Taeren bedenkt Amon kurz mit einem argwöhnischen Blick, als dieser nach seinem Rum grapscht, doch er lässt es zu.
"Der Junge ist ganz schon mutig... oder dämlich."
Einem Seemann seinen Rum wegzunehmen, ist vermutlich mit das Dümmste, was man tun kann. Unter anderen Umständen, in einer Schenke in Port Peril zum Beispiel, hätte sich der Keleshite dafür sicher mindestens einen kräftigen Hieb auf die Nase eingefangen, wenn nicht sogar ein halbes Dutzend und ein paar Tritte mit dazu. Oder vielleicht sogar eine tödliche Kugel.
"Aye, Rumklau ist in dort, wo es sonst keinerlei Sünden gibt, eine Todsünde. Er kann von Glück reden, dass ich mir das gefallen lass'!", urteilt Taeren und nimmt seine Buddel hastig wieder an sich, als Amon sie ihm zurückreicht.
Er hat keine Lust, seinen Rum auch noch mit den anderen zu teilen. "Teilen" ist für einen Piraten ein Schreckenswort. Wenn einer ein paar Schlucke nimmt, macht ihm nicht weiter was aus, aber wenn sich alle auf seine Flasche stürzen wie die Geier, bleibt am Ende nur noch eine Pfütze auf dem Flaschenboden für ihn selbst.
"Sollen die sich doch selbst Gesöff holen, wenn sie was haben wollen!"
Taeren lässt vorsorglich die andere Flasche, die er nach wie vor in der linken Hand trägt, in eine Tasche seines braunen, aber bereits sehr mitgenommenen und am Saum fast schon zerfledderten Seefahrermantels gleiten. Nicht, dass sich jetzt noch jemand angestiftet fühlt, ihm seinen kleinen Schlummertrunk zu entreißen!
"Arrr, du hast ja keine Ahnung, Junge!", erwidert Taeren Amon belustigt, als dieser über den Geschmack des Rums schimpft.
"Der Rum ist gut so", befindet er bestimmt. "Ich hab' wohl Glück, dass du ihn nicht magst, aye? Aber du auch!"
Er deutet dabei mit dem Flaschenhals in Amons Richtung.
"Wenn du mir ihn leersäufst, Gnade dir Besmara, dass du unter Deck noch welchen für mich auftreiben kannst!"
Lachend setzt er die Buddel wieder an und trinkt, während Amon von Jakes Magpie erzählt.
Taeren nickt kurz, als der Keleshite in fragt, ob er sich an Magpie erinnert.
"Aalglatter Kerl", denkt der Taldan sich, als er das Bild des Schmugglers in Gedanken vor Augen hat. "War dabei, als Scourge uns freundlich wachgeküsst hat."
"Aye, da haben wir was zu tun", antwortet Taeren zustimmend, als Amon seinen Bericht beendet. Er würde ihm mit dem Verräter helfen, wenn der Keleshite ihn ruft.
Auch wenn er selbst eigentlich eher Ärger aus dem Weg geht, nicht unbedingt unglücklich darüber ist, an Bord der Wurmholz zu sein, und erst recht nicht jemand ist, der sich um Probleme anderer schert, hat es doch einen Vorteil, Amon zu helfen. Er mag den jungen Mann irgendwie und es kann nur gut sein, wenn man mit seinen Mateys auf langer Fahrt auskommt - zumindest mit einigen.
Als Amon ihm die Weinflasche zeigt, ist Sandara Quinn schneller mit einer Antwort. Taeren kann ihr aber nur zustimmen:
"Aye, pass damit auf, Amon. Nutz das lieber für die Gunst der Damen, ich bleib' bei Rum, bis Pharasma mich holt!", lacht er und schluckt fast schon übermütig noch einen tiefen Zug aus seiner Flasche, als wolle er es sofort auf eine Begegnung mit dem Tod anlegen.
Taerens Blick fällt wieder einmal auf die hübsche Piratenpriesterin, und dann auch auf Conchobhars geliebte Halblingsdame. Er fragt sich, ob sie vielleicht der beste Ansatzpunkt wäre, um dem Gnom neben der Prügel noch eins reinzuwürgen.
"Ich könnt' meinen Scherz ernst machen", überlegt Taeren und er merkt, wie ein böses Grinsen über sein Gesicht huscht.
"Rum schluckt die wie ein Loch, da wär' es bestimmt nicht allzu schwer... da wird es bestimmt nicht allzu schwer."
Doch auch selbst trinkt Taeren gerade nicht wenig. Mit Amons, wenn auch geringer, Hilfe ist die erste Buddel Rum beinahe leer. Fast schon wie ein Säugling, der an der Brust seiner Mutter nuckelt, hängt Taeren an seiner Flasche mit hochprozentigem Inhalt, während Sandara ihre kleine Freundin wegbringt.
"Schlaf gut, Halblingsmädchen", denkt der Taldan boshaft erheitert und in seinen Augen blitzt schon Vorfreude auf, als er den beiden beim Verlassen des Decks hinterherblickt. "Um dich werd' ich mich noch kümmern."
Er selbst würde noch oben bleiben und sich weiter volllaufen lassen. Lässig lehnt er sich mit dem Rücken an die Reling und schaut in die sternenbehangene Nacht hinauf, die Sandara Quinn angepriesen hat.