Unter der Erde begraben - Runde 4
Wie zur Hölle bekämpfte man einen Haufen aggressiven Schrott? Shiver berührte kurz seine schmerzenden Verbrennungen. Das würde wieder hässliche Narben geben, wenn er es nicht mit einem Trank behandelte. Was für ein beschissener Tag und dann noch dieser Durst. Die Hitze machte es nicht besser, das kahle Narbengesicht fühlte sich, als würde er durch die Hitze, die Verbrennungen, durch die verdammten Rauch innerlich verdorren.
Sein Blick viel wieder auf die Masse, die seine Gefährten niederwalzte. Hatte diese Masse erst die Form dreier Wesen angenommen und war dann wieder zu einer Masse geworden? Der Kampf ging verdammt schnell, Shiver war so müde, dass er Probleme damit hatte, alle Einzelheiten aufzunehmen. Er sah, dass seine Gefährten wie auch er selbst verwundet waren. Er sah, dass sogar die Perle verwundet wurde. Es machte ihn wütend, aber eine solche Masse konnte man nicht entwaffnen, einer solche Masse konnte man die Augen eindrücken oder Sand in eben jene werfen. Wie bekämpfte man so eine Masse aus Schrott? Mit Feuer? Mit einem großem Knüppel? Zumindest nicht mit einem Rasiermesser. Er hatte keine Waffen, die von Nutzen waren. Dieses Wesen konnte man nicht provozieren, nicht wie einen Menschen austricksen und verwirren. Shiver hatte immer nur gegen Menschen gekämpft, ausgenommen McKinkais Blechbüchse. War hierfür die Vorbereitung gewesen?
Shiver sprang vor und versuchte nach Maguerites Hand zu greifen. Er musste sie hinter sich bringen. Erst dann würde er nach dem Wesen schlagen. Er hatte keine andere Waffe. Das Rasiermesser musste reichen, es half nichts.
Carl wollte schon aufatmen, als eine neue Gefahr sich nährte: ein Haufen spitzer Kleinteile, der sich von allein bewegte. Carl zog sich so schnell er konnte aus der Masse zurück. Seine Verletzungen waren nicht allzu ernst, darum würde er sich also wenn überhaupt später kümmern.
"Ich empfehle größtmöglichen Abstand von dem Schrott zu nehmen. Nicht nur, da von der Masse selbst eine Gefahr ausgeht, ich gedenke auch zu testen, wie sie sich verhält, wenn ich eines meiner Wurfgeschosse anwende.", rief er seinen Kampfgefährten zu und begann in seinem Mantel nach einer Bombe zu wühlen, bereit sie sofort zu werfen, wenn genügend Verbündete außer Reichweite waren.
Erschrocken sog Maguerite Lut ein als sie von Schrauben, Rädchen und anderem metallischen Kleinkram getroffen wurde. Sie war zusehr mit Adrenalin vollgepumpt, alsdass sie den Schmerz ihrer Verletzungen wirklich mitbekommen würde. So schnell es ging versuchte sie von dem Haufen Schrott wegzukommen.
Kaum sackte der Maschinenmann, zerschmettert von Simons kraftvollem, von Irrnebelmagie unterstützten Streich, zu Boden, tauchte eine andere Gefahr auf, die den jungen Sondergardist zunächst irritierte. Ein Haufen sich bewegender Schrott? Doch dann fielen ihm einige Geschichten ein, die er bei seinen Nebelbrüdern gehört hatte. Es wurde erzählt, dass einige Mechomaniker und Erfinder es geschafft hatten, selbst Schrott mehr oder weniger Leben einzuhauchen. Es war ein nicht ungefährlicher Prozess, der Weltenmagie einschloss, und durch den ein Wesen entstand, das an die bestimmten Metallteile gebunden war und dabei die Form einer Masse annehmen oder die eines Humanoiden annehmen konnte. War dies hier so ein "Wesen"? Es würde sich wohl zeigen, obwohl er sich beinahe sicher war, dass diese Maschine wirklich ihre Gestalt wechseln konnte. Und dass Magie im Spiel war, kein Zweifel, zumindest würde es sonst jedwede Logik verbieten, dass die einzelnen, losen Teile sich als Ganzes bewegen konnten. Derzeit sah Simon keine effektive Möglichkeit, den Haufen Schrott anzugreifen, ohne dabei diejenigen zu verletzen, die dieser begraben hatte.
"Gebt Acht, das Ding ist mehr als es scheint!", warnte er die anderen.
"Ich fürchte, es kann seine Gestalt ändern!"Dabei wagte er sich näher heran und hob achtsam seinen Säbel. Gegenüber den losen Metallteile hätte seine Waffe vermutlich wenig Durchschlagkraft, doch wenn er Recht behielt, würde sich der Haufen vielleicht schon sofort eine andere Form annehmen... Und dann war Simon bereit, diese zu durchbohren.
Mit gezogenem Rapier tauchte der Schurke in das vom Rauch verhüllte Kampfspektakel ein. Er erreichte seine Kameraden und erkannte, was aus den fremden, verhüllten Kriegern geworden war. Doch er gab sich nicht dem Schock hin und zwang seine Sinne weiter zur Konzentration. Anstatt mit der Klinge nach der Maße zu schlagen, versuchte er diese mit einer gezielten Finte so abzulenken, dass der Glatzkopf Shiver freies Spiel hatte.
Wofhard rückte einen Schritt zurück, als die Massen an Schrott auf ihn zukamen. Sein Schwert beschrieb einen Bogen durch die Luft aber die Klinge traf in einem ungünstigen Winkel auf eines der Metallstücke und wurde abgelenkt.
Als ob die Warnung des Sondergardisten einen Schalter umgelegt hätte, fing die Masse augenblicklich an sich an einen Punkt in dem Raum zu sammeln. Der Schrott erinnerte für einen Moment an fließendes Wasser, nur das es sich nicht an die physischen Gesetze der Welt hielt. Unaufhaltsam bewegten sich die Kleinteile vorwärts, bis sie sich auftürmten und einen Berg bildeten. Dann fingen die Teile an sich zu drehen und sich zusammenzufügen. Als ob sie einem einstudierten Tanz oder einem Bauplan folgen würden. Einige Teile kletterten an die Seite des Berges, andere hoben ihn an und bildeten zwei Beine. Innerhalb von nur wenigen Sekunden hatte sich eine grob humanoide Gestalt gebildet, die über drei Meter groß sein musste und die Gruppe überschattete. Am Ende ihrer "Arme" befanden sich scharfe Metallteile, die an Klauen erinnerten. Ein alter Lederfetzen lag wie eine Kapuze um den Kopf der Kreatur und aus ihrem Inneren leuchtete es bedrohlich rot.
Nachdem der Golem schließlich seine wahre Form angenommen hatte, hieb Simon mit aller Kraft auf ihn ein, was eine tiefe Kerbe in den Körper schlug. Funken sprühten, als der Stahl der Waffe auf das Metall des Golems traf.