Necahual verseht nicht, was in Xiuhcoatl vor sich geht, als er nach seinem Namensvetter und Bruder ruft.
"Ist das sein ernst?! Wie er sich in seiner Herrlichkeit verliert, beinahe als wäre er besessen. Oder will er etwas anderes damit bezwecken? Glaubt er wirklich an die Geburt eines zweiten Xiuhcoatls[1] aus den Lenden Xiuhtecuhtli?[2][3] "Wer weiss vielleicht ruft Mutter die Feuerschlange herbei um ihre Wunden zu reinigen." spricht Necahual halb zu sich und halb zu Xiuhcoatl um sich dann wieder auf den schwierigen Weg zu konzentrieren.
Mit Erstaunen stellt Necahual fest, dass sich Tezca noch immer nicht aus dem Griff der Finsternis befreien konnte. "Er müsste längst, die Dunkelheit überwunden haben! Verschlingt die Form der Feuerschlange etwa all seine Kraft? Ist er es etwa der heult, weil er nicht wiederkehren kann?! Hoffen wir, dass er Mutters Wunden bald gereinigt hat - wer weiss was passieren mag wenn er nicht bald zurückkehrt?! Seine Wärme ist der Muskel der Mutters Herz antreibt, das Leben
[4] in Fluss zu halten." flüstert Necahual zu sich selbst. Sie hat sich noch immer nicht an die Gemeinschaft der anderen gewöhnen können. Zu lange hatte sie alleine im Dschungel gelebt und sie fühlte sich auch nicht besonders wohl dabei ihre Ansichten mit den anderen aus zu tauschen. Doch irgendwie war sie in diese Rolle gedrängt worden oder hatte sie, diese gar selbst gewählt?! Für einen Moment schweifen ihre Gedanken zurück zu dem Tag, an dem ihr der Yana Strom Tlacatl brachte und ihrer beiden Schicksale verband. Verstohlen wirft sie einen Blick über die Schulter und sieht, wie er mit den anderen den von ihr gewählten Weg folgt. Beinahe wäre sie gestolpert, durch den Schreck erneut aufgeweckt merkt sie erst wie erschöpft ihr Körper von den Strapazen der letzten Stunden ist. Sie würde bald eine Rast benötigen, dessen ist sie sich sicher.
Mit großer Erleichterung lässt sich Necahual am Eingang der entdeckten Höhle nieder. Das ferne Rauschen des Wassers und die so dringend benötigte Ruhepause beginnen langsam jedoch stetig ihren Körper und Geist von den Anstrengungen zu befreien.
"Wasser" denkt sie und der Gedanke verdrängt die einsetzenden Gliederschmerzen und lässt sie neue Hoffnung schöpfen. Auf ihren angewinkelten Knien hat sie die Arme verschränkt und lässt so die Stirn auf den Unterarmen ruhen. Entspannt lauscht sie Tlacatls Worten und lässt sich Zeit ehe sie eine Antwort abwägt: "Nein Bruder, du denkst nur, dass du das Zeitgefühl verloren hast - dein Körper jedoch hat es nicht. Die Rast wird dich wieder in Einklang bringen." Dann hebt sie den Kopf und greift mit der linken Hand nach Tlacatls Arm. Ihre warme Hand berührt die von Schweiss und Anstrengung vollkommen ausgekühlte Haut Tlacatls und vor ihrem geistigen Auge stellt sie sich ihre eigenen Energiebahnenfluss vor, wie dieser durch ihren gestreckten Arm, über ihre Hand, entlang der Fingerspitzen in Tlacatls Haut eintaucht und ihn Teil haben lässt an der eigenen Kraftquelle. Irritiert von dem intensiven Gefühl und ihrer impulsiven Handlung, zieht sie die Hand schnell wieder zurück.
"Ist dies der Geist einer Schwester oder gar Mutter der mein Tun bestimmt?!" Schnell sucht sie einen sicheren Platz für ihre Hand und findet ihn am verletzten Schienbein, dass sie nun wieder zu reiben beginnt. Sie wartet ab bis das irritierende Gefühl der vorherigen Situation gewichen ist und sagt dann vorsichtig: "Du sprichst auch meine Gedanken, Bruder. Die Verfolger werden uns nicht mehr wittern. Es gilt allein der Feuerschlange zu entkommen ehe sie uns als Teil Nexals aus dem Leib der Mutter trennt! Wie ich, vernimmst du auch den Ruf des rauschenden Wassers. Es wird uns von diesem Untergang hinfort, zurück ins Leben spülen!"