Autor Thema: IC - Prolog: Ein warmer Empfang  (Gelesen 7626 mal)

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Hraun

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IC - Prolog: Ein warmer Empfang
« am: 01.05.2012, 22:45:44 »
Melfurt, die Zukunft

“Der Stamm der Phönixfedern, sagt Ihr? Davon habe ich noch nie etwas gehört!“, hinterfragte Berengar sein Gegenüber – eine junge Frau, deren dunkler Teint darauf schließen ließ, dass sie nicht aus diesen gemäßigten Breiten stammte, sondern aus dem Westen, aus der dortigen Wüste.
“Die Phönixfedern waren meine Heimat. Sie waren alles, wofür ich kämpfte. Sie waren meine Familie.“ Die junge Frau mit dem harten Akzent in der Stimme musste schlucken. “Ihr könnt nicht erwarten, dass ich euch diese Geschichte abnehme!“
Berengar antwortete in seiner gewohnt freundlichen Art: “Ich kann nicht erwarten, dass eine Frau ohne Heimat und Halt im Leben all ihre Hoffnung aufgibt, nein, aber ich kann weitergeben, was einer meiner Männer mir erzählt hat. Euer Stamm scheint aufgerieben zu sein, doch ich lasse Nachforschungen anstellen.“ Er lächelte und schenkte der Frau ein Glas Tee ein. “Um ein wenig Licht ins Dunkel zu bringen, könnt Ihr mir doch ein wenig von damals erzählen. Wie wäre es… mit euren letzten Erinnerungen, ehe ihr aufgebrochen seid?“
Die junge Frau nahm den Tee dankend an. Ihre Kehle war trocken und hatte lange nichts Schmackhafteres als Wasser getrunken. Es war eine Wohltat, endlich mal wieder die Geschmacksnerven beanspruchen zu können. “Ich kann Euch gerne erzählen, was ich weiß, Meister Berengar. Ich weiß bloß nicht, was es Euch nutzen mag. Es ist aus einer längst vergangenen Zeit.“
Berengar lehnte sich entspannt zurück. Natürlich hatte es einen Nutzen. Alles hatte seinen Nutzen, man musste ihn nur erkennen. Dass er ihren Hintergrund von Sayid überprüfen ließ, musste sie nicht wissen, aber jedes Detail, was sie erzählen konnte, würde seinem Mann helfen, die Wahrheit herauszufinden. “Bitte, erzählt einfach. Vielleicht mag ich ja schöne Geschichten.“
Die Frau mit dem dunklen Hautton wurde einfach nicht schlau aus diesem Mann. Aber da es ihr unausweichlich schien, begann sie ihre eigene Geschichte der Phönixfedern zu erzählen…



169. Tag im 366. Jahr des Ewigen Weges, 07:55 Uhr - Mayya Oase

Der Duft von Vieh lag hier schwer in der Luft. Nahe der Pferche der Phönixfedern war das Zelt ihres Häuptlings, Jamal al’Quadin, und hier war das Treiben an diesem Tag besonders geschäftig. Normalerweise waren hier morgens lediglich die Züchter und Viehtreiber unterwegs, um sich um ihre Herden zu kümmern, nun allerdings waren dort auch Männer der Wache und zum Teil gänzlich Fremde, hauptsächlich unterwegs zum Zelt des Häuptlings unterwegs, wo ein wichtiges Treffen stattfinden sollte.
Die Sonne stand auch zu dieser Zeit bereits am Himmel, und Vecor ließ es sich nicht nehmen, der Wüste unter sich seine Macht zu demonstrieren. An einem normalen Tag war es für einen normalen Reisenden, der diese Breiten nicht gewohnt war, bereits schwer zu vertragen, und es gab mehr Todesfälle als Wasserlöcher, da das Wetter von vielen Fremdlingen einfach unterschätzt wurde. Manch ein wahnsinniger Tor wollte dieses Meer von Sand gar ohne Führer durchqueren, was noch jedem zum Verhängnis wurde, der keine Erfahrung hatte. An diesem Tag jedoch schien Vecor noch heißer als sonst auf die Enwe zu strahlen. Ob er wohl erbost war?

Im Lager der Phönixfedern hatten fünf Menschen eine Nachricht erhalten. Sie hatten unterschiedliche Hintergründe, stammten aus unterschiedlichen Ecken dieser Wüste, doch sie alle hatten eines gemeinsam: Vecor hatte in ihrem Leben eine Rolle eingenommen, welche sie alle nicht mit einem Lächeln zur Sonne heraufblicken ließ. Sei es Sklaverei, sei es das Priestertum Hrâuns oder das Leben in der Wüste, sie alle haben Grund, Vecor nicht zu mögen. Diese drei Männer und zwei Frauen kamen nach und nach zum Zelt des Häuptlings. Auf sie alle wartete dort eine Aufgabe, die sie von Häuptling Jamal erfahren würden. Man hatte ihnen allen mitgeteilt, dass weitere Informationen erst vor Ort erteilt werden können. Man fürchtete, dass die Vecorianer Spione eingeschleust haben könnten, weswegen man Details der Aufträge nicht auf Papier in der Zeltstadt umhersenden wollte.
Schließlich waren sie alle zusammengekommen und warteten vor dem großen Zelt des Häuptlings, dem Herz des Lagers. Vor dem Zelt standen zwei Wachen. Sie trugen große Krummschwerter und hatten entblößte Oberkörper, wodurch sie ihre Muskeln zur Schau stellten. Weiterhin war auf dem Platz vor dem Zelt ein Brunnen, an dem man sich bedienen konnte. Die Oase, die sie vor einigen Tagen erreicht hatten, war noch reich an Wasser und Früchten, weswegen auf einem kleinen Tisch auch Teller mit Früchten stand, von dem man sich bedienen durfte.

Als die fünf Menschen – Tiatha, Mahlakar, Kaveh, Badawi und Nuwairah – sich vor dem Zelt eingefunden hatten, trat auch bereits die Frau des Häuptlings aus dem Aufbau von Holz und Tierhäuten hervor. Khassindra al’Quadin verneigte sich in allem Respekt vor den Anwesenden. “Verehrte Gäste, mein Mann ist noch nicht ganz bereit. Er und zwei Priester sind noch dabei, die nötigen Vorkehrungen zu treffen. Ihr kennt Euch untereinander bereits? Wenn nicht, nutzt doch die Zeit, Euch miteinander bekannt zu machen. Wenn Ihr noch nicht gefrühstückt habt, könnt Ihr Euch auch gerne bedienen.“ Sie deutete auf die Früchte und das Wasser, lächelte dabei weiterhin. Sie verteilte an jeden der Anwesenden einige Bänder. “Es wird nicht mehr lange dauern. Seid Ihr mit dem Marktknoten vertraut? Wir möchten Euch bitten, Eure Waffen damit zu sichern, solange Ihr bei meinem Mann im Zelt seid. Ein Priester wird gleich kommen, um Euch zu holen, sobald alles bereit ist.“ Sie blickte aufmunternd in die Runde und wartete draußen vor dem Zelt, wohl auch bereit, Fragen zu beantworten, sofern dies in ihrer Macht lag.
« Letzte Änderung: 09.06.2012, 00:01:07 von Hraun »

Tiatha

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IC - Prolog: Ein warmer Empfang
« Antwort #1 am: 02.05.2012, 12:46:04 »
Tiatha blickte auf das Band, das ihr überreicht wurde, wusste zunächst aber nichts damit anzufangen. Nach der kurzen Ansprache war ihr allerdings schnell klar, warum. Sie brauchte schon lange keine Waffen mehr, weswegen auch an Markttagen niemand sie dazu auffordern musste ihre Waffen zu sichern. Sie blickte auf ihre Hände mit den ungewöhnlich langen und spitzen Fingernägeln und ließ das Band eine Weile von ihren Fingern baumeln. "Ich glaube, wenn ich keine Waffen dabei hab, brauch ich das hier nicht, oder?" Sie warf das Band zurück zu Khassindra.
Sie betrachtete die anderen Mitglieder dieser kleinen Runde. Einige davon hatte sie schon mal gesehen, doch war Tiatha seit ihrer Ankunft im Stamm nicht allzusehr darauf bedacht gewesen, Freunde zu machen. Sie ging zu dem kleinen Tisch und schnappte sich einige Früchte. "Wenn wir hier nun gemeinsam etwas erledigen sollen, sollten wir uns wohl vorstellen, oder? Ich mache einfach mal den Anfang, ich bin Tiatha." Die Früchte verschwanden in Tiathas Mund bevor sie sich mit verschränkten Armen hinstellte und den Rest der Gruppe anblickte. Auf ihren Armen waren jetzt mehr als nur ein paar Narben zu sehen, sodass klar war, dass Tiatha einige Kämpfe hinter sich hatte.

Badawi

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IC - Prolog: Ein warmer Empfang
« Antwort #2 am: 02.05.2012, 20:35:23 »
Badawi war gespannt, was Häuptling Jamal, von ihm wollte. Es musste sicher irgendetwas wichtiges, das sagte ihm seine Intuition. Als Badawi noch ein paar Gebete an Hrâun gerichtet hatte, ging er auch schon zum Zelt des Häuptling. Er war auch sehr pünktlich dort.

Der Frau des Häuptlings entgegnete er mit einem freundlichen Lächeln: "Seid herzlich gegrüßt, Khassindra! Danke für Euer Angebot an Früchten und Wasser. Ich war so mit dem Gebet zu Hrâun beschäftigt, dass ich noch nichts zu mir genommen habe als Frühstück."

Badawi trank etwas Wasser und nahm ein paar Früchte zu sich. Gleich danach stellte er sich aber auch schon den anderen vor: "Auch wenn ich für die meisten sicherlich kein gänzlich Unbekannter bin, möchte ich mich dennoch der Höflichkeit wegen vorstellen: Mein Name ist Badawi Nasad, Priester und Druide Hrâuns. Es reicht aber vollkommen, wenn ihr mich mit meinem Vornamen Badawi ansprecht."

Er schenkte Kaveh, Tiatha und Nuwairah erst einmal einen vertrauten Blick und ein symbolisches Nicken. Zum Schluss blieb sein Blick aber an Mahlakar hängen. Er war ihm noch nicht so bekannt wie die anderen Drei, das war deutlich zu erkennen. Trotzdem war es freilich kein böser oder kritischer Blick oder dergleichen. Badawi versuchte lediglich einzuschätzen, mit wem er es denn mit Mahlakar zu tun hatte. Er war sich nämlich nicht sicher, ob er es hier nicht mit einem völlig Fremden zu tun hatte, der vielleicht sogar nicht einmal Hrâun verehrte. Aber selbstkritisch verwarf er solche Gedanken wieder. Schließlich konnte Badawi ja nicht jeden einzelnen der Zeltstadt kennen- vor allem eben recht neue Hrâun-gläubige Bewohner- und bloß weil ihm das Gesicht nicht sofort bekannt vorkam, musste das ja noch nichts heißen.

Bis die anderen sich dann vorstellen, nahm Badawi die Marktknoten entgegen und befestigte sie entsprechend.

« Letzte Änderung: 03.05.2012, 00:21:07 von Badawi »

Mahlakar

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« Antwort #3 am: 03.05.2012, 02:45:41 »
Mahlakar erwidert die Verbeugung respektvoll und nimmt die Bänder entgegen. Sein Gesicht ist hinter dem Gesichtstuch verborgen, so daß nur seine obere Gesichtshälfte zu sehen ist. Die grauen Augen leuchten hell aus dem Gesicht hervor und betrachten aufmerksam die Umgebung, bevor er sich an die Häuptlingsfrau wendet.
"Oh Erhabene, ich danke Euch für Eure wohlklingenden Begrüßung und für die Einladung zu süßem Wasser und noch süsseren Früchten!"
Sein Aktzent klingt für die Anwesenden ein wenig befremdlich und er macht keine Anstalten nach einem von beiden zu greifen. Sondern verneigt sich, um dann mit ein paar Schritten gewand zurückzuweichen und den Marktknoten an dem kleinen Streitkolben an seiner Seite zu befestigen.

Mahlakar schaut sich die anderen Anwesenden genau an, um etwas über sie in Erfahrung zu bringen.
Weswegen sie wohl hierher gerufen wurden? Traut man mir nicht zu, den Auftrag allein zu bewältigen?, schoß es ihm kurz durch den Kopf. Ah, aber ich bin noch jung. Kein Wunder also, daß man mich nicht allein ziehen läßt. Zwei Kämpferinnen, eine direkt und eine geschmeidig, ein Priester, tief in seinem Glauben verwurzelt  und ein ...hm...was mag der wohl können?
Als Mahlakar bemerkt, daß ihn der Priester genauer in Augenschein nimmt verneigt er sich erneut.
"Mein Name ist Mahlakar, oh ihr Damen und Herren der Wüste!", stellt er kurz fest.

Nuwairah

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IC - Prolog: Ein warmer Empfang
« Antwort #4 am: 03.05.2012, 06:56:03 »
Die junge, in ein langes, sie verhüllendes Gewand gehüllte Gestalt betrachtete das Band, das für den Marktknoten diente, mit einem nicht wirklich begeistetrten Blick und verschränkte die Arme. "Wenn wir nur in die Höhle des Löwen gehen können, wenn wir vorher unsere Wehrhaftigkeit am Eingang ablegen können, sind wir keine Spione, sondern Futter." spricht sie recht kategorisch, knirscht dann mit den Zähnen. Bevor die Frau sie zurecht weisen kann, bindet sie dann aber mit schnellen, geschickten Fingern den Knoten, der ihren Krummsäbel in seiner Scheide fixiert. Innerlich schalt sie sich für die heißblütige Antwort, denn sie hätte ja ebensogut zurück gelassen werden können, und das wollte sie auf keinen Fall.

"Nuwairah al'Rissah, so nennt man mich, und ich bin Feuertänzerin dieses Stammes." verkündet sie dann mit hörbarer Selbstsicherheit in der Stimme, ihre Augen blitzen dabei herausfordernd. Fast erwartet sie schon, dass man sie wegen ihrer Angehörigkeit zu dieser, in manchen Spielarten des Hraun-Glaubens nicht sehr angesehenen Sekte verspottet oder zurückweist. Ein Grund, jetzt einen Streit zu suchen, kam ihr gerade recht, dann wurde sie auch diesen elenden Knoten los.

Kaveh Ahangar

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IC - Prolog: Ein warmer Empfang
« Antwort #5 am: 04.05.2012, 13:48:50 »
Seine warmen, braunen Augen musterten die Umgebung, sorgsam und aufmerksam. Kaveh war das Gerede von Spionen nicht entgangen und er wusste, dass die goldene Scheibe am Himmel sich für jenes interessieren mochte, was unter ihr so vorging. Vor allem an jenen Orten, an denen Vecor besonders vehement wütete, waren in seinem Blick. Kaveh blinzelte zurück in den gelben Sonnenball und ließ die nachträgliche Lichtexplosion in seinen Augen wirken, während sie sich wieder an die normale Umgebung gewöhnten. Blendung, Täuschung, dafür stand Vecor. Brennende Schmerzen und keine Erlösung. Seine Gläubigen hatten nichts außer eine Illusion von Hoffnung, an die sich klammern konnten. Eine Aura der Selbstsicherheit umgab den drahtigen Mann mit dem kurzgehaltenen, verwegenen Vollbart. Er schritt mit zweifelsohne strammen, fast militärischen Schritt vor dem Zelt entlang und begrüßte die Anwesenden, in dem er die Arme vor der Brust überkreuzte und sich verneigte. "Kaveh Ahangar.", sagte er mit fester Stimme in der ein gewisser Stolz mitschwang. "Schmied und Inquisitor des Vulkangottes." Auch wenn dieser Zusatz wahrscheinlich nicht wichtig war, machte er gleich klar, welcher Gruppe er zugehörig war.

Kaveh blickte zwischen den Männern und der Feuertänzerin und Tiatha umher, sie ganz genau musternd. Manche Gesichter hatte er schon gesehen, aber mit niemanden verband ihn Tieferes. Er ließ dies für den Moment so sein und bemerkte das Frühstück. Er verneinte dieses Frühstück für sich, da er schon gefrühstückt hatte und diese Form eines Frühstücks ihm nicht zusagte. Dass sie so frei jedoch mit Früchten umgingen, zeigte nur, dass sie gerufen wurden, weil es nicht einfach nur vom Bedeutung war. Dieses freimütige Geschenk in Zeiten der Not sollte den guten Willen beweisen und sie zuversichtlicher machen. Kaveh konnte es ihnen nicht verdenken. Menschen schwächeren Geistes brauchten diesen guten Willen, für Kaveh jedoch, bestand sowieso keine Wahl. Hrâun hatte ihn zu diesem Zelt kommen lassen, er spürte es. Sein Herz pochte etwas schneller als gewöhnlich. Er blickte sich wieder zwischen Nuwairah, Mahlakar, Badawi und Tiatha umher. Ob Hrâun sie auch geschickt hatte oder war ihr Auftreten eher...begleitender, zufälliger Natur?
Während der Schmied dieser Frage nachhing, band er den Marktknoten um seine einseitig geschliffene, vom Wüstensand polierte Löwentatze[1], verhinderte damit, dass er den gebogenen und scharfen Säbel aus der schwarzen, mit Ornamentlöwen versehenen Scheide ziehen konnte. Der Kurzbogen, der ebenfalls aus feinstem Stahl gefertigt war, hatte keine Sehne angebunden. Doch der Bogen, den man nicht in einer dunklen Scheide verbergen konnte, war brünniert wurden. Er war beinahe schmucklos, um in der Sonne und im Fackelschein kein verräterisches Funkeln von sich zu geben. Nur feine, pechschwarzen Linien waren auf dem Bogen aus Stahl zu erahnen. Wer nah genug rankam und sie sich anschaute, sah, dass Teile des heiligen Kodex des Vulkangottes in Gebetsform auf den Bogen graviert wurden waren. Kaveh kleidete sich dunkel, doch im Gegensatz zu vielen Menschen sehr schmucklos. Seine Kleidung war nützlich, nur auf seinen Waffen war ein gewisser Prunk zu erkennen.

Er beließ die schweißnassen Haare unter der Kapuze und trat, nachdem der Knoten gebunden war, vor ihre Gastgeberin. "Habt Dank für eure reichen Gaben.", eröffnete Kaveh das Gespräch und verneigte sich vor Khassindra gesondert, abermals mit überkreuzten Armen. Ein Symbol, dass er seine Hände bei sich beließ. Ein Zeichen der Höflichkeit, eine Geste der Zurückhaltung, wie sie von einem Inquisitor verlangt wurde. Zusammen mit dem Marktknoten symbolisierte er nicht nur, dass er keine Gefahr war, sondern sich auch unterordnete. Unbewaffnet zu gehen, das bedeutet auch das Haupt zu neigen, gerade für einen Inquisitor. "Würdet ihr uns auch mit der Gabe beehren, uns zu verraten, warum es gehen wird? Ist es das, worüber die Zeltwände im Wind tuscheln?", fragte der Inquisitor freundlich, aber mit fester Stimme. Er stellte nur diese eine, freundliche Frage, vorsichtig musste er erst wissen, wie weit mit Fragen gehen könnte.
 1. Shamshir

Hraun

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IC - Prolog: Ein warmer Empfang
« Antwort #6 am: 05.05.2012, 19:34:44 »
169. Tag im 366. Jahr des Ewigen Weges, 07:56 Uhr - Mayya Oase

Mit wachsamen Augen beobachteten die Zeltwächter und die erste Frau des Häuptlings, Khassindra, wie die fünf Anwesenden auf dem Vorplatz des Zeltes ihre Waffen sicherten. Die dunkelhäutige Frau in der schlichten Kleidung gab sich betont ruhig und gelassen bei den Reaktionen auf den Marktknoten. Als jedoch Nuwairah von der Höhle des Löwen sprach, zog sie ihre dünnen Augenbrauen hoch. “Nuwairah al’Rissa, es ist mir eine Freude, dass ihr dem Ruf gefolgt seid. Es war meinem Mann und Herrn wichtig, dass eine Feuertänzerin die Gruppe begleitet, da er von euch sehr viel hält. Nicht nur eure Tänze sieht er sich gerne an, auch von eurer Gefährlichkeit und Kompetenz ist er überzeugt. Aber erzählt mir doch bitte, warum Ihr das Heim meines Mannes als Höhle des Löwen anseht? Wenn Ihr Euch unwohl fühlt, wird Euch niemand zwingen einzutreten.“

Nach diesen Worten wandte sie sich an Kaveh, doch bedauern war in ihrer Stimme, als sie diesem antwortete: Ich weiß nicht, was das Rauschen des Windes von den Zeltwänden erfährt, doch fürchte ich, dass ich nicht zu viel erzählen darf, denn die Augen des Feindes ruhen auf uns, und wachsame Ohren lauschen in den Tag, um zu erfahren, was wir planen. Lasst mich auch Euch danken, Kaveh Avengar, dass Ihr dem Ruf gefolgt seid. Einen Inquisitor mit auf die Reise zu senden, war mir ein besonderes Anliegen. Es ist nicht ungefährlich, und ich weiß, dass ihr fest in unserem Glauben verankert seid. Ihr werdet die anderen in schwierigen Momenten auf dem wahren Pfad halten können. Aber ich verspreche Euch, dass Ihr in Kürze alles erfahren werdet, was Ihr benötigt. Ich kann euch lediglich verraten, dass euer Auftrag Euch in die Stadt des falschen Feuers führen wird.“

Bereits mit den letzten Worten Khassindras brachten vier hochgewachsene Männer in weißer Gewandung und mit verhüllten Gesichtern ein rundes Gefäß aus Ton von einem halben Meter Durchmesser, welches sich nach oben hin verjüngte. Es wurde auf dem Platz vor dem Zelt abgestellt und die Männer gingen davor auf die Knie. In der Sprache des Feuers beschworen sie eine Rauchsäule daraus hervor, welche unter ihrem einsetzenden Gesang dichter wurde und sich wie ein schützender Schirm über das Zelt legte. Die Herden wirkten beunruhigt, als dieses Ritual vollzogen wurde. Die Tiere drängten sich so weit es ging auf die dem Zelt entferntere Seite ihrer Pferche. Schließlich drang aus dem Inneren des Zeltes ein unnatürlich hoher Schrei, welcher recht schnell gurgelnd verstummte. Khassindra schien dadurch nicht beunruhigt, im Gegenteil. Man konnte erkennen, wie eine Anspannung von ihr fiel, welche vorher kam merklich ihre Züge beeinflusst hatte. Was war in diesem Zelt geschehen? Weiterhin lag der dunkle Männergesang über dem Geschehen.

“Verzeiht meine Verspätung!“, erklang eine Stimme. Scheinbar unbemerkt hatte sich eine weitere Gestalt eingefunden. Sie war nicht wirklich groß, ihre Figur eher schmächtig. Es war eindeutig ein Mensch, doch vom Körperbau her noch ein Kind, wenngleich im Gesicht eindeutig als Mitte 30 erkennbar. Das Haar war kurz und braun, die Kleidung schien bunt zusammengewürfelt aus Leder und Fellen. Bewaffnung war keine zu erkennen, allerdings trug die Person am Gürtel eine Reihe von Dietrichen und ein Seil, ebenso wie mehrere Kletterhaken. “Ich hatte schon befürchtet, dass ihr bereits in dem Zelt wäret. Mein Name ist Mustafa al’Jaali, ich hörte von einem Auftrag und brachte ihn mit meinem Namen in Verbindung. Ich bin hier doch richtig, wenn ich zu Häuptling Jamal will?“ Khassindra verschwand daraufhin in das Innere des Zeltes, ihrem Gesicht war Verwirrung abzulesen.

Nuwairah

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« Antwort #7 am: 05.05.2012, 20:50:16 »
Nuwairah betrachtete all das Geschehen um sie herum mit gerunzelter Stirn und blickte auf das Band, dass ihr gegeben wurde, hinab, es dann um ihr Handgelenk bindend. Ein Gast, der dieser Frau nicht vertraut war? Ein seltsames Ritual, welches sie nicht kannte? Dies gefiel ihr kaum, und wo sie es eh hasste, sich solchen Regeln zu unterwerfen, stieg ihre Abneigung nun noch mehr. "Ich bin bereit, mich mit dem Wort an Hraun zu binden, meine Klinge nur zu erheben, wenn ich angegriffen werde. Doch mit diesem Schwert tanze ich für die Flamme, und werde es niemals binden, wenn ich eine Wahl habe." meint sie ruhig erklärend zu den anderen vor dem Zelt und betrachtete dann den mit Dietrichen bewaffneten Mann. "Dies ist sein Zelt, doch ich weiß nicht, ob ihr willkommen seid, al'Jaali."

Tiatha

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IC - Prolog: Ein warmer Empfang
« Antwort #8 am: 06.05.2012, 11:26:33 »
Tiatha lauschte den Begrüßungen und Ausführung der sie Umgebenden. Sie rümpfte ein wenig die Nase, schien dann aber ihre Reaktion selbst zu bedauern, da sie sich schnell abwandte und sich etwas Wasser aus dem Brunnen besorgte. So viel hochgestochenes Gelaber hier. Aber halt dich zurück, das soll nicht schon wieder im Chaos enden!
Danach wandte sie sich wieder der Gruppe zu und versuchte betont ruhig den weiteren Ausführungen zu lauschen. Auch als die vier Männer das seltsame Ritual ausführten, regte sie sich nicht viel, sondern sah nur interessiert zu. Eine Bedrohung schien davon nicht auszugehen, und die Zeltstadt war eh einer der wenigen Orte gewesen, an denen sie sich sicher fühlte. Der Schrei danach allerdings versetzte sie in höchster Alarmbereitschaft. Ihr Körper spannte sich merklich an und ihr Hände verharrten in einer merkwürdigen Haltung, wodurch ihre langen Fingernägel deutlich hervorstachen.
Was ist hier los?! verlangte sie zu wissen, nur Khassindras ruhiges Verhalten hielt sie davon ab, direkt das Zelt zu stürmen um herauszufinden, was passier war. Doch noch bevor diese reagieren konnte, tauchte der Neuankömmling auf und riss die Aufmerksamkeit an sich. Tiathas Augen fixierten den Neuankömmling, sein Typ erinnerte sie an zwielichtige Gestalten, die sie in den Slums von Vecors Stolz kennen gelernt hatte, was sie vorsichtig werden lies.

Badawi

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« Antwort #9 am: 06.05.2012, 14:42:48 »
"Schön, dass wir einen Inquisitor des einzig wahren Feuergottes bei uns auf der Mission haben werden, die der Häuptling für uns vorgesehen haben wird." Als Badawi mit seinen Worten geendet hat, überschlugen sich die Ereignisse auch schon. Doch Badawi blieb ganz ruhig und liess sich durch die Ereignisse nicht beunruhigen. Dann wandte sich Badawi an Tiatha: "Macht Euch keine Sorgen Tiatha es wird sich nur um ein mächtiges Ritual gehandelt haben. Wenn irgendetwas nicht in Ordnung gewesen wäre, hätte uns das Khassindra schon gesagt."

Dem Neuankömmling schenkte Badawi einen kritischen Blick. "Ich muss schon sagen, dass Ihr Eure Dietriche wirklich gut versteckt habt." Eine Ironie war Badawis Worten schon deutlich zu entnehmen, er traute diesem kleinen Mann einfach nicht und er wusste nicht wie treu er tatsächlich Hrâun sein würde. Er wirkte wie ein Dieb, der auf den eigenen Vorteil bedacht sein würde und in schwierigen Situationen sich dem Mächtigeren anschließen könnte oder auch bloß dem, der das meiste Geld bot.

Badawi ergänzte seine Worte noch mit dem folgenden: "Aber ob Ihr tatsächlich mit auf die Mission dürft, ist allein die Entscheidung des Häuptlings und nicht meine. Vielleicht ist das ganz gut für Euch. Aber wenn ich Khassindras Gesichtsausdruck richtig deute, hat zumindest sie Euch nicht unbedingt erwartet."

« Letzte Änderung: 06.05.2012, 14:44:48 von Badawi »

Kaveh Ahangar

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« Antwort #10 am: 09.05.2012, 00:05:46 »
Wenn das Zelt des Freundes für Unbehagen sorgt, was wird das Antlitz des Feindes entfesseln? Ein Sturm des eigenen Untergangs?, dachte sich Kaveh als er das stürmische, beinahe deviante Verhalten von Tiatha registrierte. Er blickte zu Khassindra und wiederholte die Verbeugung mit verschränkten Armen, wenn auch etwas dezenter. "Habt Dank für eure warmen Worte." Mehr Worte bedurfte es nicht, die Vorkehrungen, die getroffen wurden, um die Augen des Feindes, um Vecors Blick, abzuwenden, sprachen für sich. Kaveh entfernte sich zwei Schritte rückwärts, um zu unterstreichen, dass er nicht aufdringlich sein wollte. Er würde warten, bis ihm die Informationen mitgeteilt werden.
"Habt auch ihr meinen Dank für eure warmen Worte, Badawi.", sagte Kaveh freundlicher, ehe den Pygmäen betrachtete.

Mit freundlichen Worten versuchte Kaveh die Schärfe aus Badawis Worten zu nehmen. "Ein Dietrich ist auch nur ein Werkzeug wie ein Schmiedehammer oder ein Häutungsmesser. Welcher Handwerker unter dem Auge Hrâuns muss sich dessen schämen, wenn er den Gott des Handswerkes mit der Zurschaustellung von Werkzeugen ehrt?" Kaveh lächelte sanft dabei und nickte der Pygmäe Mustafa zu. Wir sollten uns Spott sparen. Alleine die Nützlichkeit eines Wesens von Kindergröße. Er wird so viel leichter durch enge Gassen und Pechnasen[1] schlüpfen können.
Kaveh versuchte nicht vor sich, seine Freundlichkeit zu rechtfertigen, sondern vielmehr hoffte er, dass die hoffentlich gewonnene Zeit nützlich war, um scharf nachdenken zu können, ob er schon etwas von Mustafa al'Jaali gehört hatte[2].

Kaveh ist keiner Person Fürsprecher an diesem Ort, so lässt überlässt er es Khassindra und Nuwairah die Sache mit dem Marktknoten zu besprechen. Es gehörte sich nicht, sich in die Worte von Frauen einzumischen, wenn es keine absolute Notwendigkeit gab. Die Zeit hatte ihm das ausdrücklich und nachdrücklich bewiesen, sodass der Inquisitor lieber das Ritual weiter interessiert beobachtete. Khassindra hatte die Andeutungen gemacht, dass man sich ihre Auswahl sehr genau überlegt hatte und auch diese Schutzmaßnahme, einen Rauschschleier über die entscheidenen Orte zu legen, legte Zeugnis von diesem Vorhaben ab. Es kribbelte angenehm in den Fingern Kavehs. Es hatte sich also so angedeutet, wie er geglaubt hatte, dass es sein müsste. Er hatte es im Gefühl, dass etwas Großes nahte, und dass sie gegen den Moloch[3] selbst ziehen sollten, das stand außer Frage. Würden sie in sein Innerstes vordringen? Ja, eine Armee würde Vecors Stolz wohl kaum angreifen. Kaveh blickte zum Pygmäen. Den Vorteil der geringen Körpergröße würde ihn dabei keiner absprechen können und vielleicht, auch wenn Khassindras Gesicht anderes vermuten ließ, wurde er gerufen, wie sie auch. So wartete Kaveh schweigend ab, während sich ein Bild in seinem Geist formte: wenn Magma zu Lava wird, bricht es auch aus dem Innersten der Enwe hervor. Welcher Frevel wäre es also, Vecors Stolz von außen zu schleifen? Nein. Es wäre das absolute Symbol, das größte Fanal, wenn Vecors Stolz von Inneren heraus untergeht. Das Innerste ausbricht. Kaveh lächelte sanft in die Sonne Vecors, die sich dank des Rauches langsam für seine Augen verdunkelte.
 1. Pechnase
 2. Wissen (Lokales) 14 (Da untrainiert also 10)
 3. Moloch in der Bedeutung einer gnadenlosen, alles verschlingenden Macht, die auf Metropolen angewandt wird.
« Letzte Änderung: 09.05.2012, 00:06:54 von Kaveh Ahangar »

Mahlakar

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« Antwort #11 am: 09.05.2012, 03:10:58 »
Nun, ein Inquisitor des Hraun! Diese Leute scheinen sehr im Glauben gewurzelt. Ob uns das zum Vorteil gereicht, wenn wir in die Stadt ihrer Feinde gehen?
....Es wird wohl ein Auftrag, der ihren Gott stärkt. Oder den anderen schwächt.  Aber warum bin ich dann hier?
, sinnierte Mahlakar vor sich hin, während er aus Gewohnheit in den Schatten des Zeltes tritt und fast schon mit diesem zu verschmelzen scheint. Es sieht nicht so aus, als wäre jemand von ihnen in meinem Aufgabengebiet bewandert. Sie sind alle recht auffällig. ....

Nuwairahs Ausbruch reißt ihn aus seinen Gedanken.
Jetzt schon so unbeherrscht? Und so eigensinnig. Wie soll sie in einer Gruppe funktionieren, wenn sie selbst ihrem Häuptling nicht gehorcht? Kann sie sich im Angesicht ihrer Feinde zurückhalten?

Aus dem Schatten betrachtet er weiter das Geschehen.
Als die vier Männer ihr Rauchritual vollführen, schleicht sich ein Lächeln über sein Gesicht, verborgen durch das Tuch, das sein halbes Gesicht bedeckte.
Ha, ha, so ist es also auch hier! Sie versuchen, sich in Schatten zu hüllen. Aber welch Verschwendung von Kräften., denkt er, während er sich ein wenig konzentriert und die Schatten sich um ihn zu verdichten scheinen, so daß nur noch die grauen Augen für aufmerksame Beobachter zu sehen sind.[1]
Auch den Schrei nimmt er wahr.
Und noch mehr Verschwendung! Da können sie lange von der Macht ihres Gottes reden. Sie brauchen so viele Männer und selbst ein Opfer, nur um sich vor den Strahlen Vecors zu verstecken. Unmerklich schüttelt er den Kopf.

Die Ankunft des kleinen Mannes nimmt Mahlakar interessiert wahr und betrachtet ihn sich genauer.
Ah, hier ist ein offenkundiger Vertreter meiner Profession. Aber er schein nicht geladen zu sein? Das wird ja immer besser. Ich werde viel zu berichten haben, wenn ich zurückkehre.
 1. Stealth 26
« Letzte Änderung: 09.05.2012, 04:42:34 von Mahlakar »

Hraun

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IC - Prolog: Ein warmer Empfang
« Antwort #12 am: 10.05.2012, 00:04:51 »
169. Tag im 366. Jahr des Ewigen Weges, 08:00 Uhr - Mayya Oase

Der Neuankömmling verneigte sich voller Dank und mit gekreuzten Armen vor dem Inquisitor. Er stellte dabei seine Unterarme zur Schau, welche vernarbt schienen. Wie alt sie sein mochten, war schwierig zu sagen, aber er war in Auseinandersetzungen geraten, so viel war klar, denn auch ohne medizinische Kenntnisse konnte man sagen, dass dies Schnittwunden von mehr als nur Tafelmessern waren. “Habt Dank, Inquisitor, für Eure Fürsprache. Tatsächlich sind Dietriche mein Handwerkszeug, allerdings nicht auf die Art, die man vielleicht vermuten würde. Wenn Ihr nach meinem Namen forscht, werdet Ihr herausfinden, dass ich ein Schatzsucher im Auftrag Hrâuns bin. Ich suche meinen Weg in alte Krypten und beschaffe materielle Werte, damit unser Stamm in der Wüste überleben kann. Es ist ein hartes Leben voller Entbehrungen, deswegen werdet Ihr mich nicht oft bei unserem Stamm gesehen haben.“ Er lächelte und zeigte damit, dass ihm der eine oder andere Zahn fehlte.

Er wandte sich an Badawi und verneigte sich auch vor diesem. “Wenn ich Euch darauf hinweise, dass ein Dietrich weitaus weniger Schaden an anderen Personen anrichten kann als die Waffen, die einige von Euch mit dem traditionellen Marktknoten sichern müssen, was würdet Ihr dann sagen?“ Er warf vielsagende Blicke auf die Waffen, welche mittlerweile mit den Bändern gesichert waren, die Khassindra ihnen gereicht hatte. Er hustete, denn er stand im Rauch, der noch immer emporstieg und von den Gesängen der anwesenden verhüllten Männer geformt wurde. Kurz schimpfend trat er beiseite, ehe er wieder sprach. “Ich hoffe zumindest, dass ich hineingelassen werden. Mein Name ist dem Häuptling bekannt und durch meinen Vertrauten habe ich von einer wichtigen Mission Wind bekommen. Außerdem gibt es noch einen Bericht, den ich abliefern muss.“ Mustafa schien sehr redselig zu sein, schwierig zu sagen, ob es an der Aufregung lag, oder ob es sein allgemeines Wesen war.

Khassindra trat wieder vor das Zelt und schaute in die Runde. Als sie draußen erschien, nahmen die Wachen sofort eine perfekte Haltung an, die während ihrer Abwesenheit kaum merklich vernachlässigt wurde, so wie ein Arm, der sich irgendwann zwangsweise senkte, wenn man ihn längere Zeit ausgestreckt hielt. Sie suchte die Aufmerksamkeit der Anwesenden und musste  mehrfach schauen, um Mahlakar zu entdecken. Die wurde seiner Augen jedoch gewahr und sprach dann: “Verehrte Freunde der Phönixfedern, ich darf Euch mitteilen, dass die Vorbereitungen abgeschlossen sind. Die geladenen Personen dürfen nun eintreten, mein Mann erwartet Euch nun. Wählt eure Worte Häuptling Jamal gegenüber mit Bedacht und nicht voreilig, ich möchte Euch diesen Rat mit auf den Weg geben, ohne dabei drohend klingen zu wollen.“ Sie trat beiseite, um die Geladenen einzulassen, wandte sich jedoch noch an Mustafa, ehe dieser eintreten konnte: “Verehrter Mustafa, ich habe meinem Mann von Eurer Anwesenheit berichtet. Bitte geduldet Euch einen weiteren der Augenblicke, ehe wir entscheiden, ob wir Euch hineinlassen. Es wird nicht lange dauern, ehe das Urteil gefällt sein wird.“ Sie bedachte ihn mit einem bedauernden Lächeln, aber Mustafa nickte, ohne betroffen zu wirken.
“Natürlich, oh Ehrwürdige, ich verstehe dies und habe es bereits erwartet, als ich zu Eurem Mann kommen wollte. Immerhin dränge ich mich auf und muss abwarten, ob ich erwünscht bin.“ Er setzte sich im Schneidersitz zu den vier Verhüllten. “Ich habe immerhin angenehme Gesellschaft“, versuchte er sich an einer Heiterkeit und wartete.

Als die fünf geladenen Wüstenbewohner in das Zelt traten, schien es, als würden sie die Welt wechseln. Das Innere des Zeltes lag dunkel im Zwielicht zweier Ölleuchten, die an den Seiten an den Stützpfosten befestigt waren. Sie warfen gerade genug Licht auf das Innere, dass man eben so Details erkennen konnte. Vielleicht mussten sich die Augen auch erst an die Dunkelheit gewöhnen, da das Licht der Sonne vorher längere Zeit auf sie eingewirkt hatte. Das Zelt war gefüllt mit Tierfellen, welche auf dem Boden auslagen und mehrere Schlafplätze boten. Zwischen den beiden Stützpfosten befand sich ein länglicher Tisch, zu dessen Seiten jeweils ein Inquisitor stand, wie die Mitglieder des Stammes unschwer erkennen konnten. Da sie ihre Gesichter jedoch mit Tüchern verhüllt hatten, konnte man nicht feststellen, um wen es sich handelte. Auf dem Tisch selbst befand sich eine weitere Person. Ihr Brustkorb war geöffnet und das Herz entfernt. Bei einem zweiten, genaueren Blick sah man das Herz über dem Leichnam schweben. Es drehte sich langsam um die eigene Achse. Grausig war der Anblick, doch war Hrâun nicht für sinnlose Gewalttaten bekannt. Es war ein Opfer, doch wofür mochte es wohl sein? Die beiden Inquisitoren konnten es ihnen bestimmt sagen, allerdings schienen sie mit ihrer Aufmerksamkeit nicht im hier und jetzt zu sein, sondern eher in einer Trance, die sie in eine andere Welt entführte.

Das für sie Wichtigste in diesem Zelt saß allerdings auf einem beeindruckenden Stuhl aus dunklen Hölzern. Auf diesem Stuhl saß einige Meter hinter dem Tisch Häuptling Jamal mit seiner beeindruckenden Statur. Er wirkte angespannt und nervös, aber dennoch selbstsicher wie immer. Er langte beinahe an die sieben Fuß ran und seine gebräunte Haut war voller ritueller Tätowierungen, welche Gebete und Segnungen Hrâuns darstellten. Als alle eingetreten waren, sprach er mit einer dunklen, kräftigen Stimme: “Seid willkommen und habt Dank, dass Ihr meinem Ruf gefolgt seid. Wie ich eben vernommen habe, ist es wie bei der jährlichen Feier seines Geburtstages. Auch wenn man nur wenige lädt, kommen mehr als erwartet. Dass Mustafa al’Jalee erschienen ist, mag vielleicht erfreulich sein, aber ich habe nicht mit ihm gerechnet. Ich will gleich zu Beginn offen sein. Ihr werdet in geheimer Mission nach Vecors Stolz reisen und dort einen Auftrag ausführen. Ich verlange vorerst nur zwei Dinge von Euch: Ich will von jedem von Euch hören, ob ihr bereit für einen solchen Auftrag seid, und ob ihr gewillt seid, Mustafa mitzunehmen, gleich ob er geladen wurde oder nicht. Denkt daran, dass eine größere Gruppe schneller auffällt, als eine kleine!“ Sein Blick aus den dunklen Augen schien unter die Haut zu gehen und in der Seele zu forschen, gleich wenn es wohl nicht möglich sein mochte.

Kaveh Ahangar

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IC - Prolog: Ein warmer Empfang
« Antwort #13 am: 10.05.2012, 15:27:40 »
Kaveh Ahanger lächelte dem redseligen Mustafa nickend und aufmunternd zu, als dieser sich bedankte. Mustafa war eben jene Person, die ihm überliefert waren. Das wusste Kaveh zu respektieren, denn sie beide hatten einige Zeit ihres Lebens abseits der Zeltstädte verbracht, wenn auch mit unterschiedlichen Aufträgen. Während Mustafa die materiellen Werte für den Stamm besorgte, war es Kavehs Auftrag die ideellen Werte der Gemeinschaft zu stärken. Dies bedeutete vor allem die Niedertracht Vecors zu erkennen, aufzudecken und die Kunde und den Beweis jener Niedertracht zurück zu den Phönixfedern zu bringen. Nichts war für Kaveh wahrer als die Aussage, dass jedes Individuum eine Verantwortung gegenüber seiner Umgebung hatte, im materiellen und im sozialen Sinne und in allen Bereichen, in denen beide Gebiete sich überschnitten. Alleine deswegen verneinte Kaveh das Leben im Überfluss und genau deshalb wusste Kaveh zu schätzen, wenn jemand fernab seiner Gemeinschaft sein Leben riskierte, um die Gemeinschaft zu stärken, zu retten oder auch einfach zu ernähren. Und deshalb begegnete er Mustafa mit Respekt, so wie er jeden mit Respekt behandelte, der sich in der Art der Gemeinschaft dienstbar machte. Nichts war furchtbarer für eine Gemeinschaft als jene, die auf Kosten der Gemeinschaft nur ihr eigenes Leben zu gestalten gedachten, jene verachtete Kaveh, denn jenes war auch das Wesen der Kirche Vecors, deren Tyrannei alleine meinte, dass man sein Leben auf Kosten anderer lebte. Dass man die Schwächeren ausbluten ließ, um sich an ihrem Blut gütlich zu tun. Die Arbeit der Schwachen wurde zum Lohn der Reichen. Kaveh hoffte, dass keiner der anderen anfällig war für solch ein lotterhaftes, lasterhaftes Leben, denn es würde den Aufenthalt in Vecors Stolz gefährlich machen.

Abermals verneigte sich Kaveh vor Khassindra, als jene sie aufforderte, nun einzutreten. Doch Kaveh blieb schweigsam, denn seine Gedanken rasten. Sie drehten sich um das, was er hören mochte und ein dunkler Schatten legte sich über jene Gedanken. Was ist, wenn ich nur für eine Kleinigkeit zu Vecors Stolz reisen muss? Kaveh dachte an das Testament, welches er bereits geschrieben hatte. All sein Vermögen, außer jenes, was er nur am Körper trug, hatte er bereits anderen hinterlassen, viel den Inquisitoren, doch auch einiges den Armen und Schwachen der Gemeinschaft, vor allem jene, welche durch Angriffe von Vecorianer verkrüppelt wurden an Geist und Leib. Er hatte ihnen zwar nicht gesagt, was er tun würde und noch wussten sie nicht von dem Testament, aber was würde er jetzt tun, wenn er nur eine Botschaft überbrachte oder wie ein Viehdieb ein paar wertvolle Ressourcen stahl? Langsam wurde Kaveh nervöser. Hatte er sich all die Glorie und die eruptive Zerstörung nur eingebildet? Hatten die Dämonen seiner eigenen Besessenheit von der großen Reinigung lediglich eine süße Illusion geschaffen und ihn glauben lassen, dass der große Tag heute gekommen sei? Aber wozu dann der Rauch, dieses Ritual? Schweigend betrat Kaveh das Zelt.

Der dunkelhaarige Inquistor betrachtete das Ritualopfer. Gab es Zeichen, dass ein Vecorianer war? Er hatte von den Befragungen gehört, von dem Vecorianer, den man gefangen genommen hatte. War das Herz also ein Opfer für den Schutzzauber oder der Glaube, dass man die Wahrheit am besten mit dem Herzen erkannte? Kaveh blickte an dem Opfer vorbei, denn er sah ungerne Leid und zerborstene Körper und blickte sich weiter im Raum um. Vielleicht gab es weitere Auffälligkeiten, die erst auf dem zweiten Blick zu erkennen waren. Es war eine alte Angewohnheit Kavehs, sich sorgfältig umzuschauen, um nicht überrascht zu werden. Eine Angewohnheit, die er auch in den Wänden eines Freundes nicht ablegte[1].
Er verneigte sich wieder mit überkreuzten Armen, doch nun ganz tief und er ging dabei auf ein Knie vor seinem Herrscher, seinem Haupt. "Ich, Kaveh Ahanger, grüße euch!", sagte er mit fester Stimme und hielt den Kopf geneigt. Es geziemte sich nicht, den eigenen Herrscher anzustarren. Während Kaveh die Beine Jamals anschaute, fiel ihm wieder ein, wie sehr er das Wort Häuptling verachtete. Die Konnotation der Wortendung gab es nur in abfälligen Worten oder in verniedlichenden Worten, wie Schreiberling, Jüngling, Wüstling oder als neutraler Ausdruck in Objekten, doch ihr Haupt war weder ein Objekt, noch etwas Negatives, etwas zu Verneinendes. Nur Vecorianer würden ihn Häuptling nennen und das Primitive, welches diesem abwertenden Wort anhängt, betonen. Kaveh verstand, dass manchmal die abwertenden Worte des Feindes übernommen wurden, um eine trotzige Identifkation mit den eigenen Werten zu schaffen, doch bei dieser Position verachtete er diese Wortwahl noch immer, weshalb Kaveh es vermied, dieses Wort jemals zu nutzen.
Während Jamal sprach, rekapitulierte der Inquisitor alles, was er über die Kunst des Taarof[2] gelernt hatte. Eine Form der diplomatischen Kommunikation, wie sie unter den Inquisitoren, von denen Kaveh ausgebildet wurde, üblich war. Doch das Gespräch entwickelte sich nicht so, dass es von Nutzen war. Weiterhin der knienden Stellung gab Kaveh als erstes seine Antwort zu Mustafa al'Jaali.
"Großer Jamal. Der Nutzen eines so erfahrenen Mannes, obgleich seine Körpergröße uns häufig täuschen mag, ist von uns Unerfahrenen kaum zu messen.", begann Kaveh in der Bescheidenheit, die den Inquisitoren in der Sprache, aber nicht im Denken, gegeben war. "So kann mein Mund nur äußern, was mein Herz, mein Auge und mein Geist sehen. Sie sehen einen Mann, der aufgrund seiner Größe der Gruppe von Menschen, die ihr ins Vertrauen zieht, nicht ins Gewicht fallen wird. Seine geringe Körpergröße, die wir erst unterschätzen mögen, sorgt dafür und auch sonst ist sie im Gewirr von engen Marktgassen und festen Mauern mehr von Nutzen als es so mancher Minotaure in seinem Labyrinth ist. Sie spüren sein Gespür für die richtigen Orten und eine Gläubigkeit an unseren Herren. Sie hören von seiner Erfahrung. Und Herz, Auge und Geist erkennen seinen Scharfsinn, diese Versammlung ohne Einladung zu finden und seinen Mut, sich Herausforderungen und Konsequenzen zu stellen, die schwer vorherzusehen sind ohne das Wissen, was es genau sein wird, was wir tun werden. Einzig mag der von Verfolgung geplagte Geist gegen Mustafa al'Jaali vorbringen, dass er Sorge um dessen Ehrlichkeit hat, ist er doch alleine viele Tage in der Wüste unterwegs und seine Selbsteinladung wie geleitet. Der von Verfolgung geplagte Geist mag in seiner Höflichkeit Spiel entdecken wollen, doch der von Verfolgung geplagte Geist bildet sich viele Feinde ein, überall, und doch ist es dieses Geistes Irrsinn, es solange zu tun, bis er einmal Recht behält und sich in seinem Wahn bestätigt fühlt. Ich, großer Jamal, bin kein solcher Geist."
Kaveh spürte, dass er noch immer nervös war. Er spürte, dass seine Handflächen leicht schwitzten und der Haaransatz an seiner Stirn feucht war. Dazu die stickige Luft des Zeltes und der nun Herzlose unweit von ihm, dessen Herz sich unablässig drehte. Kaveh glaubte gar die Drehbewegung zu hören. Aber was es auch war, was er in Vecors Stolz tun sollte, es war seine Pflicht diesem zuzustimmen.
"Der Wille meiner Person ist geleitet vom Willen der Gemeinschaft und vom Willen des Vulkanherren. Meine eigenen Sorgen spielen keine Rolle in der Bewertung der Taten, die zu vollbringen sind. Großer Jamal, ihr schickt mich im Einklang mit den Worten des Vulkanherren in die Höhle des Löwen, und ich werde gehen, selbst wenn der Balg des Löwen nur mit dessen eigenen Klauen zu zerschneiden ist." Kaveh sprach mit fester Stimme, doch seinen Kopf ließ er geneigt, nur auf die Füße seines Herrscher blickend.
 1. Wahrnehmung 25
 2. Taarof

Badawi

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IC - Prolog: Ein warmer Empfang
« Antwort #14 am: 10.05.2012, 17:26:00 »
Offenbar hatte sich Badawis Einstellung etwas geändert und er verbeugt sich nun auch vor Mustafa und sagte dann zu ihm: "Ich bin kein Vecorianer, der an die eigene Perfektion glaubt. Das ist ein fehlgeleiteter Glaube. Auch ich kann Fehler machen und den machte ich bei der Bewertung von Euch, Mustafa. Mein Schwert führe ich genauso im Namen Hrâuns wie Ihr Eure Dietriche im Namen des Vulkangottes benutzt. Verzeiht mir, dass ich Euch zuvor so falsch eingeschätzt habe." Als Badawi mit seinen Worten geendet hat, schaute er etwas zu Boden. Doch nach einiger Zeit schaute er wieder nach oben, als es Zeit war ins Zelt zu gehen. Badawi war froh es endlich betreten zu können. Für jeden anderen wäre das, was man im Inneren des Zeltes sah, vielleicht etwas unheimlich gewesen, aber nicht für Badawi. Er behielt die Fassung. Dennoch fragte sich Badawi, was dieses Ritual sollte.

Aber zunächst einmal verneigte sich Badawi tief vor dem Häuptling und sagte zum ihm: "Seid gegrüßt, Häuptling Jamal!" Nach einiger Zeit schaute dann Badawi auf und sprach wie folgt weiter: "Ich bin sogar bereit mein Leben für diese Mission zu opfern, wenn es sein müsste und diese Mission wichtig für Hrâun und die Zeltstadt ist. Nichts ist glorreicher als sich für seine Gottheit und seinen Glauben zu opfern, wenn es denn sein muss. Es geht ja um einen geheimen Auftrag wie Ihr sagtet und ich glaube zwar nicht, dass ich mein Leben unbedingt opfern muss, weil mir mein Gefühl sagt, dass wir nicht unbedingt einen blutigen Kampf ausführen müssen bei dieser Mission. Es könnte ja sein, dass wir bloß etwas Wichtiges ausspionieren müssen. Aber ich wollte nur zum Ausdruck bringen, dass ich bereit bin viel für den Erfolg der gemeinsamen Mission zu tun, wenn es denn erforderlich ist.

Ob Mustafa mit uns gehen soll, solltet am besten Ihr entscheiden, werter Häuptling Jamal. Ihr könnt ihn wohl besser einschätzen als wir alle zusammen. Selbst wenn jeder außer Inquisitor Kaveh dagegen wäre Mustafa mitzunehmen- was ich nicht glaube- dann könnt Ihr trotzdem noch entscheiden, dass er mit auf unsere Mission kommt. Inquisitor Kaveh hat mich überzeugt Mustafa mitzunehmen und ich würde mich ganz klar dafür aussprechen. Aber ich bin nur eine einzige weitere Stimme innerhalb der Gemeinschaft.

Doch etwas interessiert mich noch, Häuptling Jamal: Welches Ritual habt Ihr hier vollführt? Ich hoffe, dass das Opfer nicht allzu sehr leiden musste, bevor es starb."


Es sprach viel dafür, dass das Opfer ein Vecorianer war. Trotzdem meinte Badawi seine Worte aufrichtig. Selbst einen Feind sollte man nicht lange foltern oder eben leiden lassen. Man musste aufpassen nicht Mittel anzuwenden, die auch die Vecorianer anwenden würden.