Autor Thema: Im Sog von Kabale und Blut  (Gelesen 47930 mal)

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Symmachus

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Im Sog von Kabale und Blut
« Antwort #30 am: 08.05.2014, 09:25:09 »
Ante diem III Idus Martius 710 a.u.c - Mane - Hora Secunda - Subura

Quintus Tullius Cicero machte keinerlei Anstalten sich weiter aus dem Haus zu bewegen und blieb in der Nähe der Tür stehen. Er blickte kurz über die Schulter, als Caesar sich für seine Entscheidungen, seine Gegner zu verschonen, rechtfertigte. Caesar kannte den kleinen Cicero zu gut, als dass Quintus hätte ihm etwas vormachen können, auch wenn dieser nicht unbedingt ein Freund von Proskriptionen war. Gleichwohl war er ein Mensch, der fest davon überzeugt war, dass jede Tat Konsequenzen nach sich ziehen sollte und er wusste nicht zuletzt, dass eine menschliche Schwäche genau darin bestand, nicht mit gleicher Hand zu strafen und nicht mit gleichem Geiste zu urteilen. Der Mensch passte seinen Geist den Umständen und sein Handeln seinen Zielen und Absichten an, nicht seinen geäußerten und scheinbar gelebten Prinzipien. Dieser Umstand machte es vielleicht tatsächlich wahrscheinlich, dass der kleine Cicero die Commentariolum petitionis tatsächlich geschrieben hatte, baute diese Anleitung für seinen großen Bruder doch tatsächlich auf dieser Erkenntnis auf. Sie basierte auf einem realistischeren Ansatz als Marcus geäußerten Liebe zur Stoa[1].
Caesar kannte Quintus Haltung zu diesen Themen gut. Zuletzt hatten sie genau über dieses Thema gesprochen, als Caesar Quintus Cicero begnadigte nach dem Bürgerkrieg gegen Pompeius. Vielleicht war es des kleinen Ciceros Art, sich die Konsequenzen für sein Handeln selbst zu setzen, wenn Caesar ihn so freigiebig gehen ließ, vielleicht war es auch genau das, was Gaius Iulius Caesar sich erhoffte. Ein unglücklicher Zustand, den aber beide mit ihrem Handeln erzwangen, nachdem sie ihn zumindest vage vorhergesehen hatten. Quintus sagte nichts zur Rechtfertigung Caesars, nicht ein Wort.

"Ahenobarbus[2] hat beunruhigende Nachrichten bekommen, die ihn bröckeln lassen wie ein Erdrutsch ein Aquädukt. Er weiß nicht, wie er reagieren soll. Er weiß nicht, wie er reagieren will. Ich befürchte jedoch, dass deine mangelnde Initiative, sollte sie Wirklichkeit werden, die Waage in die falsche Richtung ausschlagen lässt. Und wir reden hier nicht von der Waage der Aequitas[3]."
Quintus drehte sich wieder um und ging zum Türrahmen und steckte den Kopf bereits durch. "Ich habe bereits mehr gesagt, als ich hätte sagen soll, mein Freund. Mehr kann ich dir für den Moment nicht sagen, aber sobald du bei Gnaeus..." Es kam Caesar so vor, als würde Quintus diesen Namen besonders betonen, als wollte er ihm sagen, dass der Vorname Gnaeus wohl besonders gefährlich für einen Julianer war und nicht nur auf Pompeius beschränkt war. "...gewesen bist und jenes erfahren konntest, was ich dir nicht sagen kann, suche mich im Tellustempel[4] auf. Den Tag über werde ich dort sein. Ansonsten bin ich ab dem Abend in meinem Hause. Gehab dich wohl, mein Freund und sei vorsichtig."
Quintus verließ die Wohnung in der Subura und ließ Gaius Iulius Caesar mit sich und seinen Gedanken alleine. Es war deutlich, dass Quintus ungewohnt aufgeregt gewesen ist. Es war nicht leicht zu erkennen für einen Fremden, aber Caesar und der kleine Cicero waren sich nicht fremd. Normalerweise hätte Quintus mit ihm über die Auslegung von Metaphern gestritten. Sie hätten sich wirklich über die Einzelheiten von Krieg und Frieden unterhalten. An einem Punkt hätten sie sich getroffen und zufrieden festgestellt, dass sie beide vom Kriege einiges verstanden, und doch alle noch so viel zu lernen hatten. Quintus hatte zudem dieselbe Angewohnheit wie sein größerer Bruder, in den Details von Gesprächen ein Pedant zu sein und sich eher über die Definition von Begriffen als über die Sache zu streiten. Die klassische Juristenkrankheit. Wenn er nicht darauf zurückfiel, musste es nicht die typische Geschichte von Verschwörung und politisches Kleinklein sein. Wenn jemand wie Quintus sich halb vergaß, in seiner stoischen Erziehung - so wenig er sie manchmal teilte - dann war die Sache ernst. Sehr ernst.
 1. Stoa
 2. Gnaeus Domitius Ahenobarbus
 3. Aequitas
 4. Tellus bzw. Terra Mater - Der Tempel ist auf der Carinae angesiedelt, also direkt in der Nähe der Subura.
« Letzte Änderung: 08.05.2014, 09:32:53 von Symmachus »
"Lebenspendende Sonne, du kannst wohl nichts Größeres erblicken als die Stadt Rom." - Horaz

Symmachus

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Im Sog von Kabale und Blut
« Antwort #31 am: 08.05.2014, 11:32:58 »
Ante diem III Idus Martius 710 a.u.c - Mane - Hora Secunda - Tempel der Juno Lucina

Ein merkliches Zucken mit den Schultern war seine erste Reaktion. Er verblieb in der Nähe der Wand und ließ sich die Sonne durch die Maske scheinen. Sein Kopf drehte sich so, dass er die Sonne mit wahrscheinlich blinzelnden Auge in Augenschein nehmen konnte. Er zuckte nochmal mit den Schultern. Seine von der Maske gedämpfte Stimme erklang im Raum. "Wenn eure Art der Unterhaltung die der stumpfen mímēsis[1] ist, dann sei es so." Der Soldat drückte den Rücken durch und legte die Hände hinter dem Rücken zusammen und ließ seine Augen durch die Reihen gehen. Ihm entging nicht, dass alle darauf warteten, dass die Frau die Stimme erhob, was sie schließlich getan hatte. Wahrscheinlich hatten sie sich etwas Ertragreicheres vorgestellt, zumindest hatte es der Mann. "Meine Haltung danach zu beschreiben, was man mir und/oder meiner Familie ansehen könnte, fällt nicht schwer. Danach seht ihr meine Zugehörigkeit. Ich bin ein Soldat Roms und damit im Moment ein Soldat Caesars. Um diese Information auszutauschen sind wir nicht gekommen, Matrone. Wir sind erschienen, um vertrauensvolle Informationen auszutauschen. Doch stattdessen wiederholt ihr nur jene Erkenntnisse, die ich schon lange getroffen habe. Vielleicht wäre es passender, wenn unser werter Herr Senator euch des müßigen Spieles verdächtigte. Aber ich habe die Botschaft verstanden, werte Matrone. Ihr wollt keine vertraulichen Informationen austauschen. Also schlage ich stattdessen vor, dass wir darauf warten, dass unser Gastgeber sich zu erkennen gibt und er uns in der Form anspricht, dass wir uns nicht voreinander entblößen müssen und unsere dreckigen Geheimnisse unsere dreckigen Geheimnisse bleiben." Er zuckte abermals mit den Schultern, verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte sich gegen die Wand, ein Fuß gegen die Wand gestemmt. Der Soldat stellte sein Interesse an den anderen Besuchern ostentativ ein und begann zu pfeifen, um sich die Zeit zu vertreiben.

Doch es kam keine wirkliche Ruhe in die Gruppe von Wartenden. Jene Tür, welche Senator Nobilior geschlossen hatte, um den Männern etwas Abgeschiedenheit, zumindest für den Moment zu gönnen und die Chance zum vertraulichem Plausche zu schaffen, auch wenn dieser nie stattfand, öffnete sich mit dem schweren Geräusch einer massigen Tempeltür, die nicht ganz ideal eingesetzt war und etwas über den Steinboden schrammte. Es wurde begleitet von dem angestrengten Stöhnen eines älteren Mannes, der von kräftiger, untersetzter Statur war. Seine Haare, die einstmals pechschwarz gewesen sein mochten, hatten sich in die Farbe niedergebrannter Holzkohle verwandelt und lagen etwas kraus an seinem Kopf an. Er hatte ein kantiges, deutlich geschnittenes Gesicht, in welches sich die Spuren seines Alters langsam eingruben. Er war etwas dicklich, aber nicht unförmig. Er hatte die Statur eines Mannes, der viel seiner Zeit an reichgedeckten Tafeln, doch auch abseits davon im Feld verbrachte. Deutlich dominierte seine große, kantige Nase, die leicht gebogen war, sein gemeißeltes Gesicht, beinahe genauso auffällig war sein deutlich vorstehender, sehr breiter Adamsapfel, der trotz des angedeuteten Doppelkinns den Hals deutlich definierte. Seine Gestalt mochte vielleicht mit fleischig, doch kraftvoll beschrieben werden. Trotz seiner nicht unmenschlichen Größe, besaß er in Relation dazu sehr große, fleischige Hände. Ungewöhnlich für einen Mann, der sich in der Toga eines Senators zeigte. Dementsprechend erkannte Titus Nobilior ihn sofort und die anderen wahrscheinlich zumindest auf den zweiten Blick. Servius Sulpicius Galba[2].

Als er sah, wie viele Menschen bereits im Tempel waren, fuhr er etwas erschrocken hoch und wischte sich den Schweiß von der Stirn. "Ganz schön warm, nicht wahr?" Ein freundliches Lächeln huschte über sein gemeißeltes Gesicht, ehe er sich kurz abwendete und die Tür wieder zuschob. Aufgrund der Neigung des Bodens ließ sie sich jedoch leichter schließen als öffnen. Er drehte sich wieder den versammelten Personen im Raum zu und näherte sich, um jedem einmal förmlich die Hand schütteln zu wollen. "Die Hand als Zeichen der Eintracht, nicht wahr? So wollen wir uns doch wahrnehmen." Galba hatte eine befehlsgewöhnte Stimme, die zwar in diesem Moment keine Unterwürfigkeit forderte, doch sie hallte in dem Tempel. Er sprach lauter als es notwendig war. Wahrscheinlich eine Gewohnheit oder das natürliche Naturell des Mannes. Der Senator war für seine durchdringende Stimme bekannt, die weder sonor, noch irgendwie besonders auffiel, wenn er normal sprach, außer eben durch ihre natürliche Lautstärke, was ihm keinerlei Mühe zu machen schien. Zugegebenermaßen war sein Körper auch ein geeigneter, fleischiger Resonanzkörper.
"Ich bedanke mich, dass ihr alle eure Wege so unmittelbar und zu dieser unrömischen Stunde in diesen Tempel gefunden habt. Da wir Römer dazu neigen, den Ort der Festlichkeit nach eben jener bis zum nächsten Fest kaum noch wahrzunehmen, habe ich mir gedacht, das wäre der ideale Ort für unseren Gespräch. Ich bitte ernstlich um Entschuldigung für die Umstände, die ich einem jeden machen musste. Seid versichert, dass ich einen jeden hier zu gleichen Teilen schätze. Meine briefliche Unentspanntheit liegt in der delikaten Verhandlungssache. Ich musste mich versichern, dass der Weg hierhin gefunden wird. Eine unschöne Notwendigkeit des Lebens, wie Gänge zum Abort eben, nicht wahr? Ich weiß, ich weiß, nicht jeder kann nachvollziehen, wie es wohl sein mag, mitten im Schlachtgetümmel zu sein mit einer aggressiven...Naja...alvi profluvium[3] eben. Ein unschöner, dennoch passender Vergleich mit unserer Situation. Nennen wir es politischer Durchfall..."
Er stellte sich an die Stirnseite des Kreises, der sich natürlich gebildet hatte und selbst der maskierte Soldat stellte sich wieder in den Kreis.
"Hach, was soll ich sagen? Wie soll ich es sagen? Ich versuche es direkt. Stellen wir uns vor, dass der Senat eine einzige, an Durchfall erkrankte Person sei. Und wie es so kommt, hat diese Krankheit uns zum Stuhlgang gezwungen und jene unschöne Substanz, die der Senat in den Abort namens Curia setzte, namens Gaius Iulius Caesar hervorgebracht. Es könnte fast ein mythologischer Fall sein[4], dass eine Pfütze heroischen Stuhlgangs inzwischen soweit ist, dass sie sogar ihre eigene Kurie[5] baut. Ja, es erweitert unsere schöne Metapher, nicht wahr? Erst war es nur Scheiße. Dann wurde aus unbeachteter Scheiße eine handfeste Krankheit. Durchfall eben. Und nun geht es dem Senat, sagen wir, beschissen."
Galba nickte entschlossen. Nobilior hatte ihm bereits häufiger sprechen sehen, aber wahrscheinlich hatte jeder Gast von den bekannten Reden Galbas gehört. Er war ein Mann, der seine Reden meist nach demselben Schema vorbereitete. Er begann mit einer unverfänglichen, freundlichen Bemerkung, meist über das Wetter. Dann begann er mit freundlichen Worten, um sich sofort in eine Rage gegenüber eine Person oder eine Sache zu reden, die er mit fäkaler Sprache bedachte. Galbas Hoffnung lag in der Bedeutung der Hygiene innerhalb der römischen Kultur. Diese Bedeutung von Reinlichkeit und Sauberkeit, sie verfehlte ihre Wirkung bei manchen nicht, auch wenn er nicht der begabteste Redner war. Er war ein sehr direkter Mann, der einen dreckigen Stil dem sorgsam überdachten Argument vorzog. Bekannt war, dass Cicero ihn deswegen gerne innerhalb des Senates aufzog.
"Wir sind uns einig, nicht wahr? Der Senat muss doch etwas dagegen unternehmen. Aber sein wir doch ehrlich miteinander. Jeder hat Angst vor Durchfall. Dem einen ist es unangenehm, wenn es ein mäßiger Fall ist, doch jenen, den die Scheißerei richtig erwischt, den kann sie umbringen. Nicht, dass alle dazu verpflichten sein müssten, dem Eid des Hippokrates[6] zu folgen. Wir sind es jedoch. Und wie heißt es doch so schön: «Ich werde ärztliche Verordnungen treffen zum Nutzen der Kranken nach meiner Fähigkeit und meinem Urteil, hüten aber werde ich mich davor, sie zum Schaden und in unrechter Weise anzuwenden.» Und wir stehen hier gegen eine Krankheit ein, nicht wahr? Oh, ich erinnere doch daran, dass folgender Teil des Eides auch gilt. «Was ich bei der Behandlung oder auch außerhalb meiner Praxis im Umgange mit Menschen sehe und höre, das man nicht weiterreden darf, werde ich verschweigen und als Geheimnis bewahren.»" Er nickte eindringlich bei den letzten Worten und ließ sie einen Moment wirken.
"Jetzt, da wir uns über unsere Aufgabe geeinigt haben, hat noch jemand Fragen oder wollen wir uns über den modus operandi[7] unserer Behandlung verständigen?"
 1. Mimesis = Nachahmung
 2. Servius Sulpicius Galba
 3. Durchfall
 4. Er spielt darauf an, dass Caesar seine Abstammung angeblich auf Venus zurückverfolgte.
 5. Curia Iulia
 6. Eid des Hippokrates
 7. modus operandi
"Lebenspendende Sonne, du kannst wohl nichts Größeres erblicken als die Stadt Rom." - Horaz

Lucius Varius Rufus

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Im Sog von Kabale und Blut
« Antwort #32 am: 15.05.2014, 19:46:54 »
Varius war ein wenig überrascht den Senator hier vor sich zu sehen, aber letztlich interessierte es ihn umso mehr. Die Vermutungen des Maskierten hatten bereits ihren Reiz für den Dichter gehabt, doch das hier war um vieles besser. Ein Lächeln huschte über die Lippen des gutaussehenden jungen Mannes. Inzwischen war er überzeugt, dass dies ein Erlebnis werden würde, wie er es so schnell nicht wieder finden würde und es würde dafür sorgen, dass sein Werk um vieles beeindruckender wurde. Als Galba dann das Wort ergriff schüttelte Varius kaum merklich den Kopf. Gewiss war es ein einzigartiger Stil, dessen sich der mächtige Mann bediente, aber ihm fehlte die Eleganz Ciceros. Varius hatte nichts gegen anzügliche oder gar derbe Worte, er selbst hatte sich des öfteren mit Catullus[1] und Gallus[2] übersolcherlei Werk Dinge ausgetauscht, sich gar selbst an den feinen Worten versucht, aber es war ihnen immer um Leichtigkeit gegangen nicht um so offensichtlichen Schmutz, wie ihn Galba hier um sich warf. Von so etwas hatte Varius sich längst abgewandt, er strebte jetzt nach größerem, nach den hohen Formen und er würde sie krönen in lateinischer Sprache.
Doch fürs erste galt es mehr zu erfahren, also blickte der Dichter wieder zu dem Senator und den übrigen Anwesenden. Er wusste nicht so recht, was er hierzu sagen sollte, also überließ er das Wort denjenigen, die es gewohnt waren über Dinge wie Politik, Recht und Gesetz zu sprechen.
 1. Catull
 2. Gallus
Iam fero infandissima,
iam facere cogor

Titus Flavius Nobilior

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Im Sog von Kabale und Blut
« Antwort #33 am: 16.05.2014, 23:06:34 »
Nobilior war froh, dass er nun nichts mehr sagen musste aufgrund der veränderten Situation und die anderen im Unklaren lassen konnte.

Diese ganze Fäkalsprache erinnerte Nobilior immer an seinen perversen Onkel und auch das Aussehen von Servius Sulpicius Galba ein bisschen. Ihm wurde fast schlecht, aber auch nur fast. Er musste sich zusammenreißen. Vielleicht war es sein Schicksal mit diesem Mann zusammenarbeiten. Nobilior hatte einfach keine Wahl. Er konnte im Senat auch große Reden schwingen, aber am heutigen Tag war eher der Assassine in ihm gefragt. Er musste den anderen etwas vorspielen und sich tarnen. Die Auffälligkeit seines Schweigens bisher war ein geringer Preis. Eine kleine Verunsicherung bei den anderen war durchaus zu verschmerzen.

Ein seltsames Grinsen formte sich in Nobiliors Gesicht als er in Richtung von Aurelia wieder blickte. Innerlich freute er sich schon auf die Unterhaltung zwischen Aurelia und Servius Sulpicius Galba. Die Verhandlungen würden sehr interessant werden. Hoffentlich brachte sie diesen Kerl ordentlich ins Schwitzen. Obwohl Nobilior sich ernsthaft fragte, ob man wirklich ein gutes Druckmittel gegen Aurelia in der Hand hatte, wenn sie noch den Mut zu Verhandlungen hatte. Nobilior wollte sich innerlich nicht wirklich ausmalen, was passieren würde, wenn es publik werden würde, dass er als Senator eigentlich Mitglied einer Organisation von Meuchelmördern ist. Doch lange hielt das vielleicht sogar unheilvoll wirkende Grinsen in Richtung Aurelia nicht an. So schnell wie es aufkam, war es wieder weg. Früher als er jünger war, hatte er sich als professioneller Assassine im aktiven Dienst wahrlich besser im Griff. Es war auch damals bitter notwendig. Jedenfalls schaute Nobilior nun mit einem neutralen, konzentrierten Gesichtsausdruck zu Servius Sulpicius Galba und schluckte seinen Ekel und seine Abscheu einfach runter. Wenn niemand etwas zu sagen hatte, würde ihn der modus operandi sehr interessieren.

Gaius Iulius Caesar

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Im Sog von Kabale und Blut
« Antwort #34 am: 17.05.2014, 01:20:14 »
"Danke... Quintus" rief er dem Tullier halblaut hinterher, als dieser Caesar in dem maroden Haus allein ließ. Stille kehrte ein, nur dumpf und schwach kam das Lärmen der riesigen Stadt von Draußen herein. "Eine Verschwörung... mal wieder. Eine Monat ohne solcherlei wäre mal ein Novum." Doch Gaius fühlte recht schnell, dass er nicht so ruhig war, wie er hätte sein sollen. Gewiss, Verschwörungen gegen ihn oder auch andere waren hier in Rom an der Tagesordnung. Man konnte fast meinen es gehöre zum guten Ton mindestens einmal eine organisiert oder zumindest an einer teilgenommen zu haben. Aus den meisten wurde sowieso nicht viel mehr als ein wichtigtuerisches Treffen von ängstlichen Männern an einem verlassenen Ort. Auch Gaius hatte schon an genügend Verschwörungen teilgenommen, um auf einen gewissen Fundus an Erfahrungen zurückgreifen zu können.
Wenn ihn jemand nach einem Rat gefragt hätte würde er wohl immer darauf beharren, dass das wichtigste an einer Verschwörung war, zu wissen wann man sich von ihr lösen sollte. Immer -früher oder später -  gelangt man im Verlaufe einer Verschwörung an diesen einen kritischen Punkt an, der Punkt an dem man sich endgültig dafür oder dagegen entscheiden musste. Wenn man an diesem Punkt bleiben wollte, durfte es nur aus einem Grund geschehen: Weil man vollends vom Erfolg der Unternehmung überzeugt war. Dass man an eine Sache glaubt, sie als gerecht ansieht oder zum Handeln genötigt sieht wird immer ein Grund sein sich einer Verschwörung anzuschließen aber es darf niemals der Grund sein zu bleiben. Was auch immer man selber denken oder glauben mag, das Opfer der Verschwörung wird es sicherlich anders sehen. Diese Gründe sind als schlicht und einfach beliebig, für den Verschwörer darf es also nur um den Sieg gehen und sobald er diesen gefährdet sieht, weiß er, dass er der Sache seinen Rücken kehren muss. Wer diesen Augenblick verpasste oder ignorierte, der würde fortan Blut an seinen Händen tragen, egal ob es tatsächlich um einen Mord oder etwas weniger Gravierendes ging. Caesar erinnerte sich an das unrühmliche Ende Catilinas[1] und seiner Mitverschwörer[2]. Marcus hatte sich damals redlich bemüht Gaius zum Kreis der Verschwörer zu schieben, doch all seine Anschuldigung glitten an dem jungen Politiker ab, der damals noch weit hinten im Senat saß und lächelnd dem Pater Patriae[3].

Sollte Quintus Recht behalten würde es in Caesars Falle zweifelsohne um Mord gehen und zwar an Gaius selbst. Alles andere wäre sowohl undenkbar als auch unsinnig, schließlich konnte man den größten Eroberer seit Alexander[4] nicht einfach aus der Stadt jagen. Vor dem Bürgerkrieg hatte Pompeius behauptet er müsse nur mit dem Fuß aufstampfen und er hätte mehr Legionen als er, Gaius Caesar. Was sollte Gaius dann jetzt behaupten? Sie begannen ja schon ihn zum Gott zu erheben[5]. O nein, würde man ihn entmachten aber am Leben lassen, wäre ein weitere Bürgerkrieg das einzig mögliche Schicksal für Rom und dies konnte keiner wollen. Doch was wäre, im Falle eines erfolgreichen Mordes das Schicksal Roms? Vermutlich würde es sich ähnlich gestalten. Der Tod des Diktators würde mehr Macht und Glanz hinterlassen als der Senat je sein Eigen nennen konnte und hinter Caesar stand eine ganze Riege junger, aufstrebender Männer bereit, die sein Erbe würden antreten wollen. Das würde niemals ohne Blutvergießen ausgehen, befand Gaius.

"Dennoch, allein die Anwesenheit Quintus' ist bedeutsam, ganz abgesehen von seinem untypischen Verhalten. Ich sollte mir einen besseren Überblick verschaffen, bevor ich irgendwelche Pläne über den Haufen werfe. Bis jetzt glauben mich die Verschwörer sicher noch unwissend, und je länger ich sie in diesem Glauben lassen kann, desto größer meine Chance sie zu überholen und die Initiative ergreifen zu können. Doch zunächst..." Caesar blickte sich noch einmal in seinem alten Haus um und atmete die kühle aber gleichsam feuchte Luft ein. Es roch nach Schimmel, altem Gemäuer und morschem Holz, aber immer noch lag eine vertraute Nuance darin, "...sollte ich ein Zeichen setzen. Ob ich es ernst meine werde ich später entscheiden."

"Herr?" einer seiner Liktoren stand mit besorgter Miene in der Tür, offensichtlich hatten sie Quintus das Haus verlassen gesehen und fragten sich nun warum Caesar noch drinnen blieb. "Alles ist in Ordnung Occius, ich danke dir." Gemeinsam schritten sie in das helle Morgenlicht hinaus und stießen zum Rest von Caesars Gefolge. Bevor er nun Gnaeus Domitus Ahenobarbus aufsuchen würde, musste er zunächst zurück in die Via Sacra gehen, denn er wollte gewährleisten, dass seine Wege unerkannt blieben.

In der Via Sacra angekommen verschwendete er nur wenig Zeit und da Calpurnia[6] nicht anwesend war, musste er sich auch niemandem erklären. Zuerst versetzte er den halben Haushalt in helle Aufregung als er ankündigte kurzfristig Kleopatra, die in seiner Villa außerhalb der Stadt weilte, für den Vormittag zu besuchen gedenke. Im daraufhin ausbrechenden Chaos nahm er sich einen bestimmten Diener zur Seite, Vibius. Ein junger Mann den er nur aus einem einzigen Grunde beschäftigte: Man konnte sich darauf verlassen, das er tat was man ihm auftrug, aber nicht, dass danach nicht die gesamte Stadt davon wusste - es gab nur wenige Diener, die Caesar nützlicher sein konnten. "Bringe in Erfahrung wem momentan mein altes Haus in Subura gehört und kaufe es ihm ab. Wenn du einen guten Preis erzielen kannst, dann machst du mir eine große Freude, aber wichtiger ist, dass du es einfach kaufst. Danach suchst du jemanden der es wieder herrichtet, dass es so schön wie einstmals werden wird."
Der Junge zögerte zaghaft aber gleichsam beharrlich, zwar wollte er den Mächtigsten Roms nicht reizen, hoffte aber dennoch mehr über die merkwürdige Anwandlung seines Herrn zu erfahren. Selbstverständlich spielte Caesar mit und mimte eine genervte Miene und grollte "Deine Neugier wir irgendwann noch dein Verderben sein, Vibius. Ich werde es nicht für mich nutzen, es soll dort ein Arzt wohnen, der sich um die Alten und Kranken des Viertels kümmert und ihre Gebrechen heilt. Um diesen Arzt kannst du dich ebenfalls kümmern. Und behalte das alles für dich. Ich möchte nicht, dass man davon erfährt."
Soviel zum Zeichensetzen. Auch wenn ein Stall wohl besser in seine Metapher gepasst hätte würde Quintus wohl schon wissen, wie er diese Sache deuten sollte. Nun konnte er sich seiner zweiten List des Tages zuwenden. Er wies vier Diener, die vertrauenswürdiger als Vibius war an, die Sänfte zu tragen, in welcher ein fünfter Diener nun einen entspannten Vormittag verleben durfte. Während der unerwartete Aufbruch immer noch für ein gewisses Durcheinander sorgte, zog Caesar sich zurück, bis seine Diener und Liktoren aufgebrochen waren, zum großen Teil unwissend, dass ihr Herr nicht unter ihnen weilte.
Caesar wusste nicht, ob man ihn schon beobachtete, aber wenn doch, dann würde er nun eine gute Chance haben, sich unerkannt in der Stadt zu bewegen. Jeder von ihnen in eine einfache Paenula[7] gehüllt und die Kapuze ins Gesicht gezogen brach er gemeinsam mit drei Veteranen, Männern den er besonders vertraute, auf. Auf Umwegen bewegten sie sich zum Haus von Gnaeus Domitius und stoppten in einer nahen Gasse, die sich vor allem dadurch auszeichnete, dass sie eng, dunkel und so gut wie ausgestorben war. Zwei seiner Männer an den Enden der Gasse positionierten, so dass niemand sie passieren könnte, wenngleich dies an sich schon eher unwahrscheinlich war, während der Dritte zu Gnaeus' Haus ging, um diesen um ein Gespräch mit seinem Herrn zu bitten, das aus Diskretionsgründen außerhalb des Hauses stattfinden müsse. Selbstverständlich wurde Caesars Name dabei nicht erwähnt. Die Chance war zu groß, dass Ahenobarbus sich weigern würde. Dass Caesar sich lieber in dieser Gasse mit seinem Widersacher traf, dürfte hingegen genauso in seinem eigenen wie auch in Ahenobarbus' Interesse liegen. So würde es unwahrscheinlich sein, dass es Gerüchte gab, die einen von ihnen beiden zu einer Rechtfertigung nötigen könnten.

Und tatsächlich erschien sein Mann alsbald mit Gnaeus Domitius Ahenobarbus im Schlepptau. Bedacht auf einen eindrucksvollen Auftritt hatte Caesar sich in einen Erker in der Hauswand gestellt so, dass man ihn nicht erkennen konnte. Und so trat er keine zwei Schritt vor Ahenobarbus in die Gasse, die gerade mal breit genug war, dass zwei Männer nebeneinander in ihr stehen konnten. "Salve, Gnaeus Domitius und Danke für dein Erscheinen. Bitte verzeihe mir was für einen Ort ich dir zumuten muss" begrüßte Caesar sein Gegenüber und nahm für einen Augenblick seine Kapuze zurück, sodass man sein lächelndes Gesicht erkennen konnte "Und verzeihe mir die unangenehme Gesellschaft die ich dir ebenfalls zumuten muss. Und in Anbetracht dessen, denke ich, dass dir der Ort unseres Treffens sicherlich doch zusagen wird."
Caesar gab seinem dritten Mann, der noch immer an der Seite Domitius' stand ein Zeichen, so dass dieser sich ein paar Schritte von den beiden Politikern entfernte. "Wir sprechen mehr als nur selten miteinander und ich wage zu behaupten, dass wir beide, ganz aus dem Impuls heraus, sagen würden, dass auch diese mehr als seltenen Gelegenheiten sich immer noch viel zu oft ereignen. Aber ich glaube, dass dies ein Fehler ist, Gnaeus. Ein Fehler den ich zu lange zu bereitwillig begangen habe."
Caesar machte eine Pause in der er sich nachdenklich ans Kinn fasste. "Hippokrates lehrt uns, dass Gesundheit und Physiologie unseres Körpers durch das Zusammenspiel von vier Säften[8], die essentieller Bestandteil eben dieses Körpers sind, bedingt wird. Gibt es ein Ungleichgewicht zwischen diesen Säften, so prägt sich dies in einem Gebrechen aus. Und solch ein Gebrechen wird behandelt in dem man sich bemüht dem Ungleichgewicht der Körpersäfte entgegenzuwirken. Und das ist hier das Entscheidende, es geht um Harmonie und nicht darum etwas aus dem Körper heraus zuschneiden, etwas zu entfernen. Man sich dieser Säfte entledigen, doch ich kenne niemanden der ohne Blut zu Leben vermag, wenn du verstehst. Der Arzt muss die weitere Entwicklung also in die richtige Bahn lenken, so dass sich wieder ein Säfte-Gleichgewicht einstellen kann, dass der veränderten Lebenssituation angemessen ist. Was hältst du davon, Gnaeus?"
 1. Lucius Sergius Catilina
 2. Die Catilinarische Verschwörung
 3. Cicero wurde im Zu der der Verschwörung der Titel Pater patriae verliehen
 4. Alexander der Große
 5. Divus Iulius
 6. Calpurnia
 7. Paenula
 8. Humoralpathologie
« Letzte Änderung: 29.05.2014, 14:04:16 von Gaius Iulius Caesar »
After the battle is over
And the sands drunken the blood
All what there remains
Is the bitterness of delusion

Gaius Sempronius Gracchus

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Im Sog von Kabale und Blut
« Antwort #35 am: 18.05.2014, 10:44:15 »
Gaius kannte die dünflüssige Seuche eines jeden Feldzuges. So gut sich auch ein Kommandeur darauf versuchte die Hygiene aufrecht zu erhalten. Ab einem gewissen Stand der Erschöpfung und beginnender eingeschränkter Ernährung forderten sie ihren Preis. Gaius kannte die dünnflüssige Seuche nur allzu gut, immerhin war es eine seine Aufgaben in der Legion gewesen diesen Prozess so gut es ging hinaus zu zögern. Sorgsam lauschte er den dreckigen und unappetitlichen Ausführungen des Senators und Generals.

Anscheinend war keiner geneigt das Wort nach diesem ermüdenden Monolog zu ergreifen. Selbst die redselige Frau schien es die Sprache verschlagen zu haben. Wer auch immer als erster das Wort ergriff sah sich wohl selbst im Nachteil und doch musste jemand der Erste sein, es lag in der Natur der Sache.
"Auch wenn eure Ansprache es doch nicht an blumigen Metaphern mangelte ist es doch so, dass zumindest ich für meinen Teil kein Arzt bin.", Gaius stand etwas abseits der anderen, seine Arme verteidigend vor der Brust verschränkt. Sie zeigte sowohl Ablehnung alsauch machte sie klar, dass er nicht schnell in der Lage war eine Waffe aus dieser Position zu ziehen.

"Also stellt ihr die Diagnose und doch lernte ich, das zwei Ärzte drei Meinungen vertreten. Auch wenn eure Entschuldigung der Umstände euch ehrt so ist die entscheidende Frage die sich doch stellt sollten die Nachrichten nur hierher bringen oder werden sie ebenso der Garant unserer weiteren Laufwege sein?", natürlich kannte Gaius die Antwort auf die Frage. Jeder in diesem Raum, vielleicht abgesehen von dem blonden Barbaren, würde die Antwort wissen. Doch musste er die Antwort auf diese Frage aus dem Mund des Senators hören. Es würde sich eine Möglichkeit geben aus diesem Kreis raus zu lavieren, vielleicht nicht jetzt aber später, hatte Gaius eines gelernt war es dies: Es gab immer einen Weg.

Im Sog von Kabale und Blut
« Antwort #36 am: 20.05.2014, 16:02:50 »
Auch Guirmean zuckte mit den Schultern und lehnte sich wieder an die Tempelwand. Ihm war es ziemlich egal, was der Soldat von ihm oder den anderen hielt. Wenn er glaubte Guirmean wäre so dumm und würde einem Fremden so viel Vertrauen schenken, dann war er nur zu bemitleiden. Die Geheimnisse, die in den Briefen geschrieben standen, waren viel zu gefährlich, um sie einfach so mit jedem zu teilen, der dies verlangte. Der Kelte würde so lange schweigen, wie er nur konnte. Er hatte die Schlacht nicht überlebt und hier ein neues Leben begonnen, um dieses Risiko einzugehen und die ganze Arbeit und Mühe, die er in der Vergangenheit hatte aufbringen müssen um so weit in dieser Gesellschaft zu kommen, einfach so weg zu schmeißen.
In der kurzen Wartezeit, die die versammelten Personen hatten, nahm sich Lucius Licinius Guirmean die Zeit, alle noch mal genauestens zu beobachten - vor allem den vermeintlichen Soldaten - um so herauszufinden, wie sie sich nach außen gaben. Waren sie nervös, aufmerksam oder sogar gelangweilt?

Doch viel Zeit hatte er dafür nicht, denn kurze Zeit später trat derjenige in den Tempel, der sie alle herbeordert hatte. Das erkannte Guirmean sofort: An seiner Kleidung, dem Gang und letztendlich auch seiner Stimme bzw. den Worten, die er von sich gab. Irgendwo hatte er den Mann schon einmal gesehen aber er wusste nicht mehr wo das war. Er verzichtete darauf, dem Mann die Hand reichen. Eintracht war ein sehr seltsam gewähltes Wort für eine Gruppe, die auf diese Weise zusammengerufen wurde. Wer dem Kelten drohte - wenn auch nur versteckt oder im übertragenen Sinn - der wurde nicht als Freund behandelt. So hörte er dem Mann mit grimmigen Gesichtsausdruck zu, der mit jedem Wort schlimmer wurde. Weder gefiel ihm die Entschuldigung des Senators, noch seine Ausdrucksweise. Allgemein gesagt fand Guirmean den Mann abstoßend.
Das Problem war, das der Mann einige gute Punkte ansprach und ihn neugierig gemacht hatte. Wer Caesar - fast schon eine Nemesis für den Kelten - als heroischen Stuhlgang bezeichnete, hatte seine ungeteilte Aufmerksamkeit. Das was der Mann metaphorisch andeuten wollte, war durchaus eine Sache, auf die sich Guirmean einlassen würde. Aber er musste vorsichtig sein und kein zu großes Risiko eingehen. Das ganze konnte auch ganz einfach eine Falle sein.

"Was gedenkt Ihr zu tun, wenn der Durchfall behandelt und kuriert ist?"

Aurelia

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Im Sog von Kabale und Blut
« Antwort #37 am: 20.05.2014, 20:35:07 »
Die Worte des Soldaten provozierten kaum eine Reaktion. Kurz huschte etwas über Aurelias Gesicht, was aufmerksame Beobachter vielleicht als Mitleid interpretieren könnten: Ihre Mundwinkel und Augenbrauen hoben sich ein wenig, wobei letztere ebenso zusammenrückten. Doch im nächsten Augenblick war es auch schon vorbei. Mehr beschäftigte sie die mangelnde Reaktion der anderen. Sie hatte sich vorbewegt und die Schussrichtung des Soldaten soweit modifiziert, dass man sich hätte einbringen können, ohne sich mehr als man bereit war zu tun zu exponieren. In dem Punkt musste sie dem Soldaten innerlich recht geben, alle Signale standen auf Einzelkämpfertum. Keiner suchte Verbündete und so musste jeder jederzeit damit rechnen, dass jeder der Anwesenden ihm in den Rücken stechen würde. Das zehrt an Kraft und Aufmerksamkeit, die man nicht gegen denjenigen richten konnte, der ihnen die Briefe hat zukommen lassen.

Der Auftritt Galbas überspielte einen Teil der peinlichen Situation, die der erfolglose Aufrif Aurelias hervorgerufen hatte. Penelope beobachtete scharf, was die Worte bei den Anwesenden hervorrief. Ihre ehemalige Schülerin hätte sich unter anderen Umständen sicher über die angebotene Hand zur Begrüßung gefreut, da dies in dieser Form Frauen gegenüber normalerwwise nicht vorkam, und sie schüttelte sie deswegen auch, doch war es eigentlich eine leere Geste eingedenk des Briefes. Die Worte Galbas und die Enthüllung des Zieles der Versammlung ließen sie zusammenfahren. Nicht nur, dass sie selbst kein Freund dieser Dinge war, kannte sie ihre Herrin so umfassend, dass sie ob deren Zwickmühle wusste.

Es hatte nicht lange gebraucht, bis Aurelia Galba erkannte. Sie hatten sich bereits mehrfach gegenseitig besucht, doch immer im Zusammenhang mit größeren Festen, was persönliche Begegnungen unterbunden hatte. Sie war auch froh gewesen, sich mit diesem Herren nicht befassen zu müssen, sein Ruf war ihr nur zu geläufig. Bedauerlicherweise hatte sie nur wenig gegen ihn in der Hand, und vor allem noch zu wenig, um sich jetzt schon von ihm zu lösen.
Bereits der Mittelteil seiner Rede ließ sie um ihre Fassung kämpfen. Unflätige Worte konnte sie nicht leiden und hätte normalerweise bereits eine Abkanzelung provoziert, noch weniger konnte sie es vertragen, dass die Worte ihre erwartete Wirkung nicht verfehlten. Sie konnte nichts tun, aber ihr wurde physisch schlecht. Obendrauf kam noch das eine, was sie auf den Tod hasste: Das Unvermögen, die Handelnde zu sein; die Nachricht band sie. Nur mit äußerster Mühe begrenzte sie die äußeren Anzeichen auf ein schwaches Zittern, während sie den Krampf niederkämpfte.
Die Verkündung des Ziels der ganzen Angelegenheit verursachte Kälte in ihr. Es betäubte die Übelkeit von vorher, bremste aber auch ihre Gedanken, von denen ein große Menge auf sie einstürzten. Gegen Caeser sollte es also gehen? Sie stammte aus seiner Familie und in gutem Kontakt, selbst wenn die Licinier, denen sie sich mehr erbunden fühlte durch die Ehe, durch und durch Republikaner waren. Sie verdankten Pompeius viel und hatten nur ihretwegen und der Kinder sich im letzten Bürgerkrieg neutral gehalten. Sie war ind er Republik aufgewachsen und lebte dafür, dass die Familie durch persönliche Erfolge des Einzelnen vorangebracht wurde und nicht durch die Nähe zu einem Diktator. Cäsars Erfolg im letzten Krieg hatte ihre Familie etwas leiden lassen und ihr auf republikanische Gepflogenheiten ausgerichtetes Netz hatte an Effiktivität eingebüßt, ihre Verwandschaft würde aber nicht die schlechteste Ausgangsposition in der neuen Ordnung nach sich ziehen. So hielten sich für und wider die Waage, entscheidend würde also sein, ob die Risiken den Lohn wert waren. Die Chancen auf Auffliegen als Verschwörer oder das Chaos eines neuen Bürgerkrieges mussten gering genug sein, kalkulierte sie ruhig, fast gelassen.
Sie brauchte mehr Informationen, sie musste das Netz, in dem sie sich verfangen hatte, so eng machen, dass sie möglichst viel mitreißt, wenn es sie abstoßen will oder sie sich losreißt. So würde sie diejenigen mit hineinziehen, die im Moment noch die Enden hielten und sich außen wähnten. Immerhin ergriffen endlich andere das Wort, einer, dem es der Etikette nach sowieso zustand, so Nobilior tatsächlich zu den Gastgebern zählte, und einer, der eine sehr gute, wenn auch übereilte Frage stellte. "Senator, eure klaren Worte und direkte Herangehensweise sind ... erfrischend. Wenn das Ziel eures Treffens das angegebene ist, so habt ihr ein großes Werk vor euch. Die begnadeten Eliten und die Beamten mögen dem 'gewählten' Herrscher skeptisch gegenüber stehen, doch die verblienen Truppen und die Gemeinen vertreten einen anderen Standpunkt. Eine Zerstörung des Rufes dieses Mannes, eine Entfernung aus seinem Amt, eine erfolgreiche Anklage und eine Verbannung sind unter den Umständen schwer zu erzwingen und durchzusetzen. Ihr bietet sicher mehr als die Versammelten auf, um dies zu vollbringen. Wen und was zählt ihr zu eurem? Das würde die Wahl  der geeigneten Methode gegen das Ziel und für ein stabiles danach möglich machen.", ließ sie sich vernehmen. Ihr Blick zeugte von Konzentration, ebenso wie ihre gegeneinander gespreizten Finger.
« Letzte Änderung: 10.09.2014, 21:34:13 von Aurelia »

Symmachus

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Im Sog von Kabale und Blut
« Antwort #38 am: 29.05.2014, 14:07:18 »
Ante diem III Idus Martius 710 a.u.c - Mane - Hora Secunda - Tempel der Juno Lucina

Galba lachte schallend als Gracchus davon sprach, dass zwei Ärzte drei Meinungen verträten. Seine volle Stimme hallte von den hohen Tempelwänden wieder und erfüllte den noch etwas schmutzigen Tempel der Juno Lucina vollständig. Der wiederhallende Schall verzerrte sein Lachen etwas. Er rückte seine Kleidung wieder zurecht und schaute dann kurz auf seine Sandalen, um wieder die Fassung zu finden.
"Ihr seid ein findiger Mann, Gaius Sempronius Gracchus. Ein findiger Mann! Ja, so ist es doch mit den Ärzten dieser Zeit, da es doch mit den Ärzten nicht anders sein kann als mit den Menschen, sind die Ärzte doch Menschen, wenn - man bewahre sich vor dem modus morons[1] - auch nicht alle Menschen Ärzte. Eure Logikschulung und euer Gespür vor politische Prozesse ist einmalig. In der Tat werden die Männer im Dunstkreis Caesars ihn nicht für menschlichen Auswurf halten, oder es ihm nicht sagen, oder es zumindest nicht verstehen. Es ist immer der größte Haufen, der die Schmeißfliegen in Scharen anzieht, und nicht umsonst sagen sich die Mächtigen, die sich an seinen Togazipfeln bedienen, als sein es Zitzen: «Wenn aus Scheiße was wird, scheiß' daneben.» Aber ihr und euer Scharfsinn werden bald bemerken, mein lieber Sempronius, dass es relativ gleich ist, welcher Arzt, welche Diagnose stellt, wenn von meiner euer Leben abhängt. Oder um die lange Vorrede mit kurzer Antwort auf eure Frage zu beenden: Sie sind ein Garant eures politischen, vielleicht sogar körperlichen Überlebens."

Galba blickte sich zufrieden um, jetzt, da er die Fronten klar gestellt hatte. Seine Augen streiften jedes Augenpaar bis auf Penelopes und die des Maskierten. Die Frage des Kelten, ließ ihn schließlich innehalten. Galba drehte sich zu ihm und lächelte breit, gleichwohl sah Guirmean die Falschheit darin. Der Senator versuchte den verweigerten Handschlug zu überspielen; nicht sehr erfolgreich. "Eine sehr, sehr direkte Frage, Lucius Licinius Guirmean. Eine sehr direkte Frage. Euch ehrt, dass ihr das Barbarische eurer Kultur erhalten wollt. Kein Sinn für diese Wortspielerein, für die Rhetorik und dergleichen nicht wahr. Aber es kann eben nicht jeder ein Varius Rufus sein." Galba zwinkerte dem Dichter zu und widmete sich wieder dem Kelten. "Gleichwohl will ich eurer direkten Frage ausweichen. Zumindest zum Teil. Es wäre zu diesem Zeitpunkt, und da will ich ehrlich sein, höchst unklug euch von meinem Vorhaben zu erzählen, geschweige denn von den Leuten, die alle daran beteiligt sind. Ich bin mir darüber im Klaren, dass ich ein recht unversöhnliches Vorhaben gewählt habe und euresgleichen in der Art rekrutiert habe, dass ich euch an den Eiern..." er blickte zu Aurelia. "...oder Eierstöcken gepackt habe. Dennoch will ich euch die grobe Stoßrichtung nicht vorenthalten. Selbstverständlich steht es für mich außer Frage, dass eine vollkommene Wiederherstellung der Republik das Ziel dieses Vorhabens ist. Der Senat wird wieder auf eine Größe schrumpfen, die unter 1000 Mitglieder ist, um die Handlungsfähigkeit zu gewährleisten. Es werden wieder Konsuln die Amtsgeschäfte führen und kein Diktator auf Lebenszeit. Der Senat wird aus seinem Fehler lernen, und vor allem im Idealfall die populares etwas besser im Griff haben. Rom hat keine besonders ruhmreiche Geschichte mit Anführern, die sich für Könige halten, welchen Titel sie auch haben mögen.[2]"
Galba lächelte entschuldigend, dass er nicht viel mehr für den Moment preisgeben konnte. "Ihr versteht sicher, dass ihr euch durch erhöhte Teilnahme an dieser Kurierungsprozess mein Vertrauen verdienen - oder, wenn ihr gewieft genug seid, erschleichen - müsst. Solange werde ich euch anhand der besonderen Nachrichten in Reih und Glied halten müssen. Aber das will ich versprechen und ein Galbawort wiegt viel und immer wahr: Wenn ihr euch dieser Sache dienlich zeigt, werden eure Verfehlungen und Geheimnisse Roms Senat fortan nicht mehr interessieren. Eure politische Zukunft wird gesichert sein und über außerordentliche Vergütungen ließen sich sicher verhandeln. Ich denke, ein jeder Mann..." Er blickte wieder zu Aurelia. "oder auch Dame wird seine oder ihre eigene Vorstellungen haben, wie sie sich in dieser Sache nützlich wie schadlos hält."

Schließlich wendete er sich ganz an Aurelia. Sein Gestus zeigte eine gewisse Selbstsicherheit, dennoch wurde langsam trotz seiner Worte klar, dass er sich nicht gänzlich wohl fühlte. Alleine unter Menschen, die er sich für den Moment nur zu Feinden machen konnte, wer konnte sich in dieser Umgebung schon wirklich wohl fühlen.
"Einen Teil eurer Frage habe ich bereits beantwortet, Aurelia Lucia Licinia. Die Methode ist in meinen Worten schon durchgeklungen, aber dazu werde ich später noch mehr sagen. Was jedoch eure Ansicht angeht, dass die Gemeinen und die Truppen hinter Caesar stehen, damit mögt ihr recht haben. Allerdings gebe ich zu bedenken, dass diese Erkenntnis Caesar nicht viel bringen wird. Sie ist irrelevant, geradezu eine Nichtigkeit. Oder hat jemand von uns erlebt, dass das gemeine Volk für einen noch viel größeren Helden wie Pompeius Magnus aufgestanden ist? Aber die Truppen sich seines Erbes bemächtigt, um den Durchfall zu stellen? Wenn ihre Anführer übergelaufen sind, sind auch sie übergelaufen. Dem einfachen Soldaten geht es doch nicht um Gerechtigkeit, dem geht es um sein Sold und um die Möglichkeit, ein Latifundium[3] zu besitzen und bewirtschaften nach der Militärzeit. Und wenn wir Glück haben, hegen noch manche Anhänger des Pompeius einen zusätzlichen Groll gegen Caesar. Nein, die Armee ist kaum fassbar in diesem Konflikt, zumal sie dank des anstehenden Partherfeldzuges gänzlich andere Sorgen und Nöte im Moment haben. Gleichwohl geht es bei Caesar auch nicht um die von euch angeführten Punkte. Weder irgendeine Form archaischen Ostrazismus[4] wird den Durchfall entfernen, ihr könnte Durchfall nicht vom Gedärm auf die Lunge versetzen, und Durchfall hat grundsätzlich einen...verzeiht...beschissenen Ruf. Eine Krankheit muss ausgespült und erfolgreich bekämpft werden. Die Krankheit muss richtig besiegt werden, wenn man nicht rückfällig werden will oder man sich nicht die Seele aus der res publica[5] scheißen will."

Galba drehte sich sich Nobilior. "So schweigsam, Titus Flavius Nobilior? Kein Wunder, dass der Senat so einen schlechten Ruf unter den Nichtsenatoren hat. Wie soll jemand euch Vertrauen schenken, wenn ihr alle Probleme totzuschweigen versucht." Galba lachte wieder offenherzig und trat einen Schritt auf seinen Senatskollegen zu. "Dabei stünde euch doch eine ganz besondere Rolle zu. Ihr wisst, warum ihr hier seid, nicht wahr? Natürlich wisst ihr das. Verzeiht, ich sollte euch nicht mit rhetorischen Fragen langweilen. Aber wie wäre es, wenn ihr euren neuen Mitstreitern das Vorgehen erklärt. Ihr habt doch die meiste Expertise nicht, wahr? Entschuldigt, die Rhetorikschule ist schwer auszublenden. Also kurz gefasst: Titus Flavius Nobilior, erzählt euren neuen Mitstreitern, was ihr tun werdet mit Gaius Iulius Caesar. Ich verlasse mich darauf, dass ihr fortan in Erfahrung bringt, wie eure neuen Gefährten euch dabei helfen können."
Er klopfte Titus auf die Schulter und ging ein paar Schritte davon, in Richtung der Tür, aus der er gekommen war, um sich an eine klassische, römische Säule zu stellen, die das Tempeldach hielt. "Es stört doch keinen, wenn ich einen Moment dieses Ganze überwache. Es ist immer so elend, wenn Fremde sich kennenlernen und einander nicht trauen wollen. So kann ich, ganz großväterlich, dieses Kennenlernen ein bisschen überwachen." Diesmal lächelte Galba nicht. Sein Blick wurde bitterlich ernst. Es war eine unausgesprochene Drohung in diesem Blicke, der zumindest eines verdeutlichte: Der Mann war entschlossen, Caesar den Garaus zu machen.
 1. modus morons
 2. Der Senat in der Republik - Römische Königszeit
 3. Latifundium
 4. Scherbengericht
 5. res publica
"Lebenspendende Sonne, du kannst wohl nichts Größeres erblicken als die Stadt Rom." - Horaz

Symmachus

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Im Sog von Kabale und Blut
« Antwort #39 am: 29.05.2014, 18:16:28 »
Ante diem III Idus Martius 710 a.u.c - Mane - Hora Secunda - Aventin[1]

Gnaeus Domitius Ahenobarbus lebte in Rom eher bescheiden. Auf dem Aventin, welches zur Zeit der Römischen Republik, gerade ab 500 a.u.c. ein Unruheherd Roms war, ein Schmelztiegel sozialer Unruhen. Viele Menschen fragten sich, warum Gnaeus unbedingt hier seine Stadtresidenz gewählt hatte. Jeder wusste, dass die Domitii Ahenobarbi am Argentario[2] lebten, dort große Besitztümer, Reichtum und prunkvolle Villen, gebaut nach der korinthischen Ordnung[3], voller teurer Porphyrplatten[4], auf denen man durch sorgsam gehegte Gärten lustwandeln konnte, wunderschöne Mosaikböden, alles verziert mit hochwertig gearbeiteten Serpetingestein[5]. Die Domitii Ahenobarbi waren neben ihrem Reichtum für ihre außerordentliche, familiäre Arroganz gerühmt. Gerade deswegen wirkte es auf viele immer wieder merkwürdig, dass Gnaeus Domitius, ein Mann, der einst Konsul war und dessen Vater wie Caesar auch über Gallien - zumindest auf dem Papier - herrschte, sich mit einem bescheidenen, wenn auch gut bewachten Haus in auf dem Aventin, nicht unweit der Remuria[6] lebte.

Das kurze, krause, fast lockige Haar von Gnaeus Domitius Ahenobarbus war von kastanienbrauner Farbe, von einigen grauen Strähnen durchzogen und wurde fortgesetzt von einem ebensolchen Barte, der kurz gehalten, aber voll war. Ahenobarbus gehörte zu den wenigen Bartträger Roms, wenn gleich er dies nicht aufgrund irgendeiner philosophischen Schulzuordnung tat, wie viele Stoiker, oder um irgendeiner Moderichtung zu opponieren oder wiederum zu gefallen, sondern aus der Gewohnheit eines Seefahrers heraus. Andere sagten ihm jedoch auch nach, dass er zu sehr Gefallen an den Galliern gefunden hatte während seiner Zeit in Gallien. Aber Römer redeten viel, wenn es um politische Gerüchte ging.
Er war nicht viel kleiner als Caesar und von eher hagerer Gestalt. Seine kleinen, froschgrünen Augen war nicht gerade mit Wohlwollen erfüllt, als er erkannte, wer ihn dort vor seiner Tür besuchte. Und nicht verwunderlich war, dass alsbald zwei krude ausgerüstete Männer, wenn auch ohne erkennbare Waffen, sich in der Nähe von Caesars Liktoren postieren. Sie näherten sich nicht ungebührlich, aber behielten die Szene auffallend im Auge. Diese heruntergekommenen Gestalten waren Ahenobarbus Männer und sie sahen nach Seemännern aus, von etwas kräftigerer Gestalt als Ahenobarbus selbst, wenn auch einen halben Kopf kleiner.
Gnaeus rechte Hand war auffällig verbunden, und das leinenfarbene Tuch war mit getrocknetem Blut von der Wunde darunter gezeichnet. Ahenobarbus starrte auf seine Soleae, als er die notwendige Verbeugung vor Caesars Position über sich brachte. In seinem Gesicht war eine Mischung aus Abfälligkeit, alte Wut und Überraschung zu lesen, dass Gaius Iulius Caesar ihn am helligten Tag, am viel zu frühen Morgen, in einer Gasse nahe seines Hauses am Aventin aufsuchte.

"Gaius Iulius Caesar." Er sprach diese Worte langsam, als müsste er sich selbst vergewissern, dass es wirklich der Diktator war, der dort so außerhalb des Ehrengebahrens auf ihn lauerte. "Ich verstehe nicht, was die Säftelehre mir sagen soll. In Anbetracht dessen, dass wir in einer Gasse stehen, nichts Gutes, schätze ich." Er hielt sich in respektvollen Abstand und ein paar Schritte darüber hinaus, als sei Caesar ansteckend. "Weshalb also, oh großer Caesar, beehrst du mich mit deinen seltenen Besuchen? Um mich wieder zu begnadigen? Um mir zu erklären, dass deine Wege die hehren sind? Um mir zu drohen? Um dich im Glanze dieser wunderbaren Gasse deiner beginnenden Göttlichkeit zu vergewissern, in dem du alte Feinde verspottest?"
Gnaeus Domitius Ahenobarbus zog auffällig die Nase hoch und spuckte dann aus. Hier alleine, im Angesicht nur von Caesar, traute er sich so ein rüdes Verhalten. Ein Verhalten, was ihm jeder nachsagte, wenn er einmal mit jemanden unter vier Augen gesprochen hatte.
"Ich schäme mich nicht, dass mein Vater dich vor über zehn Jahren vor den Senat geschleift hat. Ich schäme mich nicht, dass ich wir in Corfinium kämpften. Ich schäme mich nicht für mein Verhalten, nur für die Niederlagen, die ich nicht verhindern konnte. Wenn es also um die Vergangenheit geht, lasse mich nur in Ruhe mit diesem Gefasel. Wir alle wissen, was sie uns gebracht hat: nämlich die Gegenwart.
Was also, bei den Göttern, willst du von mir, dass du so auftauchst am frühen Morgen?"

Gnaeus Domitius Ahenobarbus war deutlich verwundert und misstrauisch wegen des Auftauchens Caesars und der Ort ihres Gespräches schien ihm nicht sonderlich geheuer. Immer wieder blickte er über seine Schulter, ob die Liktoren Anstalten machten, sich auf ihn zuzubewegen[7].
 1. Aventin
 2. Argentario
 3. Korinthische Ordnung
 4. Porphyr
 5. Serpentingestein
 6. Remuria oder Remoria ist die Spitze des Aventins: Hier las Remus die Auspizien, die diese berühmten sieben Hügel als idealen Gründungsort für die spätere Stadt Rom priesen.
 7. Motiv erkennen
"Lebenspendende Sonne, du kannst wohl nichts Größeres erblicken als die Stadt Rom." - Horaz

Titus Flavius Nobilior

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Im Sog von Kabale und Blut
« Antwort #40 am: 06.06.2014, 22:52:26 »
Äußerlich nickt Nobilior nur bedächtigt. Er verzieht keine Miene. Allerdings wirkt er nachdenklich. Der Assassine lässt sich einige Zeit, bevor er etwas sagt. Eine unangenehme Stille entsteht zunächst.

"Galba, du spielst wahrhaft mit deinem Leben. Wenn auch nur einer etwas von den hier Anwesenden etwas von meiner wahren Profession mitbekommt, dann verlierst du dein Druckmittel. Denn dann besteht das Risiko, dass einer das hinausposaunt. Ich traue keinem der Anwesenden hier über den Weg in dieser Beziehung. Für die Zeit nach Caesars Tod würde ich an deiner Stelle vorsichtig sein, Galba, bevor du dein Wissen gegen mich einsetzt. Du warst es, der einen Meuchelmörder ins Boot geholt hast. Du wirst mit mir untergehen, wenn du in der Zeit nach dem Tod von Caesar meine dunkle Seite der Öffentlichkeit offenbarst. Meine Tarnung liegt mir sehr am Herzen. Lieber schlage ich zunächst einen riskanten und nicht so sicheren Mordplan vor. Es würde sehr auffallen, wenn ich hier einen narrensicheren Plan auf Anhieb vorschlagen würde. Aber ob überhaupt jeder bereit wäre, mir bei einem Mord zu helfen? Das muss ich erst einmal herausfinden."

Nobilior räuspert sich etwas und ergreift dann nachdem er seine Überlegungen gänzlich abgeschlossen hat endlich das Wort: "Es fällt mir nicht leicht das zuzugeben, aber als Politiker habe ich mich tatsächlich oft im Hintergrund der Intrige bedient. Mehr noch als der werte Galba. Auf das spielt er an. Ich habe lange gegrübelt und ich schäme mich sehr für solch einen drastischen Vorschlag und es wird auch einige bestürtzen, aber ich glaube, dass ein Mord an Caesar mehr bringt als eine unblutige Intrige. Einen Tyrannen wie ihn darf man meiner Meinung nach auch blutig stürtzen. Wir werden nicht gegen Armeen kämpfen, das wäre ja Wahnsinn, aber es wird auch nicht Nachts einen Heimtückemord in Caesars entsprechendem Schlafgemach geben. Er soll kämpfen und das Unheil kommen sehen, kurz bevor es für ihn zu Ende geht und es eigentlich schon zu spät ist. Ich vertraue darauf, dass wir hier einige fähige Leute haben wie zum Beispiel unseren maskierten Soldaten. Aber selbst jemand wie Varius wird eine wichtige Rolle einnehmen. Bei diesem Vorhaben brauchen wir wahrlich mehr als nur gute Kämpfer. Ein Mordplan ähnelt einer Intrige, die man gegen einen anderen schmiedet. Aber bevor wir jetzt tatsächlich mal die Details besprechen und ich einige Vorschläge mache, habe ich wichtige Fragen an alle: Seht ihr alle unsere Optionslosigkeit in dieser Situation ein? Werdet Ihr mir alle mit Euren individuellen Fähigkeiten dabei helfen, diesen Mord zu begehen? Am besten wäre es natürlich, wenn Ihr alle bereit wärt, mir zu helfen. Ich kenne jedoch wahrlich nicht von allen den gesamten Lebenslauf und was er für Fähigkeiten im Einzelnen hat, was eben für uns in solch einer Situation von Nutzen sein könnte. Bitte äußert Euch alle zu dem Thema, bevor ich dann weiter nähere Einzelheiten mit Euch bespreche!"
« Letzte Änderung: 06.06.2014, 22:59:17 von Titus Flavius Nobilior »

Lucius Varius Rufus

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Im Sog von Kabale und Blut
« Antwort #41 am: 10.06.2014, 17:36:10 »
Varius Gedanken überschlugen sich als er von dem schrecklichen Plan hörte, den der Senator dort von sich gab. Eigentlich hätte er abgeschreckt sein sollen, ob des Verrats, den dieser Mann gerade vorschlug, aber er war es nicht, dafür war er viel zu faszinierd von der Idee Teil von so etwas großen zu sein. Welche künstlerischen Möglichkeiten würde ihm das eröffnen! Wenn er selbst Teil von einem solchen Verbrechen war, dann würde er auf ganz neue Weise den Verrat auf die Bühne bringen können. Er würde genug Erfahrungen sammeln, um etwas größeres als den Οἰδίπους Τύραννος[1] zu schaffen. Ganz Rom würde ihm zu Füßen liegen. Kein Mensch würde mehr über Cäsar und sein Schicksal sprechen, denn sie alle würden über Thyestes sprechen. Seinen Thyestes.
"Vultisne partes Aegisthi agere? Sed utrae? Cogitatis Atrea palam aggredi aut Agamemnoni insidias parare? Reges nomen non gerentes non solent necatores sui inultos relinquere. Ultoris gladius inclementis factores sequetur et nemo salutem suam fuga inveniet. Omen Tantalides trudicavit.
Non cupido trudicari. Verba mea animos movent non gladios. Ergo animos vobis eo movebo, quo desideratis. Gladium numquam accipiam."
[2]
Varius würde mit Freuden Teil dieser verschwörerischen Treffen sein und sehen, wohin ihn das führte. Aber er würde ganz bestimmt nicht einen Dolch in die Hand nehmen, um diesen zwischen Cäsars Rippen oder irgendjemandes Rippen zu rammen. Das war nichts für ihn. Und außerdem, wenn er sich in so einen Kampf stürzte, wer sollte es dann beobachten und für ihn aufschreiben, um es später für seine Dichtung zu verwenden?
 1. König Ödipus
 2. "Ihr wollt also die Rolle des Aigisthos spielen? Aber welche von beiden? Plant ihr einen Atreus offen anzugreifen oder einen Agamemnon in einen Hinterhalt zu locken? Könige lassen ihre Mörder für gewöhnlich nicht ungerächt zurück, auch wenn sie den Namen nicht tragen. Das Schwert eines gnadenlosen Rächers wird die Täter verfolgen und niemand wird sein Heil in der Flucht finden. Der Fluch hat die Tantaliden niedergemezelt.
Ich habe kein Verlangen danach niedergemetzelt zu werden. Meine Worte bewegen Gemüter keine Schwerter. Also werde ich für euch die Gemüter dorthin gewegen, wohin ihr wünscht. Ich werde niemals ein Schwert ergreifen.
« Letzte Änderung: 10.06.2014, 19:16:27 von Lucius Varius Rufus »
Iam fero infandissima,
iam facere cogor

Im Sog von Kabale und Blut
« Antwort #42 am: 11.06.2014, 01:32:00 »
Wie es sich Guirmean vorgenommen hatte, hielt er sich während des Gespräches erst einmal zurück, beobachtete die verschiedenen Personen in dem Tempel weiterhin und hörte aufmerksam zu. Sich zurückzuhalten und keine Reaktion zu zeigen war allerdings schwerer als vorher angenommen, denn dieses Treffen nahm Züge an, die dem Kelten zum einen sehr gefielen - da er dadurch seine Rachegelüste befriedigen konnte - aber zum anderen auch seinen Tod bedeuten mochten, wenn etwas schief lief. Galba war kein dummer Mensch, auch wenn Guirmean das ungern zugab. Der Senator hatte gut daran getan, gewisse Taten und Ideen durch die Briefe schon im Keim zu ersticken. Er hatte wahrscheinlich noch weitere Vorsichtsmaßnahmen getroffen, sich bestens über jeden Anwesenden informiert und sich auf alle Eventualitäten vorbereitet. Guirmean durfte diesen Gegner also nicht unterschätzen.

Was natürlich die Frage aufwarf, ob es sich bei Galba tatsächlich um seinen Gegner handelte. Das ganze war eine einzigartige Gelegenheit, die es ihm ermöglichen würde, sich an Caesar zu rächen. Wenn sich tatsächlich alle auf dieses gefährliche Spiel einließen und es keine Falle war, dann wäre das die beste Möglichkeit, die der Kelte wohl jemals haben würde. Er konnte die Vergangenheit nicht mehr ändern aber er konnte daraus lernen und sich nicht ein weiteres mal alleine gegen den Diktator stellen. Dieses mal konnte er Verbündete haben, die ihn dabei unterstützen.
Die Frage war nur, ob er den Menschen hier - allen voran Galba und dem Soldaten - trauen konnte. Das es sich um eine Falle handelte, schloss Guirmean nach reiflicher Überlegung aus. Hätte jemand falsches diese Informationen aus dem Brief bekommen, dann wäre man anders vorgegangen und hätte ihn nicht erst in einen Tempel eingeladen, in dem sich Menschen versammelten, die ebenfalls Dreck am Stecken hatten und ein Interesse daran hatten, Caesar tot zu sehen. Er schloss einen Kompromiss mit sich selbst. Er würde das Risiko eingehen aber beim ersten Anzeichen einer Gefahr verschwinden. Entweder Caesar würde sterben, oder Guirmean würde sein Leben in Rom verlieren - wörtlich genommen oder auch im übertragenen Sinne.

Das was man ihm anbot, war eine Gelegenheit, die sich ihm nur ein einziges mal bieten würde und er musste sie ergreifen. Die Aussichten auf den Tod Ceasars wären schon Ansporn genug gewesen aber es gab etwas, das den ehemaligen Gladiatoren einen Moment innehielten ließ. Die Aussicht auf eine politische Zukunft war erstaunlicherweise recht interessant. Er war nie ein großer Redner gewesen. Ganz im Gegenteil: Er war schon immer ein Krieger und Mann der Taten gewesen. Für die Politik war er nicht geschaffen aber wenn er es richtig anstellte, konnte er vielleicht trotzdem nach dem Tod Caesars Einfluss darauf nehmen. Vielleicht konnte er das Leben der Sklaven in Rom, der Gladiatoren oder seines Volkes positiv beeinflussen.

War es wirklich genug Caesar zu töten?
Würde das etwas zugunsten seines Volkes oder den Menschen ändern, die das gleiche Schicksal wie er erleidet hatten?
Hatte er nicht die Verantwortung diese Gelegenheit zu ergreifen und nicht nur egoistisch an sich selbst zu denken?
Aber war es denn nicht ein Verrat an sich selbst und seinem Volk, wenn er in der Politik Roms einstieg?

Fragen über Fragen, die Guirmean langsam Kopfschmerzen bereiteten. Die Tragweite dessen, was sich hier abspielte, brach auf ihn herein. Die Möglichkeiten die sich ihm dadurch eröffneten waren nicht zu begreifen. Er musste es nur richtig anstellen. Voraussetzung dafür war, das Caesar starb und der Plan Galbas funktionierte. So hatte der Kelte also endlich eine Entscheidung getroffen. Er stoß sich von der Tempelwand ab und trat einen Schritt nach vorne. Sein Blick suchte den Nobiliors.

"Meine Fähigkeiten müssten Euch eigentlich ein Begriff sein, Titus Flavius Nobilior, denn ihr habt in der Vergangenheit sicherlich die Arena besucht. Es ist kein Geheimnis, das ich als Kriegsgefangener in die Arena geschickt wurde, um zur Belustigung um mein Leben zu kämpfen, nur um es am Ende zu verlieren.
Wie Ihr seht, stehe ich aber immer noch vor Euch. Unbesiegt und stärker als zuvor. Wenn Lucius Varius Rufus die Gemüter durch seine Worte nicht bewegen kann, vermag ich das vielleicht mit Hilfe meines Dreizacks und Netzes zu tun."


Es war nicht seine Absicht sich aufzuspielen - sein Überleben war Fakt dafür, das er nie ein Duell in der Arena verloren hatte - er musste einfach nur dafür sorgen, das er einen Platz in dieser Verschwörung bekam. Dafür musste er von Anfang an überzeugen.
Er hatte seine Entscheidung, sich an dem Tod Caesars zu beteiligen, schnell getroffen aber die Fragen, die in seinem Kopf herumschwirrten, mussten noch immer beantwortet werden. Die Kopfschmerzen wurden stärker. Guirmean musste etwas dagegen tun, frische Luft schnappen und einige Momente ungestört nachdenken. Allerdings war es eine schlechte Entscheidung gerade jetzt aus dem Tempel zu treten. Er musste die Reaktionen der anderen mitbekommen. Also lehnte er sich wieder stur an die Tempelwand und versuchte sich über seine Verantwortung seinem Volk gegenüber im klaren zu werden.

Gaius Sempronius Gracchus

  • Gast
Im Sog von Kabale und Blut
« Antwort #43 am: 11.06.2014, 19:59:08 »
Diese Gruppe an Menschen hatte eindeutig ein Problem und das ungeachtet der Erpressung und der Anweisung den Imperator zu töten. Niemand traute irgendjemanden. Zurecht. Doch erschwerte es ungemein aus irgendjemanden Informationen heraus zu bekommen, vielleicht einmal von Galba. Aber interessanterweise gab es schon einen neuen Anführer...

"Scheiße fällt immer noch unten.", gibt Gaius von sich. Dabei schaut er gerade Titus direkt in die Augen: "So sagt man wenigstens in den Legionen und es scheint einem Politiker nicht unüblich zu sein peinlich darauf bedacht zu sein nicht an unterster Stelle zu stehen. "
Gaius war bewusst, dass er die Situation nicht einfacher machte, aber seit er heute aufgestanden war, war dieser Tag immer schlimmer geworden. Ob dieser Tag noch schlimmer werden konnte? Vielleicht hatten die Götter auch nur vor sich mit ihm einen Spaß zu erlauben. Was war der Mensch schon anderes als Spielball der Götter? Zu ihrer Unterhaltung geschaffen.
"Habt ihr euch nur bereits entschieden oder habt ihr euch bereits entschieden die Aktion anzuführen?", fragte er mit hochgezogener Augenbraue.
"Gerade für einen Senator ist es eher verwunderlich sich schnell auf etwas festzulegen, bleibt also nur noch die erste Möglichkeit? Aber vielleicht sollten wir nicht anfangen Unfrieden zu stiften, nicht war geehrter Senator Galba, es wäre doch höchst schade, wenn eure illustre Gruppe sich selbst den Kopf einschlägt, anstatt dies bei unserem geliebten Imperator zu tun.
Aber nun ja, bei jedem kenne ich sein Gesicht und habe eine Vorstellung wo er zu finden sei, sollten wir auseinandergehen, aber bei euch wird dies schwer."
, machte er nochmal einen Vorstoß in Richtung des Soldaten.

"Unbesiegt?" schoß es Gaius durch den Kopf, als der Galier sprach. Augenscheinlich nicht, denn kaum einer der Barbaren suchte freiwillig sein Glück in der Arena, so musste er wenigstens eine Niederlage erlitten haben. Außerdem hatte Gaius bereits genug besiegte Gladiatoren billig gekauft um sie in der Provinz teurer wieder zu verkaufen. Dies war eine immergeltende Regel: Willst du deinen Besitz mehren, verschwende ihn nicht. Klar verlangte der Pöbel ab und zu nach Blut und man sollte ihn diese Gier stillen lassen. Doch einen Gladiator auszubilden kostete vor allem Zeit und Zeit war Geld. War es immer und würde es wohl auch immer sein. Aber dies waren müßige Gedanken.

"Wie es scheint habt ihr bereits ein Messer und einen Verstand Senator Galba, vielleicht solltet ihr es dabei belassen. Je mehr Leute von etwas wissen umso schlimmer ist es.", versuchte der Halbelf es, auch wenn er sich sicher war, dass es nicht fruchten würde.
« Letzte Änderung: 11.06.2014, 21:28:41 von Gaius Sempronius Gracchus »

Aurelia

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Im Sog von Kabale und Blut
« Antwort #44 am: 16.06.2014, 22:38:38 »
Zum ersten Mal seit dem Eintreffen im Tempel schwieg Aurelia nicht aus Gründen der Etikette oder überlegtem Kalkül, sondern vor Überraschung und kaltem Grausen. Zunächst hatten Galbas Worte nur Unwillen hervorgerufen, der schließlich in der kleinen, häßlich lodernden Flamme des Hasses gemündet hat. Nicht nur warf er weiterhin mit Fäkalsprache um sich, dass es sie innerlich schüttelte (sie fühlte sich schmutzig und konnte es nicht leiden, festzustellen, erfolgreich beeinflusst zu werden und nichts dagegen unternehmen zu können), er stellte sie jedes Mal, wenn er die Worte an seine 'Gäste' richtete, besonders heraus; nicht jedoch positiv, sondern ironisch in ihren Ohren. Sie verspürte kein Bedürfnis mehr, seinen Allegorien zu folgen und verstand sie auch nicht mehr vollständig. Was er jedoch vermittelte, erfasste sie sehr wohl und war Grund für ihre Überraschung. "WAS?! Hatten sie nicht schon genug gelitten und immer noch nicht gelernt? Wenn Römer die Waffen gegen andere Römer richten, verlieren alle! Haben zwei Bürgerkriege und die Verwahrlosung der Stadt nicht schon genug angerichtet? Wie soll den Ruhe einkehren, wenn der allseits geliebte/gehasste zum Mordopfer wird? Er hat viel zu viele Leute, die dann ihn rächen wollen oder an seiner Stelle Macht erlagen wollen, und sie werden es blutig tun. So was hat nur Erfolg, wenn die Mehrzahl ihn hasst oder fürchtet und die Mörder zu den Helden werden, die einen König oder Tyrannen gerichtet haben. Und sich anschließend den meisten Ehren entsagen." Sie merkte, wie der Schrecken dank langjährigem Training dem Kalkül wich. Doch würde sie noch eine Weile brauchen, bis ihr Äußeres wieder komplett ihre Dignitas widerspiegeln würde. Und sie würde eine Weile brauchen, einen entsprechenden Plan vorzubereiten oder aufgrund unmöglicher Chancen zu vereiteln. Abwarten...etwas anderes konnte sie im Moment nicht tun. Galbas Unwohlsein besänftigte sie in keiner Weise. "Immer das Beste aus dem gegebenen machen", dachte sie mit einem Blick zu Penelope.

Diese stand ungerührt mit gesenktem Kopf im Hintergrund und rührte sich nicht. "In was waren sie nur hinein geraten?", überlegte sie und hatte Mühe, Ruhe zu bewahren. Auch ihr waren für und wider klar, und sie konnte die Dilemma ihrer Herrin einschätzen. Er war mit ihr verwandt, ihre eigene Familie hatte aber aufgrund Pompeius' und der Republiksnähe gelitten. Schleccht standen ihre Chancen nicht, unter dem neuen Regime wieder aufzusteigen, der Inhalt des Briefes konnte aber sie vernichten und ihre Familie in Mitleidenschaft ziehen. Flog der Komplott auf, wurde es sogar noch schlimmer. Ein zweites Pardon würde es für die Familie nicht geben, vor allem einer Aurelia Cotta gegenüber nicht. Der Gewinn musste also enorm sein, um so viel Risiko aufzuwiegen. Sie verabscheute Mord wie auch manch anderes, was sie in Aurelias Diensten getan hatte, aber beide hatten die Notwendigkeit stets erwiesen und zuvor alles andere ausgeschöpft. Was würde sie ihr diesmal anweisen? Sie wartete auf ein Signal, doch es kam nicht.

Beide gingen dazu über, die anderen zu beobachten.

Nobilior, der sie zunächst erfolgreich in die Irre geleitet hatte, wurde nun ein wenig vorgeführt, doch ließ er sich nichts anmerken. Er war eine Weile ruhig geblieben und hatte sie beobachtet, doch nun musste er ein wenig von sich preisgeben, oder zumindest etwas behaupten. Seine aussage und sein Verhalten waren interessant. Zum einen bekannte er sich dazu bereit zu sein, fürchterliches anzustellen, doch mantelte er es mit etwas ähnlichem wie einen Ehrencodex. Oder dem Hang zum Dramatischen? Nein, dazu passte seine Ruhe nicht. So  sachlich, wie er sprach, musste er schon einen Mord begangen haben. Sonst hätte er überzeichnet oder geprahlt, zumindets bei geringem Intellekt. Was sie ihm nicht unterstellte. Höchstens, dass er wohl mehr eine auf den Moment bezogene Taktik bevorzugte. Im Gegensatz zu ihr machte in das anpassungsfähiger, könnte aber mangels Folgeplänen Rückschläge provozieren. Jedenfalls startete er einen vernünftigen Versuch, das Gespräch aufzunehmen (in Kontinuität zu dem, was sie selbst vorgehabt hatte). Würde sie sich hinter die Sache stellen, wäre er wahrscheinlich eine gute Partie, sollte sie dagegen sein, wäre er der gefährlichste Gegenspieler nach Galba, im Gegensatz zu letzterem, der ihre Familie nur aus einer starken Position heraus vernichten konnte, würde ersterer wohl eher auf körperlkiche Rache abzielen. Und das ginge auch aus einer schwachen Position heraus.

Varius, der aus den Inhalten der Briefe das meiste erielen konnte, fand sich also auch auf der falschen Seite wieder. So eloquent er sich ausdrücken konnte, in diesem Punkt zu täuschen traute sie ihm nicht zu. Seine Anmerkungen waren wie immer treffend, sie wiesen auf die offensichtlichsten Schwächen der vorgeschlagenen Strategie hin. Sie ließ ihren Blick ruhen, während sich Plan für Plan in ihrem Kopf entfaltete. Er würde die Taten ins rechte Licht rücken, um die Folgen für die Verschwörer zu mildern oder ins Gegenteil zu kehren. "Sollte wirklich einer von uns die Waffe führen? Irgendeinen dummen Tropf sollte man die Hand führen, um nicht selbst in die Schusslinie zu geraten...Zum Glück hat noch keiner vorgeschlagen, ich sollte mich als Verführerin und Vergifterin betätigen." Fast hätte sie gelächelt, wenn Wut und kaltes Kalkül sie nicht beherrscht hätten. "Gaius...das mit dem Verführen geht sowieso eher andersherum bei dir."

Als sich Guirmean vordrängte, wurde ihr plötzlich klar, das sie ihn quasi schon verloren hatte. Natürlich würde er sich beteiligen und mit Feuereifer dabei sein. Sollte sie sich gegen das Unternehmen entscheiden, würde er sie vermutlich töten. Ihm blieb dann kaum eine Wahl. Ihn von etwas anderem zu überzeugen wie der Gefährlichekit und Aussichtslosigkeit des Unternehmens, so dass denn der Fall war, war quasi unmöglich. Selbst die geringste Chance würde er in seinem Hass ergreifen und seinen sicheren Tod in Kauf nehmen. Würde sie jedoch mitmachen, wäre er zwar ein hervorragendes Werkzeug und würde sie schlimmstenfalls schützen wie versprochen, doch im Gegensatz zu den anderen Anwesenden würde sein Richten einer Waffe auf einen Römer noch immer schwerste Strafen nach sich ziehen. Ein wenig bedauerte sie ihn, doch hielt sie das in der Analyse nicht auf.

Gaius stellte eine korrekte Analyse auf, passte seinen Sprachstil nur leider an den des widerwärtigen Erpressers an. Was sollte sie auch von einem hochgespülten Halblbut erwarten? Sein Versuch, die Erlaubnis zum Verlassen der Runde zu erlangen, war irgendwie possierlich. Oder kalkuliert? Er gab für sie noch immer kein konsistentes Bild ab. Im Gegensatz zu Nobilior konnte sie in sehr schwer einschätzen. Im Moment würde sie im sogar zutrauen, das letzte ernstgemeint zu haben und sich nicht klar zu sein, das er damit sein Leben verwirkte. Ob nun tatsächlich oder nur metaphorisch, ließ sie dahin gestellt.

Nun war sie an der Reihe, der Soldat wartete, wie es sich gehörte. Sie blieb stolz und aufrecht stehen, doch ließ sie etwas von ihrem Unwillen auf dem Gesicht erscheinen. "Zeit...ich brauche sie, dazu Informationen und Handlungsspielraum." Auch ihre Stimme transportierte Widerwillen: "Ich kann mir denken, weswegen die Anwesenheit meiner Person erwirkt wurde. Ich habe Informationen, Zugänge, die den Herren verschlossen bleiben und kenne Personen. Fehlt eine Information oder Person, habe ich gute Chancen, sie zu organisieren." Verriet der Seitenblick zu Galba ein Bröckeln in ihrer Fassade? Begann sie langsam einzusehen, keine Wahl zu haben? Die schmalen hasserfüllten Schlitzen ihrer Augen hatten dabei ein wenig geflattert. "Meine...Blutsbande sind auch ein Faktor, nehme ich an." Gespannt erwartete sie die Reaktionen.
« Letzte Änderung: 10.09.2014, 21:34:24 von Aurelia »