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Autor Thema: Jede Reise beginnt mit dem ersten Schritt  (Gelesen 69849 mal)

Beschreibung: Kapitel I

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Alyssa

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Jede Reise beginnt mit dem ersten Schritt
« Antwort #240 am: 13.05.2014, 17:56:13 »
Fast hätte sich Alyssa aufgrund der Verwechslung von Tauster und Kuiper an die Stirn geschlagen. Sie war anscheinend nicht ganz bei der Sache, denn ähnlich sahen sich die beiden ganz und garnicht. Doch stattdessen nickte sie Meleanda nur kurz zu und überging dann ihren Fauxpas ganz einfach. Da Kuiper nicht weiter darauf einging, schien die Verwechslung seinen Stolz nicht angegriffen zu haben. Der Mann schien allgemein sehr freundlich und zuvorkommend zu sein und so nahm die Hexe sein Angebot an und genehmigte sich einen Schluck des frischen Brunnenwassers.
Da die Halbelfe das Gespräch führte und ganz offensichtlich Feuer und Flamme war, begnügte sich Alyssa damit, einfach zuzuhören und sich an dem schönen Tag zu erfreuen. Es konnte vieles mit Jelenneth passiert sein. Vielleicht waren tatsächlich irgendwelche Tiere für ihr Verschwinden verantwortlich, vielleicht war sie aber auch nur ausgerutscht und in den Fluss gefallen oder eine Orkbande hatte sich abgesetzt und war auf sie getroffen. Wirkliche Informationen, konnten sie nur am Hog Brook finden.

"Worauf warten wir dann noch? Auf geht's!" sagte Alyssa lächelnd. Als sie ein paar Schritte gegangen waren, sprach sie ihre Gedanken laut aus. "Seltsam das sie ohne Ausrüstung zu einem so gefährlichen Ort geht. Seit ihr sicher, das sie freiwillig dorthin gegangen ist? Ist euch an ihr oder dem Mann der sie übergesetzt hat, etwas ungewöhnliches aufgefallen? Schien sie verändert zu sein?"

Irana Aosai

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Jede Reise beginnt mit dem ersten Schritt
« Antwort #241 am: 14.05.2014, 11:18:09 »
Irana wurde etwas hellhöriger, als die anderen Mitreisenden planten, den Wald aufzusuchen.
Vielleicht fanden sie dort auch einen See, einen Fluss oder eine Quelle, an der Irana nach solch einer langen Zeit endlich wieder zu ihrem Herrn beten konnte.
Am liebsten war ihr bei solchen Gelegenheiten der See gewesen, da ihr Körper dort zum Teil vom Himmel und der Luft, zum Teil vom Wasser umgeben war. Diese beiden Elemente waren zugleich die beiden Aspekte ihres Gottes.
Damals gab es einen solchen See in der nähe ihres Tempels, doch auf Reisen war solch ein Platz schwerer zu finden.
Stumm bat sie Gozreh, ihr zu vergeben, dass sie nicht mehr die Gelegenheit hatte, so regelmäßig wie früher zu ihm zu beten.

Der Priesterin wollte nicht in den Kopf, warum eine Frau ganz ohne Aurüstung den Wald aufsuchen wollte. Selbst Irana und die anderen Kleriker Gozrehs trugen Rüstungen und Waffen bei sich, wenn sie sich in die Dunkelheit der Bäume vorgewagt hatten, auch wenn sie auf den Schutz ihres Herrn vertrauten, denn es gab stets Tiere - oder öfter noch Räuberbanden - die die Kleriker angegriffen hatten.

Als auch ihr das Brunnenwasser angeboten wurde, trank auch sie ein wenig davon und löste sich wieder von ihren Gedanken.

Vermutlich würden sich ihre Gedanken mehr ordnen, wenn sie endlich die Gelegenheit gefunden hatte, sich wieder stärker mit ihrem Gott zu verbinden.

Meleanda

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Jede Reise beginnt mit dem ersten Schritt
« Antwort #242 am: 15.05.2014, 22:02:19 »
So richtig begeistert war Meleanda nicht - sie konnte nicht nur schwer verstellen, dass Jelenneth zu diesem Hog Brook gegangen war. Da sie aber selbst keine bessere Idee hatte blieb ihr weiter nichts als dem zuzustimmen. Alyssas Enthusiasmus beruhigte sie etwas... aber unruhig war sie immer noch.

"Na schön, brechen wir auf und sehen wir, ob wir eine Spur von ihr finden." sagte sie und etwas leiser und zu sich selbst fügte sie hinzu: "Die Ewige Rose leite uns." Sie berührte ihr Herz mit den Fingerspitzen und machte sich zum Aufbruch, sofern alle bereit waren.
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Nacht in der Tiefe

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Jede Reise beginnt mit dem ersten Schritt
« Antwort #243 am: 16.05.2014, 01:46:48 »
Kuiper selbst hatte noch kurz ein wenig zu tun. Einem älteren Mann, wohl eine Art Vorarbeiter oder Verwalter, gab er noch einige Anweisungen, um danach im großen Haus zu verschwinden.
Als er einige Minuten später wieder herauskam, war von dem Gutsbesitzer wenig geblieben. Der Endzwanziger hatte sich eine Lederrüstung angezogen und ebenso die grobe Wollhose, die er eben noch anhatte, gegen eine robustere aus Leder getauscht. An seiner Seite hing eine Axt, die wohl nicht nur zum Holzfällen da war. Und über seinen Rücken waren ein Köcher und ein Langbogen geschwungen.
Aus dem Bauersmann war ein ansehnlicher Waldläufer geworden, so wie er jetzt vor der Gruppe stand.
"Also dann los."
Als dann die Fragen an ihn gerichtet wurden, versuchte er sie der Reihe nach zu beantworten, während er seinen Schritte nach Süden lenkte.
"Im Thornwood gibt es ein paar Raubtiere. Eigentlich nicht sehr gefährlich, wenn man weiß, wie man damit umzugehen hat. Außerdem haben sie meist mehr Angst vor uns und halten sich weiter drinnen im Wald auf. Dann gibt es noch die Riesenspinnen. Die können echt unangenehm werden, aber zum Glück kann man meist ihre Gebiete schon an den Spinnfäden erkennen.
Die sind aber, wie gesagt, sehr viel tiefer im Wald. Und so weit geht eigentlich auch kaum jemand in den Wald und Jelenneth kennt die Gefahr.  Da müßte sich schon eines von ihnen hierher verirrt haben. Und nach solchen Ausreißern halten wir Ausschau und versuchen, sie wieder in ihr Revier zu treiben."

Dann wendet er sich Alyssa zu.
"Ja, das mit ihrem Materialiengürtel ist wirklich merkwürdig.
Ob wir was aufgefallen ist?
Hmmm... also, als sie vor einer Woche hier war, hatte sie ihren Gürtel dabei. Und sie war allein, also war von Zwang nichts zu sehen. Ich hab ihr auch nur kurz hallo gesagt und mich dann wieder meiner Arbeit gewidmet. Merkwürdig oder verändert fand ich sie nicht. Und auch Horod, der sie übergesetzt hat, hat nichst erzählt."

Inzwischen war die Gruppe am Fluß angekommen und Kuiper führte sie zu einem kleinen Hain. Im Schatten und durch die Pflanzen versteckt, fand sich ein Steg mit einem kleinen Bootshaus. Der Waldläufer holte einenen Schlüssel hervor und öffnete den Verschlag.
"Für sechs auf einmal wird es etwas eng. Ich muß zweimal fahren, damit wir alle rüberkommen."
Irana betrachtete den Fluß mit Freude.
Hier und da konnte man Insekten über das Wasser flitzen sehen, während der Sonnenschein ein glitzerndes Muster auf die wenigen Wellen zauberte, die sich im träge dahinfliessenden Wasser zeigten.

Irana Aosai

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Jede Reise beginnt mit dem ersten Schritt
« Antwort #244 am: 16.05.2014, 13:43:30 »
Irana wandte sich dem Bootsmann zu, nachdem sie sich kurz gefragt hatte, ob der Mann einen seiner Gehilfen geschickt hatte, so sehr, wie er sich verändert hatte: "Ich kann mir beim warten gerne die Zeit mit einem Bad im Fluss vertreiben. Ihr müsst wissen, dass ich schon einige Zeit nicht mehr die Gelegenheit dazu hatte."

Dann sprach sie Meleanda -erneut in der Zunge der Elfen- an: "Würdest Du, während ich ein Bad nehme, meine Ausrüstung im Blick behalten?"
« Letzte Änderung: 16.05.2014, 15:17:14 von Irana Aosai »

Meleanda

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« Antwort #245 am: 16.05.2014, 18:52:08 »
"Natürlich. Geh' nur, ich passe auf deine Sachen auf und, dass du für dich bleibst." Sie nahm Irana's Rucksack und ein paar andere lose Teile entgegen.

An die anderen gewandt sagte sie, sichtlich erfreut, dass Irana ihr offensichtlich Vertrauen schenkte und Gelegenheit gab in ihrer eigenen Sprache zu sprechen: "Wir sind unten am Fluss und kommen mit der zweiten Fahrt."
« Letzte Änderung: 16.05.2014, 18:55:25 von Meleanda »
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Irana Aosai

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« Antwort #246 am: 16.05.2014, 21:52:53 »
Zunächst entledigte sich Irana auch ihrer Metallrüstung und ihres Umhangs. Auch ihre Haare öffnete sie erneut, spürte, wie diese von einer leichten Brise erfasst wurden. Dann ging sie gemeinsam mit Meleanda zum Fluss, den Blick stets abwechselnd auf ihre Schritte und auf das Wasser gerichtet.

Am Ufer angekommen, entkleidete sie sich vollends, dann stieg sie in den Fluss und suchte zunächst eine hüfttiefe Stelle, wobei sie am Rand des Flusses blieb, wo das Wasser langsamer floss.
Erneut erfasste sie ein Wind, durch das kühle Wasser eisiger als zuvor.
Irana formte mit ihren Händen eine Schale, schöpfte ein wenig von dem Flusswasser und ließ es zuerst über ihre Brüste, dann über ihre Haare und ein drittes Mal über ihre Stirn fließen. Dann, nachdem sie sich zu einer etwas tieferen Stelle im Fluss vorgewagt hatte, trieb sie eine Weile auf dem Rücken im Wasser, ihren Blick gen Himmel gerichtet. Wieder fuhr eine Brise über sie hinweg, doch dieses mal fühlte sie sich nicht kalt an - dieses mal hatte sie etwas kraftspendendes an sich.

Dann suchte sie wieder eine Stelle, die ihr einen sicheren Stand gewährte, verband sich mit dem Wasser und der Luft, streckte die Hände gen Himmel und setzte zu ihrem Gebet mit ruhiger, aber dennoch hörbarer Stimme an:
"So, wie sich dein Wasserkörper mit dem Sturmkörper vereint, so stehe ich nun vor deinen beiden Gesichtern. Schenke mir die Kraft von Wasser und Eis, Von Sturm und Blitz um jenen den Untergang zu bringen, die das Meer und den Himmel nicht respektieren."
« Letzte Änderung: 21.05.2014, 12:20:55 von Nacht in der Tiefe »

Nacht in der Tiefe

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« Antwort #247 am: 21.05.2014, 12:24:56 »
Inzwischen hatte Kuiper das kleine Ruderboot aus dem Schuppen geholt und darum gebeten einzusteigen.
Für jene, die sich mit kleinen Booten nicht auskannten, war es eine recht wackelige Angelegenheit, es sich in der Nußschale gemütlich zu machen. Vor allem, da ja auch noch das Gepäck verstaut werden mußte.
Als die ersten Passagiere eingestiegen waren, legte sich der Waldläufer dann auch ins Zeug und mit kräftigen Zügen ruderte er auf den Fluß hinaus. Nicht weit entfernt konnten aufmerksame Beobachter Irana im Wasser erkennen, die ebenfalls das Boot sehen konnte.

Finchu Finn

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« Antwort #248 am: 23.05.2014, 11:46:52 »
Finchu betrachtete erst etwas skeptisch das kleine Ruderboot, doch dann stieg er ein und nahm Platz. Es war ihm ein wenig unangenehm, denn er mochte es nicht sehr, in einem Boot über das Wasser zu fahren. Immer wieder kamen ihm dazu die merkwürdigsten Geschichten und Gerüchte ins Gedächtnis. Kleinlaut saß er da und harrte der Dinge, die da kommen würden.

Nacht in der Tiefe

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« Antwort #249 am: 26.05.2014, 13:04:26 »
Es dauerte nur wenige Minuten, in denen Kuiper gerade in der Mitte des Flusses gegen dessen Strömung besonders ankämpfen mußte, dann waren sie schon übergesetzt.
Der Waldläufer half Finchu, Yao und Alyssa beim Aussteigen. Dann gab er noch kurz eine Anweisung.
"Bleibt hier. Ich erwarte zwar keine Gefahr, aber ein bisschen Aufmerksamkeit kann nicht schaden. Ich bin gleich wieder da." Ein aufmunterndes Grinsen lag auf seinem Gesicht, als er das Boot vom Ufer abstieß und sich wieder auf den Rückweg machte.
Als er sich langsam wieder dem Bootshaus näherte, rief er zu Irana und Meleanda hinüber.
"Nun aber mal langsam aus dem Wasser. Wir haben doch nicht den ganzen Tag Zeit. Oder wollte ihr rüberschwimmen und wir nehmen eure Sachen mit?", fragte er dabei wohl mehr im Scherz.

Finchu Finn

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Jede Reise beginnt mit dem ersten Schritt
« Antwort #250 am: 27.05.2014, 10:47:55 »
Finchu "genoss" die Überfahrt schweigend. Er war auch froh, als sie am anderen Ufer angekommen waren. Dankbar nahm er die Hilfe Kupiers an. 'Endlich wieder fester Boden unter den Füßen', dachte er und sah dem kleinen Boot nach, dass sich wieder auf die andere Seite des Flusses machte.

Meleanda

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« Antwort #251 am: 27.05.2014, 18:58:21 »
Für einen Moment folgte Meleanda Irana mit ihrem Blick. Die Schönheit und Anmut der anderen Halb-Elfe waren bemerkenswert, gerade wenn sie eins mit sich selbst, ihrem Gott und der Welt um sie herum war; sie besaß eine Ausstrahlung von Harmonie, der man sich kaum entziehen konnte.

Meleanda erhob sich und ließ den Blick durch die Landschaft schweifen um sicherzustellen, dass niemand sie belästigen würde. Ihr Schwert glitt wie von selbst in ihre Hand und sie übte die Stellungen und Bewegungen ihres Kampfstiles, wobei sie in Andeutungen Gesten von Zaubern einfließen ließ. Wenn es nicht wegen des Schwertes in ihrer Hand wäre hätte man glauben können sie sei eine klassische Tänzerin die sich übte.

Lange währte die Übung jedoch nicht, und auch wenn ihr mildes Lächeln und ihre Versunkenheit vermuten hatte lassen, sie sich ihrer Umgebung kaum mehr bewusst verschwand ihr Schwert kurz bevor das Boot wieder das diesseitige Ufer berührte in der Scheide und sie sammelte Iranas Ausrüstung mit einer fließenden Bewegung auf.

“Zeit, weiter zu ziehen, holde Maid. Komm aus dem Wasser, wir haben noch eine verschwundene Zauberin in einem finsteren Walde zu finden.” Meleanda hielt Irana das Unterkleid bereit und schmunzelte.
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Irana Aosai

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« Antwort #252 am: 27.05.2014, 19:50:20 »
Leise, aber dennoch deutlich, erklangen die Worte des Fährmanns in Iranas Ohren. Dann sprach auch Meleanda. Dennoch verfiel sie nicht in Hast, als sie -würdevoll aufgerichtet, mit langsamen, eleganten Schritten- wieder aus dem Wasser stieg, sich ein wenig abtrocknete und sich gemeinsam mit Meleandas Hilfe wieder ankleidete, besonders bei ihrer Rüstung war es stets hilfreich, eine helfende Hand zu haben.
Endlich hatte sie wieder eine Gelegenheit gefunden, sich mit ihrem Herrn zu verbinden. Dies spürte sie in ihrem Körper ebenso wie in ihrem Herzen. Nun fühlte sie sich gestärkt, den Gefahren des Waldes gegenüberzutreten.

Freundlich erwiederte sie Meleandas Lächeln, bevor sie ihre Gedanken wieder auf ihre bevorstehende Aufgabe lenkte.
 Die verschwundene Zauberin, Jenneleth hatte laut der Aussage eines Bewohners darauf verzichtet, ihren verzauberten Gürtel mitzunehmen. Somit hatte sie offenbar nicht mit einer Gefahr gerechnet. Und diese Sorglosigkeit war ihr vielleicht zum Verhängnis geworden, vielleicht musste sie dafür bereits mit ihrem Leben bezahlen.
Doch Irana wünschte niemandem einfach so den Tod. Sie hatte sich dafür ausgesprochen, die Räuber der Hand des Gesetzes auszuliefern.

Doch wenn man ihren Zorn weckte, schreckte auch Irana nicht davor zurück, Blut zu vergießen oder gar zu töten.

An dem Tag, an dem die Klerikerinnen Zon-Kuthons über ihren Tempel hergefallen waren, hatte sich Irana aus dem Blutvergießen zunächst herausgehalten, stattdessen Gozrehs Sturmböen gegen ihre Gegnerinnen geschickt und den anderen Klerikern den Kampf überlassen. Doch dieser Kampf in der Defensive war in jenem Moment vorbei gewesen, als eine der Frauen eine Gozreh-Priesterin direkt vor Iranas Augen erschlagen hatte. Mit der Geschwindigkeit eines tosenden Sturms hatte Irana gespürt, wie sie von Trauer und gleichzeitig von Zorn heimgesucht wurde. Dann war sie auf die Priesterin zugestürmt, hatte mit ihrem Dreizack ausgeholt, gespürt, dass sie Haut statt der Rüstung getroffen hatte und ihren Dreizack immer tiefer in den Körper der Geweihten Zon-Kuthons getrieben hatte. "Gefällt es Euch, so wie sie zu leiden?", rief Irana ihrer Gegnerin entgegen, die keine Antwort heraus brachte, sondern schrill und buchstäblich wie am Spieß schrie, als Irana den Dreizack aus dem Bauch der Priesterin gezogen und einen Sekundenbruchteil später deren Arm gebohrt hatte. Ebenso wie bei Irana hatten sich in den Augen der Frau, die sich der Dunkelheit geweiht hatte, mit Tränen gefüllt, ihre Tränen waren nur Tränen des Schmerzes, aufgrund körperlicher Wunden, gewesen.
Doch Iranas Tränen, die nach diesem blutigen Duell zu Boden gefallen waren, waren zwar ebenfalls Tränen des Schmerzes gewesen, doch sie hatte nicht wie ihre tote Glaubensschwester, über die sie sich nun gebeugt hatte, die Stachelketten der Angreiferinnen gespürt. Irana hatte häufig mit ihr den Kampf trainiert...doch dazu würde es keine Gelegnheit mehr geben. Die Glaubensschwester hatte diesem Hieb so viel entgegenzusetzen gehabt, wie ein Blatt, welches von einem Windstoß erfasst worden war - nichts.
Iranas Schmerz über ihren Verlust saß tief im innern. Es fühlte sich an, als ob die Angreiferinnen ihr einen Teil ihres Herzens aus dem Körper gerissen hätten. Tränen waren einem Regen gleich auf den Körper ihrer verstorbenen Glaubensschwester gefallen, so viele, dass sie fast gehofft hatte, alle diese Tränen könnten die Leere in ihrem Herzen wieder füllen, so wie eine versiegte Quelle wieder neues Wasser hervorzubringen vermochte, doch es schien aussichtslos.

Dann erschien unwillkürlich Meleandas Gesicht vor ihrem inneren Auge, spürte die Wärme, mit der sie die Verbindung erfüllte. Dann durchfuhr sie jedoch fast gleichzeitig ein plötzlicher Gedanke, so schnell und kaum spürbar wie ein kurzer Luftzug: Ich werde nicht noch einmal zulassen, dass eine enge Freundin erneut vor meinen Augen sterben muss. Sowahr ich Gozreh diene, schwöre ich bei Meer und Himmel: Wer auch immer Meleanda töten will... muss zuerst mich erschlagen.
Unwillkürlich lehnte sie sich sanft an Meleandas Schulter, legte einen Arm um sie und spürte, wie einige stumme Tränen auf ihr Gesicht und die Schulter der anderen Halb-Elfe fielen.

Meleanda

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« Antwort #253 am: 28.05.2014, 10:35:13 »
Meleanda war überrascht von Iranas Umarmung und versteifte sich für eine Sekunde, konnte sich aber davon abhalten sich von ihr zurückzuziehen. Statt dessen ließ sie ihrerseits die Arme unter die von Irana gleiten bis ihre Fingerspitzen am Rande von Iranas Rüstung ihren Nacken ertasteten und drückte sie an sich. Spüren konnte sie die andere Frau durch zwei Lagen Rüstung natürlich kaum, und das knirschen der Metallglieder und – schuppen gegeneinander, lediglich gedämpft von Meleandas Leinenüberwurf, war deutlich zu vernehmen.

Meleanda brauchte einen Moment um sich angesichts der ungewohnten Situation vollends zu entspannen, ließ aber ihre Bewegungen schließlich gleiten und wiegte Irana sanft in ihren Armen. „Was... was immer es ist: Du kannst mir vertrauen... Schwester“, wisperte Meleanda direkt in Iranas Ohr, klang dabei aber etwas unsicher. Mit ruhigerer Stimme fügte sie hinzu: „Ich bin für dich da.“ und ließ Iranas Kopf Wange an Wange auf ihrer Schulter ruhen. Da würden ihre Gefährten und Jelenneth für eine Weile warten müssen; die Halb-Elfe ging vor und das Wasser, dass von Iranas Haaren nun mitsamt ihren Tränen in Meleanda Rüstung sickerte war willkommen, schuf es doch eine weitere Verbindung.
« Letzte Änderung: 28.05.2014, 10:38:52 von Meleanda »
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Irana Aosai

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« Antwort #254 am: 28.05.2014, 12:30:44 »
"Bitte verzeih mir. Ich habe nur für den Bruchteil einer Sekunde erneut vor meinem inneren Auge gesehen... wie die dunkle Priesterin meine Glaubensschwester direkt vor meinen Augen erschlagen hat. Ich vermochte zwar, wie ich dir vor kurzem berichtet hatte, die Angreiferin zu töten, doch es brachte mir meine Schwester nicht zurück.

Ich danke dir Auf jeden Fall, dass du mir Trost spendest.
Ich habe allerdings eine Bitte: Sollten wir an der Schwelle des Todes stehen, lasse mich diejenige sein, die zuerst erschlagen wird. Denn auch wenn ich weiterhin den Glauben an meinen Herrn aufrecht erhalte, so fürchte ich dennoch, dass ich den Tod einer zweiten Person, die mir so nahe steht, nicht verkraften kann.
", flüsterte Irana zurück.

Dann wurde ihr Blick plötzlich ernst "Und damit meine ich sogar, dass du mich, sollte es dein Leben retten, ohne zu zögern als deinen Schild verwenden darfst. Denn ich weiß, dass ich es nicht mit ansehen könnte, wenn man auch noch dich vor meinen Augen erschlagen würde." bei diesen Worten klang ihre Stimme wieder fester und überzeugter.

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