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Autor Thema: Die Nacht des Blutes  (Gelesen 28922 mal)

Beschreibung: Episode 1.1

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Gelirion

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Die Nacht des Blutes
« Antwort #390 am: 01.03.2014, 12:46:15 »
Kurz zuckte der junge Paladin zusammen, als Areo ihn dessen Hand auf die Schulter legte. Die Berührung tat ihm in diesem Moment sehr gut. Sie erinnerte ihn in seiner Trauer daran, dass er nicht alleine war. Auch wenn er sich nur kaum merklich bewegte, tat es sein Geist um so mehr. In ihm begannen sich sein Pflichtgefühl und sein Lebenswille gegen die Trauer und Verzweiflung zu stellen. Es entbrannte förmlich ein Kampf zwischen diesen Gefühlen, der kaum in Worte zu fassen war. Vor seinem geistigen Auge tauschten sich Bilder von den Ereignissen dieser Nacht mit Bildern seiner Familie, seiner Freunde und auch Bilder von Areo, Rhamedes und den Anderen ab. Immer wieder tauchte Inas Gesicht auf. Immer wieder krampfte sein Herz dabei. Was machte es für einen Sinn weiter zu kämpfen wenn man zu schwach war die zu beschützen die man liebte? Das war seine innigste Frage. Sein Zwiespalt.

Als Areo seine Hand löste und mit ihr nach einen der Schwerter griff, die Gelirion an der Hüfte trug, fielen seine Hände förmlich von seinem Gesicht. Seine kriegerischen Reflexe funktionierten noch eindeutig. Er blickte Areo nicht an, sein Griff sagte alles. Zuerst war er regelrecht zu stark, verkrampft fast, dann wurde er lockerer bis die Hände nur noch auf dem Arm des Druiden lagen.
In Gelirion stritten sich immer noch die beiden Parteien miteinander, doch tränen rollten ihm nicht mehr über das Gesicht. Nicht dass er nicht mehr traurig war, im Gegenteil, seine Augen konnten jedoch nicht mehr tränen. So viele Tränen wie in den letzten Stunden, hatten sie wohl auch schon lange nicht mehr vergossen.
So gelang es Areo dann eines der Schwerter zu ziehen. Es war der Säbel aus der Bibliothek. Eines der schöneren Werkzeuge des Todes, welche geschmiedet werden konnten. An das Langschwert kam Areo jedoch nicht. Denn mit Areos Hand hatte sich auch Gelirions bewegt und nun fingerte dieser mit dem Knauf des Schwertes. Doch auch der Säbel war im Endeffekt nichts anderes als ein Schwert. Also genau das, was Areo brauchte.

Während Areo nun zu seiner Tat schritt, spielte Gelirion weiter mit dem Knauf des Schwertes. Es war sein kämpferischer Teil, welche sich versuchte am Schwert festzuhalten. Der versuchte seine Tatenkraft durch das kalte, harte und klare Argument des Stahls zu stärken. Doch reichte es noch nicht ganz. Dem jungen Paladin interessierte seine Umwelt noch nicht, so tief war er gefangen, so tief war der Bruch. Es interessierte ihm nicht wie Timbar wohl noch immer angewidert seine Hände von sich streckte und wohl auch skeptisch Areo dabei zusah, wie dieser armen jungen Frau den Kopf abschlug. Ihm interessierte auch nicht wie wohl Rhamedes noch immer in der Tür stand und innerlich mit seinen Bösen Geistern haderte.
Dann, ein klirrendes Geräusch ließ den Blick von Gelirion klarer werden. Es war das Geräusch des Säbels wie er auf dem Boden aufkam, als der junge Druide neben Gelirion auf die Knie sank. Sein Blick wanderte von seinen Beinen zu Areos blutbespritzter Gestallt, dann zum roten Schwert. Es lag im Schatten doch er konnte genau erkennen wie befleckt es war.

Die Frage ob er die Anderen und seine Familie alleine Lassen konnte, keimte in ihm auf. Ob er es sich mit seinem Herzen vereinbaren konnte jetzt aufzugeben. Eine innere Stille umfing ihn. Die Bilder endeten und er sah nur noch das Schwert. Fast begann das dunkle Rot auf dem Säbel vor seinen zu leuchten. In seinem Blick bekam es eine unnatürliche helle, strahlende Intensität. Denn diese Frage musste beantwortet werden. Sein Herz war gebrochen aber er war nicht tot. Er war hier und es gab jene die ihn brauchten. Er war nicht alleine. Er konnte nicht so egoistisch sein und sich einfach in seiner Trauer der Welt ergeben. Denn das war nicht sein Weg. Doch was war sein Weg? Sein Herz wollte die beschützen, die es nicht alleine konnten. Allen voran seine Familie. Darum war er ein Paladin geworden. Das hatte er schon vor vielen Jahren erkannt und bis jetzt trieb es ihn auch an, doch was nun? Er war schwach, klein, erbarmungswürdig. Einfach zerbrochen. Hilflos, verängstigt und voller Trauer. Er war ein kleiner Bengel der dachte ein Mann zu sein. Dabei musste er noch vieles lernen. Das Leben war einfach nicht perfekt und vor allem war das Leben nicht gerecht.

Langsam hob er seinen Blick vom Schwert in den morgendlichen Himmel. Sein Kopf berührte den Stein hinter sich. Seine Lippen formten immer und immer wieder ein Wort, doch seine Stimme brachte keinen Laut hervor. Erst beim letzten Versuch erklang es leise „Ciriva“ Der junge Paladin rief seine Göttin an. Er rief sie bei ihrem Namen und bat damit um Hilfe. Doch auch Ceriva, selbst wenn sie jetzt vor ihm auftauchen würde, würde wohl ihn nur in den Arm nehmen. Bei Cederon hatte sie es ihm gezeigt. Es war nicht ihre Art den einfachen Weg zu gehen, einfach vergessen zu lassen. Jeder musste lernen zu leben.

Gelirion schloss kurz die Augen. Er wollte Leben und konnte nicht einfach so aufgeben. Wenn seine Göttin, wenn sein Schicksaal so voller Trauer und Blut lag, dann würde er es annehmen. Ceriva war bei ihm, und er musste diesen Weg gehen. Als Halbelf, als Mann, als Fürstensohn und vor allem als ihr Paladin. Er musste es!
Schwer ging sein Atem als er die Augen öffnete. Diese Gewissheit mochte nicht den Riss des Verlustes füllen. Doch ließ es ihm wieder Herr seiner Selbst werden. Er hob seine Rechte Hand vom Schwertknauf. Sie zitterte arg, während er versuchte Areo zu berühren. Er strich dem jungen Druiden über die nächst ruhende Hand. Nahm dabei etwas von Lynettes Blut auf. Traurig hiel ter die Hand hoch in das Licht und blickte das Blut an. Dann drehte er sich zu Areo, legte seine Hand wieder auf dessen und blickte dem ebenso jungen Druiden in die Augen. Sein Blick war traurig aber nicht kraftlos. Einen Moment hielt er inne, dann übernahm er von Areo den Säbel und richtete sich schwerfällig auf.

Als er wieder stand, hielt er den Säbel in das Licht. Das frische Blut tropfte zu Boden. Dabei sprach er mit rauer, leicht krächtsender Stimme ”Die Nacht ist vorbei, der Tag voller Schmerz. Schmerz der uns zeigt, dass die Grausamkeit dieser Tat nicht zuende ist.” mit der linken Hand griff er sich an den Wappenrock und hielt verkrampft das Wappen seiner Familie. ”Bei Ceriva und dem Blut aller die gestorben sind. Ich schwöre die zu finden, die für das verantworlich sind. Alles in meiner Macht stehende zu tun sie für ihre Taten bezahlen zu lassen. Ihr seit meine Zeugen.“ Er senkte den Blick und das Schwert. Seine Stimme hatte gezittert. Der Schmerz war noch zu friech aber er meinte seinen Schwur ernst. Er würde diese Bastarde bezahlen lassen, mit ihrem Leben.
« Letzte Änderung: 02.03.2014, 11:38:24 von Gelirion »

Sternenblut

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Die Nacht des Blutes
« Antwort #391 am: 02.03.2014, 17:36:45 »
Timbar stand nur da, beobachtete, was geschah, und reagierte nicht einmal, als Areo dem Mädchen den Kopf abschlug. Er stand offensichtlich unter Schock, starrte auf seine blutigen Hände. Erst, als Gelirion seinen Schwur gesprochen hatte, schien ihn etwas aus seiner Starre zu reißen.

"Hey... hey Leute. Was ist das?"

Er zeigte auf Lynette, oder vielmehr auf ihren abgeschlagenen Kopf. Dessen Augen hatten sich geöffnet, und der Mund öffnete und schloss sich, während ihr Blick starr auf Areo gerichtet war.
"Ein Blick in die Welt beweist, dass Horror nichts anderes ist als Realismus." - Alfred Hitchcock

Gelirion

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Die Nacht des Blutes
« Antwort #392 am: 02.03.2014, 18:47:54 »
Gelirions Blick wurde fester. Ohne große Worte schritt er an Areo vorbei, er schwankte dabei deutlich. Ein Anzeichen, dass er besonders nach dem Schock mit Ina, auch an seine körperlichen Grenzen stieß. Etwa auf Timbars Höhe wurde sein Griff um den Säbel fester. Kurz darauf sauste das Schwert auch schon auf den Kopf nieder.
Nachdem diese Gefahr gebannt war, wendete sich Gelirion auf den Hacken um. Er blickte Timbar an und legte ihm die linke Hand auf die Schulter, so er es zuließ. Einen Moment betrachtete Gelirion den geschockten Mann. Von seinem Schwert tropfte Blut und wohl noch anderes Material der jungen Frau zu Boden. „Timbar, das ist die Grausamkeit dieser Bastarde. Jeder der gebissen wird, stirbt nach einiger Zeit. Jeder der stirbt, wird zu einem Untoten.“ Er wendete den Blick nicht ab. In seiner von trauer geschwächten Stimme war deutlich Wut zu hören. „Scheinbar auch wenn der Kopf abgetrennt wurde. Aber als Kopf können sie sich nicht mehr bewegen und die Körper sind ungefährlich.“ Er machte eine kleine Pause und fuhr immer dann fort. „Timbar, man kann diese Untoten töten wenn man ihren Kopf zertrümmert. Man kann dieser Finsternis entgehen, wenn man nicht gebissen wird. Wir haben also eine Chance zu überleben. Ist dir das klar? Wir können leben und diesen Bastarden ins Gesicht spucken nur durch unser Leben. Du bist eine Wache, ich bin so etwas Ähnliches und nun haben wir eine Aufgabe. Wir müssen die schützen die in diesen Mauern sind. Hast du verstanden Timbar?“ Gelirion verzog bei seiner kleinen Rede keinen Muskel. Er versuchte all seine Gefühle zu verbergen. Innerlich fragte er sich ob es wirklich diese Hoffnung gab. Denn Ina wurde ja nicht gebissen. Das sie Blut geschluckt hatte und dass der Grund für ihre Verwandlung war, ahnte er. Er war sich jedoch nicht sicher und wollte gerade nicht mutmaßen. 

Sternenblut

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Die Nacht des Blutes
« Antwort #393 am: 02.03.2014, 21:05:15 »
Ryffa nahm Omrahs Geschenk mit einem breiten Lächeln, fast schon einem Grinsen, an. "Das ist wunderschön", sagte sie, und hielt das Amulett eine ganze Zeit in ihrer Hand, bevor sie wieder seine Hand nahm.

Dann öffneten sie gemeinsam die Tür. Der Blumenduft lag noch immer in der Luft, und Ryffas Augen leuchteten, als sie den Flur betraten. Gleich die erste Tür auf der linken Seite war nur angelehnt, und so war dieser Raum ihre erste Wahl.

Was sie erwartete, war schöner als so ziemlich alles, was Omrah je gesehen hatte. Der große Wohnraum war mit weißen, weich gepolsterten Bänken ausgestattet, großen ebenfalls weißen Ohrensesseln, und es gab einen Kamin an der gegenüberliegenden Wand. Ein großes Landschaftsbild - es sah nach den wunderschönen Ebenen von Granland aus, von denen seine Eltern oft geschwärmt hatten - hing an einer Wand, und auf einem kunstvoll gestalteten Tisch stand eine Karaffe mit einer dunkelroten Flüssigkeit.

An jeder Wand hatte man kleine hölzerne Ablagen angebracht, auf denen Bücher standen, die jeweils links und rechts von kleinen Blumentöpfen gesäumt waren.

Ryffa sah sich mit offenem Mund um. "Das ist so schön", flüsterte sie ehrfurchtsvoll.

Sie gingen hinein, und sahen sich genauer um. Der Kamin war aus, aber in einer Schale neben dem Kamin lag alles, was nötig war, um ihn anzufeuern.

"Gefällt es euch?"

Die beiden Kinder schnellten herum. In der Tür stand ein Mann. Er trug weiße, schlichte Kleidung, die zu seinen silbergrauen Haaren passte, die er kurz geschnitten trug. Er war groß, sicher einen Meter achtzig oder neunzig, aber schlank. Er sah die beiden freundlich lächelnd an.[1]

"Ich bin Khoon. Ich bin hier einer der Heiler. Ihr müsst zu der Gruppe gehören, die Timbar hereingelassen hat. Ich hatte leider noch keine Zeit, euch zu begrüßen."

Er sah sich im Raum um. "Timbar hat euch sicher oben untergebracht, oder? Er will immer darauf achten, die Regeln einzuhalten. Das ist ja eigentlich auch gut so. Die Räume hier sind zur Erholung für die Heiler. Aber nach allem... nun, ich denke, es spricht nichts dagegen, wenn wir uns die Räume hier teilen."

Der Mann sah die beiden fragend an. "Natürlich nur, wenn ihr euch hier wohl fühlt. Ihr könnt natürlich auch oben bleiben, wenn euch das lieber ist."

Ryffa starrte ihn mit offenem Mund an, und konnte nicht glauben, was Khoon da gerade vorschlug. Der Heiler ignorierte ihre Verblüffung, und redete einfach weiter. "Habt ihr Hunger? Nebenan habe ich Obst und Brot, und Wasser. Von dem da", er zeigte auf die Karaffe, "lasst ihr besser noch die Finger, das ist für Erwachsene. Wie heißt ihr eigentlich?"
 1. Wenn du magst, dann ist ein Sense Motive erlaubt, um ihn genauer einzuschätzen
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Sternenblut

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Die Nacht des Blutes
« Antwort #394 am: 02.03.2014, 21:09:06 »
Timbar schüttelte den Kopf. "Das ist doch... das ist so..." Er beendete den Satz nicht, starrte noch immer auf Lynettes zugerichteten Kopf. "Sie war noch so jung."

Ihm liefen Tränen über die Wangen, aber er schien es selbst nicht einmal zu merken. Dann aber straffte sich auch der Wachmann.

"Ich habe geschworen, alle zu beschützen, die innerhalb dieser Mauern sind. Und das werde ich tun."

Er schluckte, sah dann Gelirion fest in die Augen. "Es... was passiert ist... es tut mir so leid."
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Gelirion

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« Antwort #395 am: 02.03.2014, 23:39:02 »
So fest Timbars Blick war so unsteht war der des jungen Paladins. Aus den Augenwinkeln blickte er zu der Stelle, wo gerade eben noch seine Schwester stand. Es schmerzte einfach. Es schmerzte daran zu denken, dass sie nicht mehr da war. „Ja … ich“ stammelte er bevor er die Augen kurz schloss um sich zu sammeln. Erst dann konnte er wahrlich wieder dem Wachmann in die Augen blicken. „Ich danke dir.“ Mehr konnte Gelirion nicht sagen. Er konnte seine Gefühle nicht in Worte fassen, seinen Schmerz nicht formulieren. Es war noch zu früh. Dankend klopfte er Timbar auf die Schulter und nickte kurz. „Ich denke alle Männer sollten sich zusammen setzen. Wir werden uns gemeinsam schützen, du bist nicht alleine.“ Sein Blick wanderte zu Areo. „Ich, Elisias muß mich noch fertig untersuchen. Danach sollten wir uns treffen.“ Er blickte zurück zu Timbar und wartete einen Moment. Dann ging er zu Areo. Was in dem stimmen Halbelfen vorging, wagte Gelirion nicht zu mutmaßen. Mit einer eingeübten Bewegung befreite er den Säbel vom gröbsten Blut und steckte ihn zurück, bevor er seine Hand auf Areos Schulter legte. Er blickte zum Halbelfen hinunter und wartete auf irgendeine Reaktion.
« Letzte Änderung: 03.03.2014, 00:09:37 von Gelirion »

Rhamedes

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« Antwort #396 am: 04.03.2014, 22:09:31 »
Rhamedes drehte sich weg. Nicht nur hatte er es geahnt, ja, geradezu gewusst, er hatte sich bewusst dazu entschieden, dass nur Areo und Gelirion von diesem nahenden Unglück wussten. Ina hatte es selbst geahnt und wollte deswegen so dringend an die frische Luft. Und nun standen sie hier fast alle und sie allen sahen, wie Gelirions Schwester sich veränderte, andere mit in das Verderben riss und Gelirion mit sich kämpfte. Sie hätten es alle nicht mit ansehen sollen. Und sowieso hätten nicht noch andere hier sein sollen. Hatten sie nicht abgemacht, dass erst die Untersuchungen anstünden, ehe weite Bewegungen kamen? Hatte Rhamedes sich nicht deutlich genug ausgedrückt? Warum waren andere hier unterwegs? Warum ruhten sie nicht? Er hatte Ina nur ziehen lassen, weil er das fürchtete, und weil er glaubte, dass sie hier alleine wäre. Er hätte es lieber gesehen, dass Ina sich in den Tode stürzt, ehe sie noch jemanden mitnahm. Es war ein tragischer Gedanke, aber es war ein wahrer Gedanke.

"Und was ist mit dir, alter Mann? Warum springst du nicht? Achja. die lächerlichen Geister der Vergangenheit...", meldete sich die innere Stimme süffisant zu Wort und hinterließ einen bitteren Geschmack auf der Zunge des alten Mannes, dessen sonst so sanftes Gesicht einen ärgerlichen Ausdruck bekam, wegen der Stimme und wegen der Entwicklung der Szene. Er wollte sie anbrüllen, er wollte seinem Frust Luft verschaffen. Aber welchen Zweck hatte dies? Das Kind war in den Graben gefallen. Sie hatten zwei weitere Menschen das Leben gekostet zusammen mit der Krankheit. Ina war nicht zu retten gewesen, aber Lynette war es. Aber sie alle hatten Angst und handelten irrational. Sie alle fürchteten den Nächsten und jetzt würde es nach diesem Zwischenfall noch schlimmer werden. Der Rest würde das Gefühl haben, dass sie sich selbst in eine Sackgasse gesperrt hatten.

Rhamedes ging los, während der lebendig bleibende Kopf zerdroschen wurde. Vielleicht war es der Moment, eine Probe zu nehmen. Aber sie würden ihn nur verständnislos anblicken. Er würde das später machen[1]. Jetzt musste er die Untersuchungen fortsetzen. Hier gab es nicht mehr zu tun. Er war ein alter, zahnloser Mann. Auf ihn hörten sie nicht. Gelirion brauchte seine Zeit für sich. Areo sicher auch und Timbar sowieso. Sie alle brauchten Zeit für sich.

Mit dem Klacken des Gehstabes verschwand Rhamedes wieder, auf dem Weg in sein Arbeitszimmer, um die Untersuchungen fortzusetzen.
 1. Du kannst gerne davon ausgehen, Sternenblut, dass Rhamedes sich aus Lynettes Überresten noch eine Blutprobe nimmt, wenn alle den Ort verlassen haben und er seine Ruhe dazu hat, solltest du später in den Schlaf schieben.

Omrah

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« Antwort #397 am: 09.03.2014, 02:07:12 »
Über beide Ohren grinsend sah Omrah dabei zu, wie Ryffa das Amulett in ihren Händen hielt und dann anlegte. Das Amulett war sein kostbarster Besitz aber es fiel ihm erstaunlich einfach sich davon zu trennen, wenn er wusste das es bei Ryffa war. Sein Vater würde diese Geste gutheißen und verstehen. Omrah sah ihn fast schon nickend und lächelnd vor sich - dieses mal wie er gewesen war bevor er sich zu einem dieser Dinger verwandelt hatte.
Als sie schließlich auf die Tür zugingen, hinter der sich der Quell des Blumenduftes befinden musste, stellte sich Omrah schon vor, was sie wohl entdecken würden. Vielleicht ein Blumenbeet mitten im Sanatorium? Ein Garten zum entspannen? Doch auch wenn es nichts dergleichen war, erstaunte ihn sein Fund doch über alle Maßen.

Mit offenem Mund ging er durch den Raum, den sie betreten hatten und prägte sich jedes Detail ein. Er konnte nicht anders als manches zu berühren und die Oberfläche unter seinen Fingern zu spüren. Dieser Raum schien fast aus einer anderen Welt zu sein und stellte alles was er je gesehen hatte in den Schatten. Fast unwirklich schienen die weißen Möbel zu sein. In den letzten Stunden hatte der Junge so viel Blut, Zerstörung und Dreck gesehen, das die Reinheit des Raumes ihm einfach den Atem verschlug.
So war es nicht verwunderlich, das er den Mann nicht bemerkte, der hinter ihnen den Raum betreten hatte. Einen Moment lang verkrampfte sich der Straßenjunge, als seine Instinkte und Erfahrungen überhand nahmen und er Gefahr erwartete. Jede Sehne seines Körpers war angespannt und dazu bereit,  in Sekundenbruchteilen zum Einsatz zu kommen. Nichts geschah. Omrah entspannte sich wieder als er sah, der Mann sie anlächelte und er sie nicht anschrie weil sie ungefragt in den Raum gegangen waren.

"Ja, das hier ist alles wunderschön. Ich habe noch nie etwas in der Richtung gesehen." Schnell stellte er sich lächelnd mit "Das ist Ryffa und ich bin Omrah." vor, bevor er fortfuhr. Er musste einen Moment überlegen, bevor er wirklich sicher war was er wollte. Ryffa schien begeistert von dem Vorschlag Khoons zu sein aber Omrah würde sich schlecht fühlen, wenn er hier bleiben würde.
Er hatte die Gruppe mit der er in der Nacht geflohen war irgendwie lieb gewonnen. Da war der alte Mann, aus dem Omrah nicht schlau wurde aber der ihm trotzdem sympathisch war. Der stumme Halbelf, mit dem er mitfühlen konnte und mit dem er sich gar nicht unterhalten brauchte, um ihn zu verstehen. Außerdem hatte er einen Hund und Omrah hatte Hunde schon immer gemocht. Dann war da noch ihr starker Anführer, den Omrah respektierte und zu dem er aufsah. Vielleicht würde er irgendwann genauso stark und mutig werden wie er. Mit den anderen hatte der Junge zwar noch nicht viel zu tun gehabt aber trotzdem fühlte er eine gewisse Verbundenheit, die durch die letzten gemeinsamen Stunden entstanden war.

So gerne er auch hier bleiben würde, er wollte es irgendwie nicht. Es würde sich einfach falsch anfühlen. Einen langen Moment sah er Ryffa an und entschied sich um.

"Wenn Ryffa möchte, bleiben wir hier. Mir ist das egal." Was natürlich nicht stimmte aber er würde es nicht über das Herz bringen ihr diese Chance zu verwehren. Alleine lassen wollte er sie hier auch nicht und so log er. "Können nicht alle hier oben hinkommen? Gibt es noch mehr solcher Räume?" fragte Omrah unschuldig, während er nach nebenan ging um sich etwas zu Essen zu holen. "Darf ich den anderen bitte etwas zu Essen bringen? Wir waren die ganze Nacht unterwegs und mussten vor den Untoten fliehen oder sie bekämpfen. Alle sind erschöpft und Opa Rhamedes versorgt sogar noch die Verwundeten und untersucht alle auf Krankheiten. Sie sind bestimmt sehr hungrig."[1] Auch sein Magen knurrte und so nahm er sich einen Apfel und biss herzhaft hinein, während er Khoon mit einem lange geübten Hundeblick ansah.
 1. Diplomatie 20
« Letzte Änderung: 09.03.2014, 02:12:50 von Omrah »

Sternenblut

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« Antwort #398 am: 10.03.2014, 00:13:10 »
Khoon lächelte weiter, als Omrah ihm antwortete. "Du denkst an deine Gefährten, nicht nur an dich selbst, das ist gut. Ein sehr lobenswertes Verhalten. Ja, die Einladung gilt natürlich für euch alle. Ich wusste nicht, wie viele ihr seid. Es gibt hier ganze sechs Räume dieser Art, und ganz am Ende des Gangs findet ihr ein großes Bad. Dort könnt ihr euch reinigen, wenn ihr wollt. Wir haben Essen und Getränke genug, macht euch keine Sorgen."

Er sah zur Tür am Ende des Ganges. "Ich sage dir was. Du holst deine Freunde, und ich warte im ersten Raum direkt hinter der Tür da. Dort befinden sich die Schreibstuben der Heiler. Wenn ihr alle da seid, helfe ich euch, euch einzurichten."
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Sternenblut

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« Antwort #399 am: 10.03.2014, 00:21:19 »
Timbar nickte, doch sein Blick war noch immer auf den Körper des toten, jungen Mädchens gerichtet. "Wir müssen sie beerdigen. Sie und... und alle anderen. Auch die am Tor."

Dann drehte er sich auf dem Absatz um und ging nach unten. Die anderen folgten ihm, Rhamedes nach einer kurzen Verzögerung[1] als Letzter, bis sie wieder in ihren Räumen angekommen waren. Gelirion ging gleich zu Elisias, und ließ die Untersuchung über sich ergehen. Sein Blick war ruhig, gefasst. Doch nur, weil er das, was er fühlte, nicht auszudrücken vermochte. Und weil er die Maske brauchte, diese Illusion von Stärke, um nicht zusammenzubrechen. Noch nicht.

Elisias sah ihn an. "Keine Wunden. Alles in Ordnung."

Als Gelirion gehen wollte, fasste der Priester ihn noch einmal an der Schulter. "Ich weiß nicht, was passiert ist, aber ich merke, dass ihr an eurer Grenze seid. Geht schlafen. Wir sind in Sicherheit. Morgen früh ist Zeit für alles, dafür, der Gruppe alles zu berichten, weitere Pläne zu schmieden, und auch dafür, zu trauern. Aber jetzt müsst ihr euch ausruhen."

Elisias und Rhamedes, Letzterer mit der Unterstützung Areos, setzten die Untersuchungen fort, und zumindest diese eine gute Nachricht gab es: Niemand anderes hatte eine Verletzung davon getragen. Niemand anderes schien von der Seuche erfasst worden zu sein.
 1. Blutprobe nehmen
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Areo

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« Antwort #400 am: 10.03.2014, 10:32:13 »
Areo blickte zu Gelirion auf, als jener ihm, dem stummen Halbelfen, tröstend die Hand auf die Schulter legte. Tränen flossen langsam seine Lider hinab, als wäre die Zeit in diesem Augenblick bedeutungslos, ebenfalls dem Schrecken erlegen. Die beiden verstanden. Sie teilten den unendlichen Schmerz Aradans. Sie alle zusammen. Und dadurch würden sie überleben können.

Die Stadt versuchte die Gemeinschaft zu verschlingen. Den letzten Überlebenden die Hoffnung zu rauben und den Funken hellen Lichts zu zerstören, welcher das Leben noch an diese Welt band.

Doch Aradan würde diesen Kampf nicht gewinnen können, solange sie es gemeinsam tragen konnten.

Langsam lösten die Gefährten sich von der grauenvollen Szenerie oben auf den Zinnen und stiegen erneut hinab zum Rest der Gruppe. Dort angekommen sammelte Areo seine letzten Kräfte und half dem alten Mann, die übrigen Patienten zu untersuchen. Erleichtert konnten sie keine weiteren Verletzungen feststellen. Areo verschwendete keinen weiteren Gedanken mehr daran, die Ursache der Seuche zu ergründen. Fest stand für ihn, dass es kein Heilmittel gab, welches sich in ihrer Reichweite befinden würde. Ihnen blieb letzten Endes nichts anderes übrig als die Folgen zu bekämpfen. Die Kranken zu isolieren. Die Veränderten zu töten.

Je weiter die Stunden des neu angebrochenen Tages voran schritten, umso stärker musste der Druide gegen die Erschöpfung kämpfen. Schon bald würde er sich ausruhen müssen. Mittlerweile verspürte er nicht mehr den Willen, die vielen, schier unzähligen Fragen und Probleme sofort abzuarbeiten. Er sehnte sich momentan letztendlich nur noch nach einem Zimmer mit verschlossener Tür und einem Platz an dem er seine Augen schließen konnte.

Er wünschte sich zurück in das Land der Träume. In welcher seine Zunge vermochte zu sprechen und sein Meister Tyr ihm Trost und Zufriedenheit schenken konnte. Er würde von den verbotenen Hainen träumen und den Duft des Waldes schmecken.

Der Gehörnte würde über ihm wachen, dessen war er sich sicher.

Omrah

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« Antwort #401 am: 13.03.2014, 21:33:45 »
Omrah strahlte über das ganze Gesicht. Das Lob interessierte ihn nicht wirklich, auch wenn er im geheimen etwas stolz auf sich war aber worüber er sich am meisten freute, war, das die gesamte Gruppe hier oben bleiben durfte. Mit einem Nicken griff der Junge nach der Hand Ryffas und zog sie mit sich aus dem Raum heraus und ging in die Richtung, in der die Gruppe wartete. Wieder bei den anderen angekommen, suchte er sich den erstbesten aus und zupfte an seiner Kleidung, um die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.

"Wir dürfen alle zu den Räumen der Heiler gehen. Die sind wunderschön, es gibt ein Bad und frisches Obst und Brot. Hier!" damit reichte er einen Apfel weiter und sprach ohne Luft zu holen freudig weiter. "Khoon ist der Heiler hier und sagt, das er uns hilft dort einzurichten. Es ist viel schöner als diese Räume und es riecht nach Blumen."

Mit diesen Worten warf er grinsend einen Blick zu Ryffa und ging dann weiter, um jedem anderem der Gruppe das gleiche zu erzählen und ein Stück Obst zu geben.

Sternenblut

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« Antwort #402 am: 13.03.2014, 22:28:27 »
"Ein Blick in die Welt beweist, dass Horror nichts anderes ist als Realismus." - Alfred Hitchcock

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