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Autor Thema: Die Nacht des Blutes  (Gelesen 29284 mal)

Beschreibung: Episode 1.1

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Sternenblut

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Die Nacht des Blutes
« Antwort #105 am: 11.09.2013, 19:43:38 »
Als Gelirion sich wieder den beiden Frauen zuwandte, bemerkte er, dass Ina etwas ausspuckte und sich danach immer wieder über das Gesicht rieb. Als sie seinen Blick bemerkte, lächelte sie schambehaftet. Es war ein skuriller Anblick, denn Nase und Mund waren blutverschmiert. "Ich... hab was abbekommen. Ich glaube, ich habe sogar was davon verschluckt." Sie war ein wenig bleich, und ihr Gesichtsausdruck zeigte deutlich ihren Ekel.
"Ein Blick in die Welt beweist, dass Horror nichts anderes ist als Realismus." - Alfred Hitchcock

Omrah

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Die Nacht des Blutes
« Antwort #106 am: 11.09.2013, 22:36:35 »
Vollkommen entsetzt, starrte Omrah auf die Menge der Untoten und die Leichen, die auf dem Boden verstreut lagen und gefressen wurden. Noch nie hatte er so ein Massaker und so viel Blut aufeinmal gesehen. Anstatt zu schreien, musste er sich fast übergeben und nur Ryffa hielt ihn davon ab, indem sie ihm eine Hand vor den Mund legte. Wieder einmal rettete seine Freundin ihn, als sie ihn von der Szene wegzog, während er wie angewurzelt stehen geblieben war - unfähig seinen Blick abzuwenden. Sein Blick war leer, in die Vergangenheit gerichtet und erst einige Sekunden später wurde er sich bewusst, das sie sich in einer engen Gasse befanden. Panik ergriff von Omrah Besitz, denn es gab in dieser Situation wenig gefährlicheres als in einer Gasse zu sein, die nur so wenig Spielraum und Fluchtmöglichkeiten bot.

"Wir müssen hier so schnell wie möglich weg, das ist garnicht gut. Gassen sind gefährlich!"

Doch bevor er sich wieder abwenden konnte, passierten viel zu viele Dinge viel zu schnell. Irgendetwas explodierte in einem grausigem Geräusch und schickte nicht nur Flammen, sondern auch massenweise Bruchstücke in den Himmel. Instinktiv duckte er sich, als durch die Explosion etwas in ihre Richtung geschleudert wurde. Was auch immer es einst gewesen war, es rettete ihr Leben. Einer der Untoten hatte sich an sie herangeschlichen und lag nun - von dem brennenden Trümmerstück durchbohrt - auf dem Boden. Auch wenn es keine Person mehr war, hatte der Junge trotzdem Miteid mit ihm. Tränen traten in seine Augen, denn die Ereignisse der letzten Minuten waren einfach zuviel für den Jungen. Alles was er sich aufgebaut hatte, war nun zerstört, nur noch Ryffa war ihm geblieben. Selbst die Hoffnung, die er in den Tagen nach seiner Flucht verspürt hatte, war nun wie weggeblasen.
Durch den Tränenschleier hindurch, versuchte Omrah nach einem Fluchtweg zu suchen. Direkt über den Untoten zu laufen wäre keine gute Idee, er konnte noch immer seine Arme bewegen und sie greifen. Sie mussten aus seiner Reichweite bleiben. Dann entdeckte er eine Kiste in der Nähe des Mannes und wusste, was zu tun war. Er zog Ryffa mit sich und stieg auf die Kiste.

"Komm! Wir müssen über ihn drüber springen!"

Es war eine seiner leichtesten Übungen, auch wenn er sich nicht wirklich konzentrieren konnte. Die Tage, die er in Aradan verbracht hatte, hatten viel von ihm abverlangt und nicht nur einmal war er durch die engen Gassen geflohen, in denen die Erwachsenen nicht so schnell voran kamen. Er nahm so weit Anlauf, wie es möglich war und nutzte alle seine verbliebenen Kräfte, um bei dem Sprung außerhalb der Reichweite der Arme des Untoten zu bleiben.

Sternenblut

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Die Nacht des Blutes
« Antwort #107 am: 11.09.2013, 23:51:10 »
Der Mann, oder was auch immer das nun war, was dort am Boden lag, versuchte, nach Omrah zu greifen, aber der Junge sprang zu hoch. Ryffa zögerte einen Moment, machte es ihm dann aber nach. Sie sprang, und schaffte es ebenfalls, über den Untoten hinweg zu springen. Doch als sie landete, kam sie mit ihrem rechten Fuß schräg auf, und stieß einen kurzen Schmerzensschrei aus.

Sie ging in die Knie, und hielt sich ihren Knöchel. Mit zusammengebissenen Zähnen sah sie hoch zu Omrah. "Es geht schon. Das war eine gute Idee. Schnell, wir müssen weiter."
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Rhamedes

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Die Nacht des Blutes
« Antwort #108 am: 12.09.2013, 14:17:22 »
Sein Verstand musste doch auch an Klarheit eingebüßt haben. Hatte sich der tote Junge dort bewegt? Nein, da war nichts Natürliches. Rhamedes spürte das nicht nur, er wusste es[1]. Er hatte es geahnt in dem Moment, in dem er das eigentümliche Schmatzen gehört und die Szene auf der Straße gesehen hatte. Es waren keine Menschfresser in der Hinsicht zoologischer Bestimmung, also Krokodile beispielsweise, noch waren es lebende Anthropophagen. Es war keine Wesen, die bei vollem Bewusstsein sich der Fleischlust im Verzehre hingaben. Es war... es konnte nicht anders sein. Der Fluch seiner Familie ging weiter. "Oh, Vater...".

Schnell übernahmen seine Reflexe seine Handlungen, während sein Geist noch mit der erschreckenden Erkenntnis arbeitete. Abwägte, ob es sein Familienfluch war, der ihn nun vielleicht im Alter im Geiste oder im Traume strafte, oder ob eines dieser vermaledeiten Experimente der Goldenen Magi dafür verantwortlich sein könnte und ob dies überhaupt wahr war, so klar er sich auch fühlte. Die Gedanken an Nefalem drohten ihn zu übermannen, doch irgendwas in ihm handelte ganz instinktiv. Sorgte dafür, dass er sich aus dem Blute und dem Schleime erhob, die sein stoffliches Thawb nur zu gern saugend aufnahm. Einen Schritt setzte er zurück, gezielt, bewusst aus der Reichweite des kriechenden, toten, um sich schlagenden Kindes. Während Rhamedes weiter Tränen die Wangen herabrollten, formte sein Mund Worte, die er, während Glottis, Stimmbänder und Stimmverbündete diese mit sonischer Kraft versahen, noch nie in seinem Leben gehört hatte. Als wäre etwas anderes dort, welches kurzzeitig sich der Gefahr annahm. Seine Arme vollführten Gesten, die sie nie vollführt hatten, mit Fingerspreizungen, die er dachte, dass er sie in seinem Alter gar nicht mehr durchführen könnte. Seine Arme fühlten sich dumpf und taub an, aber sie bewegten sich geschmeidig. Und dann umflimmerte die Luft ihn, verfestigte sich als sei die Energie der Luft selbst eine zweite Haut für ihn[2]. Erschrocken übernahm Rhamedes Geist wieder die Kontrolle über seinen Körper und wich weiter zurück.

Erschrocken über sich selbst suchte Rhamedes weiter nach einem Fluchtweg. Er musste hier raus. Sofort. "Oh, Merao." Er setze sich in Bewegung.
 1. Weiß Rhamedes noch mehr? Kann er sich was zusammenreimen? - Wissen (Arkanes) 22 und Wissen (Religion) 14
 2. Zauber wirken: Magierrüstung - Nachdem ich aus der Reichweite des Kindes bin.
« Letzte Änderung: 12.09.2013, 14:22:36 von Rhamedes »

Areo

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Die Nacht des Blutes
« Antwort #109 am: 12.09.2013, 18:30:24 »
Der Druide konnte sein Glück im Unglück kaum glauben. Noch vor einer Minute hatte er damit begonnen, die Augen zu schließen und wollte den Tod mit offenem, mutigem Herzen gegenübertreten. Selbst als nichts geschah was ihm hätte schaden können, war er davon überzeugt bereits in das Reich Hektors hinüber zu gleiten. Als der Schmerz in seinem Rücken jedoch nicht abklang und er weiterhin das dicht gemaserte Holz der Tür an seiner Seite spürte, wurde ihm bewusst, dass er sich immer noch in der Ebene des Seins befand. So wagte Areo es, obwohl er vor Angst und Pein am ganzen Körper zitterte, seinen Blick zu öffnen. Er vernahm erstaunt und von Gefühlen überwältigt, wie das mannshohe Monster wenige Handbreiten von ihm selbst entfernt reglos auf dem Boden lag, von Kopf bis Fuß übersät mit seinem eigenen, geronnenen Blut. Im Gang dahinter sah er einen gerüsteten Krieger der schützend vor zwei weiteren Personen, scheinbar Frauen, stand. Seine Lippen bewegten sich rasch, als er zu Areo gewandt hinter sich in den Gang deutete. Zögernd vergingen weitere, wertvolle Sekunden bis sich der Druide wieder fangen konnte und auf sein Gegenüber reagierte. Mit bebenden Händen hielt er sich in dieser Nacht erneut die Hände vor die Ohren und schüttelte den Kopf. Er suchte den Gang, das Schlachtfeld, nach Ain ab, um fest zu stellen, wie sein Freund auf die Fremden reagierte. Doch zu seiner Überraschung schnüffelte sein Begleiter sichtlich entspannter an dem Kadaver zu seinen Füßen und versuchte anscheinend dadurch, sich selbst auf seine gänzlich eigene Art und Weise ein Bild der Situation zu machen. Diese Leute... Sie haben uns gerettet! schoß es Areo plötzlich durch den Kopf. Ja, so musste es sein.

Er stützte sich etwas unbeholfen auf seinem zur Waffe umfunktionierten Wanderstab, gab Ain mit dem Schnippen der Finger das Zeichen Folg mir und stieg über den erschlagenen Kannibalen. Erschrocken zuckte der Halbelf erneut als ihm bewusst wurde, dass er vor all dem Schrecken der letzten, wenigen Minuten das Monster aus seinem Zimmer vergessen hatte! Was, wenn sie sich aus dem Raum befreien könnte und ihm in den Rücken fallen würde? Vielleicht könnten die Fremden ihr zu Hilfe kommen?

Areo versuchte, mit der geöffneten Handfläche winkend auf sich aufmerksam zu machen. Wie sollte er sich nur erklären? Wie könnte er seine Retter, scheinbar zum Teil ebenso Halbblüter wie er, auf die Gefahr vorbereiten, welche sie jenseits der Tür am Ende des Ganges erwartete? Beinahe hätte er vor Schock und Furcht auf seine Kreiden in der Tasche vergessen. Hastig warf er sich vor den Halbelfen auf die Knie und lehnte seinen Stab dabei behelfsmäßig gegen die Wand. Aus einer Gürteltasche holte er, seinen Fingern mehrmals entgleitend, ein Stück schalweiße Schreibkreide hervor. Seine Kenntnisse in der Handelssprache waren trotz seinem Leben, abgeschieden in den westlichen Wäldern, nicht eingerostet. Er hatte sich auf der Reise nach Aradan auf die Zivilisation so gut vorbereitet wie er nur konnte. So war es ihm selbst unter den aktuellen Zuständen möglich, zwar etwas unschön aber funktionell folgende Worte zu schreiben.

Im Zimmer eine Frau - von Sinnen - Hilfe

Während er schrieb, brach die Kreide mehrmals und das Weiß vermischte sich nicht nur mit dem Kontrast der abgetragenen, dunkelbraunen Holzplanken. Das Blut verlieh den Lettern einen fasrigen, rosa Anstrich.

Gelirion

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Die Nacht des Blutes
« Antwort #110 am: 13.09.2013, 01:40:10 »
Fragend blickte Gelirion den Halbelfen an. Er fragte sich, was dieser mit den Händen auf den Ohren sagen wollte. „Ich dachte ich kann die Handelssprache recht gut.“ sagte er mehr zu sich selbst und ja, außer einem sehr deutlichen Akzent konnte er die Sprache auch gut. Er müsste ihn eigentlich verstehen, außer. Außer er kann gar nicht die Handelssprache. „Folge mir! Wir müssen hier weg.“ wiederholte Gelirion den Inhalt der voran gegangenen Worte in der Sprache der Elfen, welche er gelernt hatte. Es war eindeutig nicht das sauberste elfisch und auch nicht wirklich ohne Akzent aber auch dies war zu verstehen.

Da der Halbelf aber nicht unter Schock stand, wendete sich Gelirion ab und ging zurück zu den Frauen. Mit ungläubigen Augen, sah er was passiert war. Nahe des Ogerorks hatte er nur wenig vom Blut abbekommen, und das meiste hatte seine Kleidung abbekommen.
Bestürzt und mitfühlend blickte Gelirion seine Schwester an. Etwas wiederlicheres konnte er sich nicht vorstellen oder besser gesagt, er wollte nicht darüber nachdenken. Wie aus Reflex griff der Paladin an seinen Gürtel, doch die Wasserflasche, welche immer dort befestigt war, hing nicht mehr an ihrem Platz. Wieder ein Ärgernis. „Sobald wir Wasser haben kannst du dich richtig säubern und dann finden wir auch etwas gegen den Geschmak.“ aufmunternd und froh das alles gut gegangen war, lächelte Gelirion seine Schwester an.

Dann wurden die drei vom Halbelfen abgelenkt. Dieser hatte wild mit den Händen gewedelt und sich neben Gelirion auf die Knie geworfen. Verwirrt blickten alle drei auf das was er da tat. Als die Worte geschrieben waren, ging Gelirion in die Hocke. Er blickte den Halbelfen an und fragte „Freund oder Feind?“ Dies wiederholte er auch in seinem gebrochen elfisch.

Sternenblut

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« Antwort #111 am: 13.09.2013, 07:26:53 »
Radjesha, die vor Angst noch immer leicht zitterte, kniete sich neben Gelirion und sah zu ihm auf. "Ich glaube, er kann uns nicht hören. Ich glaube, er kann gar nichts hören. Und auch nicht sprechen."

Sie sah Areo mit einem Lächeln an, und fragte nach der Kreide. Als er sie ihr gab, schrieb sie unter seine Worte Gelirions Frage: Freund oder Feind? Die Frage ergänzte sie mit einigen Gesten, die Areo aber nicht einordnen konnte. Sie runzelte kurz die Stirn, dann schrieb sie unter ihre Frage noch etwas weiteres: Hat man euch die Zeichensprache gelehrt?
« Letzte Änderung: 14.09.2013, 18:47:43 von Sternenblut »
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Sternenblut

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« Antwort #112 am: 13.09.2013, 07:39:30 »
Im Grunde galten Rhamedes Gedanken nur einem: Der Flucht. Dennoch suchte er, fast instinktiv, nach weiteren Erklärungen in seinem Geist. Für das, was er hier gesehen hatte, konnte es nur eine Erklärung geben: Es musste sich um Untote handeln. Bedachte man, wie schlicht, wie instinktgesteuert das wirkte, was er bisher gesehen hatte, musste es sich wohl um Zombies handeln. Das war eine gute Nachricht, denn diese Kreaturen zeichneten sich zumindest nicht durch besondere Intelligenz aus. Außerdem... er wusste nicht genau, was sein Vorfahre einst Schreckliches getan hatte, aber in einen Zombie hatte er sich ganz gewiss nicht freiwillig verwandelt. Dass diese Dinge mit dem Fluch seiner Familie zu tun hatten, war also eher unwahrscheinlich.

Was ihm aber zusätzliche Sorge bereitete, war der Zustand, in dem die Kreaturen noch weiter ihr Unwesen trieben. Auch ein Zombie sollte, so zugerichtet, wie der Junge gewesen war, nicht mehr weiter existieren können. Außer natürlich, er war erst nach seinem Tod umgewandelt worden. Das würde bedeuten... ja, dann wäre der Nekromant, der dies hier verursacht hatte, vermutlich noch ganz in der Nähe.

In dem Moment, als ihm dieser Gedanke kam, erreichte er die Treppe nach unten. Er hatte die nächste Biegung und damit den Jungen hinter sich gelassen. Hier lagen zumindest keine Leichen, auch wenn die Stufen ebenso blutverschmiert waren wie der Flurboden zuvor.

Instinktiv drehte sich Rhamedes um. Irgendetwas stimmte nicht. Dann hörte er ein Krachen, ein Zischen... und aus dem Nichts stieß eine fauchende Flamme aus dem Gang hervor, dort, wo er eben noch vor dem toten Jungen geflüchtet war. Er spürte die Hitze in seinem Gesicht, bemerkte, wie sich einige seiner Barthaare kräuselten, als sie versengt wurden. Doch er hatte Glück. Eine Armlänge von ihm entfernt verpuffte die Flamme, und ließ ihn unbeschadet zurück.
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Gelirion

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« Antwort #113 am: 14.09.2013, 11:33:20 »
Gelirion hob eine Augenbraue. Hatte Radjesha etwa Recht. Es gab einige wenige die weder Sprechen noch Hören konnten aber selten waren sie alleine. Immer noch in der Hocke, wartete er auf die Antwort des Halbelfen. Zum einen auf die, ob er zu diesen wenigen Gehörte und zum anderen auf die Frage ob hinter der Tür Freund oder Feind wartete.

Areo

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« Antwort #114 am: 15.09.2013, 18:03:42 »
Erleichtert, als er bemerkte, dass die Frau ihn scheinbar verstand und sein Leiden erkannt hatte, seufzte Areo hörbar auf. Als sie mit der Kreide die Frage, ob er der Zeichensprache mächtig wäre, schüttelte er zu ihr gewandt den Kopf und setzte dabei einen sorgenvollen, fragenden Blick auf sein Gesicht. Er stand auf, nickte in die Richtung des Mannes und deutete erst mit seinem linken Zeigefinger auf die Tür, dann mit dem unteren Ende des Stabes in seiner Rechten auf das Wort Feind. Ihm war in diesem Moment bereits bewusst, dass alle Hilfe für das Blumenmädchen zu spät kommen würde. Das Massaker hatte nicht in seinem Zimmer erst begonnen, er musste schmerzlich feststellen, dass weit mehr als nur die Frau sich in blutrünstige, mordende Ungetüme verwandelt hatten. Auch wenn diese Erkenntnis ein Schock für ihn war, so musste er an das Überleben seines Freundes, sich selbst und der Fremden denken. Sie hatten keine Zeit mehr dafür, ihm und seinen Schriftzeichen auf diesem blutverschmierten Boden zu folgen. Er spürte förmlich den Wunsch, so schnell wie möglich von hier zu verschwinden. Die Zeit der Fragen würde kommen, doch vorerst mussten sie in Sicherheit und ihre Wunden verbinden. Als hätte Ain der Hund seine Gedanken gelesen, tapste er an den Füßen der Leute, die er scheinbar nicht als Bedrohung einstufte, vorbei und drehte seinen Kopf in Areos Richtung. Er wartete auf die nächsten Schritte.

Sternenblut

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« Antwort #115 am: 15.09.2013, 19:31:14 »
Nach einer Schrecksekunde ging Rhamedes den einzigen Weg weiter, der ihm offenstand: Hinunter in den ersten Stock. Der Rauch sammelte sich im Flur, und zog in Schwaden auch die Treppe hinunter. Die Hitze breitete sich aus, schien immer heißer zu werden, und Rhamedes war froh, als er unten ankam. Auch hier lag eine Leiche im Flur, eine Schankmaid, die ihn noch am Abend zuvor mit besonderer Freundlichkeit behandelt hatte. Jemand hatte ihr einen silbernen Brieföffner in die Schläfe gerammt.

Der alte Mann lauschte einen Moment, um sich auf mögliche Gefahren vorzubereiten. Am Ende des kurzen Gangs, der zur Treppe führte, ging es nach links und nach rechts. Er meinte, in etwas Entfernung Stimmen zu hören. Lebte hier doch noch jemand? Oder waren es die Verursacher dieses grauenhaften Massakers?

Er konnte nicht lange darüber nachdenken, denn einen Moment später hörte er ein lautes Krachen, begleitet vom knisternd-rauschenden Geräusch des Feuers. Es war richtig laut, so laut, dass die Personen, die er gehört hatte, es auch wahrgenommen haben mussten. Fast klang es, als hätte das Feuer eines der oberen Zimmer zum Einsturz gebracht.
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Sternenblut

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« Antwort #116 am: 15.09.2013, 19:36:48 »
Während Gelirion und Radjesha sich noch darum bemühten, mit Areo zu kommunizieren, hörten der Paladin und die beiden Frauen ein krachendes, polterndes Geräusch, das durchs ganze Gebäude ging. Irgendwo in einem der anderen Flure musste etwas zusammengebrochen sein.

Aber da war noch etwas anderes. Roch es nach Rauch?
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Omrah

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« Antwort #117 am: 15.09.2013, 20:18:10 »
Auch wenn Omrah kurz zögerte und Ryffa mitleidig ansah, wusste er, das sie Recht hatte. Sie mussten weiter, egal was passierte. Wäre ihm das bei diesem Sprung passiert, dann hätte Ryffa vermutlich nicht anders gehandelt. Es fiel ihm zwar nicht leicht, einfach so weiterzulaufen aber wenn sie dieses Chaos überleben wollten, dann müssten sie stark sein und auch bei einer Verletzung nicht zögern. Ganz davon abgesehen, das er nicht wusste, wie er ihr bei so einer Verletzung helfen sollte, würden sie vermutlich im Kloster Hilfe bekommen. Deshalb nickte Omrah dem Mädchen zu und lief weiter. Dabei achtete er aber darauf - auch wenn es gefährlich war - etwas langsamer zu laufen, um Ryffas verletzten Fuß zumindest etwas zu schonen.

Rhamedes

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« Antwort #118 am: 15.09.2013, 20:23:56 »
Dieses Feuer musste auch unnatürlich sein. Es verbreitete sich so rasend schnell und ergab sich hier und dort in Verpuffungen. War etwas in diesem Wirtshaus gelagert, was ihr nicht hingehörte? Oder war es doch wie im Traum und Rhamedes nahm die Zeit nicht mehr so wahr, wie er sie sonst wahrnahm; war es Magie? Schlich er nur, aufgrund seines Alters über die Flure, mehr kriechend denn laufend? Er blickte auf seine Füße. Nein, er war nicht mehr barfuß, sondern hatte sich seine Wanderstiefel wieder angezogen. Sein Thwab war noch immer voller Blut und fühlte sich nass und schwer auf seiner Haut an. Er hatte sich das nicht eingebildet. Er hielt kurz inne und fühlte seinen eigenen Puls, nur um festzustellen, ob seine Zeitwahrnehmung irgendwie merkwürdig verzögert war. Sein Puls ging schnell, aber noch regelmäßig. Warum war das Feuer so schnell? Wenn es der Rauch war, der durchzündete, hätte es schon eine Weile brennen müssen. Rhamedes schüttelte den Kopf. Warum dachte er darüber nach? Er konnte doch gar nicht wissen, ob es nicht noch woanders im Haus brannte. Er musste hier raus, einfach hier raus.

Er schritt an der Leiche der Bedienung vorbei. Dass ein Brieföffner in ihrem Kopf steckte, ließ beinahe der Schluss zu, dass hier noch jemand war und sie umgebracht hatte. Vielleicht wollte sie sich auch erheben als Untote? Wie es auch der kleine Junge getan hatte? Und dann hatte ihr jemand vielleicht so den Garaus gemacht, oder hatte jemand die Szenerie für eine Gewalttat genutzt? Menschen war stets unberechenbar, wenn es um ihren Vorteil oder ihr Überleben ging, so war es auch möglich, dass jemand sie einfach aus Angst niederstreckte. Nur kurz überblickte er, ob sie weitere Wunden hatte oder einfach nur einen Brieföffner in die Schläfe gerammt bekam[1]. Aber er war zu schwach, um Leichen zu bergen. Und er hatte keine Zeit, um irgendwelchen Ideen und Erwägungen nachzuhängen. Das Gasthaus brannte und er musste um sein Leben stolpern.

Er suchte weiter die Tür. Er konnte nur aus der Ferne warnen. Es musste reichen. Dann konnte er sie warnen, wenn sie noch bei Verstand waren. Und der langsame Rhamedes konnte fliehen, wenn sie Verursacher waren. Er musste sich erstmal selbst retten. "Mehr bleibt mir nicht, oder?"
"FEUER, FEUER!", brachte er den warnenden Ruf aus, während er weiter der Unglücksstelle zu entfliehen versuchte.
 1. Heilkunde 14

Sternenblut

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Die Nacht des Blutes
« Antwort #119 am: 15.09.2013, 20:27:28 »
Ryffa folgte ihm, so gut sie konnte. Omrah konnte, wann immer er sich umsah, in ihrem Gesicht sehen, welche Schmerzen sie hatte, aber das Mädchen biss die Zähne zusammen und lief weiter. Sie hatte wirklich einen eisernen Willen. Gerade, als er sich noch einmal nach ihr umsah, riss sie erschrocken ihre Augen auf. "Omrah!" rief sie, und zeigte nach vorne.

Omrah war am Ende der Gasse angelangt. Und dort stand er. Ein erwachsener Mann, zwei Meter groß, breite Schultern, und mit einem Speer, der ihm mitten durchs Herz gerammt worden war. "Urrrrhhh..." war das einzige, was er von sich gab, während er schwankend einen Schritt auf Omrah zumachte. Der Junge musste so schnell abbremsen, um ihm nicht direkt in die Arme zu laufen, dass er halb ins Stolpern kam.

Dann geschah, wieder einmal, alles sehr schnell. Etwas traf den Untoten von hinten am Kopf. Er fiel rücklings um, und blieb dort liegen. Eine Sekunde später tauchte ein weiterer Mann auf, stark schnaufend. Er war etwas kleiner als der Mann, dem er gerade den Kopf zerschmettert hatte, aber nicht weniger kräftig. Seine Kleidung war einfach, soweit man es unter all dem Blut noch erkennen konnte. Schnell suchte er die Gasse ab, dann erst sah er zu Omrah und Ryffa.

"Kinder! Seid ihr in Ordnung? Hat euch eine dieser Kreaturen verletzt?"

Hinter ihm kamen eine blonde Frau von vielleicht dreißig Jahren und ein etwa fünf oder sechs Jahre alter Junge zum Vorschein, der sich an die Hand seiner Mutter klammerte. Die Frau hielt ein blutbenetztes Kurzschwert in der Hand.
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