Varna muss bei den Worten des Dämons leise auflachen.
"Oh, ich mag die Antwort durchaus. Und manchmal muss man halt mit unbekannten Variablen arbeiten. Aber ich möchte Euch nicht weiter langweilen," nickt die Abtrünnige zum Abschied und wendet sich von Karnak Zul ab. Sie erwägt ernsthaft die vom Dämon angesprochene Möglichkeit, dass Tal'Ygramus eine ausgeklügelte Intrige einfädelt, muss aber dafür einiges an Vorstellungskraft bemühen. Sie würde sich morgen noch einmal mit dem Hexer unterhalten - wenn sie dann aber immer noch keinen Klartext bekommen sollte, würde die Maschinenseherin es dabei belassen und sich auf die ausgereiften Pläne verlassen.
Mit gesenktem Kopf geht die Fabrikweltlerin auf die Cogitatorreihe zu, an der Eugenius treu auf sie wartet. "Lass uns gehen," beendet sie die stumme 'Wacht' des erwachten Servitors. Wieder weicht sie seinem Blick aus. Die Techpriesterin fühlt sich nach dem weiteren langen Tag nicht mehr so sehr von Zweifeln geplagt, die sich in ihrem Traum der vergangenen Nacht manifestiert hatten. Einen unangenehmen Nachgeschmack empfindet sie immer noch, aber inzwischen ist sie eher beschämt, dass sie eine solche irrationale Furcht vor Eugenius verspürt hat.
Brütend betritt Varna das Krankendeck, der Schott fährt hinter ihr und dem Servitor zu. Ein dutzend Schritte weiter kann die Heretek das Schweigen nicht mehr ertragen. Sie dreht sich um, hat aber immer noch Schwierigkeiten, ihrem kybernetikdurchsetzen Verlobten aufrecht in die Augen zu schauen.
"Ich...ich war so dumm. Ich wollte dich nicht kränken...ich... Es tut mir leid," stammelt die Maschinenseherin eine Entschuldigung und senkt den Kopf "Es war nur..."
Weiter kommt sie nicht. Eine kräftige Hand fasst die Fabrikweltlerin an der Schulter, eine andere drückt behutsam ihren Kopf hoch. Und dann pressen sich Lippen, kalt und rau an Oberfläche, aber wie von einer inneren Glut beseelt, auf die ihren. Ihre erschrockenen Augen treffen Eugenius' Blick aus nächster Nähe - seinen menschlichen, liebevollen, verzeihenden Blick.
Ein Zittern fährt durch Varnas Körper, das die Nanomaschinen nicht in Griff bekommen. Ihre Knie werden weich, und sie würde wohl stürzen, hielte ihr Verlobter sie nicht fest. Aber er erlaubt ihrem Leib, langsam nachzugeben, bis sie an der Kante eines Operationstisches sitzt. Nur nimmt die Ketzerin ihre Umgebung kaum noch wahr. Ihr Herz pocht so wild, dass die winzigen Maschinen in ihrem Inneren völlig überfordert eine Flut von Warnsignalen an die organischen und elektronischen Bestandteile ihres Gehirns spülen.
Aber die Techpriesterin blendet diesen technischen Lärm aus, krallt sich an der bulkigen Gestalt Eugenius' fest - und als er sie Zentimeter für Zentimeter immer weiter herab auf die Liege drückt, vergisst sie alles um sich herum...