Dana quittierte, dass Ichabod sie "sein teuerstes Fräulein Gray" nannte, mit einem leichten Stirnrunzeln. Wahrscheinlich war ein Zeichen der Missbilligung aber genau die Reaktion auf seine Worte, die er sich erhofft hatte, wenn man sein Grinsen bedachte. Aber nun gut, damit musste Dana leben. Schließlich hatte sie bewusst ihren Mädchennamen wieder angenommen, nachdem sie nach Caliphas zurückgekehrt war, und jedem den Namen "Crane" ausgetrieben, der es gewagt hatte, sie so zu nennen.
Sollte Ichabod jedoch gehofft haben, sie würde sich über seine freche Provokation übermäßig aufregen, wurde er enttäuscht. Auch war es nicht diese, die sie vom Gedanken an sein Verhalten gegenüber dem Stadtrat ablenkte, sondern die Aussicht darauf, vielleicht bei den Gästen oder beim Wirt des Gasthauses und dessen Sohn, die sie bei der Beerdigung schon kennengelernt hatten, etwas sinnvollere Informationen zu erhalten und Fortschritte zu machen.
Die selbsternannte Ärztin schenkte Viktor noch ein aufmunterndes Lächeln, als sie ansetzte, Ichabod, der auf ihren Wunsch hin gerne die Führung übernommen hatte, zu folgen. Dabei betrachtete sie ihren Exmann nachdenklich. Sie kannte seine, bisweilen auch extremen, Stimmungsschwankungen, jedoch konnte er ihr mit seinen Scherzen nicht vormachen, dass er wirklich glücklich war. Gerade in der Kutsche hatte sie deutlich gemerkt, dass die vergangenen Monate ihn zu einem Schatten seiner selbst gemacht hatten. Auch wenn ihn die Lebensgeister nun augenscheinlich wieder gepackt hatten, war er dennoch nicht derselbe wie vor ihrer Trennung - obwohl er besonders auch zunehmend an Zurückhaltung verlor, was das Verhalten ihr selbst gegenüber betraf.
Aber wen konnte es verwundern, dass die Situation nicht einfach für ihn war? Zumindest vermutete dies Dana stark, denn die letzten Monate waren sicher gerade für nun den letzten der Cranes eine Aneinanderreihung von Schicksalsschlägen gewesen.
"Ichabod", sprach Dana ihn deswegen dann noch einmal an und schloss zu ihm auf. Seitdem sie den Siegelring des Hauses Crane an seinem Finger gesehen hatte, brannte ihr das Thema seiner Familie auf der Seele. Vor Kendra hatte ihr Exmann am gestrigen Tag erwähnt, dass seine Familie verstorben war, und Dana hatte ihm vielleicht etwas zu knapp ihr Beileid gewünscht. Sie fühlte wirklich mit ihrem Exmann mit und ihre Reaktion hatte vielleicht den falschen Eindruck gemacht.
"Ich kann dir nur noch einmal mein Beileid bekunden. Ich weiß, dass so ein Verlust sehr schmerzhaft ist, aber ich mag mir kaum vorstellen, wie du dich in deiner Situation fühlen musst. Verzeih mir, dass ich dies erst jetzt ausspreche: Ich habe immer ein offenes Ohr für dich, wenn du das Bedürfnis hast, darüber zu reden. Ich möchte nicht in offenen Wunden bohren, aber ich möchte, dass du weißt, dass ich mit dir mitfühle." Würde er sie anschauen, würde er ihr ansehen, dass sie sich sehr Gedanken darüber machte. Nachdem ihre Mutter schon während Danas Jugend verstorben war, hatte sie nun wenigstens noch ihren Vater. Ichabod hatte, da sie sich getrennt hatten, offenbar niemanden mehr, der zu ihm gehörte. Ein schlechtes Gewissen hatte Dana, weil sie ihn verlassen hatte, aber deswegen nicht. Diese Situation war auf andere Art und Weise kompliziert.