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Autor Thema: DEUS EX MACHINA  (Gelesen 11188 mal)

Beschreibung: [Uhrwerk 39, Teil 1 ~ Es war einmal, in Mechanika...]

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Wellby

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DEUS EX MACHINA
« am: 12.05.2014, 21:20:29 »
« Letzte Änderung: 10.03.2015, 19:29:48 von Wellby »
“Sometimes it’s only madness that makes us what we are.”

~ Grant Morrison; BATMAN: Arkham Asylum - A Serious House On a Serious Earth

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DEUS EX MACHINA
« Antwort #1 am: 19.05.2014, 12:21:11 »
Die Nacht des 21. Tages im 2. Vikentori, 488 nach Gründung Mechanika, 27:00 Uhr


Ruhig stand er dort, der Turm der Ewigkeit. In Mitten des Platzes der Helden, zwischen den Statuen längst vergangener Brigadiere... Eine Erinnerung an die dunklen Jahrhunderte, die Zeit der Verzweiflung und des Leids und ein Mahnmal daran, wie unzählige Männer und Frauen für uns in den Tod gegangen waren. Auf dass sie uns eines Besseren belehren und wir unser Leben als das wertschätzen, was es ist. Eine Chance.

Unsere wohl letzte, verfluchte Chance.

Theodor Smaugle war an diesem Abend wohl erneut über seiner Lektüre eingenickt, was offengestanden nicht sonderlich zur Verwunderung einlud. Der Schlaf war einer der ärgsten Gegner des mittlerweile über einhundertundfünfundneunzig Jahre alten Kobolds, und er hatte schon vor einiger Zeit resignierend erkannt, dass er zumindest diese Auseinandersetzung nicht mehr gewinnen würde. So kam es also, dass er an diesem Abend und um dieser Stunde wieder friedlich mit dem Kopf auf dem selbstverfassten Buch schlummerte, inmitten seiner bescheidenen Behausung nicht weit ab der Stufen, welche auf den Plateaukreis des Platzes der Helden führte, aus welchem sich, wie oben bereits erwähnt, eben auch besagter Uhrturm erhob... Bis ihn ein eigenartig vertrautes Geräusch weckte.

Betrübt öffnete er die vom Alter gezeichneten Augen und seufzte, ob er jenes eben Gehörte nun wahrlich vernommen hatte oder ihm gar das Reich der Träume einmal mehr einen Streich spielte? Verdutzt richtete er sich auf dem knarzenden Stuhl auf und ließ den Blick durch das kleine Zelt schweifen, welches er seit über hundert Jahre sein Zuhause nannte. Er erkannte, dass sich nichts verändert hatte. Die unzähligen Bücher und Schriftrollen, welche in Regalen aufgereiht waren, am Tisch ausgebreitet oder die den Großteil des Bodens beanspruchten... Nichts fehlte oder hätte dem Kobold Grund zur Besorgnis geben können. Doch innerlich spürte er, dass dennoch etwas nicht in Ordnung war. Er war bei Leibe kein abergläubischer Mann, doch wenn er etwas gelernt hatte, dann dass er seinen Nackenhaaren vertrauen konnte!
Blinzelnd versuchte er, den vom Schlaf immer noch eingenommenen, milchigen Blick zu klären und tastete mit seinen knorrigen Fingern nach der notwendigen Brille, als er das Geräusch erneut hörte. Was war das? Es klang, als würde sich Stein auf Stein bewegen. Er verharrte noch an den Tisch gelehnt und unterband jegliche Bewegung, um weiter mit seinen spitz zulaufenden Ohren zu lauschen. Dort! Da war es schon wieder. Als würde sich ächzend uralter Stein unter der Last seiner Bürde beklagen, kam ihm in den Sinn, als die Erkenntnis ihn wie einen Schlag traf und just der Stuhl unter seiner daraus folgenden, ruckartigen Bewegung samt Kobold nach hinten kippte.
Polternd landete Theodor in einem weniger sorgsam aufgestapelten Haufen mehrerer Pläne, welche seine Landung bremsten.“Verflixt und Zugenäht!“ fluchte er, während er auf die Beine schnellte und sich überstürzt den Weg durch das Chaos des Zeltes bahnte, bis er den Vorhang, welcher als Tür diente, endlich erreichte. Das Geräusch ertönte erneut und schien nun in besorgniserregender Regelmäßigkeit lauter zu werden, als der Kobold aus seinem Zuhause stolperte und schließlich am Fuße des nahen Turmes zum Stehen kam. Dort verharrte er von Ehrfurcht ergriffen und riss die Augen weit auf, als ihm die Wahrheit über den Ursprung der nächtlichen Störung bewusst wurde.
Tränen bildeten sich in seinen Augen und er kam nicht umhin, leise zu flüstern :“Ich habs doch gewusst... Bei Mutter Pint. Ich habs doch gewusst!“

Obgleich er am liebsten dem Drang eines lauten Freudenschreies hätte nachgeben wollen, besann er sich und sortierte seine Gedanken. Dafür war er all die Jahre hier geblieben! Ein weiterer Ruck durchfuhr ihn und er verschenkte keinen weiteren Augenblick. In für sein Alter äußerst ungewöhnlicher Schnelligkeit rannte er die Stufen erneut hinab und stürzte zurück in das Zelt, in welchem er noch vor wenigen Minuten friedlich geschlafen hatte. Vor Euphorie gepackt verringerte er dabei keineswegs die eigene Geschwindigkeit und knallte als Resultat dessen mit voller Wucht gegen den Tisch, wobei er mehrere Bücher umstieß und einen Wasserkrug über den Boden auskippte. Laut fluchend fuchtelte er eine Schriftrolle hinfort, welche sich an seinem Unterarm verfangen hatte, und fand endlich das Objekt seiner Begierde, das ans Graphennetz angeschlossene Audiophon. Zitternd besann er sich gedanklich erneut seiner Aufgabe und atmete tief durch, bevor er den Hörer abnahm und den Wählhebel betätigte.

Freundlich meldete sich eine Frau am anderen Ende der Leitung. „Guten Abend Sir, wie kann ich dienen?“
Theodor hob seine Stimme und versuchte so deutlich wie möglich zu sprechen, wobei er zwischen einzelnen Worten absichtlich Pausen einstreute.
„Ich benötige Widwicky 403. Ich wiederhole, W-i-d-w-i-c-k-y 4-0-3.“ Die Dame des Graphennetzes antwortete rasch mit einem, nicht minder netten: „Ich verbinde Sir, einen schönen Abend wünsche ich!“ bevor die Verbindung mehrmals knackste und sich die Weiterleitung einschaltete.
Unterdessen bemerkte der Kobold, wie das gesamte Zelt zu rütteln begann. Das mahlende Geräusch hatte sich bereits zu einem ohrenbetäubenden Lärm entwickelt, als sich endlich am anderen Ende die Stimme eines Mannes meldete. „Haus Ornstein, mit wem spreche ich?“
„Ich muss sofort mit der Senatorin reden, sagen sie Ihr, es ist von bedeutender Wichtigkeit!“ rief Theodor in den Apparat, während er sich mit der anderen Hand das freie Ohr zu hielt, als das Dröhnen immer lauter wurde. Klirrend fiel ein Reagenzglas aus einem Regal hinter ihm.
„Smaugle, nehme ich an...?“ der andere Mann seufzte hörbar. „Was ist es denn dieses Mal? Hat sich denn der Minutenzeiger wieder um eine Viertelsekunde bewegt?“ scherzte er verächtlich, was Theodor augenblicklich zur Weißglut brachte.
„Verflucht nochmal, LaVeil, sie einfältiger Freggle! Wecken sie sofort Ornstein, ich muss mit ihr sprechen!“
„Ich bitte Sie, Smaugle. Benehmen Sie sich! Ich werde die Senatorin nicht um diese Uhrzeit stören. Also legen Sie sich wieder schlafen und-“ Ein lauter Knall ließ den Butler des Hauses Ornstein kurzzeitig verstummen.
„Zum Kuckuck Smaugle, was ist da bei Ihnen schon wieder los?“

Der Kobold hatte sich bereits unter den schweren Holztisch zurückgezogen, als das Zelt unter der Belastung des Bebens nachgab. Die wenigen Möbel stürzten um und der gesamte Hausrat wirbelte wie von Geisterhand getragen durch die Luft. Magie bahnte sich seinen Weg ungezügelt durch die Umgebung und füllte die Atmosphäre kribbelnd mit Energie. Nervös tastete Smaugle nach dem Audiophon, welches zu seinem Glück nicht weit ab am Boden lag. Er konnte nur hoffen, dass die Kabel nicht abgerissen wurden und die Verbindung weiter bestehen blieb, doch wollte er dies nicht nachprüfen, denn er musste so schnell wie möglich hier weg! Hastig hob er also den Hörer und schrie:

„Er öffnet sich! Bei Mutter Pint, sagen sie Ornstein ich hatte Recht! Der Turm öffnet sich!“
« Letzte Änderung: 03.06.2014, 11:24:32 von Wellby »
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« Antwort #2 am: 19.05.2014, 12:22:52 »
Isamu Tanaka


Der Vorhang lüftet sich zur letzten Szene und die Zuschauer blicken nun auf ein beeindruckendes Bühnenbild, welches kunstvoll den malerischen Straßen der Spencer Street in Neu Bezoa nachempfunden wurde. Vor allem aber richten sich gespannt alle Augen auf den jungen Barden dort oben, in der Mitte der Bühne.
 
Das ist also der Augenblick, auf den Isamu Tanaka immer gewartet hatte. Mit geschlossenen Augen lächelt er, als sich seine Lippen verformen und er zum letzten Lied des Abends anstimmt.

„I met my love by the gas works wall
Dreamed a dream by the old canal
Kissed my girl by the factory wall

in this dirty old town
oh, dirty old town

Clouds a drifting across the sky
Cats a prowling on their beat
Spring's a girl from the streets at night

in this dirty old town
oh, dirty old town

I heard a siren from the airdocks
Saw a train set whole mynk on fire
Smelled the breeze on the smoky wind

in this dirty old town
oh my, dirty old town

I'm going to make me a good sharp axe
Shining steel tempered in the fire
Will chop you down like an old dead tree

my dirty old town
my dirty old town

I met my love by the gas works wall
Dreamed a dream by the old canal
Kissed my girl by the factory wall

in this dirty old town
oh, dirty old town .“


Dieses Stück schließt bewusst, mit einem etwas ironischen Zwinkern, die sonst sehr tragische Geschichte der Stadt Mechanika ab. Es soll nicht nur zeigen, wie sich die Nation bis zum heutigen Tage gewandelt hat, sondern auch daran erinnern, dass der heute von vielen als selbstverständlich wahrgenommene Alltag einst, in grauer Vorzeit, mit Blut erkauft wurde.

Schallender Applaus verabschiedet den jungen Barden, welcher sich stolz verneigt. Er hat es endlich geschafft. Die letzte Prüfung war bestanden und seine Ausbildung zum Musiker vorüber.

Der Vorhang fällt. Tanaka verschwendet in diesem Augenblick keinen Gedanken an die Verpflichtung, welche er eingegangen war, um sein Ziel zu erreichen. Er genießt den Jubel in vollen Zügen, denn er hat ihn sich mit seiner Kunst absolut verdient. In einigen Wochen wird man noch von dieser Darbietung sprechen und die Zeitungen werden darüber berichten, so einzigartig war der Klang seiner Stimme, so atemraubend sein Schauspiel. In diesem einen Moment wird Tanaka zum ersten Mal in seinem Leben ein gefeierter Held... Seine Mutter wäre stolz auf ihn.

Ein wenig später schafft der frischgebackene Barde es zurück in seine Garderobe und kann sich endlich für ein paar Minuten ausruhen. Man würde glauben, hinter der Bühne wäre man von der Anstrengung des Theaters verschont. Doch an diesem Abend waren sie alle gekommen um ihm zu gratulieren. Die Professoren, sogar der mürrische Griswald, jeder wollte seine Hand schütteln.
Tanaka setzt sich auf den Klappstuhl, welcher vor dem Schminktisch auf ihn wartet. Er blickt in den Spiegel und sieht sich dabei selbst tief in die Augen. War es das wirklich wert?
Das 'Cour Du Roi' wird ihn schon bald wieder für sich beanspruchen. Sein Gesichtausdruck erkaltet und durch die dick aufgetragene Schminke wirkt es gar unwirklich, als wäre es nur eine Maske. Zehn Jahre wird er verschwinden und die Theater werden ihn schon bald vergessen haben.
War es das also wirklich wert?

Ein plötzliches Klatschen aus dem Hintergrund reißt den jungen Tanaka aus seinen bitteren Gedanken. Aufgrund des großen Spiegels braucht er sich nicht umzudrehen, um das Gesicht Alberto Monteverdas zu entdecken, welches sich hinter ihm aus der Dunkelheit der Kleiderregale schält.

„Bravo, kleiner Townie. Wirklich bravo! Welch vorzügliche Darbietung! Ich bin zu tiefst beeindruckt von dem Talent, welches an dir wahrlich verschwendet wird!“ der Aristokratensohn nähert sich langsam und blickt durch den Spiegel in die Augen Tanakas, als er dessen Schultern von hinten sanft ergreift. „Sag mir, mein Freund. Wie hat es sich angefühlt, dort oben bejubelt zu werden?“
« Letzte Änderung: 19.05.2014, 12:33:28 von Wellby »
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« Antwort #3 am: 19.05.2014, 12:25:02 »
Irene 'Die Faust' Tanner


Nervös blickt Benedikt Wendeleben, seines Zeichens Prior der fünften Abtei, auf den leeren Platz in der Bankreihe unweit zu seiner Rechten. Während sich Schweiß auf seiner Stirn bildet, versucht er seine Wut im Zaum zu halten und neigt sich daher, so unauffällig wie nur möglich, zu dem Kleriker an seiner Linken.
Sein Zorn ist nicht unbegründet. Heute ist ein äußerst wichtiger Tag für die 'Worte der Hoffnung'. Alle Abteien haben ihre Mitglieder hier, in den Hallen der obersten Kirche Argylles, versammelt und warten gespannt darauf, der Rede des Erzbischofs beizuwohnen, welche die Feiertage des Vikentorifestes einläutet. Jeder einzelne Priester war gekommen und hatte sich lange auf diese Zeremonie vorbereitet. Doch ein Platz ist leer und Wendeleben weiß nur zu gut, wer fehlt.
Der Prior beisst die Zähne zusammen und flüstert seinem Stellvertreter ins Ohr:

„Wo in aller Welt ist Tanner?!“


Unweit der Zeremonie, abseits der erhabenen Klöster der 'Worte der Hoffnung', in einem Kellerraum, wenige Stockwerke unter der Schildkaserne 'Apostaria', ist die Luft von Jubel und Grölen erfüllt. Dutzende Krieger der Königin haben sich hier, einige Stunden nach Feierabend eingefunden und bilden nun einen Kreis, während sie mit Schreien und Jauchzen den Mann in ihrer Mitte anfeuern. Admiral Bernstein Kilkenny, seines Zeichens Stabsführer und Paladin des Zorns der Kaserne Apostaria, hat sich seiner Rüstung und Banner entledigt und brüstet sich nun dort der Menge entgegen, lediglich mit kurzen, hellbraunen Unterhosen bekleidet. Seine Hände in Leinen gewickelt ballt er zur Faust, um seine Krieger zur Ruhe zu bewegen. Als der Lärmpegel es zulässt, baut er seinen stählernen, muskelbepackten Körper zu voller Größe auf und ruft, deutlich im gesamten Raum hörbar:

„Wo ist sie, diese verdammte Townie Hure?!“

Die Schildwächter johlen ihm zu und pflichten Beifall. Kilkenny grinst breit und zeigt dabei die gelben, teilweise geborstenen Zähne, bevor er kehlig zu Boden spuckt. Sein Kopf wandert umher und er dreht sich um die eigene Achse, die Augen suchend in die Menge gerichtet.
„Ha! Ich habs euch doch gesagt! Sie hat sich wahrscheinlich in ihrem Beichtstuhl vergraben und schreibt ein Stoßgebet zur Königin, dass wir sie nicht finden! Ich wusste doch, dass so eine verlauste Kirchenratte wie die zu nichts zu gebrauchen is', außer dem Prior als Matratze zu dienen!“

Laut schallend lacht der Paladin und möchte damit mit dem erwarteten Jubel einstimmen, doch seine Soldaten schweigen.
Verdutzt legt er die Stirn in Falten und wundert sich über den plötzlichen Stimmungsumschwung... Als ein Räuspern die kurze Stille durchbricht. Als Kilkenny sich umdreht, bemerkt er seinen Kontrahenten, welcher sich nun ebenfalls kampfbereit in den Ring begeben hat.

Irene Tanner, genannt 'Die Faust' hat sich aus dem wilden Mob geschält und steht nun dort, wenige Schritte von Kilkenny entfernt. Ihr hübsches Gesicht, von den schulterlangen, pechschwarzen Haaren umsäumt, grinst dem weit größeren Admiral direkt und frech in die Augen. Zweifellos hat sie jedes der Worte ihres Gegners vernommen und nur auf den richtigen Moment gewartet, um ihn schon allein durch ihr Auftreten bloß zustellen.
« Letzte Änderung: 19.05.2014, 12:33:18 von Wellby »
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« Antwort #4 am: 19.05.2014, 12:27:16 »
Razhan


„Öffnen sie endlich diese verdammte Tür, Razhan! Na wird’s bald?!“

Schallt es durch den verriegelten Eingang des kleinen Labores. Verzweifelt wandert Razhans Blick zwischen den unzähligen Phiolen, Destillierern, Bunsenbrennern und anderen Utensilien des Alchemisten hin und her. Wie war es nur so weit gekommen?

„Ich zähle bis drei und ich neige nicht zum Scherz! Dann hole ich das Sicherheitspersonal und lasse sie HINAUSWERFEN!“

Die Investoren hatten vor einiger Zeit bereits damit gedroht, die gesamte Einrichtung zu schließen und seine Forschungen der letzten Jahre, all die Arbeit... für immer zu vernichten. Doch Razhan wollte nicht hören. Er konnte nicht. Es muss einfach ein Gegenmittel geben... Er muss es einfach finden...Damit der andere wieder verschwindet.

„Eins!“

Verzweifelt versucht der Alchemist seine Aufzeichnungen in die Tasche zu packen. Schmerzhaft wird ihm bewusst, dass er nun von hier verschwinden muss! Es gibt keinen anderen Ausweg mehr. Es würde sich schon ein anderes Labor und ein anderer Geldgeber finden... Wenn er doch nur einfach mehr Zeit hätte!

„Zwei!“

Razhans Kopf dröhnt vor Schmerz. Nein, nicht jetzt! Du musst dich konzentrieren! Er beeilt sich so gut er kann. Alle Phiolen von A-FeH... Abrakulums außergewöhnliche Abrafaxe, was noch? Ein Destillat von Projekt X ist zweifelsfrei lebensnotwendig! Hastig, vor Nervosität und Adrenalin angestachelt durchsucht er die einzelnen Schränke und Kommoden. Wo hat er nur Projekt X hingelegt?

„Drei! Jetzt reichts, Mr. Barnabas, wenn ich bitten darf!“

Mit einem lauten Krach entleert sich die Ladung einer Schrotflinte direkt in das Schloss der großen Eingangstür. Holz und Blech zersplittern, während ein paar der Phiolen auf dem Untersuchungstisch gegenüber, von Querschlägern getroffen bersten und der vielfarbige Inhalt sich über der Wand dahinter verteilt. Von einem Fußtritt getroffen schwingt der übrige Rest des Tores auf.
Entsetzt klammert sich Razhan an die eilig gepackte Tasche, als sich der Staub legt und Gleepwurp Augenbeißer den Raum betritt, dicht gefolgt von einem regelrechten Hünen, welcher dem Alchemisten als Sicherheitsbeauftragter Kenwald Barnabas bekannt ist. Die glühende Schrotflinte geschultert bleibt dieser jedoch im Hintergrund stehen und meidet beschämt den Blickkontakt mit Razhan. Die beiden hatten nie Probleme miteinander gehabt und Kenwald war für den Alchemisten, neben der grantigen Putzfrau, so ziemlich der einzige nette Kontakt nach draußen gewesen, seit dieser in den letzten Monaten kaum mehr einen Fuß aus der Einrichtung setzte.
Anders jedoch Augenbeißer. Der, selbst für einen Kobold sehr kleine, Unternehmer klopft sich den Staub von den Schultern des maßgeschneiderten Anzuges und deutet auf die ehemalige Türe, welche halb aus den Scharnieren gefallen, sich kläglich an den verbliebenen Angeln festhält.

„Das werden sie mir auch erstatten, sie vermaledeiter Taugenichts!“ Augenbeißer scheint vor Wut zu platzen. „Wer glauben sie überhaupt, wer sie sind, sich hier einfach einzuschließen! Chemie Noria will Ergebnisse sehen. Heute ist Stichtag! Also geben sie mir nun einen verdammten Grund-“ er beginnt zu schreien. „Dass ich sie nicht sofort ins GEFÄNGNIS WERFEN LASSE!“

Liebend gerne würde Razhan ihm antworten. Dass er endlich besagte Mischung gefunden habe, für die er von einer Zweigstelle der Gemeinschaftslabore 'Chemie Noria' beauftragt worden war. Doch seine Forschungen verbleiben erfolglos. Er ist verzweifelt, denn er weiß nur zu gut, dass er jetzt nicht nur seine Arbeit verlieren wird.
« Letzte Änderung: 19.05.2014, 12:33:04 von Wellby »
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« Antwort #5 am: 19.05.2014, 12:32:20 »
Abraham Harker


Während das Leben in den Straßen der Stadt seinen Lauf nimmt und die Bewohner sich ihren kleinen und großen Problemen widmen... Blickt ein Mann, an den rauen Fels unter sich gekauert, von Weitem den Lichtern Mechanikas entgegen.
Sein eines, gesundes Auge zusammengekniffen vermag er sogar, über die Zinnen der Mauer, die hohen Tempelkronen Argylles zu sehen und die Trambahn, wie sie sich zwischen den Türmen Kromdales, einer Schlange gleich nach unten windet. So nah...

Und doch so unerreichbar.

„Bastion – Fünf – Drei – Neun. Ich wiederhole. Bastion – Fünf – Drei – Neun, hier Freiheitsläufer Vierzehn. Sind im Brethonn Kamm versteckt und wurden angegriffen. Bastion – Fünf – Drei – Neun, wir benötigen sofortige Mauerunterstützung, bitte kommen.“

Gespannt lauschen die drei Acquisitoren dem stillen Knistern des Funkgraphen. Doch wieder meldet sich niemand. Resignierend seufzt Harker und zerkaut weiter den letzten Zitronendrop in seinem Mund. Soll angeblich gegen die giftige Wanderlust helfen, hatte ihm einmal ein weiser Mann erklärt. Er wendet den Blick ab von den Lichtern der Stadt und überprüft erneut die Kammern seines Revolvers, wobei er die vier leeren Patronen durch Geladene ersetzt.

Verschwommen erinnert sich der Freiheitsläufer daran, was in den letzten Stunden wirklich passiert war...

Er hatte sich erst im letzten Moment der Gruppe aus fünf weiteren Acquisitoren angeschlossen. Schnelles Geld, hatte der gebügelte Typ von Orkney versprochen. Einfacher Auftrag, rasch raus, durchs Ödland über den Kamm und wieder zurück. Kaum mehr als zwei Meilen hinter den Reichweitenlinien... Bodenproben für eine neue Pflanzenkultur. Wahrscheinlich für eine neue Biersorte, ging Abraham durch den Kopf, als er über beide Ohren lachend unterschrieb. Immerhin war es nicht das erste Mal, dass er in diesem Gebiet unterwegs war und tatsächlich war jeder Run durch die Brethonn Ebene ruhig verlaufen. Die Langlebigen schienen nie sonderliches Interesse an der toten Gegend zu haben. Wieso also nicht?

Doch natürlich kam es anders. Die Gruppe hatte saubere Arbeit geleistet und es war eindeutig nicht der Fehler ihres Führers, dem alten Hund Amundsen, gewesen. Im Gegenteil, sie lagen gut in der Zeit und schon am Ende des Nachmittages waren sie bereit für die Rückkehr... Als dieser verdammte Speer den Kerl neben Harker, verflucht er wusste nicht einmal mehr seinen Namen, von oben herab pfählte.

Riesen, überall. Vermutlich auf der Jagd gewesen. Mindestens vier, vielleicht sogar fünf. Es ging alles so schnell. Instinktiv hatte Abraham seine Kanonen in das Gesicht der nächsten Bestie entladen, doch...Es half alles nichts.
Sie waren überrascht worden und hatten sich gut geschlagen und dennoch waren sie einfach zu wenige gewesen, um es mit mit so einem Gegner ernsthaft aufnehmen zu können. Wenige Augenblicke später wurde der nächste ihrer Gruppe zerrissen. Nahezu zeitgleich schrie eine Frau, ihr Name war Syola. Abraham wünschte, er hätte er den Gnadenschuss geben können, doch der Winkel war zu weit und Pjotr stand im Weg. Die Riesen hatten sie in die Spalte gezogen. Wer weiß schon, was sie nun mit ihr anstellen werden.

„Bastion – Fünf – Drei – Neun. Ich wiederhole. Bastion – Fünf – Drei – Neun, hier Freiheitsläufer Vierzehn. Sind im Brethonn Kamm versteckt und wurden angegriffen. Bastion – Fünf – Drei – Neun, wir benötigen sofortige Mauerunterstützung, bitte kommen.“

Nun liegen sie hier, in dem zerklüfteten Brethonn Felsenklamm und haben sogar die Pflanzenkultur irgendwo verloren. Der alte Amundsen klammert sich an den Funkgraphen, wie ein Paladin an den Rockzipfel der Eisernen, in der Hoffnung, erlöst zu werden. Der andere Überlebende ist Pjotr Andrejwitsch, der Hüne mit dem Bihänder.

Verdammt, wäre er nicht zwischen ihnen gestanden...Arme Syola.

Harker schüttelt den Kopf und versucht, sich auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren. Nur etwa vierhundert Meter trennen sie von der vordersten Reichweitenlinie. Die weißen Pfähle markieren die äußerste Grenze. Ab diesem Fleck verlässt man die Feuerreichweite der Mauergeschütze und lässt somit jegliche Zivilisation und Hoffnung hinter sich. Jedem in ihrem Geschäft ist das Risiko bewusst. Vierhundert Meter... Und es ist unmöglich, dass sie diese Strecke lebend hinter sich bringen würden.
Die Riesen sind ihnen dicht auf den Fersen. Allein den Felsen dieser niedrigen Gebirgskette ist es zu schulden, dass die Monster ihre Beute aus den Augen verloren haben, da sie ihnen, aufgrund ihrer Größe, nicht auf selben Weg folgen konnten. Doch Harker ist sich bewusst, dass sie immer noch dort draußen sind.
Sie werden warten, bis die drei Todgeweihten aus ihrem Versteck kriechen und sie werden sie fangen, bevor sie die Linien erreichen. Ausgeschlossen. Egal wie schnell sie rennen würden... Diese Bestien waren schneller. Immer.

„Du hast es gewusst nicht wahr? Du hast genau gewusst, dass diese verschissene Mission nicht genehmigt war, oder?“ Pjotr unterbricht das Schweigen und baut sich vor Amundsen auf. Er hält sein Schwert in der Rechten und nähert sich ihrem Anführer bis auf wenige Schritte.

„Sie werden für uns keine Kugeln verschwenden, weil sie es dir von Anfang an gesagt haben, habe ich Recht?
Sag mir, alter Mann. Was hält mich davon ab, dir den Kopf herunter zu schlagen und deinen Leichnam als Ablenkung zu benutzen?“
« Letzte Änderung: 19.05.2014, 12:32:52 von Wellby »
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Razhan

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« Antwort #6 am: 19.05.2014, 15:10:47 »
Hau ihn um! Scheiß auf den Zwerg, scheiß auf die Forschung! Du weißt du hast etwas erschaffen was stärker ist als alles Andere! kommt es auf einmal aus dem hinteren seines Kopfes. Angestrengt versucht Razhan diesen Gedanken zu verdrängen. Nur zu gut weiß er, dass dieser Gedanke nicht sein eigener ist. Der Forscher blickt sich um und geht seine Optionen durch. Gleepwurp kann er das Geld nicht zurück zahlen. Seine Schulden sind so hoch, dass er in irgendeinem dreckigen Loch in den Gefängnissen schmoren wird. Sein Arbeitgeber hat gute Beziehung er wird schon dafür sorgen, dass es ein sehr dunkles und sehr tiefes Loch sein wird.
Grolm: Du weißt, dass wir nicht ins Gefängnis können?
Razhan: Verpiss dich ich muss nachdenken!
Grolm: Wohin denn? Ich bin du und du bist ich. Und du weißt genauso gut wie ich, dass man toten Personen nichts mehr schuldet.
Razhan: Mord ist keine Lösung.
Grolm: Heil wirst du hier alleine nicht rauskommen. Lass uns Plätze tauschen ich bring uns hier raus. In deiner Verfassung wirst du nicht gegen seinen Lakaien kämpfen können, geschweige denn fliehen. Er hat eine Kanone und wir haben nur ein paar Glaskolben.

"Hey Razhan hörst du mir überhaupt noch zu?!" Verwirrt und aus seinen Gedanken gerissen blickt Razhan umher. Er bemerkt, dass seine rechte Hand begonnen hat den Verschluss einer Flasche zu öffnen welche er an der Seite trägt. Hastig zog er die Hand zurück. "Ich sagte wo ist mein Geld? Wo sind deine Ergebnisse?" "Hier du kleiner Wicht." kam es aus dem Mund des Verschuldeten. Und deutete mit einer Geste auf seine Flasche in der die lilane Tinktur hin und her schwappte. Stille. Gleepwurp schaut ihn verduzt an. Die Farbe seines eh schon roten Gesichtes wurde langsam ein sattes Burgunder.

"Wicht? Wiiiiiiicht? Ich werd dir zeigen was ein Wicht ist! In meiner gesamten Laufbahn hat mich noch niemand als Wicht beschimpft!"

*Plop* Der Verschluss löste sich. Nein nein nein nein nein nicht jetzt. Der Flaschenhals berührte seine Lippen und langsam aber sicher fließt das stark Alkoholische Getränk seinen Rachen runter. Ein Schrei kommt aus dem Mund von Razhan und je lauter der Schrei wird, desto weiter wird Razhan in die Gedanken verbannt und desto mehr kommt Grolm zum Vorschein. Das Äußere verändert. Gleepwurp weicht entsetzt einen Schritt zurück.

Außer sich vor Wut stürmt der Berserker auf seine beiden unliebsamen Besucher zu. Nicht töten! schallt es aus den hinteren Bereichen seines Kopfes.
Wir sind zu allem bereit, aber zu nichts nutze.

Abraham Harker

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« Antwort #7 am: 19.05.2014, 16:08:33 »
Mit einem leisen Knurren erhebt sich Harker. Lässt den Revolver noch einmal um den Finger kreisen- ehe er ihn mit einer dynamischen Geste ins Holster zurücksteckt- mehr zurückrammt als wirklich mit gegebener Vorsicht hineinschiebt. Knirschend flüchten Steine unter seinen Stiefeln. Unruhig weht der Mantel im Wind, als sich sein künstliches Auge auf den Hühnen scharf stellt- die Details der Szene erfasst. Wenn es so weiter geht, wäre gleich ein weiteres Mitglied des Expeditionstrupps kaltes, totes Fleisch. Bestienfutter.

Und wenn er die Haltung des alten Amundsen richtig deutet, hat dieser noch nicht vor heute zu sterben.

Harker weiss um die schnelle Hand des alten Führers. Und er weiss genauso gut, dass sie sich keinen Ausfall leisten können. "Andrejwitsch. Hör auf. Wir brauchen ihn. Er kennt die sicheren Wege zurück- und er hat wahrscheinlich auch schon jetzt bessere Pläne wie wir an den verdammten Riesen vorbeikommen als du in deinem hohlen Schädel jemals entwickeln wirst."

Der Acquisitor schlägt den  Mantel ein Stück weit zurück- nicht weit genug dass es eine eindeutige Drohung wäre. Aber weit genug, dass das dunkle Metall des Kaiserstein-Kranter matt im schwachen Licht der Klamm schimmert. "Und ich habe keine Lust, für dich eine Kugel zu verschwenden. Also setz dich hin- und pass auf das uns nicht noch ein Vieh hier rein folgt." Mit eisenhartem Blick fixiert der Revolverheld den Schwertkämpfer. Atmet ruhig durch die Nase, die Hand schon halb an der Hüfte.  Es ist unwahrscheinlich das irgend etwas an den Riesen vorbeikommt (ohne gefressen zu werden)- aber wenn er dem Hühnen etwas zu tun gibt, wird er vielleicht etwas ruhiger. Hofft er.
« Letzte Änderung: 19.05.2014, 16:11:49 von Abraham Harker »
When they kick at your front door
How you gonna come?
With your hands on your head
Or on the trigger of your gun?

Isamu Tanaka

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« Antwort #8 am: 19.05.2014, 21:35:11 »
Für einen Moment hatte Tanaka die Luft angehalten. Am liebsten hätte er Albertos Hand einfach Weckgewischt. Wie war dieser Möchtegern überhaupt in seine Garderobe gekommen. Reinschleichen war ja nicht sein Stil, eher der des lockeren Geldbeutels. Doch egal er war nun hier.
Mit den Augen hielt Tanaka ihn fixiert. Für ihn wurde applaudiert und weder die Tatsache seiner Schuld noch ein Monteverda würde ihm das jetzt nehmen können. Sein Blick wurde sanfter als er mit der rechten nach dem Abschminkentuch angelte. Er lächelte Alberto sogar zu bevor er auf die Frage Antwortete. „Oh mein Bester, du weißt ja wie es ist. Ah es ist einfach herrlich.“ Langsam begann er sich mit dem Tuch abzuschminken. Seine Augen richtete er mehr auf sich selbst als auf Alberto, doch ließ er den Adelsspross nicht wirklich aus den Augen. So nah wie er ihm gerade stand, war es nicht nötig ihn anzustarren. „Diese strahlenden Augen die nur dich anblicken, wenn du deine Stimme erhebst. Die Freude in den Gesichtern wenn die Schlacht gewonnen ist. Der Applaus der wie sprudelndes Wasser von ihrer reinen Freude kündet. Ja es ist einfach wunderbar.“ Er hielt kurz inne und säuberte das Tuch in einer Wasserschale um weiter machen zu können. „Ja wirklich, und ganz besonders wenn du weißt, dass du es dir ehrlich erarbeitet hast. Ja ohne Hilfe würde ich nicht hier sitzen, Hilfe die mir noch etwas kosten wird aber wenigstens sind es meine Schulden. Aber was erzähle ich dir? Du hast es ja selber geschafft. Du hast selber den ehrlichen Applaus deiner Zuhörer vernommen. Konntest nach der Vorstellung zu dir sagen. JA, ich habe es geschafft aus eigener Kraft.“ besonders das Wort ehrlich betonte Tanaka immer wieder leicht. Er respektierte Alberto als mindestens ebenso guten Barden doch zweifelte er an, dass dieser ohne sein Geld soweit gekommen war.   
Status
Das Spiel zu erkennen, heißt nicht das Spiel zu können.

Wellby

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« Antwort #9 am: 20.05.2014, 13:05:56 »
Flinkhand Schraubendreher / Haze, der Kobold



Der Schock, welcher die beiden Kobolde durchfährt, als das eiskalte Wasser klatschend auf die beiden Köpfe niederfährt, lässt die Brüder sofort aus ihrer Benommenheit erwachen.

Dunkelheit.

Schmerzen!

Was ist passiert? Wo bin ich?

Haze ist bis heute der Meinung, er wäre bedeutend älter als Flink. Offiziell bestätigen könnte dieses jedoch niemand, denn ihre Eltern hatten sich hierzu nie eindeutig geäußert und als der Kobold das nötige Alter erreicht hatte, an dem dieses Ereignis an persönlicher Bedeutung gewann, hatte er auch schon keine Möglichkeit mehr, die beiden Bolde danach zu fragen.
Mit was er sich von dem jetzigen Moment an brüsten kann, ist die neuerliche Tatsache, dass er als erstes durch diese knochenkalte, bittere Überraschung das Bewusstsein wiedererlangt. Blinzelnd versucht er, sein Blickfeld zu klären, doch zu seinem Unmut muss er einsehen, dass die Welt durch seine Augen bisweilen weiter in Dunkelheit schwebt. Als er versucht, seinen Körper zu bewegen neigt er plötzlich zum Zweifel, dass er über diese Fähigkeit überhaupt noch verfügt, denn weder Arme noch Beine reagieren auf den durchaus eindeutigen Befehl, den er willens an seine Glieder schickt. Glücklicherweise beginnen diese nach wenigen Augenblicken ebenfalls Stich artig zu schmerzen und der Ironie des Moments ist es geschuldet, dass er über diese Erkenntnis durchaus erleichtert ist.
Scheinbar war er gefesselt, denn an Hand- sowie Beingelenken drückt, reibt und zieht eine Art Seil, wie der Kobold feststellt. Nur wer hat ihn festgebunden? Über das 'Wieso' macht er sich aktuell kaum Gedanken, denn spontan würden ihm wohl um die dreißig Personen einfallen, die seiner nur liebend gerne habhaft wären.
Plötzlich ziehen sich seine Fesseln noch enger, als ein vertrautes Stöhnen seine Aufmerksamkeit erregt. Verdammt, Flink? Bist es du? Will er sprechen, doch ein Knebel in seinen Mundwinkeln verhindert die genauen Worte und verwandelt diese in ein undurchsichtiges Murmeln, welches in das dumpfe Jammern seines Bruders einstimmt.

Auch Flinkhand war gefesselt worden und nun, etwa eine Minute und einundzwanzig Sekunden später wird sich auch dieser Bold darüber schmerzlich bewusst. Doch in einer einzigen Tatsache unterscheidet er sich jetzt, vier Sekunden später von seinem Bruder. Denn er ist derjenige, der als erstes einen Tritt gegen die Kniescheibe verpasst bekommt!

"Los, wach' scho auh ihr' Trottln!" schallt eine nuschelnde, leicht dümmlich klingende Stimme durch die Dunkelheit. "Da Boss will mit euch redn'!" Ein weiterer Tritt trifft die selbe Stelle am Bein des Schraubendrehers.

Ihr hört, wie sich eine Tür öffnet und eine weitere Person mit einer durchaus klangvollen Stimme spricht:
"Sind die beiden nun schon wach, Otis?" Der dumme Grobian antwortet sofort, im gehorsamen Tonfall: "Weiß nich', Chef. Der eine, kleinere glaub ich hat sich jerade beweg'. Und nuschln tun se'!" Mit einem knacksenden Geräusch trifft ein weiterer Schwung das selbe Gelenk, wie bei den zwei vorherigen Schlägen. "Aufwachn' sollta!" schreit der Mann, welcher Otis genannt wird. "Nimm ihnen die Säcke vom Kopf, du einfältiger Dämlack! Dann werden wir schon sehen!"

Brennend bricht das einflutende Licht der Öllampen die Schwärze, welche bislang das Sichtfeld der beiden Kobolde eingenommen hatte. Haze schüttelt den durchnäßten Kopf und blickt sich um. Er ist an einen Stuhl gefesselt und starrt auf eine grob gezimmerte, von Blut und Näße verschimmelte Holzwand. Rücken an Rücken dazu befindet sich der arme Flinkhand, dessen erster Blick auf den grimmig dreinblickenden Hünen fällt, welcher ihm gerade einen dunkel, triefenden Leinensack vom Kopf gezogen hat. Das eine Auge scheint von Blut geschwollen, doch als sich das andere an die Lichtquelle einigermaßen gewöhnt hat, erkennt er die zweite Person.
Ein Mensch, etwa vierzig, in einen leicht verschlissenen, grauen Anzug gekleidet, auf dessen Kopf ein niedriger, abgerundeter Hut trohnt. Schadenfroh blickt dieser direkt in die Augen des Schraubendrehers und bleckt dabei gelbe, löchrige Zähne, bevor er Flinkhand direkt anspricht.

"Na, du kleines, stinkendes Wiesel? Wie fühlt man sich jetzt? Hmnh!" Der Mann tritt zwei Schritte näher an den Kobold heran und beugt sich, sein Gegenüber dabei nicht aus den Augen lassend, auf dessen Höhe hinab. "Jeder bekommt das, was er verdient hat, mein kleines Wiesel, jeder in dieser Stadt bekommt immer das, was er verdient hat, hat meine Mutter immer gesagt!"
“Sometimes it’s only madness that makes us what we are.”

~ Grant Morrison; BATMAN: Arkham Asylum - A Serious House On a Serious Earth

Flinkhand

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DEUS EX MACHINA
« Antwort #10 am: 20.05.2014, 13:53:03 »
Flinkhand ist ein wenig verwirrt. Was war denn jetzt schon wieder passiert? Er zerrt ein wenig an seinen Fesseln und bemerkt, dass er mit seinem Bruder zusammen gebunden ist. Was hatt der schon wieder angestellt, dass sie in dieser misslichen Lage stecken?

Er hat einen Sack über dem Kopf und hört eine nuschelnde Stimme - die redete etwas von kleiner...

"Eh, wen nennst du hier klein? Zeig dich, Feigling."

Dann verschwindet der Sack und er fühlt das ungute Gefühl eines blutigen Auges in seinem Gesicht. Flinkhand beginnt zu Grummeln und dann schlägt ihm der widerliche Gestank fauler, ungeputzter Zähne entgegen.

"Hmm, darum stinkst du auch so aus dem Maul, Dummkopf", fährt der aufgebrachte Kobold den Mann an.

Wellby

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DEUS EX MACHINA
« Antwort #11 am: 20.05.2014, 16:37:32 »
Lavinia Crankrats


Arkham. Na Klasse.

Lavinia würde jeden Platz in der gesamten Stadt gegen dieses verfluchte Viertel tauschen. Nicht wenige ihrer Bande waren bereits in dieser Gegend unterwegs gewesen... Und kaum mehr als die Hälfte von ihnen waren wieder zurückgekehrt. Arkham ist ein verfluchter Ort... Ein Böser Ort.

Seufzend ruft sich die Diebin erneut ins Bewusstsein, dass ihre Meinung diesbezüglich nichts zählt. Der Befehl des Dons ist eindeutig. Sie hatte sich in der Vergangenheit ein einziges Mal aufgelehnt...

Und die Basterds haben ihr den Arm dafür genommen.

Immerhin geht es dieses Mal nur um Einbruch. Genauer gesagt, um Einbruch mit folgendem Diebstahl. Ein Dokument soll ihr Ziel sein. Ein Beweisstück. Jemand hat es gewagt, den Don herauszufordern und ihm zu drohen. Die Jungs sprechen von Erpressung, wobei sich Santiago diesbezüglich bedeckt gehalten hat, als Jack und Crank' die Anweisungen erhalten haben.
Natürlich möchte der alte Basterd keinesfalls preisgeben, dass ihm ein Fehler passiert ist, denn Ehre... Ehre wird großgeschrieben, bei den 'New Bowerstone Basterds'.

Verdammter Chummer... flucht Lavinia in Gedanken.

Also führte sie ihr Weg, an der Seite ihres Freundes Jack, von Downtown aus die Bettlertreppe hinauf. Ein chaotischer Haufen aus Stangen, Eisenbalken und Gerüsten, welcher einen großen Abschnitt des Überhangs befestigt, auf Höhe Brim & Roverstock. Mehrere Meter schwindelnde Höhe und Sprünge, weit über den Dächern Towns liegen hinter den beiden, als sie nun, am Ende der gefährlichen Klettertour, die Hauswand des Anwesens hinaufklettern, welches direkt an der Grenze des Niederfalls errichtet über dem gefallenen Viertel thront.

Jack war schon immer der bessere Schlossknacker, weswegen er vor wenigen Augenblicken die Führung übernommen hat. Der Don, Santiago genannt, hat den beiden zwar keinen Lageplan des Hauses geben können, doch immerhin angedeutet, dass die Verwaltungsräume und Büros der Fleischerei sich im ersten Stock befinden sollen. Schnell erkennt das Duo, dass ein Fenster auf der Südseite des Gebäudes ihre Eintrittskarte sein wird.
Jack und Lavinia haken sich an der spröden Wand ein und das Mädchen behält ihre Umgebung im Auge, während ihr Kumpane mit einem Flickeisen langsam die Scharniere bearbeitet.
Arkham ist ein unwirtlicher, stickiger und von dicken Rußwolken verhangener Ort. Ein düsterer Ort... Was, wie die Diebin sich eingestehen muss, ihnen in diesem Augenblick von großem Vorteil ist.
Niemand entdeckt die zwei, als mit einem sanften Klick die Läden des Fensters nach außen schwingen und erst Jack, dann Lavinia in die Dunkelheit des Raumes dahinter schlüpfen. Gekonnt kneift das Mädchen ihre Augen zusammen und mustert das Zimmer bis ins kleinste Detail.

Scheinbar befinden sie sich in einem unbenutzten Gästezimmer, denn auf dem ausladenden Bett in der Mitte des, etwa 6 Quadratmeter, großen Raumes ist um diese Uhrzeit nach wie vor die Tagesdecke fein säuberlichst ausgebreitet. Ein Bücherregal steht dessen gegenüber, an welches sich ein Schrank anreiht. Auf der anderen Seite führt eine Tür hinaus. Ein schwacher Lichtschimmer ist unter dem Rahmen zu erkennen.

"Komm schon Kleines." flüstert Jack, ohne dabei sein sympathisches Lächeln abzusetzen. "Das wird ein Kinderspiel. Es ist kein Vögelchen zu Haus!" lacht er leise, bevor er gekonnt an die Tür heran schleicht. Langsam drückt er die schmale Klinke hinab und schiebt diese nach außen, um durch den so entstandenen Schlitz hinaus zu lugen. "Am Besten trennen wir uns und durchsuchen die Büros. Pass auf dich auf Kleines,-" zwinkert er seiner treuen Freundin liebevoll zu. "-Denk dran, solange wir zusammenhalten, wird uns nichts passieren." Schwungvoll springt er hinaus auf den angrenzenden Gang und verschwindet aus Lavinias Blickfeld.
« Letzte Änderung: 20.05.2014, 16:38:09 von Wellby »
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« Antwort #12 am: 20.05.2014, 18:06:07 »
Abraham Harker


Als Harker sich für ihren Anführer einsetzt bemerkt er, wie dieser seinen Blick weiter starr auf den Graphen hält. Seine Finger zittern und er versucht augenscheinlich, so unbeteiligt wie möglich zu wirken.

Doch Pjotr fixiert den Revolverhelden scharf mit den Augen und drängt sich an Amundsen vorbei, bis er etwa vier Schritte vor Harker zum Stehen kommt. Das Schwert umklammert er fester, als er die freie Hand hebt und mit dem Finger auf sein Gegenüber deutet. Schweißperlen haben sich auf seiner Stirn gebildet und seine Mimik verformt sich zu einer grässlichen Grimasse, während er bedrohlich die beeindruckend großen Kiefer öffnet, um die Zähne dahinter zu fletschen. "Kleiner Mann... An deiner Stelle wäre ich weiser, bei der Wahl meiner Worte! Bis gerade eben habe ich noch erwogen deinen erbärmlichen Arsch mit über diese Steppe zu zerren, doch vielleicht ändere ich noch meine Meinung. Konnte dieses verfluchte Auge sowieso nie leiden, Straßenboi, also wieso tust du mir keinen Gefallen und springst freiwillig den Thors[1] in den Fressnapf?!"
Er droht dem Pistolenschützen offensichtlich, doch hält sich noch zurück, als wolle er seinen Kollegen eine letzte Möglichkeit zur Antwort geben.
 1. Umgangssprachlich für das wandernde Volk der Riesen. Leitet sich von Thorald ~ dem Elfenkönig ab, der vor Jahrhunderten eine Blutbande mit den Bestien der Steppe schloß
« Letzte Änderung: 20.05.2014, 18:06:36 von Wellby »
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« Antwort #13 am: 20.05.2014, 18:26:18 »
Isamu Tanaka


Alberto Monteverda lachte laut auf bei den Worten Tanakas und wirft dabei den Kopf leicht in den Nacken, um seine überschwängliche Reaktion zu unterstreichen.
"Ha ha! Wahrlich einmalig dieses Gefühl! Hach, endlich spricht mich jemand einmal darauf an, wie ich mich dabei fühlte! Jeder schüttelt dir danach die Hände und alle schreien sie Applaus, doch niemand fragt dich nach dem Gefühl-" bei dem letzten Wort fixiert er den jungen Barden erneut durch den Schminkspiegel und greift sich ergriffen mit der Faust an die Brust. "Nach der Leidenschaft und der schier unerschöpflichen Extase, welche deinen Körper-" mit einer ausladenden Geste wirbelt er mit beiden Händen durch die Luft, als würde er ein Orchester dirigieren. "Ganz und gar überwältigt! Es ist die wahre Kunst, der wahre Sinn des Lebens und Tanaka - mein BRUDER - ich behaupte aus den tiefsten Abgründen meiner gütigen Seele, dass niemand, ich wiederhole, niemand auf diesem toten Felsen jemals wirklich gelebt hat, wenn er nicht das verspürt, was wir beide - du und ich - dort oben auf der Bühne erlebt haben!"
Alberto greift erneut sanft nach den Schultern seines Kollegen, bevor er sich dessen Gesicht mit dem eigenen bis auf wenige Zentimeter nähert. Die Euphorie, welche seine Züge eben noch formte, wechselt zurück in das diabolische Lächeln, was Tanaka nur zu gut bereits kennengelernt hat. Flüsternd spricht er:
"Ich hoffe du hältst daran fest, mein Bruder. Ich appelliere an deine Seele, dass du Tobias Lamour nicht für immer hassen wirst, für das, was er getan hat und - mein Bruder - ich wünsche mir, dass du das, was du heute dort oben-" Alberto richtet sich schwungvoll zu voller Größe auf und deutet symbolisch zur Decke und in Richtung des Theaters, welches sich einen Stock weiter oben befindet.

"Auf den stolzen Bühnen Mechanikas erlebt hast... Niemals vergisst. Denn du wirst es nie wieder verspüren, dort, wo sie dich hinsperren werden."
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« Antwort #14 am: 20.05.2014, 19:54:07 »
An eine Wand hinter der jubelnden Menge gelehnt, hörte Irene den Ausführungen Killkennys zu. Der Mann war wirklich lachhaft und überschätzte er sich maßlos selbst. Sie hatte schon Männer seines Kalibers zusammengeschlagen, da hatte er gerade erst bei den Schildwächtern angefangen. Er konnte sich aufführen wie er wollte aber seine gelben geborstenen Zähne machten ihn trotz seiner erstaunlichen Muskeln zu einer Witzfigur. Entspannt lächelnd wartete sie auf den richtigen Augenblick. Hier reichte es nicht, dem aufgeblasenen Sack die Fresse zu polieren, sie musste ihn vor all den anderen Männern bloßstellen und dazu gehörte auch ein guter Auftritt. Das die Faust deshalb die Zeremonie verpasste war zwar wirklich schade aber sie war noch keinem Kampf aus dem Weg gegangen. Sie scheute kein Duell und hasste es, wenn man sie in irgendeiner Weise beleidigte. Die meisten ihrer Herausforderer waren mit eingezogenem Schwanz davongerannt, nachdem Irene Tanner gezeigt hatte, das sie keine Lady war, mit der man umgehen konnte wie man wollte - wenn sie es denn dann noch konnten.

So entschloss sie sich schließlich, sich durch die Menge zu drängen und stellte sich selbstsicher grinsend in den Kreis. Gemächlich und ganz eindeutig die Ruhe selbst, zog sie ihre Lederjacke aus und warf sie in die nun stille Menge. "Wenn ich mit dir fertig bin, wird eine Matratze das einzige sein, was du in den nächsten Tagen sehen wirst." Sie entspannte ihre mechanischen Hände und ballte sie mehrfach nacheinander zu Fäusten. "Mit deiner Fresse würde ich mich sowieso lieber in eine dunkle Ecke verkriechen und nicht mehr rauskommen." Sie zuckte mit den Schultern. "Also bringen wir es schnell hinter uns, sonst kriege ich das Kotzen, wenn ich dich noch länger angucken muss."

Sie lächelte den Paladin herausfordernd an und tänzelte von einem Bein auf das andere, bereit dem ersten Angriff auszuweichen und die Waffen einzusetzen, die ihr ihre Königin geschenkt hatte. Ihre Zuversicht auf den Sieg musste sie nicht einmal spielen. Die Erfahrung sagte ihr, das sich Männer wie er viel zu sehr aufspielten und sich maßlos selbst überschätzten. Sie wusste genau was zu tun war, denn so etwas hatte sie schon von Kindesbeinen an durchgezogen.

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