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Autor Thema: Die vergessene Gruft  (Gelesen 30484 mal)

Beschreibung: IC-Thread - Kapitel 1

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Alvanon

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Die vergessene Gruft
« Antwort #60 am: 17.02.2012, 19:56:56 »
Das Gespräch mit Mephala schien einen interessanten Verlauf zu nehmen. Mit der komplett anderen Ansicht konnte er sich jedoch nicht vereinbaren. “Ich finde dennoch, dass wir eine zweite Geburt hinter uns hatten. Zwar konnten wir unser Wissen und unsere Fähigkeiten von damals mit in unser Grab und in das zweite Leben nehmen, doch was ist unser Wissen von damals noch wert? Ihr sagt es ja selbst, die Welt hat sich verändert, es ist kaum noch etwas so wie damals zu der Zeit, als wir das erste Mal…“Er zögerte bei einem Blick auf Nicos …lebten.“ Ob diese Gestalt jemals nicht tot war? Er konnte sich den Kerl kaum mit rosigen Wangen vorstellen, geschweige denn mit einem schlagenden Herzen. “Was wissen wir denn wirklich von der Welt heute? Wir wissen, dass es einen König gibt, der nicht recht bei Sinnen ist. Was einst war, ist ebenso wie wir vergangen. Wir sind wieder da, doch diejenigen von uns, die wirklich gescheitert sind, wollen auch diese Niederlagen hinter sich lassen.“ Natürlich sah er sich selbst nicht als gescheitert an. Immerhin hatte er das Reich nicht in eine Krise gestürzt, weil er unfähig regiert hat, nein, er selbst war damals die Krise, als er einem Geschwür gleich das Königshaus unterwandert hat, um die Herrschaft an sich zu reißen – nicht um des Herrschens willen, sondern ob der Demütigung.

In einem anderen Punkte musste Alvanon Mephala jedoch Recht geben. Es wäre wirklich problematisch, wie die Axt im Walde den aktuellen Herrscher zu fällen. Es mussten Vorkehrungen getroffen werden. Er seufzte. Es war ein uralter Reflex in ihm, und es fühlte sich noch immer seltsam an, mit diesem neuen Körper zu seufzen. Wahrscheinlich wäre einer der anderen Untoten nur zu bereit, den dann vakanten Königsposten zu übernehmen. Instinktiv schaute er zu Nicos, den er am ehesten so einschätzte, dass er sich diese Gelegenheit nicht entgehen lassen würde. “Was das weitere Vorgehen angeht, stimme ich euch zu. Wir sollten wahrlich erst sehen, dass wir entweder Vorkehrungen für die Zeit nach Thuras treffen oder uns einen Plan zurechtlegen, was wir mit ihm anfangen, wenn wir ihn bekehren können. Allerdings gehe ich nicht davon aus, dass er am Leben bleiben wird. Wir wissen ja alle bestens, was man mit unfähigen oder unerwünschten Herrschern anstellt.“

Als Mephala die Geschichte um ihre Augen erzählte, spürte der Elb einen leichten Stich in seiner Brust. Er nahm die Maske von seinem Gesicht und sofort verschwand jegliche Möglichkeit der Gefühlsdarstellung. Seltsamerweise spürte er keine Trauer in der Stimme der Königin. Augen wie Edelsteine, blau wie das Meer, was musste ihr widerfahren sein, dass sie dies so gleichgültig hinnahm? “Ihr scheint das viel leichter hinzunehmen, als ich den Verlust meines Gesichtes hinnehme. Betrübt es euch wirklich nicht, niemals wieder die Augen zu sehen, die an euch einst so gelobt wurden?“

Der Elb hörte die Worte von Clavius und pflichtete ihnen bei. “Ich bin auch dafür, dass wir ein wenig Land zwischen uns und diese Gruft bringen. Ich weiß noch nicht, ob ich bereit für eine Auseinandersetzung bin. Ich würde meinen neuen Körper vorher gerne kennenlernen können, ehe er gefordert wird. Ich traue dem Werk des Archivars noch nicht so ganz.“

Als dann Nicos das Wort ergriff, war Alvanon froh, dass er selbst keine Wunden davongetragen hatte. Der Elb schüttelte nur den Kopf, als der Nekromant von seiner Wichtigkeit sprach. Nach der Eitelkeit, seinen Namen eigentlich nicht nenne zu wollen, bereits der zweite Punkt, den Alvanon an diesem Wicht nicht mochte. Wie konnte jemand nur so von sich selbst überzeugt sein, der einst so viel Macht besaß und sich diese nehmen ließ? Schließlich musste der Elb aber einfach in das Gespräch einfallen: “Mit Verlaub, ihr scheint euch ziemlich stark zu fühlen, woher rührt dieses Selbstbewusstsein? Erzählt doch ein wenig von euch, ich würde euch gerne etwas besser kennenlernen, um beurteilen zu können, ob ihr nur ein großer Aufschneider seid, oder ob ihr es auch schaffen könnt, euren Worten Taten folgen zu lassen.“ Alvanon war gespannt. “Erzählt gerne auch unterwegs, ich bin gespannt.“

Nicos

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Die vergessene Gruft
« Antwort #61 am: 17.02.2012, 20:32:31 »
Nicos schaut etwas zu Boden. Er war ein Nachdenker, das war er schon immer. Er nahm sich die Zeit, als Untoter hatte er schließlich genug davon. Als Nicos seine Worte an richtet, hält es der Nekromant nicht für notwendig Alvanon anzuschauen. Sehr konzentriert sagt er dann die folgenden Worte zu Alvanon: "Früher war ich ein Meister in der Kunst der Nekromantie, was ich jetzt nicht mehr bin, doch als König war ich ein Versager. All meine Zauberkraft nutzten mir nichts gegen meinen Tod. All meine Worte, die ich zu so einem frühen Zeitpunkt an Euch richte, könnten Euch noch nicht meine Stärke oder auch Schwäche zeigen. Es wird viel darauf ankommen, wie ich auf schwierige Situationen reagieren werde. Aber wisset, dass ich im Untod etwas gefunden habe, was mir zu Lebzeiten fehlte. Auch, dass ich nicht mehr König sein muss, ist für mich etwas Gutes. Ich sehe mich auch überhaupt nicht als Anführer in dieser Gemeinschaft. Das muss ich nun wirklich nicht sein, aber ich werde Verantwortung übernehmen, wenn es sein muss."

Robin Brighthide

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Die vergessene Gruft
« Antwort #62 am: 17.02.2012, 22:22:48 »
Schweigend hörte Clavius beim Gespräch der anderen Könige zu und schaute sich dabei nach potentiellen Gefahren um. Er empfand die Konversation als belanglos und hatte absolut kein Interesse sich einzubringen. Dieses Geschwätz war einfach nur Zeitverschwendung ... aber doch sog er jedes einzelne Wort in sich auf. Wer wusste schon welche wertvollen Informationen er auf diese weise erlangen konnte.
Erst als Nicos mit seiner Prahlerei begann lenkte Clavius seinen Blick wieder zu den anderen Untoten und im besonderen auf Nicos. Dieser Typ schien die Sorte "Mensch" zu sein die Clavius auf den Tod nicht ausstehen konnte und die man dringend auf den Boden der Tatsachen zurückholen musste.

Einige Augenblicke überlegte der Ritter wie er es am besten anstellen könnte, bis er schließlich auf eine Idee kam. Eine Idee die durch die scheinbar belanglosen Gespräche der anderen inspiriert war. Zu Lebzeiten gewährte ihn Iben die Gabe seinen Feinden mit einer einfachen Berührung Schaden zuzufügen und so wie er es Verstand handelte es sich dabei um negative Energie. Den Zauberkundigen Königen zufolge war diese Energie aber auch dazu imstande einen Untoten zu regenerieren. Wenn er also noch immer in Ibens Gunst stand, so sollte es ihn möglich sein diese negative Energie zu kanalisieren um sich selbst zu heilen.
Gedankenverloren schaute Clavius eine Weile auf seine leere Hand und überprüfte seinen Plan im Gedanken nach irgendwelchen Fehlern.

Schließlich, nachdem er seinen Plan noch einmal im Geiste durchgegangen war, formten seine Lippen ein Lautloses Gebet zu seiner Gottheit und er spürte wie sich die ihm bekannte Energie in seiner Hand sammelte. Demonstrativ führte er seine Hand an die Brust und lies die Energie in sich einströmen. Er spürte wie sich die leichten Wunden der Explosion schlossen und konnte sich ein zufriedenes Lächeln nicht verkneifen.
Doch schnell kehrte er zu seinem stoischen Gesichtsausdruck zurück und erklärte im ruhigen Tonfall: "Wir sollten langsam aufbrechen. Wenn ihr noch irgendwas wichtiges zu sagen habt, dann tut das jetzt. Ansonsten würde ich vorschlagen das ihr eure Gespräche auf dem Weg fortsetzt. "

Mephala Egadir

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Die vergessene Gruft
« Antwort #63 am: 17.02.2012, 23:04:53 »
Mephala rieb sich mit Daumen und Zeigefinger für einen Moment Schläfe und Stirn, ganz so als hätte sie Kopfschmerzen.
Da waren schon die ersten Spannungen. Der Eine prahlte zu sehr und der Andere fühlte sich provoziert. Verstehen konnte sie beide Seiten. Natürlich will man sich in einem neuen Gefüge behaupten aber sich auch nichts gefallen lassen müssen. "Dennoch ist beides unnötig." ärgerte sie sich, während ihr Handrücken den Blick auf ihr Gesicht verwehrte.
Sie würde sich nicht zwischen die beiden Männer stellen, der Versuch jede kleine Streiterei schlichten zu wollen war in ihren Augen ebenso unnötig wie die Streiterei selbst.

Sich ihrer Geste gewahr werdend, nahm Mephala rasch die Hand herunter und bemühte sich den Unwillen aus ihrem Gesicht zu scheuchen. Immerhin klang Nicos' jüngste Äußerung in ihren Ohren nach einer kleinen Prise von Demut, vielleicht hatte sie ja tatsächlich zu früh geurteilt.

Ein freundlicheres Gesicht aufsetzend wandte sie sich Nicos zu. "Es ist deshalb sehr selten, weil jene, denen die Gabe geschenkt wird oft nicht daran interessiert sind, ihre Techniken wie ein Schüler zu lernen, wo sie doch intuitiv schon genutzt werden können. Meine Begabung wurde in der Tat begrüßt, allerdings wurde die Meinung vertreten, dass sich derart magischer Wildwuchs für eine Prinzessin nicht geziemt, weshalb mir eine klassische Ausbildung zuteil wurde. Zu meinem großen Glück stieß ich später auf die Aufzeichnungen eines alten Meisters, der die Möglichkeit beschrieb beide Pfade zu vereinigen..."

Mephala stockte kurz und sah sich in der Runde um, wollte sie doch nicht gefahrlaufen, dass man ihre Begeisterung für das Thema mit Prahlerei gleichsetzte. Etwas zögerlicher setzte sie wieder an "Nun... jedenfalls befand... meine natürlich befinde ich mich noch am Anfang und es wird ein weiter Weg sein, doch am Ende sollten sich Technik und Intuition stützen, verstärken und bündeln. Schon jetzt sind leichte Synergieeffekte deutlich spürbar."  Sie konnte es nicht vermeiden ein wenig zu strahlen. "Und wie steht es um Eure Magie? Aus Euren Worten entnehme ich, dass ihr ein Nekromant seid, der sich seiner Magie intuitiv bedienen kann. Gerade im Kontext mit eurer Fähigkeit negative Energien zu kanalisieren ist es besonders interessant, da dies eher die Domäne eines dunklen Priesters ist."
Nicos konnte Bewunderung in den Worten der jungen Frau erkennen, aber es hatte den Anschein, dass sie nicht seine Person sondern vielmehr die Wege der Magie an sich bewunderte.


Das Gespräch mit Alvanon hingegen empfand Mephala zwar auch als interessant, jedoch stand es in keinem Vergleich zu einem Gespräch über ihre Liebe, der Magie.
"Ihr könnt finden was Ihr wollt, mein Herr." sagte sie freundlich aber bestimmt "Dennoch ist euer Vergleich kaum zutreffend. Es mag sich freilich noch herausstellen, dass vieles von dem was wir einst wussten heute nicht mehr oder nur noch bedingt gültig ist. Die Stadt Izhar gab es zu meiner Zeit beispielsweise noch gar nicht, wenn ich mich nicht täusche. Dennoch könnt Ihr unsere Situation nicht mit einer Geburt gleichsetzen. Denn selbst, wenn all unser Wissen zu nichts nutze wäre, so hätten wir immer noch diese Erkenntnis einem Neugeborenen voraus. Darüber hinaus sind unsere Persönlichkeiten schon im Wesentlichen gefestigt, mit Ausnahme des kleinen Elemvos vielleicht."

Mephala sah zu dem Zwerg und dem Kindskönig herüber. Vielleicht konnte es für den Jungen eine zweite Geburt sein, aber gewiss für niemanden von ihnen, die ihr Leben schon zu einem Teil gelebt hatten. Mit kalter, anteilnahmsloser Stimme fuhr sie fort:"Der Punkt ist, dass wir schon geprägt sind durch unser vergangenes Leben und das wir eine Geschichte mit uns bringen, die wir nicht ohne weiteres ablegen können. Sicherlich müssen wir sie nicht weiter beachten, aber die Wahrheit verbleibt in uns. Wir werden immer auch das sein, was wir einst waren und wenn wir es verleugnen, bestätigen wir es in unserem Fall nur so viel mehr. Und wer glaubt seine Niederlagen hinter sich lassen zu können, der erlässt seine eigene damnatio memoriae erneut." Trotz ihrer defaitistischen[1] Worte wirkte Mephala nicht hoffnungslos oder niedergeschlagen. Tatsächlich war es wieder einmal schwierig ihre scheinbare Ungerührtheit zu durchblicken.

Wenn es sie überhaupt betroffen hatte, dann offensichtlich nicht sehr stark, denn als sie auf Alvanons Lieblingsthema, die Schönheit, zu sprechen kam, fand sie übergangslos Gefallen daran den ehemaligen Elben ein wenig aufzuziehen. "Ob meine Augen nun blau oder rot sind, sie erfüllen ja immer noch ihren Zweck und scheinen sich sehr wohl in Eurem Kopf zu fühlen, Alvanon." Der Blick mit dem sie ihr Gegenüber bedachte war perfekt und verdeutlichte ihren Standpunkt nur um so mehr. Ironie, Laszivität, Scheu und vielleicht eine Spur Grausamkeit - eine gefährliche Mischung und das Frustrierende daran war, das Alvanon sich nicht ohne weiteres sicher sein konnte, wie ernst es Mephala überhaupt war. Denn einen Moment später kehrte der Ernst in ihr jugendliches Gesicht zurück.

"Nein, Alvanon, es betrübt mich nicht, wenn ich in den Spiegel sehe und einfach nur mich erblicke."
 1. Defaitismus Ich habe bewusst eine Schreibweise genommen, die dem Erfinderland Rechnung trägt.

Morgrim Eisenschild

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Die vergessene Gruft
« Antwort #64 am: 17.02.2012, 23:50:40 »
Morgrim winkte nur ab als Nicos ihm anbot ihn zu heilen. Er wollte nicht das seine Verbindung zu dem Kindskönig zu offensichtlich wurde. Allerdings schickte er Skeater zu dem Nekromanten. Nur weil er es sich nicht erlauben konnte sich dem mächtigen Nicos auszuliefern, hieß das nicht das sein treuer Gefährte leiden musste. Stattdessen beobachtete er den Balztanz der Gockel um die magiehungrige Königin. Der Blick den Mephala seinem Buch zugeworfen hatte war nicht unbemerkt geblieben, ebenso nicht das sie scheinbar von Magie und Macht angezogen wurde. Nun ja, er würde nicht hausieren gehen mit dem alten Wissen seines Volkes.
"Morgrim Eisenschild, Sohn von Turgon Eisenschild, regierendes Furunkel am Allerwertesten seiner Majestät Elemvos IV." führte er die Vorstellungsrunde in Richtung Alvalon fort. Bei sich stellte er fest das ihm der Titel mit dem ihn der Vecor Priester benannt hatte gefiel. "Hofmagier, Hofmarschall unter dem großen Elemvos III." Oh treuer Freund, warum hast du mir dein Reich gegeben. "Und kein Freund von irgendwelcher Farbe in meinem Gesicht. Im Zweifel muss der Helm oder eine kurz wirkende Transmutation ausreichen." beendete er mit einem Zögern seine Vorstellung und begann sein Buch einzupacken.
Zweifel an ihrer Mission kamen in ihm auf. Sie beabsichtigten einen König zu töten. Nicht blindlings. Und keiner von uns wird König werden. Wir sind das Werkzeug. Ein scharfes wahrlich, aber unsere Zeit ist vorbei. Auch die des Jungen. Bei dieser Erkenntnis streichelte er den Kopf des Knaben, der erstaunlich ruhig geworden war, so als ob auch er in Gedanken hing, oder schlief. Ja unser Ziel muss die Rettung des Reiches sein, und nicht der persönliche Machtgewinn. So und nicht anders muss es sein.
Er schulterte sein Gepäck und stapfte zwei Schritte los. Er blieb noch kurz stehen und rief über die Schulter: "Clavius hat Recht. Es wird Zeit das Vergessen hinter uns zu lassen. Lamentieren und kokettieren können wir auch auf der Straße und an einem anderen Ort." Und wenn ich meine Magie wieder habe, werde ich mich sicherer fühlen. Mit diesen Worten stapfte er weiter, den dunklen Pfad, in dunkler Nacht durch hellen Schnee.

« Letzte Änderung: 18.02.2012, 00:14:28 von Morgrim Eisenschild »

Alvanon

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Die vergessene Gruft
« Antwort #65 am: 18.02.2012, 02:25:28 »
Die lange Pause vor Nicos‘ Antwort erinnerte Alvanon an sein eigenes Volk. In philosophischen Gesprächen war man stets darauf bedacht, nichts Unüberlegtes von sich zu geben, um keine Blöße zu offenbaren. Bislang war dem Gesichtslosen das nicht wichtig erschienen, doch so langsam erkannte er, dass die Menschen um ihn herum mehr waren, als rhetorische Bruchbuden. Dennoch konnte er sich, auch wenn es nicht verwundern mag, nicht mit jeder Meinung anfreunden, die die anderen von sich gaben. “Nicos, ich habe lange genug unter Elben und auch Menschen gelebt, um zu wissen, dass auch Worte zu einem frühen Zeitpunkt etwas verraten können, sei es Stärke oder eine wichtige Charaktereigenschaft. Aber ich schließe aus eurem Verhalten, dass ihr nicht bloß ein Prahler seid, sondern einer, der sich seine Worte wohl überlegt. Es ist eine Kunst, die richtigen Worte zur rechten Zeit zu sprechen, und ebenso die richtigen Worte zu verschweigen. Ich bin wahrhaft gespannt darauf, wie ihr euch entwickeln werdet. Ich würde mich gerne mit euch über eure Zeit im Untod unterhalten, sobald wir einen ruhigen Fleck gefunden haben, ja? Ich hoffe, dass ich von euch etwas darüber lernen kann.“

Nebenbei bemerkte der Elb, wie der sich Clavius nennende Mensch ebenfalls mit einer ähnlichen Energie wie Nicos die Wunde an der Brust heilte.[1] Er erinnerte sich an die Worte von Nicos, welche wie ein Echo wieder hinter seiner Stirn erschallten. “Na sowas, mir scheint, als wäre der Nekromant doch nicht unersetzlich für uns alle. Ich werde dennoch versuchen, gar nicht erst den Bedarf nach Heilung aufkommen zu lassen.“

Das Gespräch mit Mephala nahm langsam aber sicher unerwartete Züge an, die ihn jedoch (noch) nicht zu sehr aus der Ruhe brachten. “Ich akzeptiere euren Punkt, dass unser Geist nicht von Null beginnt, und auch, dass wir körperlich weiter sind, als ein Kleinkind. Dennoch ist es unumstößlich, dass wir wie neu auf dieser Welt sind. Aus einem philosophischen Blick sind wir tatsächlich Neugeborene. Viele von uns benötigen eine Rast, um die Wehrlosigkeit loszuwerden, auch das ist ein Aspekt der in diese Richtung geht.“ Das Gespräch entglitt ihm. Wie konnte das geschehen? Sicherlich war sein letztes Argument nicht aus der Not geboren, ihm ein letzter Rettungsanker in diesem Diskurs zu sein, sondern auch aus Überzeugung gesprochen, doch hatte er nicht gedacht soweit gehen zu müssen.

“Selbstverständlich werden wir geprägt durch unser bisheriges Leben, und es wäre ein Fehler, es komplett außer Acht zu lassen. Glaubt mir, wenn man ein so langes Leben führt, wie ein Elb, dann staut sich viel Vergangenheit in einem an, mit der man leben muss. Sie ist sehr lehrreich und man kann durch sie Fehler in der Zukunft vermeiden.“ Er selbst wusste bestens darüber Bescheid. Über die ehemals hochmütige Lebensart der Elben, welche durch die Götter gestraft wurde mit dem Entzug der Ewigkeit. “Doch manchmal muss man die Vergangenheit hinter sich lassen, denn sie kann einen gefangen nehmen und damit am Fortschreiten behindern. Mephala, eure Vergangenheit ist nicht so sehr gefüllt wie meine, und doch werdet auch ihr eure Stunden haben, die ihr sicherlich gerne streichen würdet. In meinem Leben sind es Tage, gar Wochen. Stellt euch die Last der Vergangenheit auf den Seelen der alten Elben vor, die Jahrtausende gelebt haben. Worauf ich hinaus will… Wir haben Fehler gemacht und sollten sie beherzigen, aber sie sollen uns nicht hemmen bei jedem unserer Schritte.“ Er wusste nicht, ob damit sein Standpunkt klar war, doch in der Kunst des Gesprächs hatte er gelernt, nun sein Gegenüber wieder zu diesem Thema zu Wort kommen zu lassen.

Sein Gegenüber, in diesem Fall Mephala, schien ihm allerdings auch wie ein kryptisches Buch zu sein, dessen Entzifferung ihm jedoch eine Gewisse Art der Freude bereitete. Die stoische Ruhe ihrer Gesichtszüge wollte ihm etwas über Mephala sagen. Hatte es etwas mit dem Verlust ihrer Augen zu tun, dass sie in dem jungen Alter bereits eine solche Ruhe annehmen konnte? Ihre Ungerührtheit schien wie der Fels im Sturm zu sein, der um sie herum toste. Und  im nächsten Moment lernte er einen weiteren Punkt über sein Gegenüber. Er fühlte sich jedoch auch ertappt bei ihren Worten, und noch während seiner Vermutung, dass sie dem Aussehen nicht mehr viel Bedeutung zukommen ließ, musste er sich eingestehen, dass er überrumpelt wurde von ihr. Der darauf folgende Blick schaffte es beinahe, ihn auch sichtlich aus der Ruhe zu bringen, doch sein fehlendes Gesicht half ihm dabei, dies zu unterbinden. “Sicherlich ist die Farbe letzten Endes egal, solange die Augen funktionieren. Aber sind sie nicht auch ein Teil eurer Identität? Ich gebe offen zu, dass ich sehr bekümmert bin über den Verlust meines Gesichts. Nicht nur, weil es makellos war, sondern weil damit ein Teil meiner Selbst noch immer nicht wieder zu mir zurückgekehrt ist.“ Er dachte über Mephalas Worte nach, dass sich ihre Augen in seinem Kopf scheinbar wohl fühlten. Unmittelbar hatte er seinen Kopf, sein leeres Gesicht vor den inneren Augen, bloß geziert mit ihren Augen. Er erschauderte kurz. Er fühlte sich an sein Brudervolk erinnerte, an die finsteren Alben, denen er mit diesem Aussehen eher ähneln musste, als seinem wahren Volk. Entwickelte er sich wirklich fort vom Tag in Richtung der Nacht?

Als der Zwerg sich schließlich vorstellte, wollte ein Lächeln über Alvanons Gesicht huschen, doch fand es sein jähes Ende an den fehlenden Lippen. Recht hatte er, der Zwerg, ebenso wie Clavius es bereits erwähnte, all diese Gespräche konnten auch unterwegs geführt werden, und so machte sich Alvanon auf den Weg, um sich von der Gruft zu entfernen, wobei er jedoch möglichst nicht als erster aufbrechen wollte[2]

Der Pfad schlängelte sich durch die am Wegesrand emporragenden Bäume voran. Noch immer fielen Schneeflocken vom Himmel herab und noch immer stand der Nebel, der sich alsbald mit der Dunkelheit vermischte, welche undurchdringlich verhinderte, dass ein Blick zu weit voraus dringen konnte. Die einzigen Geräusche, die die Nacht durchbrachen, waren die der gefallenen und wiedererweckten Könige, ansonsten regierte die Stille in der eisigkalten Nacht. Das Dickicht am Wegesrand wurde dichter und schloss sich dann und wann über dem Pfad zu einem Dach aus Ästen zusammen. Dennoch wirkte es stellenweise ausgezehrt und wie tot, wie ein Spiegelbild der nächtlichen Wanderer. Bald verschwand die Spur unter der neuerlichen Schneedecke, doch etwas anderes erregt die Aufmerksamkeit des wachsamen Beobachters.

An die Stämme der Bäume gelehnt waren zwei Gestalten, die dem Wetter nicht mehr trotzen konnten. Einer von ihnen hatte Zuflucht gesucht, als er einen Karren scheinbar als Schutz gegen den eisigen Wind benutzen wollte, doch hatte dies offensichtlich nicht gereicht und er starb wie sein Begleiter an der zu erwartenden Unterkühlung. Schließlich gelangte die Gruppe an eine alte Hütte. Sie war unter den andauernden Einwirkungen des Wetters bereits halb zerfallen, doch bildete sie zumindest für eine kurze Rast noch ausreichend Schutz gegen Wind und Wetter. Der Boden in ihr war trocken und zum Meditieren und Rasten geeignet. Scheinbar war es früher einmal eine Hütte für Boten oder andere Wanderer, die unterwegs einen Rastplatz suchten. Möge sie den Königen mehr Glück bringen als den beiden erfrorenen Gestalten, die zuletzt an ihr vorbeikamen.
 1. Oder Ist es die gleiche? Ich als Spieler weiß es nicht, und der vollkommen unmagische Alvanon erst recht nicht ^^
 2. Wie im OOC übernehme ich für Menthir den Aufbruch und die Beschreibung, die gleich folgt. Alvanon will ungern der erste Aufbrechende sein, würde das aber übernehmen, wenn sonst niemand Anstalten macht, loszugehen

Mephala Egadir

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Die vergessene Gruft
« Antwort #66 am: 18.02.2012, 16:41:05 »
"Ihr begreift es nicht. Beides." Mephala schritt an Alvanons Seite durch den Schnee, seit sie von dem Grab aufgebrochen waren. Im Augenblick schüttelte die sacht den Kopf und sah den Elben dann wieder an. Das sanfte Lächeln in ihren Zügen milderte die Härte ihrer Worte ein wenig.

"Ich muss mich fragen, ob Ihr nicht könnt oder nur nicht wollt. Dabei ist es beinahe ein und dasselbe. Oder geht es Euch schlicht darum Recht zu behalten?" Die Frage war ernst gemeint, denn sie hatte schon registriert dass Alvanon - sicherlich nicht ungeschickt - hier und da ihre Worte zu den seinen zu machen und ihre Argumente zu verqueren. Es konnte aber auch sein, dass er das ohne Absicht getan hatte, weshalb sie gar nicht erst auf eine Antwort wartete, sondern gleich weiter erklärte.

"Ihr habt es doch selbst gefragt. Aber sind nicht auch ein Teil Eurer Identität?", sie machte die Stimme Alvanons ein wenig nach als sie ihn zitierte "Natürlich ist mein Körper ein Teil meiner Identität. Ob dies im Untod so bleiben wird, bleibt zwar abzuwarten, aber als ich noch ein Mensch war empfand ich so und auch jetzt ist es nicht anders. Aber meine Vorstellung von Schönheit ist nicht Teil meiner Identität, das ist ein Unterschied, der Euch vielleicht nicht klar ist.

Was Euch zu so viel Gedankenarbeit anspornt sind doch meine Augen oder nicht? Sind Teil meiner Identität, wenn auch nur ein ganz kleiner. Die Erinnerung an meine makellosen blauen Augen ist ebenso ein Teil von mir, und ich verschließe mich ihr nicht, aber ich trage sie auch nicht als eine Fessel, die mich lähmt.

Ich habe nicht in Frage gestellt, dass man einen Weg finden muss sich mit seiner Vergangenheit zu arrangieren, ganz im Gegenteil, ich hab das sogar betont. Es ging mir darum, dass man durch die Vergangenheit geformt wurde und wenn man diese verleugnet, verleugnet man sich im Endeffekt selbst."


Mephala ließ es damit auf sich bewenden. Sie hätte Alvanon darauf hinweisen können, dass sein Verlangen nach dem verlorenen Antlitz ihren Punkt bezüglich der Geburtendebatte ebenfalls stützte. Auch hätte sie ihm verdeutlichen können, dass er sich in den Details verrannte, während er in ihren Augen das große Ganze schon aufgegeben hatte, wenn er von Aspekten sprach und ihre vermeintliche Wehrlosigkeit mit einem Neugeborenen gleichsetzte. Aber sie hatte nichts davon, ihm ihre Überlegenheit unter Beweis zu stellen und es genügte ihr auch schlicht zu wissen, dass sie ihren Standpunkt dargelegt hatte, sie besaß nicht den Stolz ihn auch noch durchsetzen zu müssen. Überlegenheit und Stolz waren gewiss Dinge, mit denen Alvanon wesentlich mehr anfangen konnte als die Magierin.

Als sie die erfrorenen Gestalten bemerkte, wollte sie einen kurzen Moment lang auf diese zugehen um zu überprüfen ob sie tatsächlich tot waren. Doch dann besann sie sich des Geschenkes, dass Dagur ihr gemacht hatte und sah dass kein Licht von den beiden Leichen ausging. "Die Schwachen müssen verstoßen werden..." sagte sie ohne Häme oder Mitleid, mehr zu sich selbst als zu den anderen, während  sie schließlich weiterging.

Sie genoss die Stille der Nacht und ließ ihren Geist ein wenig umherschweifen, bis sie die windschiefe Hütte erreicht hatten. "Endlich." noch vor allen anderen betrat Mephala das "Gebäude", holte ihr Grimoire[1] hervor und setzte sich in die erstbeste Ecke. Angestrengt blickte sie auf die alten Seiten herab und begann die immer noch vertrauten Formeln in ihrem Verstand zu verankern. Es war die reinste Freude und sie wusste genau, dass sie sich stark zurückhalten würde müssen, ihre ganze Magie nicht augenblicklich zu gebrauchen, sobald sie fertig sein würde.
Da sie nicht vor hatte in den Krieg zu ziehen, wählte sie nur wenige direkte Kampfzauber und auch nur solche, die vielleicht auch noch in anderen Situationen nützlich sein konnten. Außerdem hatte sie ja nun ihre Gefährten, die Mephala verteidigen konnten, wenn es zu einem Kampf kommen sollte. Im Austausch dafür erhielten sie ja Mephalas arkane Macht. Dennoch achtete sie selbstverständlich darauf auch einige Zauber vorzubereiten, die es ihr ermöglichen würden sich nicht vollständig auf die Anderen verlassen zu müssen.
 1. Grimoire

Mauron

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« Antwort #67 am: 18.02.2012, 18:19:03 »
Kaum hatte Mauron seinen Mund verstummen lassen, als auch schon einer der Golems die Stimme erhob.  "Was ist denn nun schon wieder? Sollen wir alle noch einmal auf dem Boden knien und irgendwelche Gebete sprechen?"  Alles in allem konnte Mauron den Worten des Golems nicht viel abgewinnen, was verstand ein Klumpen Metall schon von der Unendlichkeit? Was konnte er schon begreifen, von der kosmischen Natur? Wohl sicher bedeutend weniger als der, der einen kosmischen Akkord entdeckt hatte! Gegen Ende hörte Mauron dem Golem gar nicht mehr zu und wandte sich gelangweilt ab.
Die Gefahr, die dannach von den Golems ausging, bemerkte er dadurch erst, als es schon fast zu spät war. Nur seinem sehr guten Reaktionsvermögen hatte er es zu verdanken, dass ihn außer ein paar kleineren Trümmerteilen nichts weiter getroffen hatte.

Im Außenbereich der Gruft angekommen hatte er zunächst wenig Augen für die Umgebung. Vielmehr starrte er fasziniert auf die Stelle an seiner Schulter, an der ihn ein kleines Holzstück gestreift hatte. Der Aufprall war für ihn durchaus spürbar gewesen, aber jetzt fühlte er sonst nichts weiter. Keinen Schmerz, kein Brennen, ja nicht einmal ein leichtes Zucken. Aber dennoch sah er, dass er verwundet war. Oder doch eher beschädigt? Glich er in diesem Zustand nicht mehr einer Maschine als einem menschlichen Wesen?  "Ob das wieder von alleine in Ordnung kommen wird? Oder werde ich mir etwa eine Art ... Ersatzteile besorgen müssen?"

Aus seinen für ihn doch recht beunruhigenden Gedanken wurde Mauron gerissen, als sich die anderen Könige vorzustellen begangen. Interessiert verfolgt er ihre Namen – denn der Name ist ein wichtiges Zeichen und  würde ihm helfen etwas über die Melodie der Person zu erfahren.
Die Enthüllung, dass der Mann namens Alvanon in wirklichkeit ein Elb war, überraschte ihn genauso wenig wie die Tatsache, dass sie nun alle untot waren oder ein Zwerg ein kleines Kind in einem Geschirr auf seiner Rüstung trug. Überhaupt schien sich Mauron an solchen Dingen gar nicht zu stören und sie mit bemerkenswertem Gleichmut hinzunehmen.

Da Mephala und Alvanon  seine Worte im Inneren der Gruft wohl nicht mitbekommen haben konnten, wandte er sich ihnen zu, um sich mit einer schauspielerischen Verbeugung, bei der er einen imaginären Hut vom Kopf zog, und mit einem in feinster Hofmanier bei Mephala angebrachten Handkuss, erneut vorzustellen.
"Mauron der Name. Hoch erfreut eure Bekanntschaft zu machen."

Das Angebot des Mannes Namens Nicos nahm Mauron ebenso bereitwillig an. Anscheinend schien er sich zumindest für den Moment keine Sorgen um die Maschinerie seines Körpers machen zu müssen. Aufmerksam beobachtete er auch, was Nicos tat – für ihn schien es nicht wie ein Zauber zu wirken, mehr als ob diese dunkle Energie direkt aus einem natürlichen – unnatürlichen- Reservoir aus ihm herausfließen würde.  "Schade, ich hätte so einen Zauber zu gern gelernt. Es ist immer von Vorteil sich heilen zu können."

Das weitere Gespräch schien sich recht schnell zu einer Rangelei um die Rangfolge innerhalb ihrer illustren Runde entwickeln. Also für Mauron recht belanglose Dinge – sollten die anderen doch diskutieren und streiten so lange sie wollten, wenn es so weit war, konnte er sich immernoch für oder gegen etwas entscheiden – unabhängig von dem was irgendwer anderes sagte.
Lediglich einmal konnte sich Mauron Nicos gegenüber ein Kommentar nicht verkneifen, als dieser von den Starken und Schwachen sprach. Den Kopf leicht schräg haltend, gerade so als würde sich so auch eine andere intellektuelle Sichtweise ergeben, sprach er freundlich lächelnd.
" Ein weiser Mann sagte mir einst: "Die größte Schwäche eines starken Mannes ist seine Überheblichkeit.""

In der Zeit, in der die anderen sich weiter unterhielten, betrachtete Mauron seine Umgebung, bis er sich dann hinter den anderen in Bewegung setzte. Unwillkürlich lief er etwas Abseits von den anderen und auch in der Hütte angekommen setzte er sich abseits in eine Ecke, gegenüber von Mephala.  Erneut holte er sein Panflöte hervor und spielte – für ihn recht untypisch- ein traurig gehaltenes Requiem. Noch immer wusste er nicht wirklich, was er von seinen Schicksalsgenossen halten sollte. Konnte er mit ihnen wirklich auf Dauer auskommen? Die Zeit würde es zeigen müssen...

 Immerhin hatten sie sich nun vorgestellt...
« Letzte Änderung: 18.02.2012, 18:20:18 von Mauron »

Nicos

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Die vergessene Gruft
« Antwort #68 am: 18.02.2012, 19:20:48 »
Nicos schaute sich immer mal wieder bei seinen Gefährten um, selbst wenn sie nicht sagten. So bekam Nicos ein interessantes Detail bei Clavius mit: So wie er seine Lippen las, sprache er ein Gebet zu Iben und wendete negative Energie an, um die kleinen Schäden an seinem Äußeren zu beheben. Clavius Lächeln nach zu urteilen, tat er das um unabhängig von Nicos zu sein. Doch das alles hatte auch seinen Preis: Nicos war sich sicher, dass Clavius nach einer größere Beschädigung lieber begrenzte Ressourcen geopfert hätte als sich von Nicos behandeln zu lassen. Clavius' Sturheit und sein Glauben an Iben, mit dem Nicos recht gut vertraut war, konnten sich irgendwann noch einmal als Schwachpunkte herausstellen. Auch Nicos lächelte selbst für einen kurzen Moment, sprach aber ansonsten kein Wort zu Clavius. Nicos nickt bloß noch Clavius' Worten zum Aufbruch zu.

Nicos nahm sich für die Beantwortung der Fragen entsprechend viel Zeit und nahm sich ihrer erst an, als sie schon dabei waren aufzubrechen. Auch wenn Mephala ihn vor Alvanon angesprochen hat, antwortete Nicos doch Alvanon zuerst, weil er endlich das Gespräch mit ihm hinter sich bringen wollte: "Ich hoffe, dass ich meinen Wert auch durch spätere Taten beweisen kann, denn reden könnte ich ja im Vorfeld viele schöne schwingen, aber wer weiß, wieviel da letztlich dahinter steckt. Und nicht, dass da am Ende eine Verwechslung vorliegt: Ich nahm mir damals als König eine Verwandlung zum Leichnam vor, aber es kam leider nie dazu und ich war zu meiner Regierungszeit ein einfacher Sterblicher. Ich bin also nicht länger als Ihr untot oder ich habe ich Euch da irgendwie falsch verstanden, Alvanon?"

"Und wie steht es um Eure Magie? Aus Euren Worten entnehme ich, dass ihr ein Nekromant seid, der sich seiner Magie intuitiv bedienen kann. Gerade im Kontext mit eurer Fähigkeit negative Energien zu kanalisieren ist es besonders interessant, da dies eher die Domäne eines dunklen Priesters ist."

Dann wendet sich Nicos endlich Mephala zu: "Eine Meisterung der Verbindung dieser zwei Künste eben aus gelernter und intuitiver Magie wird letztlich nur zu unserem Vorteil sein. Ich hoffe da auf ein gutes Gelingen und dass Ihr es eben schafft Eure Macht noch weiter auszubauen. Ansonsten habt Ihr mit Eurer Vermutung recht: Ich bediene mich intuitiv meiner Magie bzw. hauptsächlich der Nekromantie. Ich habe auch viele Kräfte, die Unwissende mit der eines dunklen Priesters verwechseln, aber im Gegensatz zu einem dunklen Priester brauche ich für das Kanalisieren negativer Energie und meiner Kräfte generell keine Gottheit anzubeten. Es wurde übrigens als ein schlechtes Omen gesehen, dass ich schon in meiner Kindheit und Jugend intuitiv Nekromantie-Zauber ziemlich gut wirken konnte. Einmal erschreckte ich andere Kinder durch das Beschwören eines Skeletts und wurde daraufhin ziemlich gerügt. Trotz der Tatsache, dass mir die Nekromantie- in den Augen der anderen eine dunkle Kraft- in die Wiege gelegt wurde und trotz einer schwierigen Kindheit und Jugend habe ich es geschafft König zu werden. Erst einmal eine große Leistung, aber mit der Zeit wurde ich durch so manche Entscheidung beim Volk immer unbeliebter und letztlich war ich wohl deswegen als König ein Versager, weil ich es nicht schaffte mein Amt lange genug zu halten und ich auch noch mit dem Vergessen meiner Regierungszeit bestraft wurde. Doch wie Dhurek sagte, hatte mein Sturz offensichtlich zu Dagurs Plage geführt. Ich kann nur raten, was das genau bedeutet. Mein Tod sorgte womöglich dafür, dass alle Untoten am Hofe außer Kontrolle waren und großes Unheil angerichtet haben. Die Zahl der von mir kontrollierten Untoten war ungewöhnlich hoch durch den Schwarzen Almanach. Ohne dieses magische Buch hätte ich nicht so viele Untote kontrollieren können, eine Schande, dass es dieses Buch wahrscheinlich nicht mehr gibt. Vielleicht dienten die nun unkontrollierten Untoten nur noch dem Willen Dagurs und wandten sich gegen alle Sterblichen. Das könnte als die Dagurs Plage bezeichnet worden sein."

Über das, was möglicherweise Dagur's Plage gewesen ist, spricht Nicos in einem sachlich-nüchternen Tonfall. Auch wenn er sich das nicht anmerken lässt, befriedigt es ihn doch, dass das undankbare Volk für seinen Tod letztlich bestraft wurde; hätte Nicos noch gelebt, wäre es nicht zu so einem Unglück gekommen.

Nicos hatte noch einige Fragen, die er Mephala noch stellen wollte, aber er hatte Zeit und konnte diese Fragen auch später noch stellen. Die Worte von Morgrim und Mauron vernahm er zwar, aber auf sie reagierte er nicht. Vielleicht waren sie noch nicht so wichtig, dass sie einer Reaktion wert waren.
In das Streitgespräch zwischen Alvanon und Mephala mischte sich Nicos auch nicht weiter ein; sollten sie nur machen. Das alles war schließlich nicht seine Angelegenheit.

Menthir

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Die vergessene Gruft
« Antwort #69 am: 18.02.2012, 20:32:06 »
10. Jantus 1214 - Die vergessene Gruft - 04:11 Uhr

Leise knarzten die verrottete, angefrorenen Holzplanken und -Dielen, welche die Reste dieser alten Hütte zusammenhielten. Die untoten Knochen nahmen die kriechende Kälte nicht wirklich wahr, der Wind war zwischen den Bäumen jedoch hörbar, durch das Ziehen an der Kleidung auch spürbar. Ein Mensch würde das Wetter so unbarmherzig empfinden, wie die beiden erfrorenen Männer es bildlich auszudrücken vermochten. Das Knarzen begleitete die Phase der Meditation, der Kontemplation, des Sammelns oder des entnervten Wartens, wie es deutlich in Tutaris Gesicht zu sehen war. Die Königsmörderin tippelte nervös mit den Fingern auf den Klingen ihrer exotisch aussehenden Schwerter, die sie in meditativer Pose gezogen hatte und sich auf die Oberschenkel gelegt hatte. Die beiden Klingen waren überkreuzt. Als Nicos gesprochen hatte, ließ die die Klingen geräuschvoll in die dazugehörigen Scheiden rauschen.
"Lächerlich. Lächerlich seid ihr. Im Angesicht des Golems kuscht ihr wie winselnde Waschweiber nach anfänglichen Gehabe und nun, wo euch kein Fremder beobachtet, pickt ihr um das Korn der Führung. Lächerlich!", Tutari stand auf. "Sagt, dass das Schwache ausgesiebt werden muss und ward selbst ausgesiebt. Lächerlich." Entschlossenen Schrittes ging sie durch die türlose Öffnung in der Südwand der Hütte, sie drehte sich um.
"Ihr ward alle mächtig, schön, spannend, habt irgendwelche beschissenen Akkorde gehört, Pfaffengewäsch ausgetauscht, euch für Magierlein gehalten oder habt sonst wie einen Ogerhammer zu viel auf den Kopf bekommen. Da mit euch Vollidioten mein Überleben so sehr gesichert ist, wie mich einer Gruppe Rotwild während der Jagdzeit anzuschließen, versuche ich es lieber allein."

Tutari verschränkte die Arme und blickte nochmal einen jeden König und Königin an. Dann verzog sie die Lippen unzufrieden und schüttelte den Kopf. "Dhurek war wahrlich dumm wie altes Graubrot. Aber Brot kann schimmeln, Scheiße kann stinken, was könnt ihr? Palavern. Nichts als palavern. Welchen Fluch habe ich mir aufgeladen, um mit solchen Hornochsen wiederzukommen. Die Götter prüfen doch nur meine Geduld. Elendes Pack. Lächerlich!" Weiter fluchend verschwand Tutari dann im Dickicht des Waldes. Wahrscheinlich war sie der Meinung, dass ein Weg durch das fast undurchdringliche Dickicht am wenigsten Spuren hinterließ und man ihr dort wenigstens nicht folgen würde. "Lächerlich...", hörte man nur den Nachhall ihrer Stimme.
"Zwischen dem Schwachen und dem Starken ist es die Freiheit, die unterdrückt, und das Gesetz, das befreit." - Jean-Jacques Rousseau, Du Contrat Social

Menthir

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« Antwort #70 am: 19.02.2012, 15:34:35 »
10. Jantus 1214 - Die vergessene Gruft - 07:03 Uhr

Eine Hackordnung[1] oder eine wirkliche Hierarchie war nicht gefunden und gleichzeitig deuteten manche Könige, wie es in ihrem Geblüt nach mancher Meinung verpflichtend war, an, dass sie alles andere als Freunde eines wie auch immer gearteten Egalitarismus[2] waren. Und so galt für Könige vielleicht, ob sie es selbst wollten oder auch nicht, was für jedes gemeine Bauernheer galt, welches die heimischen Felder gegen Goblins, Räuber oder das Reich verteidigten. Erst das Feuer des gemeinsamen und spürbaren Leids und der Gefahr half beim Schmieden einer schlagkräftigen Truppe, beim Werden einer Hackordnung oder gar strukturierten Hierarchie. Dass jeder von ihnen auf seine Art versagte und teilweise mehr als ein Elbenleben im Nichts verbracht hatte, war noch kein verbindendes Element, sondern nur eine marginale Gemeinsamkeit, die sie zusammen an denselben Ort führte. Tutari, die geflohene Königsmörderin, bewies dann auch noch hinlänglich, dass ein Wink des Schicksals oder die Intervention eines Priesters keine Grundlage einer Zusammenarbeit war. Und wie auch jeder über Tutaris Verhalten urteilen mochte, selbst wenn sie bereits am nächsten Teich von einem grauen Reißer zerlegt worden sein mochte, war sie der Beweis dafür, dass ein geteiltes Schicksal und ein gemeinsames Ziel, ob freiwillig angenommen oder oktroyiert, nicht ausreichend war, um eine homogene, funktionierende und übereinstimmende Gruppe von Gefährten zu schaffen. Und dieser Schicksalswink mochte ein besonders schwer sein, waren es nicht nur unterschiedliche Wesen, sondern auch noch Wesen aus unterschiedlichen Zeiten mit unterschiedlichen Vorstellungen, Wissens- und Verständnishorizonten. Waren ihre Weltsichten und ihre majestätischen Egos überhaupt zu vereinbaren? Selten traf es der Ausdruck einer Zweckgemeinschaft so gut, wie in dieser Gruppe von Untoten, denn sie waren vergessen, untot und vielleicht sogar verdammt, da man ihnen nicht die Totenruhe ließ. Was würde ihnen eine Blutlinie nützen, die nicht gelten kann, da kein Blut mehr in ihnen fließt? Was würde ein majestätisches Ego nützen, wenn sich keiner ihrer Herrlichkeit erinnerte?
Und wie würde die Schicksalsgemeinschaft reagieren, wenn mehr Könige sich wie Tutari benahmen?

Tutaris Verhalten hatte das Ende jeglicher Meditation, Reflexion und Fingerübung eingeleitet, aber ein jeder König oder Königin hatte ihre Zauber memoriert, ihre Mitte gefunden oder herausgefunden, dass die Glieder ihres Körpers nicht mehr schmerzempfindlich und dadurch deutlich belastbarer waren. Das verminderte Schmerzempfinden war eine große Gefahr, denn es verleitete zu halsbrecherischen Verhalten. Vielleicht würde es ihnen drohen, denn es war der Zeitpunkt des Aufbruches gekommen. Die Meditation und Tutaris Flucht hatte die Gespräche über die Ordnung und Unordnung der Gruppe unterbrochen und wahrscheinlich hatte Nicos recht, indem er andeutete, dass jeder erst seinen Wert im Konflikt und bei jeglicher Art der Herausforderung zu beweisen hatte, bevor er irgendwelche Ansprüche stellen konnte. Mephala hatte sich dafür ausgesprochen, dass die Schwachen aussortiert werden mussten und genau dies würde die Gefahr tun. Immerhin Morgrim wusste, wo sie sich gerade aufhielten, und dass es damit gar nicht so weit her war mit der überall lauernden Gefahr...

Der Weg, dem die folgten, als sie die bruchreife Hütte und die beiden erfrorenen Männer verließen, war kein natürlicher Weg, denn er war gerade und obwohl der Wald sich hier und dort sanft in kleine Senken und Steigungen wand, blieb der Weg auf einem Niveau. Der Schnee verbarg den Weg gut, aber außer kleiner Schlaglöcher schien es ein sauber gepflasteter Weg zu sein, der nur von einer Menge Schmutz und Humus bedeckt war. Ein Weg, der selten bereist und doch in ausreichendem Zustand war. Dass er so gerade war, ließ die bauliche Leistung beeindruckend, den Weg jedoch sehr langweilig wirken. Beinahe drohte man, unaufmerksam zu werden...

Der Himmel färbte sich bereits wieder ein, es war kalt und noch immer weitestgehend sternenklar. Wie lange mochten sie gelaufen sein? Die dritte Stunde vielleicht? Das Morgengrauen kündigte sich langsam an und tauchte den Wald in unheimliches Zwielicht. Die lebenden Toten, die vorher nicht weiter als drei Sprünge weit in die düsteren Wald sehen konnten und ihn deswegen mieden, bekamen nun ein paar Schritt mehr zu sehen. Doch der Wald wirkte nicht anders, kahle, eng zusammenstehende Bäume, zwischen denen etwas Puderschnee und von den Bäumen rieselnder Frost lag. Hier und dort waren abgebrochene Äste zu sehen, selten mal ein umgestürzter Baum. Tutari war wohl wirklich wahnsinnig, den Wald durch dieses nur schwer durchdringbare Gestrüpp durchqueren zu wollen, da sich auch nach drei Stunden der Wanderung noch kein Ende abzeichnete.

Vor Ihnen, in der Ferne, vielleicht einhundert Meter entfernt, zeichneten sich im heller werdenden Licht die Reste eines umgekippten Wagens ab. Es sah aus wie eine Kutsche, von heller Farbe. Sie war auf die Seite gefallen und wurde einstmals von zwei Pferden gezogen, welche tot vor der Kutsche lagen. Die Deichsel der Kutsche war gebrochen, der Kasten selbst von einfacher Machart. Es war keine typische Kutsche, sondern ein alter Reisewagen[3], wie Mephala ihn aus ihrer Zeit als typisches Reisevehikel der Reichen kannte. Die Pferde waren massive Kaltblüter[4] gewesen. Aus der Entfernung war nicht zu erkennen, wie sie genau gestorben waren. Nur der umgerissene Wagen gab einen Hinweis darauf.
Denn wer genau schaute, sah unter dem Wagen einen Oberkörper hervorschauen, der unter dem Reisewagen eingeklemmt war, aus einer Fensteröffnung hing zudem ein Arm heraus. In der Seite steckten grüngefiederter, sehr schmale, schwarze Pfeile, die in Alvanon gleich etwas auslösten, was in seinem lebenden Körper Adrenalin gewesen wäre. Die Gefahr war eine wohlbekannte Erinnerung. Albenpfeile. Der Elb konnte mindestens sieben Einschläge in dem Holz zählen. Ein Angriff? Aber was wollte die Kutsche an diesem Ort? Gehörten die erfrorenen Männer dazu? Waren sie und/oder der Reisewagen gar die Eskorte von Dhurek Ghassor? Es war ruhig, die Tierwelt ruhte im Winterschlaf und jene Tiere, welche diesen nicht hielten, warteten auf die ersten Sonnenstrahlen, ehe sie den Wald bevölkerten. Dies machte den Wald so ruhig, dass die Untoten in der Gefahr jetzt jeden Schritt hörten, den sie im Schnee machten. Sie hörten jeden morschen Knochen in ihrem Körper, die ohne die volle Muskelkraft knarzten und knirschten. Der Wald schien nicht bevölkert.
Ein Krachen! Irgendwo in der Ferne brach ein Ast unter dem Gewicht des auf ihn lasteten Schnees ab.
 1. Hackordnung
 2. Egalitarismus
 3. Reisewagen
 4. Kaltblüter
"Zwischen dem Schwachen und dem Starken ist es die Freiheit, die unterdrückt, und das Gesetz, das befreit." - Jean-Jacques Rousseau, Du Contrat Social

Nicos

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Die vergessene Gruft
« Antwort #71 am: 19.02.2012, 19:38:43 »
Kein Wort hat Nicos an Tutari, dessen Namen er noch nicht kannte, gerichtet. Man hätte fast den Eindruck haben können es läge eine Leiche am Boden, so still war es um Nicos, der sich zuvor auf dem Holzboden niedergelassen hatte. Doch Gedanken machte er sich freilich: "Damals wurde ich zu Recht ausgesiebt! Und auch Thuras IV. hat es verdient ausgesiebt zu werden! Aber was wirst du schon von Stärke verstehen namenlose Königin. Immherin bist du offensichtlich wahnsinnig, denn du hast ohne Magie versucht mit dem Geist des toten Dhurek zu reden und zuhören konntest du anderen offensichtlich auch nicht. So richtig ernst kann ich dich also nicht nehmen. Ein Glück, dass du diese Gemeinschaft endlich verlässt."

Aber da wechselten schon die Gedankengänge und er dachte nicht mehr weiter über die namenlose Königin nach, sondern über etwas anderes: "Der erste Satz des Dogmas von Menthir heißt: 'Strebe nach mehr Macht, doch mache dir die Finger nicht selbst schmutzig, denn es ist nicht wichtig auf dem Thron zu sitzen, denn meist hat die Person neben dem Thron die Macht über das Reich.' Es ist ein sehr wichtiger Anfang. Wenn Clavius die Führung übernimmt, sollte ich mich mit der Zeit etwas bei ihm einschleimen. Vielleicht war ich zuvor einfach zu ehrlich. Wer weiß, ob ich mein Verhalten nicht überdenken muss. Der Iben-Glaube sagt viel über Clavius aus. Hätte ich das nur vorher gewusst. Ich habe einfach nicht damit gerechnet. Aber wenn ich so tue, als ob ich mich doch entschieden hätte, mich jetzt voll und ganz der Gemeinschaft hinzugeben und das auch durch Taten zum Ausdruck bringe, kann das womöglich ganz nützlich für mich sein. Denn ich hätte diesem weisen Satz aus Menthirs Dogma zuvor mehr Beachtung schenken sollen, das fällt mir Narr leider erst jetzt auf: 'Täusche und blende sie, doch achte darauf, dass sich deine Gier und dein Neid niemals in deinen öffentlichen Handlungen zeigt, denn deine stärksten Waffen ist die Maskerade von Freundlichkeit und anderer Tugenden.' Entschuldigt meine Fehltritte Menthir! Ich habe offenbar noch viel zu lernen. Bitte gebt mich nicht jetzt schon auf, denn ich kann Euch noch ein nützlicher Diener sein. Ihr werdet schon sehen."

Nicos würde schweigsam einfach des Weges gehen und nur auf andere reagieren, die ihn ansprachen. Es gab noch ein paar Dinge, die Nicos Mephala fragen wollte, aber dafür war auch später noch genug Zeit. Der Krach in der Ferne machte Nicos misstrauisch, er winkt mit der Hand die anderen in seine Richtung und flüsterte dann zu ihnen: "Mich interessiert, was hier genau geschehen ist. Ich kann das mit etwas Glück durch einen Nekromantie-Zauber herausfinden, indem ich die Toten befrage. Meint Ihr anderen, dass die Attentäter noch irgendwo hier in der Nähe sind? Ich glaube, dass der Krach nur von einem Ast stammte, der unter dem Gewicht des Schnees abbrach, aber vielleicht ist das ein unheilvolles Vorzeichen, was meint Ihr?"
 

Mephala Egadir

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Die vergessene Gruft
« Antwort #72 am: 19.02.2012, 23:16:44 »
"Dagurs Plage..." hauchte Mephala als Nicos mit seinen Ausführungen geendet hatte und die Ehrfurcht in ihrer Stimme war deutlich zu erkennen, allerdings auch die Tatsache, dass sie keine Erfahrungen mit diesem Ereignis verbinden konnte. Ihre Hand glitt zu ihrer Tascha in der sie ihr Zauberbuch verstaut hatte, nachdem sie ihre Zauber memoriert hatte, in der aber auch das Werk Dhureks ruhte.

Allerdings kam sie nicht dazu es hervor zu holen. Waren die Momente zuvor noch von dem Rauschen der Magie geprägt die sich in Mephalas Geist festsetzte und der angenehmen Musik Maurons, kontrastierte Tutari diese Besinnlichkeit nun vollkommen, während sie ihrem Zorn freien Lauf ließ. Mephala hatte die Frau zuvor so gut wie gar nicht wahrgenommen, gab es doch momentan wesentlich bedeutendere Dinge, die ihrer Aufmerksamkeit bedarften, als ein keifendes Weib. Aber nun kam die Magierin nicht umhin der Wahnsinnigen zuzuschauen, wie sie zeternd in die Nacht stürmte.

Ratlosigkeit bestimmte ihre Mimik. Damit hatte sie tatsächlich nicht gerechnet und ihr blieb nichts anderes übrig als mit den Schultern zu zucken. Wahrscheinlich waren sie ohne Tutari besser dran.

Nach dem Aufbruch fand sie aber nicht mehr den Ansatz, um ihr Gespräch mit Nicos fortzusetzen und stapfte ebenso wie ihre Begleiter schweigend durch den Schnee. Es war merkwürdig zu wissen, dass es furchtbar kalt war, sich aber nicht dementsprechend zu fühlen. Immerwieder musste sie sich den Schnee aus dem Gesicht wischen, wenn sie nicht wie ein weißer Albanon aussehen wollte. Mephala konnte sich kaum vorstellen, dass ein zufälliger Passant sie nicht für etwas Übernatürliches halten könnte, wie sie in der Pracht ihrer Totengewänder, kaum vor der Kälte geschützt still und stumm durch die Finsternis wandelten. Vermutlich würde derjenige seinen Augen nicht trauen und sich fragen ob er noch im Diesseits weilte.

Als die Anderen stoppten erkannte Mephala den Grund dafür nicht augenblicklich und sah sich verwundert um. Erst einen Moment später erkannte sie die umgestürzten Wagen vor ihnen. Als sie die Pfeile in der Seite des Gefährts als solche identifizierte sondierte sie noch ein weiteres mal ihre Umgebung, darauf achtend, ob sie von irgendwo das Leuchten eines Lebewesens wahrnehmen konnte, doch sie waren hier alleine.

"In unmittelbarer Nähe befindet sich nicht ein einziges Leben." entgegnete sie in normaler Lautstärke auf Nicos' erste Frage. Die zweite beantwortete sie gar nicht. Es war nicht so, dass Mephala die Kräfte des Schicksals leugnen würde, aber ein unter seiner Last nachgebender Ast war etwas, dass zu häufig im Winter geschah, als dass es ein besonderes Zeichen sein konnte.
Statt dessen ging sie auf den Wagen zu und begann die Szene genauer in Augenschein zu nehmen[1]. Der Schnee und die Tatsache, dass die Leichen schon gefroren waren sagte ihr, dass sich die Ereignisse hier nicht in den letzten Stunden abgespielt hatten. Sie untersuchte die Spur der Kutsche und schloß aus den ausladenden Schlenkern, die diese vollzog, dass die Pferde durchgegangen sein mussten. Weiterhin gab es Schleifspuren die in den Wald führten, welche sie jedoch nicht verfolgen wollte.
Am Wagen selbst konnte sie nichts erkennen, dass ihr etwas über dessen Besitzer hätte sagen können, als so blickte sie hinein. In dem Wagen befand sich die Leiche eines Mannes. Mephala war zwar keine kundige Heilerin, aber sie konnte erkennen, dass der Tod vor weniger als einem Tag eingetreten sein musste[2]. Ein kurzer Rundumblick im Wagen und die Durchsuchung des Leichnams ergab die Erkenntnis, dass der Wagen und seine Besitzer entweder geplündert wurden, oder ohne Vorräte und Güter gereist waren.

Als sie zu den anderen Untoten zurückkehrte berichtete sie von ihren Entdeckungen. "Die Pferde sind durchgegangen, das legen zumindest die Spuren nahe und es erklärt den Deichselbruch und die Lage des Wagens. In und unter dem Wagen befinden sich zwei tote Menschen, die durch den Unfall umkamen. Der Tod hat sie vor weniger als einem Tag ereilt, aber gemessen an der Schneedecke und der Tatsache, dass sie schon durchgefroren sind würde ich nicht davon ausgehen, dass es erst vor Kurzem geschehen ist. Ich konnte nichts von Wert oder Interesse bei ihnen finden, allerdings habe ich Schleifspuren bemerkt, die in den Wald führen. Ich würde schätzen, dass mindestens drei Körper von hier weggezerrt wurden."

Gedanken über das Warum unterdrückte sie im Augenblick noch. Zuerst wollte sie hören, was ihre Begleiter von all dem hielten und sich dann eine Meinung bilden.
 1. Spot: 14
 2. Heal: 19

Nicos

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Die vergessene Gruft
« Antwort #73 am: 19.02.2012, 23:57:06 »
Mephala schien ziemlich davon überzeugt zu sein, dass keine weitere Gefahr an dem Ort zugegen war. Sie hatte aus Nicos' Sicht viel Glück. So klar war es für den Nekromanten nicht, dass dieser Ort keine Gefahr mehr barg. Aber Nicos' Wahrnehmung war nicht die eines guten Spähers und das war womöglich noch milde ausgedrückt. Er war vielleicht gerade deswegen immer etwas paranoid. Aber, dass Mephala nichts passiert ist, nahm ihm diese Paranoia. Nicos sagte dann zu den anderen: "Mich interessiert, wer diese Leute hier geschickt hat und wohin sie wollten. Es scheint einigermaßen klar zu sein, was hier passiert ist. Mir fällt leider keine sinnvolle dritte Frage ein, die ich den Toten stellen könnte, deswegen frage ich wahrscheinlich mal nach der Sicht der Toten von dem Überfall, auch wenn sie vielleicht nicht so viel davon mitbekommen haben und alles sehr schnell ging."

Nicos ging zum Wagen und schnappte sich zunächst denjenigen, von dem der Arm aus dem Wagen hang. Er zerrte ihn raus und legte ihn in den Schnee.

Zuvor ging er doch noch mal zu den anderen und erklärte ihnen folgendes: "Das Ritual wird zehn Minuten bis ich den Toten letztlich befragen kann. Es ist aber nicht leicht und es besteht auch eine gewisse Chance, dass das Ritual fehlschlägt. Will jemand noch eine dritte sinnvolle Frage vorschlagen? Zehn Minuten Zeit werden wir noch übrig haben, oder?"

Es schien zumindest so, als ob Nicos durchaus an der Meinung der anderen interessiert wäre.

Mauron

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Die vergessene Gruft
« Antwort #74 am: 20.02.2012, 18:05:54 »
Interessiert beobachtete Mauron den Wutanfall dieser Frau, deren Namen er als einzigen nicht kannte und die auf ihn bisher auch einen  recht verwirrten Eindruck gemacht hatte. Seelenruhig spielte er weiter, bis sie über seine wichtigste Errungenschaft lustig machte. Kurz durchzuckte ihn ein Impuls sie für diesen Frevel zu bestrafen und seine Augen verengten sich. In Gedanken ging er die verschiedenen Optionen durch, die ihm zur Verfügung standen. Er hatte seine Flöte bereits in der Hand und spielte auch schon – es wäre ein leichtes unbemerkt einen Zauber zu wirken. Ein kleiner Denkzettel vielleicht, es wäre bestimmt wahnsinnig amüsant, sie noch ein bisschen zu reizen.

Doch so schnell dieser Impuls über Mauron gekommen war, so schnell verschwand er auch wieder mit einem spöttischen Lächeln und Mauron beschränkte sich darauf, sein Flötenspiel der Betonung von Tutaris Worten anzupassen. Höhnisch folgte in der kurzen Pause nach einem betonten Wort ein tieferer Ton und während ihrer fortlaufenden Tiraden eine Abfolge schneller, kurzer Töne. Nach ihrem letzten Wort beendete er sein Spiel mit drei langgezogenen tiefen Tönen[1].

Zufrieden mit seiner Leistung verstaute er seine Panflöte in seinem Gürtel und verschwendete keinen weiteren Blick an diese merkwürdige Frau. Sie hatte sich entschieden die Gruppe zu verlassen. Eine Entscheidung, die ihr durchaus zu stand. Keiner von ihnen war an den Rest gebunden und jeder konnte gehen wann er wollte. Erneut betrachtete er ihre zusammengewürfelte Runde. Wer wusste wie lang es ihn hier in dieser Gruppe halten würde. Wenn sie ihn auf seiner Suche zu sehr behindern würden, musste er sich wohl oder übel von ihnen trennen.

Aber es würde wohl kaum zu seinem Schaden sein, zumindest bis zum nächsten Ort mit ihnen zu reisen. Zwar traute er es sich durchaus zu, alleine bis dorthin zu kommen, aber wer konnte schon wissen, was für Gefahren in dieser Zeit in den Wäldern lauerten. "Außerdem weiß ich immernoch nicht, wie ich mich in dieser Form heilen kann." dachte er mit einem kurzen Seitenblick zu Nicos.

Beim weiteren Verlauf ihres Weges verhielt sich Mauron zu nächst wieder schweigend wandte sich dann aber überraschend an Mephala und Nicos. "Ihr scheint mir bereits etwas Erfahrung mit diesem untoten Zustand zu haben. Würde es euch etwas ausmachen mir ein paar Fragen zu beantworten? Ich habe bereits festgestellt, dass mein Körper anscheinend weder Schmerz noch Kälte empfindet. Er kann aber trotzdem noch Schaden dadurch erleiden, oder? Woher weiß ich, wie stark etwas meinen Körper wirklich beschädigt? Und wie könnte ich meinen Körper dann wieder  reparieren ? Auch scheine ich keinen Hunger zu verspüren, obwohl wir bereits eine ganze Weile unterwegs sind. Muss ich in diesem Zustand überhaupt nichts mehr essen? Und was würde dann passieren wenn ich trotzdem Nahrung zu mir nehmen würde?" Wieder einmal legte Mauron seinen Kopf leicht schief, während ihm eine neue Frage durch den Kopf schoss. "Kann ich überhaupt noch etwas schmecken? Es würde mich wohl durchaus belasten, den Geschmack eines guten Weines nicht mehr..."

Mauron brach mitten im Satz ab, als auch er den umgestürzten Wagen entdeckte. Langsam bewegte sich seine Hand zu dem Beutel an seinem Gürtel, zog sie jedoch wieder zurück als Mephala Entwarnung gab. Sie schien sich sehr sicher zu sein, aber Mauron schaute sich trotzdem noch aufmerksam in der Umgebung um, vielleicht konnte er doch noch etwas wichtiges entdecken.[2]

Nicos Ausführungen kommentierte er lediglich mit ein paar hochgezogenen Augenbrauen. "Dieser Kerl scheint sich wirklich mit solchen Sachen auszukennen. Mit welcher Leichtigkeit er über solche Sachen wie die Befragung von Toten spricht..."
 1.  Zur ungefähren Einordnung
 2. Wahrnehmung 18

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