Leutnant Speyer scheint nicht erfreut über Anyas Auftauchen. Noch weniger über ihre fröhliche Einstellung. Dennoch antwortet er und wirft der Frau einen finsteren Blick zu.
„Nein, sie sind noch in der Frist, Korporal Volskoya“
Er holt einige Formulare heraus.
„Unterschreiben sie hier, hier und hier, dass die Flasche von Ihnen kommt und sie diese als letztes in Besitz hatten. Sollten damit etwas nicht stimmen, werden sie zur Rechenschaft gezogen.“
Speyer nimmt sie entgegen und verstaut die Dokumente. Einen Moment überlegt er den Inhalt zu überprüfen, doch er schüttelt nur die Flasche und räumt sie dann weg. Anscheinend möchte Leutnant Speyer nicht dabei erwischt werden Alkohol zu trinken oder Brackwasser. Aber im Moment muss das keiner wissen und Anya verabschiedet sich, während sie hofft, dass nie jemand diese Flasche trinkt oder sie dann bereits weit weg ist. Im Moment ist diese Sorge jedoch weg, wenn sie auch vielleicht an ihrem Hinterkopf nagt.
10 Tage später
Die Tage des Wache schiebens ziehen sich dahin, während ihre Chimäre immer noch repariert wird und täglich mehr der Soldaten schwer verwundet und beschädigt zurückkehren. Es scheint da draußen nicht gut zu stehen und auch die Nachricht über den Vorfall hat sich verbreitet. Sergeant Lenus wird so gut wie vom Regiment gemieden und mehrmals wird er in Begleitung von Kommissaren abgeführt, kehrt jedoch immer wieder zurück. Auch der Tod des Hauptmanns, wenn er auch nicht beliebt war, spricht sich schnell herum und versetzt der Moral des Trupps einen weiteren Stoß. Es scheint finster zu stehen und an diesem Abend wird es eine Messe für all die Verstorbenen geben. Inklusive des Hauptmanns und auch der zwei Leute die während des Einsatzes mit dem 53. Trupp verstorben sind. Terwase und Nihalja. Doch noch mehr bleiben unbesungen, da weder ihre Leichen noch ihre Hundemarken geborgen werden. Freddy Saunders, Joe Perkins und der Trupp von Claudia. Sie alle werden nur indirekt geehrt mit einem einzigen Schrein, während der Rest aufgebahrt wird oder ihre Hundemarken an mehreren einem kleinen Schrein gesammelt werden. Ein Schrein in Form von Ambulon, umgeben von mehreren Kerzen. Den Soldaten wird wieder Zeit gegeben sich zu verabschieden, während manche nur feststellen können, dass über Hundert weitere Soldaten bereits gestorben sind. Zu viele um sie zu zählen und zu viele, um sich wirklich sicher zu sein. Priester Yuri Brandt hält erneut eine Rede für die Gefallenen.
“Erneut versammeln wir uns für diese traurige Angelegenheit. Wieder sind treue Brüder, Schwestern, Freunde und Kameraden durch den Feind gefallen. Wieder müssen wir uns von tapferen Soldaten verabschieden und dennoch denken wir voller Stolz daran, dass sie mit uns gekämpft, geblutet und gestorben sind, um das Licht des Gott-Imperators zu verbreiten. Sie haben ihre sterblichen Hüllen abgelegt und sind nun eins mit seinem Lichte. Vergesst niemals, keiner von uns stirbt umsonst, und die Ketzer werden ihre gerechte Strafe erhalten. Aber auch eine Tragödie ermahnt uns allzeit wachsam zu sein. Der Tod von Hauptmann Servo und Dutzend treuer Kämpfer. Ihre Tode erinnern uns daran warum wir uns an Gebote, Gesetze und die Befehlskette halten sollen. All dies hätte dieses schreckliche Ereignis verhindern können. Denkt immer daran und straft nicht die falschen. Nicht Sergeant Lenus trifft die Schuld, sondern allen die Verstorbenen.“
Bei diesen Worten kommt wenig Zustimmung auf und von Lenus, sowie seinem Trupp fehlt jede Spur. So wird die Trauerfeier langsam beendet und die Soldaten gehen wieder ihrem Tagewerk nach. Training und Wache. Es scheint fast als würde ihr Leben nicht aus mehr bestehen in den nächsten Wochen.
Weitere 20 Tage später
Der Wachdienst hat sich bereits in graue Routine verwandelt und das alles, während mehr Soldaten zurückkehren oder wieder auf Mission geschickt werden. Die Techpriester kommen mit der Reparaturen der Chimären kaum hinterher und man versichert ihnen, dass ihre Chimäre immer noch zu schwer beschädigt ist, um Einsatzfähig zu sein. So bleibt ihnen nichts anderes übrig, als Wachdienst zu schieben, zu trainieren und ihre Zeit mit dem Rest der Regimenter zu vertreiben, die ebenfalls zum größten Teil langweiligen Wachdienst schieben. Immerhin ist es hier sicher und wenigstens Anya kann ein Erfolgserlebnis verzeichnen, denn vor drei Tagen ist Claudia soweit genesen, dass sie wieder auf eigenen Beinen stehen kann. Da jedoch keine bionischen Augen zur Verfügung stehen, muss sie weiterhin als Krüppel auf dem Lazarett bleiben und versorgt werden. Doch obwohl die Frau immer noch sehr schmerzempfindlich ist, scheint es ihr wieder einigermaßen gut zu gehen und sich hat sich bei Anya für die Rettung bedankt, auch wenn sie sich nicht revanchieren kann. So hat wenigstens die Sanitäterin ein gutes Gefühl an diesem Tag. Dennoch liegt etwas in der Luft und am Abend wird ein Appell ausgerufen, an dem alle Mitglieder der 5. Kompanie des 101. Ambulonische mechanisierte Infanterie Regimentes antreten sollen. In ordentlicher Uniform und sauberen Auftreten versammeln sich die Überreste der 5. Kompanie, ein paar Hundert Soldaten, in einer der leeren Hallen des Raumhafens. Oben auf einem Laufsteg beobachten drei Leute die angetretenen Soldaten zu denen auch der 53. Trupp gehören. Einer der Männer lässt in Sarus Gefühle hochkommen, denn es ist sein Bruder, Ammius Gaut. Die zweite Person ist Leutnant Curain Linon und die dritte ein hoch gewachsener Kommissar. Sein Gesicht wirkt gepflegt, seine hohen Wangenknochen verleihen ihm ein aristokratisches Äußeres und seine gesamte Uniform und Bewaffnung ist auf Hochglanz poliert und besteht aus dem feinsten Material. Seine schwarzen Haare sind kurz geschnitten und er trägt einen fein gestutzten Schnurrbart. Seine blauen Augen mustern die Trupps und er erhebt als erster die Stimme, die durch den gesamten Raum hallt und einen tiefen, vibrierenden Ton erzeugt.
„Im Namen des Gott-Imperators, verkünde ich der 5. Kompanie als erstes den schändlichen Hintergrund des Todes von Hauptmann Servo und die Auswirkungen für dieses Regiment. Hauptmann Servo hat entgegen aller Befehle und ohne Absprache mit den restlichen Kompanien, allein entschieden in das Feindesland einzudringen und Oberst Canningan zu retten, mit den wenigen Informationen, die Sergant Ammius Gaut unter Einsatz seines Lebens durchbringen konnten. Dabei entschieden sie sich törichter weise auch noch jegliche Symbole der imperialen Armee zu entfernen, in einem zweifelhaften Versuch nicht vom Feind frühzeitig entdeckt zu werden. So geschah es, dass Sergeant Lenus ihre Kolonne entdeckt und Protokollgerecht mit dem Hauptquartier Kontakt aufnahm. Der dortige Kommunikationsoffizier wusste jedoch nichts von diesem nicht autorisierten Einsatz und vermeldet, dass es Feinde sein müssen. Daraufhin forderte Lenus Artilleriefeuer an, da sie einen feindlichen Konvoi erwartet haben. Den Rest der Geschichte kennen sie durch die Gerüchte oder aus erster Hand. Weder Sergeant Lenus noch den Kommunikationsoffizier trifft die Schuld. Sie sind beide schuldlos. Hauptmann Servo und alle die ihm gefolgt sind, hingegen sind Verräter. Ihre Namen werden getilgt“
Ein bestürztes Raunen geht durch die Truppen und der Kommissar spricht weiter, beendet jegliche Gespräche mit einem Blick und dem Heben seiner Stimme.
„An die Stelle des verstorbenen Hauptmanns Servo tritt Leutnant Curain Linon. Treten sie vor.“
Der Mann tritt vor und bekommt von dem Kommissar das Abzeichen eines Hauptmanns überreicht.
„Im Namen des Gott-Imperators und meiner heiligen Pflicht als Regimentskommissar, in Abwesenheit von Oberst Canningan, ernenne ich sie zum Hauptmann der 5. Kompanie. Bringen sie Ruhm und Ehre für ihr Regiment und zerschmettern sie die Feinde der Menschheit, Hauptmann Linon.“
Die Soldaten sind von dieser Ernennung viel eher begeistert, doch Regimentskommissar Robertus Hammer beendet jegliche Geräusche erneut.
„In Anbetracht seiner Leistung und um der Tatsache Respekt zu zollen, dass Sergeant Ammius Gaut nicht dem sinnlosen Versuch nachgegeben ist, wie Hauptmann Servo, sein Leben zu verschwenden, wird er hiermit zum Leutnant des 16. Zuges ernannt.“
Sarus muss mit Wut und Enttäuschung mit ansehen, wie sein Bruder befördert wird. Auch Ammius Gaut werden die Abzeichen eines Leutnants verliehen und auch er wird so begrüßt wie Hauptmann Linon.
„Im Namen des Gott-Imperators und meiner heiligen Pflicht als Regimentskommissar, in Abwesenheit von Oberst Canningan, ernenne ich sie zum Leutnant des 16. Zuges. Bringen sie Ruhm und Ehre für ihr Regiment und zerschmettern sie die Feinde der Menschheit, Leutnant Gaut.“
Die Reaktionen sind eher gemischt, doch Kommissar Hammer ist noch nicht am Ende.
„Da die Führung des Regiments sich unfähig gezeigt hat einen Nachfolger zu bestimmen, werde ich, Regimentskommissar Robertus Hammer, den Posten als Oberst-Kommissar übernehmen. Solange bis Oberst Canningan zurückkehrt oder sein Tod bedauernswerterweise bestätigt wird. Machen sie sich also bereit. Alle Truppen werden zurückgerufen und die Verteidigung verstärkt, bis der Nachschub eintritt. Die restlichen Regimenter und Kompanien werden diese Nachricht ebenfalls noch erfahren. Weggetreten.“
Viele Soldaten sind fassungslos, manche erleichtert, andere erfreut. Es scheint als würde sich einiges ändern und vielleicht würde der Wachdienst endlich ein Ende finden.
Weitere 15 Tage später
Es hat sich tatsächlich etwas verändert. Die letzten Truppen kehren zurück und zusätzlich zum Wachdienst, kommt nun auch die Verstärkung des Raumhafens mit Sandsäcken, Barrikaden und anderen Verteidigungsmaßnahmen dazu. Manchmal darf der 53. Trupp auch zu der weiter weg gelegenen Artilleriestellung, um auch diese weiter zu sichern. Eine Maßnahme die sich als nötig erweist, denn vor fünf Tagen ist der Feind doch endlich vor ihrer Tür aufgetaucht. In sicherer Entfernung kesseln sie den Raumhafen ein und belagern ihn vorerst ohne Angriffe. Zwar sind sie in Reichweite der Artillerie, doch diese schweigt, da die Munition niemals ausreichen würde, um etwas zu erreichen. So müssen die Soldaten jeden Tag mehr anrückende Panzer und Soldaten von den Mauern beobachten. Es scheint grimm zu sein und wenn die versprochene Verstärkung nicht bald kommt, werden sie ihre Position verlieren. Der Nachschub ist ebenfalls lange erloschen und viele bekommen nur noch gestreckte Rationen oder noch schlimmeres. Die Situation wird immer angespannter. Dennoch bewegt sich an diesem Tag etwas, denn es wurde angekündigt, dass die Trupps neu geordnet werden, um die Truppen Mobil zu machen. Ob der neue Oberst-Kommissar einen Ausfall plant oder es nur eine Präventivmaßnahme ist, bleibt unsicher. Am Abend findet sich jedoch der 53. Trupp in ihrem Zeltlager ein, während die Sterne langsam am Himmel erscheinen. Ihr Verstärkung müsste jeden Moment eintreffen, wenn überhaupt noch jemand für ihren Trupp übrig ist.