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Autor Thema: Geisterstadt  (Gelesen 92596 mal)

Beschreibung: Episode 1.2

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Sternenblut

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Geisterstadt
« Antwort #705 am: 19.09.2015, 09:28:14 »
Semerok dachte über das Gesagte nach, und lächelte schließlich. "Ich glaube, ich verstehe, was du meinst. Und übrigens bin ich ein sehr guter Tänzer. Das haben mir zumindest die Mädchen unseres Dorfs immer gesagt." Das Lächeln wurde noch etwas breiter. "Also, erstmal ohne Waffen."
"Ein Blick in die Welt beweist, dass Horror nichts anderes ist als Realismus." - Alfred Hitchcock

Sternenblut

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Geisterstadt
« Antwort #706 am: 19.09.2015, 09:47:57 »
Der zweite Stein verblasste, und die magische Kugel erschien um Omrah. Die Toten, die einst seine Freunde gewesen waren, prallten davon ab, als wäre es eine Felsmauer, und so gelangte Omrah ohne größere Schwierigkeiten ins Sanatorium.

Und dort war er froh, die Kugel aktiviert zu haben. Die Eingangshalle war voller Leute! Oder genauer gesagt, Untote. Sie alle trugen die gleiche, grauweiße Kleidung. Omrah erkannte sie: Die Kleidung der Insassen. Jemand hatte die Gefangenen des Sanatoriums aus ihren Zellen hierher gebracht, aber erst nach deren Verwandlung. Und nun wandten sie sich ihm zu, dem Stück Fleisch, das sie zwischen ihre hungrigen Zähne bekommen wollten. Drei von ihnen prallten gleich von der Kugel ab - ohne sie wäre er jetzt vermutlich verloren gewesen.

Omrah tat das einzig Sinnvolle in dieser Situation, und rannte weiter - die Treppen hinauf, in den ersten Stock.

Die Toten folgten ihm, schlurfend, stöhnend und ächzend, doch auch, wenn sie unwiderruflich zu ihm aufschließen würden, hatte er ihnen zwei Dinge voraus: Er war schneller - und er konnte Türen schließen. Vermutlich würden sie irgendwann auch durch die verschlossenen Türen, die er hinter sich ließ, durchbrechen, doch bis dahin würde einige Zeit vergehen.

Schließlich erreichte er den Vorraum zu den Zellen der Insassen. Die Tür war angelehnt, nicht geschlossen. Er wollte die Tür gerade öffnen - da verschwand die Kugel um ihn herum.

In dem Moment hörte er aus dem Raum eine Stimme. Es war Will. "Sag mir wenigstens, wer für all das verantwortlich ist. Du musst es doch wissen. Ich will einen Namen, bevor ich sterbe."

Wieder erschallte das Lachen, das er schon unten gehört hatte. "Oh, kleiner Barde, du wirst nicht sterben. Nicht wirklich. Aber ich muss dich enttäuschen. Welches Wesen kennt schon seinen Schöpfer? Ich meine, sehen wir von Religion, von Glauben einmal ab, kannst du mit Sicherheit sagen, welche göttliche Kraft die Menschen erschaffen hat? Nein, meine Verwandlung, meine Entstehung, war ein Geschenk, und ich spüre eine tiefe Verbundenheit, doch deshalb kann ich dir noch lange keinen Namen nennen."

Omrah hörte ein Seufzen des Barden. "Ich hasse wenig mehr als eine unvollständige Geschichte."

Sie lachte. "Oh, du wirst alle Zeit der Welt haben, die weitere Geschichte zu erleben. Du wirst sie nur nicht mehr aufschreiben und erzählen können. Eine wunderbare Ironie, nicht wahr?"
« Letzte Änderung: 19.09.2015, 09:49:28 von Sternenblut »
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William Marlowe

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Geisterstadt
« Antwort #707 am: 19.09.2015, 21:27:29 »
"Und Lukas", sagte Will. Arjens Worte ließen ihn frösteln.

Es ist nicht, wonach ich mich sehne... Ach, es ist nichts mehr so, wie irgendjemand sich ersehnt! Sollen wir aufgeben? Sollen wir alle gemeinsam in den Tod gehen, wäre das denn besser? Nein, das gefällt mir nicht, wonach du dich sehnst. Aber man hat seine Sehnsüchte halt nicht im Griff, nicht wahr?

Will nahm Arjens Hand in die seine und drückte sie etwas fester, als man es bei einem normalen Handschlag wohl tun würde. "Sei du für uns beide der Mut und die Kampfkraft, dann will ich für uns beide der Lebenswille sein."

Dann lehnte er sich gegen den Fenstersims und wartete schweigend, bis Arjen sich von seinem Ausbruch erholt hatte und sie ihren kleinen Rundgang fortsetzen konnten, der sie bald zu den anderen zurückführen würde.
« Letzte Änderung: 19.09.2015, 21:40:12 von William Marlowe »
Hell hath no limits, nor is circumscribed
In one self place, for where we are is hell,
And where hell is must we ever be.

Omrah

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Geisterstadt
« Antwort #708 am: 20.09.2015, 01:41:43 »
Omrah schrie laut auf, als er die Eingangshalle des Sanatoriums betrat und von den, jetzt untoten, Insassen des Sanatoriums begrüßt wurde. Doch die Barriere seines magischen Ringes schützte ihn und wieder einmal war er der Person dankbar, die ihm diesen Ring vermacht hatte - wer auch immer das genau gewesen war. Eigentlich spielte das im Moment auch kaum eine Rolle, denn er musste sich darauf konzentrieren, den Weg zu der Frau zu finden, die für all das verantwortlich war.
So gut es ging, versuchte der Junge die schrecklichen Fratzen und Geräusche zu verdrängen, die sich ihm aus allen Richtungen näherten. Einen kurzen Moment stockte er und meinte das zerfetzte Gesicht seiner Mutter in der Menge der Untoten entdecken zu können aber da musste er sich geirrt haben. Heftig mit dem Kopf schüttelnd, um sich selbst von dieser Tatsache zu überzeugen, lief Omrah weiter. Immer tiefer in das riesige Gebäude hinein, bis er sein Ziel erreicht hatte.

Vorsichtig näherte er sich dem Raum, in dem er die Frau vermutete. Er hörte Stimmen und stockte; hörte zu. Überrascht stellte der Junge fest, dass die Frau nicht allein war. Will war bei ihr und wer auch immer genau vor ihm stand, hatte vor, ihn in einen Untoten zu verwandeln. Während Omrah weiter zuhörte, überlegte er fieberhaft, wie er Will helfen konnte. Er wollte nicht, dass der Barde starb oder schlimmer noch, in eine der untoten Hüllen verwandelt wurde. Doch was konnte er schon tun? Er war nur ein Kind.
Leider schien diese Frau auch nicht wirklich das zu sein, was er suchte. Sie hatte zwar die Untoten erschaffen aber auch diese Kraft schien ein Geschenk gewesen zu sein. Wer steckte also wirklich hinter all dem? Einer der Götter? War das Aguas' Werk? Omrah konnte nicht verhindern, dass er in Gedanken der Frau im Raum das Gesicht von Esulilde gab.

Der Junge konnte seine Neugierde und seinen Hass nicht mehr herunterschlucken. Auch wenn er von dieser Frau vermutlich keine Antworten bekommen würde, so konnte er sich zumindest für all seine Freunde und Ryffa rächen. Er konnte zumindest versuchen, Will zu retten. Er war es ihnen allen schuldig, für das, was sie für ihn getan hatten.
Omrah öffnete die Tür und suchte den dahinter liegenden Raum nach der Frau ab.
« Letzte Änderung: 20.09.2015, 03:11:46 von Omrah »

Sternenblut

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Geisterstadt
« Antwort #709 am: 20.09.2015, 03:35:08 »
Omrah hörte den Barden schnalzen. "Wäre ich der Unhold in dieser Geschichte, dann ja. So ist es wohl eher tragisch."

"Das wirst du bald nicht mehr so sehen. Bald gehörst du zu uns, wie all deine Freunde. Und danach gehen wir zur Reststadt, und holen uns den übrigen Rest von Aradan."

Will keuchte; die Frau lachte erneut auf.

"Die Mutter des Jungen, Timeroth, hat mir davon erzählt, als ich ihrem Kleinen die Haut von den Füßen zog. Eure Bindungen zueinander... sie machen euch so schwach. Doch nun ist sie stark, unsterblich. Genau wie ihr Junge. Genau wie alle Überlebenden von Aradan es bald sein werden. Ich habe schon einen Plan für die Reststadt..."

Während Omrah zuhörte, überlegte, was er nur tun konnte, um Will zu retten, wurde die Stimme der Frau leiser, als würde sie sich von ihm entfernen. Gleichzeitig schien es ihm, als würde die Umgebung um ihn herum heller werden. Nur noch schwach hörte er Wills Stimme: "Nein... bringt mich einfach um, aber nicht das... Bitte... Neeeiiin!"

Der gellende Schmerzensschrei wurde begleitet von einem schmatzenden Geräusch, dann verging alles um Omrah herum in einem gleißend weißen Licht.

Wieder hatte er das Gefühl, zu fallen, doch diesmal war es leicht, schwerelos. Er glaubte, Silhouetten in dem alles umfassenden Licht zu erkennen, Männer, Frauen, und... anderes. Alles geschah so schnell, dass er nicht erfassen konnte, was um ihn herum passierte.

Willst du verhindern, was du gesehen hast?

Das Licht ist stärker als die Dunkelheit.

Willst du für das Licht kämpfen?

Bist du bereit, dein Leben, deine Existenz, ganz dem Leben zu widmen?

Bist du bereit, unseren Regeln zu folgen?

Willst du deine geliebten Freunde retten?

Willst du unser Recke sein, unsere Quelle des Lichts?


Aus unzähligen verschiedenen Stimmen prasselten die Fragen auf ihn ein. Wieder spürte er das warme Kribbeln des Rings an seinem Finger. Dann, plötzlich, wurde es still.

Eine einzelne, wunderschöne, weibliche Stimme sprach zu ihm.

"Nimmst du unser Geschenk an?"
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Gelirion

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Geisterstadt
« Antwort #710 am: 20.09.2015, 10:42:00 »
„Oh, ich bin kein Mädel“ erwiderte Gelirion fast genauso breit grinsend und ging zurück in Kampfstellung. „Los komm mein Hübscher.“ In diesem Moment fühlte er sich zurückversetzt in die Zeit beim Orden als er noch Rekrut war. Ringen und Freikampf gehörten zur Ausbildung aber nach getanen Tagewerk, war es für einige Rekruten auch Freizeitbeschäftigung. Oft ging es dabei neben Übung auch um die Übernahme einer unbeliebten Schicht oder um gruppeninterne Dynamiken. Ihm selbst hatte es Spaß gemacht, nachdem er das wahre Spiel dieser Freizeitbeschäftigung erkannt hatte.
Hier und jetzt ging es jedoch darum Semeroks Kampfweise kennen zu lernen und ihm zu helfen sie zu verbessern. Dass es in einer lockeren Atmosphäre passierte, tat wenigstens Gelirion gut. Es lenkte ihn von seiner inneren Trauer ab und war mit ein Schritt das Leben zu bejahen.

Sternenblut

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Geisterstadt
« Antwort #711 am: 20.09.2015, 13:35:09 »
Semerok lachte, und bereitete sich auf den Kampf vor. Auch ihm tat dies offenbar gut. Im Kampf merkte Gelirion schnell, dass der junge Mann praktisch keine Erfahrung hatte - aber er sah auch, dass Semerok gute Reflexe und eine außerordentlich gute Balance hatte. Einige Mal versuchte Gelirion, ihn zu Fall zu bringen, mit Techniken, denen selbst seine früheren Kampfgefährten nicht hätten Stand halten können. Auch Semerok fiel natürlich - doch er konnte sich erstaunlich oft wieder fangen, und landete wie eine Katze immer wieder auf den Füßen. Er hatte Talent, das war deutlich.

Während sie rangen, kam Radjesha auf sie zu. Sie schien besorgt, und lief eilig zu Gelirion. Als sie in Rufweite war, sagte sie: "Gelirion! Wir haben ein Problem. Schnell, komm mit auf die Mauer!"
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Gelirion

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Geisterstadt
« Antwort #712 am: 20.09.2015, 15:12:56 »
Es wunderte Gelirion immer weniger, dass der Bursche die Nacht überlebt hatte. Solch ein Geschick rettete einem oft den Hals, wirklich offensichtlich. Doch noch mangelte es ihn an Technik. Das war aber nur ein kleines Problem. Jetzt wo Gelirion ihn besser einschätzen konnte, ahnte er wo sie feilen mussten und was wohl die größte Stärke von Semerok war. Eine Sache für den Abend oder die nächsten Tage. Also konzentrierte er sich auf den Freikampf. Semerok bereitete gerade wieder einen Angriff seiner Seites vor. Das Hirn von Gelirion versuchte zu erahnen, was der Bursche vorhatte. Die Stellung von Semerok deutete einen raschen Spurt an, wohl um Gelirion zu umrunden. Der Paladin machte sich als gerade bereit für eine Ausweichbewegung als Radjesha Ruf erschallte. Er wand den Blick zum Mädchen und wollte gerade etwas antworten, da flog er auch schon rücklings zu Boden. Semerok hatte den seitlichen Angriff nur vorgetäuscht und Gelirion frontal angegriffen. So wie es aussah, wollte er ihn kürz über der Hüfte umklammern und schien selbst überrascht zu sein, dass Gelirion damit zu Boden reißen konnte.
Ein schnaufendes „geschafft“ wollte Geliron hören, aber auch er musste das jetzt kurz verdauen. Blinzend lag er für den Moment auf den Boden. Er hatte sich nichts getan, aber was hatte Radjesha gerufen? Leicht schlug er Semerok auf die Schulter. „Semerok, gut gemacht. Lass mich jetzt bitte los. Wir scheinen ein Problem zu haben.“ Wie im Kampf war Semerok extrem schnell wieder auf den Beinen und half seinem Kampfpartner auf die Beine. „Semerok, ich wird vor eilen auf die Mauer.“ kaum gesagt lief er zum Grab und sammelte sein Schwert ein. Dann eilte er auf Radjesha zu. „Wo auf der Mauer, was ist los? Bring mich bitte hin.“ fragte er im laufen.

Omrah

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Geisterstadt
« Antwort #713 am: 21.09.2015, 01:17:11 »
Obwohl Omrah wütend war und am liebsten vorgestürmt wäre, so konnte er sich kaum ein Stück bewegen. Statt in den Raum zu rennen und zumindest zu versuchen, dass Unausweichliche zu verhindern, hielt er sich die Ohren zu. Er konnte einfach nicht mehr dabei zuhören, wie sie beschrieb, was sie mit all seinen Bekannten und Freunden gemacht hatte. Er wollte es nicht hören und doch drang ihre Stimme in seinen Kopf ein.
'Eure Bindungen zueinander... sie machen euch so schwach.' Nein, das stimmte nicht. Die Bindung zwischen ihnen allen war das Einzige, was sie zusammenhielt und bisher beschützt hatte. Es war das, was sie stark machte. Darum mussten sie in die Reststadt gehen. Um sich zu versammeln. Denn nur gemeinsam waren sie stark und hatten eine Chance.
Omrah wollte die Frau anschreien, ihr seinen Dolch für ihre Lügen in den Magen stoßen und wenigstens seine Rachegelüste befriedigen aber gerade als er noch hörte, wie sie irgendetwas unaussprechliches mit Will anstellte, verschwand der Gang und der Raum um ihn herum.

Wieder ein Gefühl als würde er fallen. Im ersten Moment befürchtete der Junge, dass er wieder ohnmächtig werden und in einer Welt voller Untoter und ohne Hoffnung aufwachen würde aber etwas war anders. Ihm wurde nicht schlecht und auch Luft bekam er noch ohne Probleme. Er schwebte in dem Licht, dass ihn überall umgab und während er sich so umsah, entdeckte er, dass er nicht alleine war. Omrah wusste nicht wo genau er war aber er fühlte, dass er jetzt in Sicherheit war. Hier würde ihm nichts passieren.
Aus allen Richtungen prasselten jetzt Fragen auf ihn ein. Männer, Frauen und andere Wesen, deren Gestalten er gar nicht richtig erkennen oder begreifen konnte, wollten etwas von ihm. Omrah wusste erst nicht, ob wirklich er derjenige war, der befragt wurde. 'Willst du für das Licht kämpfen? ' ... 'Willst du unser Recke sein, unsere Quelle des Lichts?' Er war doch nur ein Kind. Gerade einmal Elf Jahre alt. Wieso sollte gerade er Licht in die Welt bringen und für das Leben kämpfen? Was konnte er schon tun, was Gelirion und Schnüffler nicht tun konnten? Sie waren stärker, erfahrener und schlauer als er. Doch dann begann der Ring an seiner Hand zu kribbeln. Es war ein warmes Gefühl und in diesem Moment wusste der Straßenjunge, dass diese Wesen - was auch immer sie waren - ihm dieses Geschenk gemacht hatten.

Das konnte nur bedeuten, dass er vielleicht doch etwas... besonderes war. Diese Lichtgestalten würden ihn nicht ohne Grund beschenken oder dieses Angebot machen. Sie bauten auf ihn; hatten einen Plan. Irgendetwas konnte Omrah tun. Er konnte helfen.
Lange musste der Junge nicht zögern, um sich einer Antwort bewusst zu werden. Er konnte jede dieser Fragen mit einem Ja beantworten. Er wünschte sich nichts mehr, als seine Freunde zu beschützen und die Zukunft, die ihm gezeigt worden war, abzuwenden.
Er wollte das Licht sein, dass die Untoten aus dieser Stadt vertrieb. Sein Vater hatte Aradan immer eine schillernde Stadt genannt. Vielleicht konnte Omrah jetzt helfen, der Stadt sein Licht und seinen Glanz wiederzugeben.
Aber vor allem Eines wollte er nicht. Niemals durfte Ryffa so enden, wie er sie hier gesehen hatte. Um sie zu beschützen musste er mehr werden als nur ein einfaches Straßenkind. Er musste so stark wie Gelirion, Arjen und Schnüffler werden und so weise wie Rhamedes es gewesen war aber dafür brauchte er Hilfe.

Plötzlich wurde es still und lediglich eine einzige, wunderschöne Stimme sprach jetzt zu ihm. Einen Moment lang glaubte Omrah direkt vor Elendra zu stehen und mit ihr zu sprechen. Sie war die Göttin des Lichts und es machte nur Sinn, dass Omrah sich - umgeben von Lichtgestalten - hier in ihrem Reich befand. Doch konnte das wirklich sein? Wurde er wirklich von Elendra selbst beschenkt? Andererseits sprach die Stimme auch von "Uns".
Darüber konnte er immer noch später nachdenken, denn im Prinzip war es egal, wer ihm dieses Geschenk machte. Er musste es annehmen, wenn er jemals eine Chance haben wollte, seine Freunde und all die anderen Überlebenden zu beschützen.
Omrah nickte. "Wenn ich dadurch meine Freunde beschützen und die Untoten befreien kann, dann will ich euer Geschenk annehmen. Ich werde meine gesamte Existenz dem Leben und Licht widmen. Ich werde euren Regeln folgen und alles tun, was ihr von mir verlangt. Ich will eure Quelle des Lichts werden." antwortete der Junge schließlich mit fester Stimme.
« Letzte Änderung: 21.09.2015, 01:20:30 von Omrah »

Sternenblut

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Geisterstadt
« Antwort #714 am: 21.09.2015, 07:10:11 »
"Wir können gleich hier auf die Mauer", erklärte Radjesha und deutete in Richtung des Tores. Von dort oben hatten sie den Elfen gesehen, der ihnen die grausige Botschaft überbracht hatte. Welcher Anblick würde Gelirion jetzt erwarten? "Das musst du mit eigenen Augen sehen", erklärte die hübsche junge Frau nur.

Semerok schloss sich ihr ungefragt an, und so gingen sie zu Dritt die Treppe hinauf auf die Mauer. Von dort konnten sie den Marktplatz überblicken, und damit auch den Platz direkt vor dem Wassergraben, der das Sanatorium umgab. Jenen Graben, in den seine Schwester hineingestürzt war. Hunderte Untote hatten sich dort versammelt, doch das war offenbar nicht, was Radjesha ihm zeigen wollte. Sie streckte ihren Arm aus und zeigte auf etwas am anderen Ende des Platzes.

"Meine Götter..." entfuhr es Semerok. Der Anblick, der sich ihnen bot, war skurril. Mehrere Dutzend wandelnder Tote waren wie Zugpferde in Seile eingespannt worden, und marschierten geradewegs auf das Sanatorium zu. Sie zogen eine große Maschine hinter sich her, die Gelirion gleich erkannte: Ein Warwulf, ein mächtiges Kriegskatapult.

Zwei dieser Katapulte näherten sich langsam, zielstrebig dem Sanatorium, gezogen von den Armeen der Toten.
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Sternenblut

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Geisterstadt
« Antwort #715 am: 21.09.2015, 07:14:45 »
Das Licht wurde noch heller, umgab ihn nicht nur, sondern drang nun in ihn ein, erfüllte ihn, füllte ihn aus. Er spürte die Wärme und das Licht bis in die tiefsten Tiefen seines Inneren.

Dann spürte er wieder Boden unter den Füßen. Das Licht war verschwunden - nicht aber das Gefühl, das es in ihm hinterlassen hatte. Omrah wusste, dass er sich verändert hatte. Er war erwählt worden, und er war nun mit Kräften verbunden, die er selbst kaum verstand.

Er fühlte eine Berührung; eine Hand lag in seiner. Omrah blickte zur Seite. Dort stand sie, Ryffa, lebendig und gesund, und lächelte ihn an. "Lass uns wieder zu den anderen gehen, ja?"
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Omrah

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Geisterstadt
« Antwort #716 am: 22.09.2015, 00:52:48 »
In dem Moment, in dem das Licht Omrah ausfüllte, wusste er, dass er nie mehr der Junge sein würde, der er noch vor wenigen Minuten gewesen war. Das Geschenk hatte ihn für immer verändert und seine Zukunft neu geformt. Doch als er das Licht und die Wärme in seinem Inneren spürte, wusste er, dass er die richtige Entscheidung getroffen hatte. Mit diesem Geschenk würde es ihm möglich sein, Ryffa und die anderen vor dem zu beschützen, dass er gesehen hatte.
Und dann verschwand das Licht. Mit ihm gingen auch die Wesen aber ein kleines Stück von ihnen, blieb in ihm zurück. Wie eine Flamme, die sein Innerstes für immer wärmen und ihn daran erinnern würde, was gerade passiert war. Das es wirklich passiert war, daran zweifelte er nicht.

Lediglich einige Fragen blieben unbeantwortet. Was waren die Regeln, denen er folgen musste? Wie genau konnte er das Licht in Aradan verbreiten und all die Seelen in ihren untoten Körpern von ihrem Leid befreien? Was genau war das für ein Geschenk und was waren das für Wesen gewesen?
Während Omrah über diese Fragen nachdachte, spürte er eine Berührung. Jemand hatte seine Hand ergriffen und als er sich umdrehte, erkannte er Ryffa. Lebend, bei Verstand und völlig gesund. In diesem Moment konnte er einfach nicht anders, als sie fest in die Arme zu schließen und einen Moment so zu verharren. Er war überglücklich, dass er eine Chance bekommen hatte, diese schreckliche Zukunft zu verhindern.
Schließlich nickte er. "Ja, lass uns gehen. Es gibt viel zu tun."

Sternenblut

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Geisterstadt
« Antwort #717 am: 23.09.2015, 19:50:14 »
Auf dem Rundgang begegneten Will und Arjen Elisias, dem Heiler-Priester, der ziemlich aufgeregt zu sein schien. "Kommt mit zur Mauer! Die Toten, sie... schaut es euch an!"

Nur kurz warf er einen Blick auf Wills Verband. "Das sieht nicht gut aus. Kommt nachher zu mir, dann seh ich mir das an."

Damit wandte er sich um und ging in Richtung des Tors, nicht darauf achtend, ob die beiden Männer ihm folgten. Auf dem Weg dorthin liefen sie Omrah und Ryffa über den Weg. Kurz angebunden sagte er zu ihnen: "Kommt mit, zur Mauer!"
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Gelirion

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Geisterstadt
« Antwort #718 am: 27.09.2015, 15:59:33 »
Pfeifend sog Gelirion die Luft zwischen seine Zähne hindurch. Natürlich, Belagerungsmaschinen. Warum hatte er nicht daran gedacht. Ah ja es waren Untote. Normalerweise waren sie nicht so Organisiert aber bei einer Intelligenz hinter Ihnen, war es eigentlich nicht verwunderlich. Aber Belagerungswaffen, verdammt. Entweder wollen sie die Mauern einreißen oder simpel ihre Krieger über die Mauern schleudern. Der Aufprall würde sicher etliche endgültig Töten aber einige würden es überstehen. Schließlich mussten nur ihre Köpfe  ganz bleiben. Noch dazu war so ein Leichenhagel ein Instrument um in einer Belagerung die Moral der Verteidiger zu senken. Moral, die sie hier nicht einmal hatten. Selbst wenn keine Leichen als Geschosse genutzt wurden, sie hatten keine große Möglichkeit die Mauern zu verteidigen. Bogenschützen fehlten, Gelirion hatte kein Wissen um die Verteidigungsanlagen dieser Festung und sie waren zu wenige um richtig zu agieren.
Nachdem sein Hirn aufgehört hatte zu rattern, blickte er zu Radjesha „Schnell Radjesha, informiere die Anderen und schick mindestens Schnüffler, diesen Arjen, Elisias und Khoon zu mir. Aber informiere besonders Katarina über die Situation. Wir brauchen den Schutz des heiligen Objektes und ich muss wissen, ob es und überhaupt vor einer aktiven Belagerung schützen kann. Kläre bitte auch, ob wir ihr irgendwie helfen können und komm dann zurück. Ich und Semerok bleibe hier auf der Tormauer oder wir gehen ins Torhaus. Beeil dich bitte.“  Sein Blick ging zur Treppe die sie gerade hochgekommen waren. Hoffentlich konnte der heilige Gegenstand sie wirklich schützen. Wenn nicht mussten sie einen Fluchtplan erstellen. Auf jeden Fall musste er sich mit den Kriegern und Priestern beraten.
« Letzte Änderung: 27.09.2015, 16:00:50 von Gelirion »

Sternenblut

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Geisterstadt
« Antwort #719 am: 28.09.2015, 08:01:10 »
Noch während Gelirion seine Anweisungen aussprach, bemerkte er weitere Personen, die sich von hinten näherten. Die Neuigkeiten hatten sich schnell herumgesprochen: Udeon hatte Esulilde geholt, die kleine Rotznase ihren "Adoptivvater" Schnüffler, und auch alle anderen hatten sich bei der Mauer eingefunden, um zu sehen, was da auf die Festungsmauern des Sanatoriums zukam.

Ryffa drückte fest Omrahs Hand, sah dabei aber zu Gelirion. "Was haben die vor? Sie haben gar keine Geschosse dabei."

Katarina blickte mit malmenden Kiefern auf die nahenden Kriegsmaschinen. "Eine Frist setzen und dann früher angreifen, damit die Feinde noch nicht ausreichend vorbereitet sind - nicht unklug, und schlecht für die Moral." Sie sah zu Gelirion. "Es ist zwar einsatzbereit, aber noch nicht mit seiner ganzen Kraft. Ich kann einen Bereich von vielleicht zehn Metern um mich herum schützen. Für mehr brauche ich tatsächlich noch bis heute Abend."
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