflegen, einen direkten Ton, meist einen sehr missmutigen und grantigen Ton. Eine gespielte Unerschrockenheit spiegelt sich in allen meinen Charakteren irgendwo wieder mit der Ausnahme von Peter Aldred. Dass diese Runde mir, der ich lange nach sowas gesucht habe, einen Zugang zu einem für mich völlig untypischen Charakterbild verschafft hat, das bewerte ich als sehr hoch und sehr wichtig. Dafür, dass deine dargestellte Welt und die Art und Weise deiner Beschreibungen das hergeben, möchte ich mich an dieser Stelle bedanken.
Für mich ist ein ernsthafterer, rollenspielerischer Umgang mit theologischer Thematik sehr willkommen und ich gefalle mir in der Rolle ganz gut, auch wenn ich es nur am Rande einbringen kann, aber ich hoffe, dass es bisweilen deutlich wird.
Was ich erst schade fand, war, dass ich ingame noch keinen 100%-Bezug mit Peter zu den anderen Charakteren habe. Ich habe über diesen Punkt nachgedacht, möchte seine Bedeutung für mich aber umdrehen, und es als Lob verstanden wissen. Dass wir uns als Charaktere austauschen, aber nicht zu sehr ins gesprächslastige Detail gehen, finde ich sehr wirkungsvoll inszeniert und ist vielleicht eine ertragreiche Folge unseres mittelmäßigen Tempos. Dadurch, dass ich das Gefühl trage, dass wir uns oberfläch unterhalten, wirkt für mich das Setting noch eindrucksvoller. Ich habe diese Gruppe vor Augen, die viel der Zeit brütend, nachdenklich verbringt, sich anschweigt und Marginalien austauscht und sehe dann immer den Commander dabei, wie er alle wieder an die Notwendigkeiten erinnert, was Jean Levi auch zu exponierten Rolle des Stückes bisher macht. Ich mag den Commander in seiner Rolle. Ich bin jedoch der Meinung, dass jeder Charakter etwas für sich hat, was man sicherlich von den wenigsten Runden behaupten kann.
Sehr schade ist es natürlich, dass ich Andrew so viel nehme. Das war bei der Charaktergenerierung nicht meine Absicht, sondern ich wollte sehr gerne in diese Schnittstelle von Theologie und Naturwissenschaft vordrängen, um einen theologischen Charakter zu spieler, der sich bewusst gegen altdogmatische Kirchenlehre (gerade im englischen Sprachraum), aber auch bewusst gegen dogmatischen Wissenschaftsatheismus stellt. Diese technisch-wissenschaftliche Grundlage zu nehmen, erschien mir sinnvoll. Ich hab dabei zu wenig die Rechnung mit meinen Mitspielern gemacht. Um dir auf diesem Feld also mehr Geltungsraum zu verschaffen, Andrew, würde ich Peter in diesen Frage einfach nur noch als Supporter für dich auftreten lassen, so wie ich ihn in naturwissenschaftlichen Belangen nur noch als Supporter für Abhay auftauchen lassen würde. Wäre das in Ordnung für euch?
Denn ich habe auch gemerkt, dass Peters Stärken natürlich einzig auf seinen Wissensmöglichkeiten basieren. Ich hoffte einfach so, auch der Gruppe am hilfreichsten sein zu können als NSC, denn wenn ich alleine über Religion schwafelte, wen von euch würde das ernsthaft auf Dauer interessieren? Das wäre der falsche Rahmen dann für Peter, denke ich. Die Fertigkeitswürfe sind schon sehr hoch. Wenn sie auf chirurgisch-regeltechnische Weise zu viel des Spielreizes und der Entdeckung wegnähmen, würde ich Peter aber freiwillig auf etwas verzichten lassen von seinen Fertigkeiten. Vielleicht könnte List die Erschöpfung einfach mehr darauf einrichten oder Peter erkrankt in der Form, dass seine geistige Stabilität oder seine Konzentrationsfähigkeiten einfach stark darunter leiden. Vielleicht könnten wir aufbauend auf Peters melancholischen Geschichte auch einen Lebensfrust einschieben, der Peter apathischer machte, oder wir verschieben das System auf FATE?
Ich stehe da für viele Ideen offen und würde Peter natürlich gerne so entwickeln, dass er immer noch eine hilfreiche Person für die Gruppe ist, aber nicht in die Geltungsbereiche von Andrew und Abhay auf deren Kosten funkt. Würde mich dort also deutlich zurücknehmen.
Was die Schwierigkeit zwischen Schrift und technischem Gerät angeht, würde ich es genau andersherum ansiedeln. Es ist meist leichter ein an sich verständliches Gerät zu verstehen als ein unbekanntes Schriftsystem. Sicher könnte man an beiden Fronten mehr mit Entdeckung machen, aber in d20-System verlässt man sich auf Gewohnheit auch sehr schnell auf seine Fertigkeitswürfe. Das stimmt schon, und würde sicherlich für das FATE-System plädieren, wenn denn überhaupt jemand Interesse an solch einer Konvertierung hätte. Damit würden wir sicher aber dieses Gefühl, sich hinter Fertigkeitswürfen zu verstecken, abwimmeln und könnten uns weiter munter hilflos im Weltall fühlen.
Auf Flora und Fauna mehr Augenmerk zu richten, wäre für mich sehr interessant, da mir das als SL nie gelingt, dass ausreichend plastisch wiederzugeben. Davon könnte ich also auch lernen.
Was ich mit Peter will, das kann ich nur mit den Worten "Überleben" und "Hier draußen Gott finden/wiederfinden" beantworten. Für mich ist diese Ziellosigkeit bis auf diese kryptischen Auswege sehr wichtig für den Charakter. Die Tempelstufen haben mir genügend Futter gegeben, dass ich mich weiter mit Kultur und Religion von Cocytos beschäftigen möchte. Ich würde gerne auf Peters Hintergrund eingehen und ihn vielleicht anhand dessen, was wir erleben, reflektieren. Das ist aber eine Aufgabe, die ich erledigen muss, und verstärkt machen werde. Diese Fluchtverhalten, welches wir jetzt an den Tag leben, hat es bspw. häufig in der Geschichte von Peter gegeben. Darauf werde ich beizeiten eingehen.
Wenn ich mir also etwas wünschen darf, dann dass die Runde auf dem Niveau bleibt.
Zum Abschluss möchte ich nochmal die hohen Qualität und die gleichbleibende Besetzung loben.
Vielen Dank für die schöne Runde!