Das Schicksal hat es wahrlich nicht gut mit Anita gemeint. Bereits seit einiger Zeit befindet ihr Leben sich in einer steten Abwärtsspirale und ihre Ankunft auf dem Gefängnisschiff ist nur ein weiteres Tief in einer langen Reihe von Begebenheiten, die aus ihrer ehemals so vielversprechenden Existenz einen Haufen Asche gemacht haben. Die ehemalige Navigatorin hat einen Sturz hinter sich, wie er für die meisten Menschen im Imperium nicht einmal möglich ist. An ihre einstmals so besondere Rolle in der großen Maschine des weltenumspannenden Menschheitsreiches erinnern sie nur noch düstere Gedanken und die schreckliche Narbe auf ihrer Stirn. Kaum ein Außenstehender würde jemals vermuten, dass Anita nicht schon immer Teil des gesellschaftlichen Bodensatzes, des unvermissten Abschaums, war, mit dem sie sich nun eine kärgliche Kammer teilen muss. Das was sie einst so besonders gemacht hat ist auf ewig verloren und übrig geblieben ist nur noch das Stigma der Mutation, dass sie sogar hier in den dämmrigen Gängen des Gefängnisses noch als Aussätzige brandmarkt.
Gerade öffnet sich die Tür zu ihrer Kammer in Block 52, die sie sich mit einigen anderen Häftlingen teilt und eine Frau mit blonden Haaren und Gesichtstätowierung betritt den kleinen Raum, dessen einzige wirkliche Ausstattung aus mehreren verdreckten Matratzen besteht, die eng aneinander gedrängt fast den ganzen Boden der Kammer ausfüllen. Anita kennt die Frau als "Coyote", ebenfalls eine Bewohnerin dieser Kammer, die trotz der miesen Lebensbedingungen immer irgendwie ein Lachen auf den Lippen zu haben scheint, typisch für jemanden der früh gelernt hat sich mit einem Leben in der Gosse zu arrangieren und eigentlich keine Verbesserung mehr erwartet.
Für einen Moment sieht es so aus, als wäre Coyote ärgerlich darüber, dass sich außer ihr gerade noch jemand in der kleinen Schlafzelle aufhält, aber dann grinst sie schief und legt einen Finger an die Lippen, bevor sie unter ihrer Kleidung ein kleines Paket hervorzieht und dann unter ihrer Matratze versteckt.
"Hab ich Stinker abgezogen. Erzähl keinem davon!", meint sie zu Anita, während sie etwas Füllstoff aus der Matratze zieht und das Päcken in das so entstandene Loch stopft. Coyote ist zwar nicht Anitas Feindin, aber eine besondere Freundin ist sie auch nicht und so wie die Probleme hier in der Regel gelöst werden, geht die ehemalige Navigatorin nicht davon aus, dass die andere Frau irgendwelche Skrupel hätte sie zu beseitigen, sollte sie irgendwem von diesem eindeutigen Diebstahl berichten. Andererseits wäre es vielleicht möglich sich zu arrangieren und aus dem Wissen irgendwie Profit zu schlagen. Anitas Magen knurrt schließlich nicht weniger stark, als der irgendeines anderen Häftlings. Eventuell wäre Coyote ja sogar bereit ihre Beute zu teilen?
Von draußen dringen die Geräusche eines Streits an Anitas Ohren. Eine der Stimmen erkennt sie als die des Mannes, der es vor Kurzem geschafft hat eine ordentliche Ansammlung aus Nahrungsschleim zu ergattern und der ihres Wissens nach auf den Namen Byron hört.
Rega runzelt auf Vater Helmsbrechts Frage hin die Stirn, wendet ihre Aufmerksamkeit jedoch dem Prediger zu, während Tank und Byron noch am diskutieren sind.
"Was genau willst du denn wissen? Suchst du auch nach einem Weg ins Labyrinth, wie dein großer Freund, oder was?"