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Autor Thema: Und ich nenne dieses Stück... ABRA KADAVER!  (Gelesen 28502 mal)

Beschreibung: [Uhrwerk 39, Teil 2 ~ In einer Stadt, am Ende der Zeit...]

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Und ich nenne dieses Stück... ABRA KADAVER!
« Antwort #195 am: 12.01.2015, 20:40:53 »
"Es ist wahrscheinlich, dass der Weg vor uns mittelbar zu jenen Dämonen, oder was auch immer, führen wird, die sonst das Fleisch verzehren. Jetzt, nachdem der Alarm ertönt ist, werden sie uns entgegenkommen. Wenn der Gang vorher eine Abzweigung macht, dann sind wir sicher. Wenn er keine Abzweigung macht, dann laufen wir ihnen direkt in die Arme. Wenn wir den Aufzug nehmen, dann kommen wir nicht weiter und langfristig werden uns die Dämonen im Gewölbe aufstöbern. Also, beeilen wir uns und hoffen auf unser Glück!", sagte der selbsternannte Inspektor und lief los, den Gang hinunter. Dann blieb er doch auf halber Treppe stehen und blickte zu seinen Gefährten, ob sie ihm folgen würden. Andererseits spähte er den Gang hinauf, ob er schon Anzeichen von Dämonen entdeckte[1].
 1. Wahrnehmung 11 (natürliche 1)
« Letzte Änderung: 12.01.2015, 20:41:16 von Inspektor Haze, "der Alpha Pinguin" »
Der kluge Kämpfer zwingt seinem Gegner seinen Willen auf, doch er läßt nicht zu, daß der Gegner ihm den seinen aufzwingt. - Sun Tse

Isamu Tanaka

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Und ich nenne dieses Stück... ABRA KADAVER!
« Antwort #196 am: 12.01.2015, 21:11:03 »
Klitsch nass schaute Tanaka und wohl auch Lavinia dem Kobold hinter her. Wie sprunghaft und undurchschaubar dieses Volk doch war. Aber der kleine Mann hatte Recht. Sie konnten eigentlich nicht nach vorne und zurück ging es auch nicht mehr.

An der Seite von Lavinia ging Tanaka los. Jeder einzelne Schritt den er tat schmerzte. Es zog und zupelte nur so an den angeheilten Wunden aber mit zusammen gebissenen Zähnen ging es voran. Wenigstens stank er nicht mehr so nach dem Koch und dem Blut. Es war wirklich erfrischend, diese Dusche von der Faust, auch wenn etwas zu kalt. So nickte er ihr auch dankend zu, als er an ihr vorbei kam.
Status
Das Spiel zu erkennen, heißt nicht das Spiel zu können.

Abraham Harker

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« Antwort #197 am: 14.01.2015, 10:15:25 »
"Na dann. Auf in die Hölle. Haben heute sowieso wohl nichts besseres vor." Harker marschierte ebenso in Richtung des muffenden Eingangs- ohne ersichtliche Zeichen von Beunruhigung. Schlimmer konnte es sowieso nicht kommen- was sollte sie also noch groß erwarten?
« Letzte Änderung: 14.01.2015, 10:15:36 von Abraham Harker »
When they kick at your front door
How you gonna come?
With your hands on your head
Or on the trigger of your gun?

Wellby

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« Antwort #198 am: 02.02.2015, 18:16:15 »



Das Bollwerk des Dunklen Drübens, die Hallen der Fütterung
Runde I

Dank seines angeborenen Tatendrangs, für den der Kobold Haze innerhalb Mechanikas berühmt wie berüchtigt war, dauerte es nicht lange, bis er nach eingehender Betrachtung des vor ihnen liegenden Weges, es schließlich schaffte, die übrigen Mitglieder des neununddreißigsten Uhrwerkes dazu zu bewegen, ihm die Treppen nach oben hin zu folgen. Gestrandet in einer völlig lebensfeindlichen Umgebung gab es für die vier Gefährten kaum eine andere Option mehr, als sich ihrem Schicksal zu fügen und sich gegen die Mächte des Dunklen Drübens zu stellen, dessen Türschwelle sie bereits längst, gar unfreiwillig passiert hatten. Was auch immer am Ende der glitschigen, groben Stufen auf sie warten würde... Nach all der Zeit in jenem unterirdischen Massengrab schien ein Rückzug über den Aufzug ausgeschlossen.

Der vehemente Geruch von Tod und Verwesung verfolgte die sechs Brigadiere auf Schritt und Tritt. Der gewundene, sich nach oben schälende Gang wurde von unregelmäßigen, vor Öl triefenden Fackelhaltern erhellt. Ihre vorsichtigen Bewegungen spiegelten sich im flackernden Tanz der lang gezogenen Schatten wieder, bis die Treppe schließlich in einer, vom scharlachroten Himmel Aradans erhellten, Öffnung endete. Da offensichtlich jegliches Anzeichen naher Trollocs fehlte, dauerte es auch nicht lange, dass die Gruppe jenes große, nach obenhin spitz zulaufende Fenster erkannte, durch welches jenes ungesunde Leuchten in das Gebäude drang. Sie befanden sich am Fuße eines weiteren großen Raumes, voll von gemauerten, unförmigen Tischen, Schemeln, Unrat und Essensreste. Alles schien, als hätte sich hier noch vor kurzem eine riesige Meute jener Ungeheuer aufgehalten. Unheimlich vertraute Knochenbruchstücke lagen achtlos auf den Möbeln und Steinfliesen verteilt. Blutlachen sammelten sich in gebrochenen Bodenstücken und am Rande jener grausigen Tafeln. Kein Zweifel blieb bestehen. Hatte es sich dort unten tatsächlich um die Realität gewordene Perversion einer Küche gehandelt, so waren die Gefährten nun im Speisesaal des Hauses angelangt.

Doch keine einzige Gestalt war mehr zu erkennen und die Brigadiere waren völlig allein. Alles schien wie ausgestorben. Nerven zerreißende Stille nagte an ihren schwer angeschlagenen Gemütern, als die sechs Brigadiere sich daran machten, ihren beschwerlichen Weg durch die Hallen der Fütterung fortzusetzen.

Das neunundreißigste Uhrwerk befand sich an einem unbestimmten Ort inmitten des einstigen Sanatoriums der verfluchten Stadt Aradan. Keiner konnte ahnen, was sich jenseits ihres Blickfeldes wirklich abspielte. Jederzeit könnte sich ihre Glück im Unglück wenden und sie somit den einzigen Vorteil verlieren, der noch sie davon trennte, nicht selbst in den ekelhaften Kochtöpfen dieser Dämonen zu landen. Denn noch blieben sie unentdeckt in der Festung ihres Feindes...

Sich kaum richtig auf den Weg konzentrieren, kam Tanaka dank der Hilfe von Lavinia gut voran. So langsam bekam sein Körper es heraus, wie er das Gewicht verlagern musste, dass die Wunden nicht schmerzend zogen. Zeit für große Sprünge, war aber damit nicht geschaffen.
Im großen Speisesaal war der junge Barde mehr über sich selber erschrocken. Nach dem Kampf mit dem Koch, dem Tod eines Menschen und den Fleischmassen war dieser Anblick und Gestank fasst eine Erleichterung. Erschöpft ließ er seinen Blick über die unzähligen Gegenstände im Raum schweifen. Suchte er etwas? Das wusste er selbst nicht einmal genau aber wenn er es sah, dann ahnte er, dass er es wissen würde.

Mit gespanntem Hahn und halb aus dem Holster gezogenem Revolver starrten das künstliche und das echte Augen in trauter Zweisamkeit den Gang hinab- immer darauf achtend, ob im Schatten sich etwas bewegte. Ob sich eine Nische als Hinterhalt erwies. Ob das feine Funkeln in Bodenhöhe nicht doch ein Stolperdraht war. Mit einem Schritt nach Vorne schloss er die Augen. Verließ sich einen Moment auf seine Ohren. Seine Nase. Das Gespür für das Vibrieren des Bodens.

Für die kleine Gruppe ging es vom Regen in die Traufe. Erst die abartig groteske Küche und nun das nicht viel bessere Esszimmer. Aber es half alles nichts und wenn sie diesen Ort wieder verlassen wollten, mussten sie hier durch - im wörtlichen Sinne. Da sich Irene wieder abgeregt hatte und auch Harker nicht weiter auf das Thema einging - zu seinem Glück - sah sie sich lieber in dem Raum um und suchte nach einem Ausweg. Je weniger Zeit sie hier verbrachten, desto besser.

Während die übrigen Uhrwerksbrigadiere sich darauf konzentrierten, einen Ausweg zu finden oder sich einen Reim aus der Lage zu machen - konnte Isamu Tanaka das unheimliche Gefühl nicht abschütteln, welches ihn plötzlich auf den unscheinbaren, nach oben hin spitz zulaufenden Durchgang aufmerksam werden ließ, der sich nicht weit ab des Treppenaufganges in der linken Seite der Steinwand befand. Vor lauter Unrat und an der Mauer aufgestapelten Tischen hätte er diesen beinahe nicht bemerkt. Ein kurzer, vorsichtiger Blick um die Ecke enthüllte einen fensterlosen, kleinen Lagerraum. Schmutzige Regale beherbergten grobe, tönerne Teller und haufenweise gestapelte Becher neben großen Trinkfässern, welche mit trübem, abgestandenem Wasser gefüllt waren. Gerade wollte er sich davon abwenden und zu seinen übrigen Gefährten aufschließen, als ihm in einer dunklen Ecke plötzlich eine kleine, etwa Unterarm-lange und ebenso hohe Kiste auffiel. Die Form des Schlosses erinnerte ihn an jenen kantigen Schlüssel, den der widerwärtige 'Koch' dieses Etablissements in dem kleinen Beutel verborgen hatte. Sich der drängenden, unheimlichen Faszination hingebend kam Tanaka nicht umhin, die Klerikerin darauf aufmerksam zu machen. Tatsächlich passte der Schlüssel! Nach zwei Umdrehungen sprang das Schloss auf und es war für Irene daraufhin ein Leichtes, den in Metall gefassten Holzdeckel zu öffnen. Verwundert blickten die beiden auf den äußerst eigenartigen Inhalt, welcher ein völlig anderes Licht auf das grausame Ungetüm werfen sollte. Als erstes sprang sofort ein silbern schimmernder, etwa zwanzig Zentimeter langer Stock ins Auge, welcher an den Seiten gerillt, in einem Zylinder-artigen Trichter endete. Etwas, was entfernt an die in gehobeneren Kreisen Mechanikas bekannten 'Elektrolythlampen' erinnerte, befand sich im Zentrum des kuriosen Kopfstückes. Am anderen Ende wies der Stock eine Unterbrechung in seinem Muster auf: Ein kleiner, vom Korpus unabhängiger Teil war dort mit einem Kautschuk-Überzug versehen worden. Direkt daneben lag etwas, was an eine Pistole erinnerte - allerdings fehlte jegliche Trommel, Repetierlade- oder Schießpulvervorrichtung. An der Seite des einst scheinbar so säuberlich gehüteten Laufes stand eingraviert: 'Luger 08'. Schließlich bildete ein vergilbtes, in braunes Leder gebundenes Buch den Letzten der drei Gegenstände, welche den kuriosen Bestand innerhalb der Kiste bildeten. Es schien zu aller Überraschung in einem fernen Dialekt des 'Daenglishen' verfasst. Ein flüchtiger Blick auf die erste Seite verriet die Überschrift: "Tagebuch von Jeremiah Doyle,  09. Mai des Jahres 1968; Providence."

Unterdessen sondierte der Acquisitor völlig konzentriert die Lage. Im ersten Augenblick fielen ihm keinerlei bewusst versteckte Fallen, Stolperdrähte oder Abwehrmechanismen auf - was in ihm jedoch nur noch mehr Misstrauen aufkeimen ließ. Immer wieder prüfte er seine Erkenntnisse, maß den Abstand der Schatten und beobachtete jede Ansammlung von Staub und Spinnweben auf ihre Beschaffenheit und eventuelle Abnormitäten. Doch so sehr es seiner, von der harten Umgebung des Ödlandes gestählten, Vorahnung nicht gefiel - der Weg schien frei und Abraham nahm schließlich tatsächlich an, dass niemand innerhalb der Mauern mit einem Angriff aus der Küche oder den Gewölben darunter gerechnet hatte.

Zurück bei den übrigen Brigadieren war es an Irene, die Gruppe durch den Saal an den Fenstern vorbei zu den offenen Toren zu führen, welche sie schließlich in einen weiteren Gang brachten, der parallel zum Verlauf der Halle, mehrere Meter weiter nach Süden verlief. Auch wenn andere Türen, Durchgänge und Bögen zu ihren Seiten abzweigten - Das 'Wort der Hoffnung' war sich bezüglich ihres Pfades sicher. Sie hatte am anderen Ende des Massengrabes durch den Riss in der Mauer geblickt und - sofern sie ihr Orientierungssinn nicht verlassen hatte - konnte sie nach wie vor die ungefähre Richtung abschätzen, in der das Hauptgebäude lag. Dort, so hatte der Kobold 'Wellby' ihnen erzählt, lagen die Unterkünfte des schwarzen Mannes. Darunter würden sie somit wohl auch die Verliese finden können.

Während die anderen Mitglieder der Brigade nach Fallen oder nützlichen Dingen suchte, folgte Haze 'der Faust'. Sie schien zu wissen - oder zumindest zu ahnen - in welche Richtung sie gehen mussten, um dem Labyrinth zu entfliehen. Immer wieder huschte Haze nach links oder nach rechts ab und kundschaftete schmale Gänge oder Winkel aus. Er wollte weder einen Feind noch eine Abkürzung verpassen.

Es dauerte nicht lange, da bildeten der verwegene Kobold Haze und das Wort der Hoffnung Irene Tanner die Spitze der kleinen Gruppe, während sie allesamt durch die Gänge des Nebengebäudes schlichen. Der kleine Kerl verschmolz trotz des überdimensionierten Hutes perfekt mit seiner Umgebung und war der Klerikerin immer wieder eine große Hilfe, wenn es um das Ausspähen eines Seitenganges oder angrenzenden Raumes ging. Noch stießen sie zu ihrer Überraschung auf kein einziges Zeichen ihrer Häscher, sodass ihre Glückssträhne bisweilen kein Ende nahm. Ging es so weiter, war es wahrlich nur noch eine Frage der Zeit, bis sie die Zellen samt jenem Mann namens 'Danny' finden würden!

Nicht von der Seite des Bardens weichend, bildeten die beiden das Schlusslicht. Auch wenn es dem Barden langsam besser zu gehen schien, war er nicht wirklich schnell auf den Beinen. Ein Wunder, dass er diesen Fettsack überlebt hatte. Aber egal, es ging weiter. Während  Lavinia und Tanaka durch den Gang liefen, blickte sie sich um. Es war tatsächlich schwer die Orientierung zu halten aber nicht nur Irene gelang dies. Auch Lavinia konnte die Richtung gut einschätzen und hatte auch Augen für viele andere Dinge. So wie es sich gehörte.

So war es für die Diebin tatsächlich ein Leichtes, sich trotz der fremdartigen Umgebung zu orientieren. Sie erkannte das Muster der Gänge und konnte diesen instinktiv ein System abgewinnen, durch dass sie jederzeit eingreifen konnte und ihre übrigen Gefährten berichtigen, sollte jemand unwissentlich eine falsche Abzweigung wählen.

Flinkhand lief in der Mitte der Gruppe. Dieses Gewölbe war faszinierend und abstoßend zugleich. Hier fehlte eindeutig eine gute Hausfrau oder es sollte die Spritze eines Löschzuges den Dreck wegspülen. Ja das wäre wohl das Beste aber wo jetzt einen her nehmen. Kopfschüttelnt richtete der Bold seine Aufmerksamkeit auf andere Dinge. In dem Holz der Tische und an den Wänden waren ab und zu Kratzer und Scharten eingeritzt. Für die Anderen waren es wohl nur Kratzer und Scharten aber Flinkhand war ein Kenner. Er kannte sich aus mit der Sprache der Schatten und genau das waren diese Kratzer und Scharten. Eine primitive Form, ja aber er verstand was dort stand. Das meiste war jedoch Müll. Wem interessierte es schon wer stank oder was mit was auch immer getan wird. Da war das zylindrische Ding, welches Tanaka und Irene aus der Truhe des Koches geborgen hatten, viel interessanter. Was war das nur? So spielte der Kobold mit dem Gerät herum. Irgendwie musste man doch hinter sein Geheimnis kommen.

Immer wieder wog er den silbernen Stab mit dem Glaskolben am Ende in der Hand. Seine eigenartige Beschaffenheit und Form verlangte nach einem eingehenden Studium, entschied der kuriose Kobold und begann unterbewusst, sich diesem augenblicklich zu widmen. Während die übrigen Brigadiere sich auf den unmittelbaren Weg vor ihnen konzentrierten, fiel der Schraubendreher immer weiter zurück, während er das glitzernde Ding aus der Truhe nach möglichen Hohlräumen abklopfte und dazu Gedanken verloren einige Formeln und Gleichungen murmelte. Ein Geräusch hinter ihm ließ ihn plötzlich aufschrecken. War das etwa ein Knurren? Flinkhand blickte über seine Schulter nach hinten. Gähnende, an seiner Besinnung nagende Finsternis bleckte ihm entgegen und schien an seiner Seele zu zerren. Erschreckt wandte er sich nach seinen neuen Gefährten um - doch zu seiner Überraschung musste er feststellen, dass kein einziger Brigadier mehr vor ihm war.  Lediglich der leere Gang mit den duzenden Durchgängen und Türen erstreckte sich vor dem Kobold, während Flinkhand von der Angst überwältigt versuchte zu überlegen, wo das übrige Uhrwerk samt seines Bruders doch gleich wieder abgebogen war!
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Wellby

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Und ich nenne dieses Stück... ABRA KADAVER!
« Antwort #199 am: 02.02.2015, 18:21:41 »
Das Bollwerk des Dunklen Drübens, die Hallen der Fütterung
Runde II


Gemeinsam bahnte sich das neu erwählte 39. Uhrwerk seinen Weg durch die Hallen der Fütterung, mitten in der Trutzburg des schwarzen Mannes. Angeführt von dem nahezu unsichtbaren Inspektor Haze, sowie ihrer stählernen Anführerin Irene 'die Faust' Tanner, konnten sie mithilfe von Abrahams scharfem Gespür für Gefahren und der diebischen Verstohlenheit von Lavinia und Isamu Tanaka bisweilen ungesehen durch die dunklen Räume und Kavernen des grauenvollen Gebäudes huschen. Plötzlich war es die Stimme Bärs, welche sie unverholfen und heisern darauf aufmerksam machte, dass der Kobold Flinkhand fehlte! Und zu allem Überfluss vernahmen Hazes gespitzte Ohren auch noch das unheimlich vertraute Geräusch eines grunzenden Trollocs! Zweifellos befand sich mindestens eines dieser Biester hinter der nächsten Biegung - genau in der Richtung, in welcher Irene den Ausgang vermutet hatte! So hold ihnen bisweilen das Glück auch war, es schien, als wäre von einem Augenblick zum anderen die gesamte Aktion zum scheitern verurteilt. Fragen über fragen hallten stumm durch die Finsternis der fensterlosen Gänge. An dem Wachposten vorbei und riskieren, dass er Alarm schlägt? Oder doch lieber auf ihr Gespür vertrauen und einen anderen Weg aus dem Gebäude finden?

Und wo - beim erhabenen Barte Mutter Pints - steckt eigentlich Flinkhand?!

Dabei waren sie so gut vorangekommen. Doch nun das. Wo hatten sie den Kobold nur verloren? Warum hatte er nicht aufgepasst? Fest hielt Tanaka das Buch, welches er aus der Truhe des Kochs mitgenommen hatte. Doch lange konnte er sich nicht ärgern. Rasch schloss er mit Lavinia auf und machte Irene, Haze und Abraham auf das Fehlen des Kobolds aufmerksam. Als sie sich dem neuen Problem widmeten, vernahm auch Tanaka das grunzende Geräusch. Ihm lief es Eiskalt den Rücken hinunter, als er mit Lavinia weiter vor ging um an der Ecke kurz vorbei zu blicken. Tatsächlich ein Schatten war dort. Die Zähne zusammen beißend, ärgerte er sich, dass Abraham die seltsame Pistole bekommen hatte. Dann fiel ihm ein Steinchen auf dem Boden auf. Diesen nahm der Barde unter den ungläubigen Augen der jungen Frau auf und warf ihn, wieder kurz um die Ecke blickend, in die Dunkelheit.

Von einem Moment auf den anderen wurde die Stille in den Hallen und Gängen plötzlich von dem lauten, scheppernden Klang des geworfenen Steines erfüllt. Nahezu augenblicklich verfolgte dieses hallende Geräusch ein lautes Grunzen, als sich der bewachende Trolloc daran machte, jenem Treiben nachzugehen. Die Nerven zum zerreißen gespannt, beobachteten Tanaka, Haze und Lavinia an die Ecke gekauert, den großen Umriss des Monsters, welches kurzzeitig in ihrem Blickfeld auftauchte. Grobschlächtige, Krallen-bewehrte Füße kratzten über den matten, pechschwarzen Stein, während das blecherne Geräusch von aufeinander reibenden Rüstungsplatten die Finsternis belebte.

Und dann war das Biest auch schon in dem Durchgang verschwunden. Die Ablenkung hatte funktioniert! Der Pfad war wieder frei... Jedoch war der Trolloc nach wie vor existent und durch die Türe zu schreiten hieße, jenem Monster wissentlich den Rücken zuzuwenden.

Mit geweiteten Augen blickte Lavinia in den Gang. Hatte der Dummkopf das gerade wirklich gemacht, hatte er wirklich gerade mit seiner linken Hand einen Stein in die Finsternis geworfen. Einfach auf gut Glück und hatte es auch noch obendrein funktioniert. Einen Moment wollte sie Tanaka für diese Leichtsinnigkeit mit der Faust gegen die Schulter schlagen, doch sie hielt ein. Der kleinste Laut und diese Tat wäre nutzlos gewesen. Also erst einmal weiter.
Lavinia schlich um die Ecke und ließ Tanaka und den Bold zurück. Keiner ihrer Schritte erzeugte dabei einen Laut, fast so als würde sie auf Samtpfoten laufen. Noch dazu war sie schon bald von der Finsternis verschlungen. Zäh vergingen die Minuten, bis sie wiederkehrte und den Anderen mitteilte was sie gesehen hatte.


"Ich kanns nicht fassen. Dein wahrlich dummer Einfall hat echt funktioniert." seufzte die Diebin leise. "Aber beeilt euch jetzt! Es kann sich nur um Sekunden handeln, bis das Ding wieder zurück auf seinem Posten ist." Kaum hatte sie die letzten Worte ausgesprochen, schon war Lavinia bereits wieder um die Ecke verschwunden.

Verdammt! Verdammt! Verdammt! hallte es durch Flinkhands Schädel. Warum hatte er nicht aufgepasst. „Ve“ über sich selbst erschrocken hielt er sich den Mund zu. Fast hätte er etwas gesagt. Wenn das jetzt noch jemand gehört hätte, wäre er dran. Alleine würde er niemals hier lebend rauskommen. Also Nerven behalten und Kopf einschalten.
So löste sich der Bold von der Wand, an welche er sich gepresst hatte und schritt schnellen Schrittes los. Ab durch die Dunkelheit. Sie können ja nur vor ihm sein, wenigstens dachte er das. Dann, da war was? Etwas halte durch die Dunkelheit. War es eines dieser Monster oder einer seiner Kameraden? Für das nächste Mal, wenn er und Haze in so eine Situation stolperten, brauchte er etwas was ihn immer mit seinen Bruder verband. Da war doch bestimmt etwas zu erfinden. Aber erst einmal weiter. Flinkhand folgte dem Geräusch.

Am gesamten Körper zitternd, taumelte der kleine Kobold durch die unheimlichen Kavernen. Zögerlich bog er um die Ecke, schlüpfte durch einen Durchgang und stromerte so leise er konnte den dahinterliegenden Gang entlang. Haze? HAZE? Haze? hallte es durch die verwinkelten Korridore seines Unterbewusstseins, doch er wagte nicht, nach seinem Bruder zu rufen. Ein weiteres Geräusch nahe vor ihm ließ ihn plötzlich vor Angst zusammenzucken. Etwas hallte laut durch die Hallen! Es klang, als wäre Stein auf Stein gefallen. Oder handelte es sich doch um was völlig anderes? Unschlüssig, was er von diesem augenblicklichen Einbruch in die alles umfassende Wand aus Stille halten sollte, blieb er einen Augenblick lang stehen - und rettete ich selbst somit unbewusst das Leben. Denn von einem lauten Grunzen begleitet stapfte von einem Moment auf den anderen eines dieser riesigen, Horn-bewährten Biester nur einen halben Meter vor ihm durch die Dunkelheit!

Instinktiv machte sich Flinkhand so klein wie er nur konnte und presste sich gegen die eiskalte Mauer in seinem Rücken. Er wartete jedoch nicht darauf, bis das Ungetüm, welches ihn offensichtlich übersehen hatte, wieder umkehren würde und tapste so rasch ihn seine kleinen Beine trugen durch das offene Tor hinfort, durch welches der grausige Trolloc eben geschritten war. Ein letztes Mal blickte er um und suchte nach einem Zeichen des Monsters - als er wieder erwarten, plötzlich mit dem Gesicht in die Gürteltasche Lavinia Crankrats schlug.
"AUUAAAWWHH!" fiepste Bär, welcher sich natürlich immer noch darin befand. Bevor jedoch Flinkhand vor Erleichterung laut aufjauchzen konnte, presste ihm die Diebin bereits eine Hand vor den Mund und zog ihn mit sich.

Natürlich war Flinkhand verschwunden. Das war bei einem Bold auch leider nicht verwunderlich und es war nur eine Frage der Zeit gewesen, bis einer der beiden Brüder Probleme machte. Vermutlich untersuchte der Kleine gerade irgendwo einen Mechanismus, weil der so interessant und neu war und vergaß dabei die Gefahr, die sie alle umgab. Sie befanden sich hier kurz vor ihrem Ziel - da durften sie sich wirklich keinen Fehler erlauben. Den leichtinnigen Einfall des Barden ließ Irene lieber komplett unkommentiert. Nur ein paar Zentimeter weiter nach Rechts und er hätte vielleicht sogar den Trolloc getroffen.
"So kann das doch nicht weitergehen..." dachte sich Irene verzweifelnd. Zumindest hatte es der Bold zurück zur Gruppe geschafft. Sie unterdrückte einen Faustschlag und eine Standpauke und schlüpfte lieber an dem Gang vorbei, den der Trolloc bewacht hatte - immer weiter auf den Ausgang zu. Dabei achtete Irene natürlich immer weiter auf ihre Umgebung und hoffte, etwas zu finden, was ihnen bei ihrer Aufgabe weiterhelfen konnte.

Kaum hatte das, nun wieder komplette, Uhrwerk den Durchgang passiert, an dem eben noch jener Dämon Wache gestanden hatte - da fiel Irene 'der Faust' Tanner plötzlich das kleine Lager auf, welches unmittelbar an der Seite der offenen Türe errichtet worden war. Augenscheinlich hatte sich der Trolloc auf einen längeren Aufenthalt an diesem Ort eingerichtet. Neben einer Flasche mit äußerst fragwürdigem Inhalt, genauer gesagt einer tiefschwarzen, öligen Flüssigkeit, entdeckte sie eines jener groben, brachial geschmiedeten, geschwärzten Kurzschwerter[2], welche sie bereits kurz nach ihrer Ankunft mehr oder weniger kennengelernt hatte. Angewidert von den angenagten, humanoiden Hüftknochen wäre ihr schließlich beinahe der silberne Armreif entgangen, der unter einem hässlichen Stuhl in grobe Leinen gewickelt war.

Haze beobachtete das Monster aus der Ferne. Die großen Fangzähne und die messerscharfen Klauen waren einfach furchteinflössend. Zumindestens zeigte sich, dass es nicht sehr helle war. Ganz im Gegensatz zum Inspektor, dessen Verstand auf Hochtouren lief.

Er blickte sich um, ob auch alle seine Gefährten in Reichweite waren. Er sah seinen Bruder, der sich mittlerweile wieder eingefunden hatte. Was zu erwarten gewesen war, denn einen Schraubendreher wurde man nicht einfach los. Haze wusste, wovon er sprach; er hatte es jahrelang versucht.

Doch Irene fehlte. Wo war dieses Weib? Dort! Dort hinten in den Schatten! "Verdammt, Irene, was tust Du?", zischte der Kobold der Faust zu. "Wir müssen hier raus!"

Als sie wieder alle zusammen waren, versuchte Haze einen günstigen Zeitpunkt abzupassen, um mit seiner Gruppe an dem Monster vorbeizuhuschen.

Es war also wieder an Haze, die verzweifelte Gruppe aus verschollenen Brigadieren an dem Monstrum vorbei zu führen. Dank seiner geschärften Sinne war es für ihn ein Leichtes, den richtigen Augenblick abzupassen, um an dem gehörnten Biest vorbei zu schleichen. Es dauerte auch nicht mehr lange, bis sich bewahrheitete, dass man sich auf Irene Tanners Gespür verlassen konnte... Denn hinter der kleinen Wachnische öffnete sich eine große Eingangshalle, mit riesigen, blutroten und spitz-zulaufenden Fensterarkaden. Eine offene, hohe Eingangstüre führte direkt hinaus in den Hof des Sanatoriums.

Doch in dem Moment, als die Diebin Lavinia Crankrats darauf zulaufen wollte, war es erneut die konzentrierte Wahrnehmung des selbsternannten Inspektors, welche die Gruppe davor bewahrte, von den Einwohnern dieses Ortes entdeckt zu werden. Gerade noch hatte er ihren Oberschenkel erwischt und sie zu sich unter den Fensterrahmen hinunter gezogen, als auch schon ein weiterer Trolloc - dieses Mal in voller Plattenrüstung - knapp hinter dem milchigen Glas vorbei stapfte.

Es dauerte nicht lange, da stellten sie fest, dass der Innenhof dieser Einrichtung nur so vor Trolloc Patrouillen wimmelte!
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Wellby

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« Antwort #200 am: 17.02.2015, 14:02:08 »

Das Bollwerk des Dunklen Drübens; im Herzen der Finsternis
Runde I


Atemlos und erschöpft beobachteten die neu erwählten Brigadiere des 39. Uhrwerkes jene einschüchternde, gar furchteinflössende Szenerie, welche sich nun, im Innenhof des ehemaligen Sanatoriums, vor ihnen eröffnete. Von den Worten des kleinen Zauberers Wellby geleitet, war ihnen die grobe Richtung ihres Zieles bekannt. Er hatte davon gesprochen, das Theater im Hauptgebäude zu erreichen und von dort aus einen Pfad nach unten zu finden. An jenem Punkt, unterhalb der unheiligen Bühnen Aradans, würden sie das Gefängnis seines Freundes 'Danny' finden. Sollte der mysteriöse Fremde Recht behalten, war jene Person ihre einzige reelle Möglichkeit, diesem Alptraum zu entfliehen...

Trotz ihrer misslichen Lage und der nagenden Erschöpfung, welche stetig an ihrem Willen zerrte, hielt sich dadurch bis zuletzt ein kleiner Funken Hoffnung in ihren gebrochenen Herzen.

Doch nun, in den Eingang jener verfluchten Hallen der Fütterung gekauert, blickten sie schließlich auf eine neue Hürde, welche sich wie eine Mauer aus Wahn zwischen der Uhrturmsbrigade und ihrer Rettung aufbäumte.

Trollocs, überall.

Unzählige jener grausamen, gehörnten Biester versammelten sich zwischen duzenden Zelten, hässlichen Flaggen, uralten Bruchstücken einstiger Behausungen und Bergen aus Knochen und Gebein. In der Ferne, oberhalb der Zinnen eines jener pechschwarzen Türme, ertönte erneut der dunkle Klang des Instrumentes, welches der Barde Isamu Tanaka zuvor bereits als Signalhorn identifiziert hatte. Davon angefacht, brüllte nahe ihrer Position ein Trolloc plötzlich in jener verfluchten Sprache - und ein Weiterer trat etwas abseits in das Blickfeld und stimmte mit einem Grölen, aus seiner Reißzahn-bewehrten Schnauze, in die unheimliche Konversation mit ein. Ein Gewitter aus grässlichen Stimmen flutete die Reihen ihrer ahnungslosen Häscher, als durch ein fernes Tor plötzlich ein grässliches, vierbeiniges Reptil brach, auf dessen Rücken ein anderer Dämon die Zügel führte. Mit Peitschenhieben trieb er das fürchterliche Geschöpf vorwärts und jagte über den Platz hinweg. An einer Stelle etwas abseits, in der Hitze einer offenen Schmiede, rüsteten sich währenddessen gehörnte Monster für einen Kampf, dessen Schlachtplatz für die unentdeckten Zuschauer bisweilen noch verborgen blieb.

Eine Erkenntnis legte sich eiskalt und bitter auf die bebende Gedankenwelt der einzelnen Brigadiere:

Die 'Bewohner' dieses verdammten Ortes waren in Alarmbereitschaft versetzt worden. Eine kleine Armee aus Dämonen bündelte sich zu einer nahezu unüberwindbaren Hürde aus Klingen, scharfen Zähnen und Nagel-bewehrten Keulen... Doch umkehren und es erneut in dem Hexenkessel der Fresssäle zu versuchen, schien ausgeschlossen. Der Eingang zum Hauptgebäude war zum Greifen nahe... Und jener Aufgang selbst war tatsächlich wenig bewacht. Das blutrote Leuchten des Himmels über der Stadt der Toten war bereits weit schwächer geworden und die Schatten wuchsen von Minute zu Minute. Schon bald würde das Zwielicht der Finsternis weichen und der verzweifelten Brigade somit eine aller letzte Chance geben. Gleichzeitig war es nur noch eine Frage der Zeit, bis jemand oder Etwas in den Reihen der Monster den Drang nach gebratenem Fleisch verspüren würde. Somit blieb auch die Möglichkeit, sich wieder in den Hallen, jenseits der leidlich Schutz bietenden Tore, zu verstecken, völlig außer Frage. Selbst die unterirdischen Massengräber würden ihnen keine Obhut mehr bieten, sobald der ermordete Koch und die zerstörten Tonfiguren ihre Position entlarvt hatten.

Somit stand ihnen erneut eine bedingungslose Prüfung der Stärke und des Könnens bevor. Es würde all die Reste ihres gebündelten Geschickes, Verstandes und ihrer Klugheit brauchen, wenn sie es tatsächlich schaffen wollten, unentdeckt durch das Armeelager des Dunklen Drübens zu gelangen. Sollte es dennoch zu einer Konfrontation kommen, war der Abstand zu den Eingangsflügeln des Hauptgebäudes essentiell! Denn wenn die bloße Panik sie zur Flucht zwang, dann gab es keinen anderen Weg mehr für einen Rückzug...

Als weiter nach vorne.



Inspektor Haze führte die Brigade durch die Gänge und Tunnels. Als er einen Luftzug verspürte, blieb er stehen und drehte sich zu seinen Gefährten um. Schweiß lief ihm über die Stirn (Angst oder Anstrengung?). Er nahm seinen Zylinder vom Kopf, zog ein Taschentuch aus seiner Westentasche und trocknete sich die Stirn. "Puh, das war knapp! Fast hätten sie uns erwischt. Aber verflucht, sind wir gut! Nur noch wenige Meter und wir sind aus diesem Alptraum entkommen. Weiter nun!"

Damit lief Haze los, doch nur um einige Meter weiter wieder stehen zu bleiben. "Scheiße...!", sagte er halblaut, als er über den Innenhof blickt. Überall waren Trollocs. Mehr als er Irene zutraute.

"Okay, nur keine Panik. Nur keine Panik. Wir bekommen das hin!", murmelte er.

Er ließ seinen Blick über den Innenhof schweifen, wollte sich einen Überblick verschaffen. Wo waren die meisten Trollocs versammelt? Wo war der Schatten am dichtesten? Gab es irgendwelche Lichtquellen, die man verlöschen konnte? Diese und ähnliche Dinge versuchte Haze zu erspähen[1].

Sobald der selbsternannte Inspektor den immensen Schock der grauenvollen Entdeckung überstanden hatte, dauerte es kaum mehr als nur wenige Lidschläge, da entdeckte er auch schon zu ihrer Rechten die Ruine eines ineinander gefallenen Gebäudes. Rasch deutete er darauf und wies seine Gefährten an, ihm auf ein Zeichen zu folgen.

Kaum ist das improvisierte Heer in Sicht, beginnt der Revolverheld nach Schwachstellen in der Verteidigungslinie zu suchen. Die seltsame, neue Pistole in der Hand und das mechanische Auge permanent am Summen, lässt der erfahrene Kämpfer seinen Blick über die Reihen der Trollocs schweifen. Erkennt das Muster ohne Probleme. "Eine mäßig erfolgreiche Formation. Lücken wie in der Erinnerung eines Fabrikarbeiters. Kaum in der Lage, eine kleine Gruppe wie die Unsere zurückzuhalten." Mit kurzen, knappen Worten erläutert er jedem, der ihm zuhört, wo die Schwachstellen der Formation liegen. Welcher Trolloc offensichtlich am Einfachsten zu umgehen ist. Wo man die Formation im Notfall einfach sprengen könnte.

Glücklicherweise hatte der Acquisitor sich, von ihrer erhöhten Position aus, bereits ein grobes Bild über die Patrouillen und Wachposten machen können. So war es ihm möglich, den kleinen Kerl mit jenem überdimensionierten Hut, im letzten Augenblick, doch noch zurück zu halten. Hazes Empörung, aufgrund des harschen Handgriffes an seiner Schulter, hielt sich in Grenzen... Als von links ein gehörntes Biest langsam durch ihr Blickfeld schlenderte.

Angewidert betrachtete Irene das Lager der Trolloc-Wache aber bevor sie sich abwandte, entdeckte sie ein doch ganz ordentlich geschmiedetes Schwert und einen silbernen Armreif. Eventuell hatte ja einer ihrer Gefährten Verwendung für das Schwert und dieser Armreif musste hier ja auch nicht liegen bleiben. Verkaufen konnte man ihn sicherlich - vorausgesetzt, sie kamen in einem Stück wieder nach Hause. Das Schwert band sie sicher an ihre Hüfte - den Armreif legte sie direkt um. Schönes Teil.
Schließlich folgte sie dem Rest, der schon voraus gegangen war und betrachtete vor Trollocs nur so wimmelnden Innenhof des Sanatoriums. Wie sollten sie hier nur ungesehen durchkommen? Wenn sie entdeckt wurden, konnten sie ihre Mission vergessen. Egal wie viele sie von diesen Monstern töten konnten - irgendwann würde die schiere Masse sie überrennen.
"Mach mal Platz." meckerte sie den ihr entgegenkommenden Flinkhand an und drängte sich an ihm vorbei, um den Innenhof aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten. Sie bereiteten sich auf einen Krieg vor. Gegen wen? Irene konzentrierte sich auf das, was sie in ihrer Ausbildung gelernt hatte. Was für Schwachstellen konnte man hier ausnutzen?

Ahnungslos ließ das Monstrum sich Zeit und blieb immer mal wieder stehen, um seine grässliche Schnauze schnüffelnd gen Himmel zu recken. Doch der allgegenwärtige Gestank von Tod und Verwesung schien ihre, von Angstschweiß und Knochenmark geprägten, Körpergerüche einstweilen auf diese Entfernung zu verbergen.
Es war schließlich das knappe Zeichen der eisernen Faust, welches den übrigen Brigadieren das Signal gab, in den Innenhof hinaus zu huschen. Auch Irene hatte durch ihre jahrelange Ausbildung als Wort der Hoffnung schnell die Formationen und Muster erkannt, welche die Linien ihrer Feinde prägten. Jetzt oder nie! hallte es wortlos durch die Gedanken des gesamten Uhrwerks... Als sie genau im richtigen Augenblick von den Toren der Fütterungshallen hinaustraten und ungesehen zu dem eingefallenen Mauerwerk hinüber schlichen.

Derweil betrachtete Lavinia das Schauspiel am Ausgang. Über das Drängen am Tor konnte sie nur den Kopf schütteln. Zu lächerlich sah es aus wie alle Männer der Gruppe sich nach draußen spähten. Auch sie war erschüttert über das Heer da draußen und für einen Moment kamen die Gedanken an den Kampf zurück, welchen sie vor der Festung hatten. Ihr ganzer Körper schauderte daraufhin. Doch Anstelle sich zu den Männern zu gesellen, die Abrahams Worten lauschten, blickte sie sich um. Da eine alte Kiste, da ein Schrank und diese Mauerstücke an der Tür. Ah, genau da fehlten schon Steine in der Mauer.

Tief einatmend sammelte Lavinia allen Mut zusammen und stellte sich vor die Kiste. „Na dann, Bärchen. Wollen wir den Jungs zeigen wie eine Frau die Gegend auskundschaftet.“ Murmelte sie leise. Bärchen brummte etwas fragend, doch sie klopfte in dem Moment auf die Tasche und begann ihren Aufstieg. Über die Kiste und den Schrank ging es an die Mauer. Die fehlenden Steine dienten ihr als Griff und Trittmöglichkeiten. So hangelte sie sich wie ein Äffchen aus den alten Geschichten hoch und erreichte als bald ihren besseren Spähpunkt.

Nur die Diebin Lavinia blieb zurück. Von ihrer erhöhten Position aus hatte sie einen perfekten Überblick über die Lage des Innenhofes und den Weg, welcher sich vor ihnen erstreckte. "Los geht schon!" hatte sie ihnen zugeflüstert. "Von dort aus seit ihr nahezu blind-" Sie deutete auf besagte Ruinen. "Ich behalte euch von hier im Auge und geb euch ein Signal, sobald der Weg wieder frei ist!"

Tanaka schleppte sich der Jungen Gefährtin hinter her. So langsam brauchte er keine Hilfe mehr beim Laufen. Die Wunden waren soweit angetrocknet, dass er sich vorsichtig alleine weiter bewegen konnte. Große Sprünge waren aber immer noch nicht möglich. Sichtlich erstaunt betrat er die Halle, hatte gar einen Moment Zeit die Architektur zu bewundern. So fragte er sich ob das dunkle Drüben, oder wie nannten sie sich wohl selbst, diese Mauern errichtet hatten oder ein anderes Volk. Hatte der Kobld Wellby nicht etwas dazu gesagt. Egal, sie waren noch nicht zuhause.

Vorsichtig an den Fenstern vorbei gehend, gesellte sich Tanaka zu Haze. Wieder war er es, der vorrannte und nicht gerade die dümmsten Worte los ließ. Sein blick wnaderte nach außen und die Zustimmung die er gerade noch geben wollte, blieb ihm einfach im Hals stecken. Denn er ahnte, dass Haze sich selbt beruhigen wollte.

Langsam ließ der Barde, ebenso wie Haze, seine Augen über das Herrlager schweifen. Dabei ratterte sein Hirn und er kam auf ein paar Ideen um sich, bei seiner momentanen Verfassung noch nützlich zu machen für die Gruppe. Schnell hatte er die Entscheidung gefasst, dass eine Verkleidung her musste. So hielt er genau danach Ausschau. Nach einer Rüstung, die er tragen könnte, Fellen, Stofffetzen, erkalteten Aschebecken und allem was noch zum Verkleiden genutzt werden konnte.

Wiederwillig verließ der Schauspieler seine neue Freundin. Es brauchte ein wenig mehr Überredungskunst, bis Tanaka davon überzeugt war, dass Lavinia auch ohne ihre Hilfe ungesehen an den Wachposten vorbeikommen würde. "Ich behalte euch im Auge." flüsterte die Frau aus Downtown. "Tu mir nur einen Gefallen und nimm mir das mal ab." Ehe er sich versah, hatte Lavinia ihm bereits ihre Gürteltasche in die Hände gedrückt. Der flauschige, äußerst argwöhnisch drein guckende Kopf des Bären lugte daraus hervor. Lavinia zwinkerte dem Barden zu und schob ihn sanft in Richtung Türschwelle. Die Schmerzen in seiner Schulter hatten bereits nachgelassen. So war es auch für ihn ein Leichtes, samt dem Stofftier die Ruinen zu erreichen. Dort hielt der Barde kurz inne und fand tatsächlich ein großes, stinkendes Fell, welches an einem rostigen Speer augenscheinlich zum Trocknen aufgehängt worden war. Eine eigenartige Substanz klebte daran und tropfte in zähflüssigen Fäden herunter... Doch für seinen Plan sollte es wohl fürs Erste genügen.

Grinsend schaut Flinkhand zu wie sein Bruder und seine Kameraden sich in der Vorhalle einfinden. Bei dem Schraubenschlüssel von Großonkel, sein Koboldglück hatte ihn nicht verlassen. Gut damit hatte er wieder Zeit sich diesem silbernen Ding zu widmen. Er drehte es in den Händen und betrachtete es von allen Seiten. Dabei folgte er langsam seinen Bruder in Richtung des Ausgangs.
Für einen Moment blickte er auf. Wollte etwas sagen doch schwieg. Der Anblick der kleinen Armee hatte ihm die Sprache verschlagen. Na wenn das gut ging. Wie auch die anderen, ließ er seinen Blick über das Heer schweifen. Jedoch verlangte rasch etwas anderes seine Aufmerksamkeit. Zum Teil waren es die Worte von Abraham, doch noch während er redete, wendete sich Flinkhand um. Wo  blieb Irene? Hatte sie etwa noch so etwas interessantes gefunden? Mit diesen Gedanken ging er ihr entgegen.

Einmal mehr hatte der Schraubendreher seine Orientierung verloren. Während sein Bruder bereits an der Seite von Irene und Abraham beinahe die Ruinen erreicht hatte, blieb Flinkhand in der Türschwelle stehen und lugte zurück in die Hallen der Fütterung. Scheinbar hatte der Kobold nicht realisiert, dass die Frau mit den eisernen Fäusten sich bereits an der Spitze der kleinen Gruppe bewegte... Und plötzlich trieb ihn ein unbehagliches Gefühl dazu, nach ihr zu suchen... Nicht dass sie das selbe Schicksal wie ihm zuvor ereilte und sie sich in der Eingangshalle verlaufen hatte! "Los Flinkhand! Was machst du?! Nicht stehenbleiben!!" zischte Lavinia aus dem Schatten heraus. "Hau ab - zu deinem Bruder!! Jetzt!"
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« Antwort #201 am: 17.02.2015, 14:14:09 »
Das Bollwerk des Dunklen Drübens; im Herzen der Finsternis
Runde II


Flinkhand war sichtlich verwirrt und blickte sich fragend nach der Diebin im Schatten um. Bis der kleine Kobold die Anweisung Lavinias schließlich verstanden hatte, war es bereits zu spät. Aus einem Winkel hinter einem vergilbten, Knochen-weißen Zelt trat plötzlich ein gehörnter Trolloc. Durch das schwindende Zwielicht konnte es sich, in den blutroten Augen des Biests, zwar nur um eine Unregelmäßigkeit in den Schatten handeln... Dennoch ließ der Dämon nicht davon ab.

Von purer Angst nahezu überwältigt, konnte Flinkhand nicht mehr den Mut aufbringen, sich überhaupt zu noch zu bewegen! Zu allem Überfluss trat der Trolloc noch ein paar Schritte auf ihn zu... Und passierte dabei langsam jenes ineinander gefallene Mauerwerk, hinter dem sich die übrigen Brigadiere versteckten.

Schweren Herzens hatte Tanaka die Tasche mit dem Bären geschultert. Es war sehr mutig was Lavinia vorhatte. Hoffentlich überlebte sie diesen Alleingang.
Als er auf seinem Weg dieses Fell und den Speer entdeckte, blieb Tanaka interessiert aber auch angewidert stehen. Was war das nur für ein widerliches Zeug? Nein er wollte nicht wirklich darüber nachdenken. Es genügte vollkommen um diese dummen Monster zu täuschen. Ein kurzer Blick in Richtung Ruine zeigte ihm auch, dass er kaum eine andere Wahl mehr hatte. Also schnappte er sich vorsichtig das Fell. Es war schwerer als erwartet und stank so dicht gut drei Mal so schlimm. Wieder fragte er sich was die Trollocs mit dem Fell gemacht hatten, während ein angewiderter Schauer durch ihn hindurch fuhr. Nachdem er es zurecht gerückt hatte, und seine helle Hautfarbe mit Schlamm vom Boden ab getarnt war, war er einiger maßen zufrieden. Mit dem Rostigen Speer in der Hand, wartete er ab bis der Weg wieder frei war. Dabei hockte er mit dem Gesicht zur nächstbesten Zeltwand gewendet, und tat so, als würde er versuchen die Speerspitze zu säubern.

Irgendwo, auf Höhe jener Gürteltasche, vernahm der Barde ein leises:"Bizd deppad?!" Doch sein Plan schien zu funktionieren. Das stinkende, feuchte Fell bedeckte seinen Körper nahezu komplett. Gepaart mit der alles umfassenden Finsternis, würde eines dieser Monster schon sehr nahe kommen müssen, um überhaupt einen Unterschied erkennen zu können.

Geschult durch jahrelanges Ausweichen von Patrouillen der Thors, vom Vermeiden von angriffslustigen Kreaturen in der Wildnis, und selbst von allzu neugierigen Wachen in der Stadt, schleicht sich der Acquisitor vorran- versucht er den Trollocs auszuweichen. Nein. Versucht er nicht- denn Harker versucht schon seit langem nicht mehr. Versuchen würde die Möglichkeit des Scheiterns beinhalten. Die Klinge bereit, um nicht mit einem Schuss die kleinen Widerlinge aufzuschrecken, schlängelt er sich durch das Heerlager.

Ungeachtet der brenzlichen Situation am hinteren Ende der kleinen Truppe, bahnte sich der tollkühne Acquisitor weiter seinen Weg durch das Lager und huschte aus der Deckung des zusammengebrochenen Gebäudes. Lautlos hechtete Abraham hinter eine Zeltplane und duckte sich. Innerhalb des Zeltes hörte er deutlich ein regelmäßiges, ruhiges Grunzen. Es war offensichtlich, dass der Mann sich unmittelbar neben einem schlafenden Biest aufhielt. Nur der dünne, gespannte Stoff jener Behausung und das unergründliche Reich schwarzer Träume, trennte ihn von dessen Wahrnehmung.

Als Abraham los lief, da fasste auch Haze sich ein Herz und schlich sich ins Lager des Feindes. Nicht, dass er seine Angst überwunden hätte. Aber es gab etwas Schrecklicheres, als sich in das Lager des Feindes zu schleichen; nämlich vor dem Lager des Feindes verlassen zu werden. Haze winkte seinem Bruder zu und folgte dann Abraham. Geduckt huschte er von Versteck zu Versteck, immer darauf bedacht, im Schatten zu bleiben.

Es war ihm schon wieder passiert. Was bei allen Tanten und Onkeln war nur los mit ihm. Schon wieder hatten ihn seine Augen und Ohren im Stich gelassen. Geschockt von diese Selbsterkenntnis erwachte nur endlich sein Wahrnehmungssinn. Die Stimme von Lavinia hatte recht. Es hieß los und dieses mal in die richtige Richtung.

Tödliche Sekunden hatte er mit jener Erkenntnis vergeudet. Das Biest war bereits näher und fixierte den Eingang der Fütterungshallen mit seinen glühenden, roten Augen. Flinkhand wurde sich bewusst, dass sich das Ungetüm nicht mehr von seinem Weg abbringen lies... Wenn er nicht entdeckt und aufgefressen werden wollte, dann musste er schleunigst handeln!

Zufrieden blickte Lavina dem Kobold nach. Sie fragte sich, wie jemand nur so verquer im Kopf sein kann um seine Umgebung zu vergessen. Doch dann wurde ihr die Gefahr bewusst in der die anderen Steckten. Dieser Trolloc war den Anderen viel zu nahe. Rasch überlegte sie und fasste dann den Entschluss etwas Ähnliches wie Tanaka vorhin zu wagen. Schließlich was ihm mit einen Steinchen gelang dürfte sie doch zehn Mal besser können.

"Verflucht!" zischte die Diebin, als das Ding nicht auf ihre Ablenkung angesprungen war. Hier draußen war die Geräuschkulisse weit höher, als noch zuvor in den sonst so verlassenen Hallen. Er hatte den Steinschlag wohl einfach überhört. Wenn Flinkhand nun weiter stehen blieb, dann würde der Trolloc ihn zweifelsfrei erkennen und sein Leben, das Schicksal des gesamten Uhrwerkes, wäre somit besiegelt! Das Uhrwerk... Wehmütig glitten ihre Gedanken zu all den Geschichten und Erzählungen, welche sie als junges Mädchen mit Begeisterung verschlungen hatte. Sich vorzustellen, sie wäre jetzt selbst eine solche Heldin schien unwirklich und irgendwie... Falsch. Was hatte sich der Turm nur dabei gedacht, sie auszuwählen? Wieso Lavinia Crankrats? Sie schüttelte trauernd den Kopf und ihr Blick fokussierte erneut den armen Kobold in ihrer Nähe. Was hatte der Geist der Maschine in ihr gesehen, was Lavinia selbst, ihr Leben lang verborgen geblieben war...? Ein Brigadier des Uhrturms hätte mit Sicherheit nicht all diese Sorgen, diese Sinnes-beraubende Furcht und wäre nicht gelähmt, zitternd an den Fels gekauert. Ein Mitglied des Uhrwerkes, jenes ewigen Ziffernblattes, würde längst eingegriffen haben und hätte alles gegeben, den armen, verwirrten Flinkhand zu retten. Wieso also ich...? Sie fühlte, wie das Gefühl der Hilflosigkeit ihr die Kehle zuschnürte. Was konnte sie nur tun?

Vorsichtig blickte sich Irene um und zählte die Gruppe durch. Hier jemanden zu verlieren, würde für alle große Schwierigkeiten bedeuten und konnte ihre Mission in Gefahr bringen. Sobald dieser riesige Haufen Trollocs auch nur einen von ihnen entdeckte, würde das die gesamte Meute in Aufruhr versetzen und dann konnten sie alles, wofür sie bisher gearbeitet hatten, knicken. 
Natürlich fehlte mal wieder der kleine Kobold. Sie würde ihm gehörig die Meinung sagen müssen, wenn die Gruppe es unentdeckt und lebendig über den Hof schaffen sollte. Irene drehte sich um und suchte die Umgebung nach einem Grund ab, wieso Flinkhand ihnen nicht gefolgt war.

Tatsächlich näherte sich einer der Trollocs den Gängen und Hallen, aus denen sie gekommen waren. Vermutlich hatte er Hunger. Das bedeutete, dass er noch nicht einmal Flinkhand entdecken musste, um Alarm zu schlagen. Der tote "Koch" war schon Grund genüg dafür. Irgendjemand musste etwas unternehmen, um das zu verhindern und da der Rest der Brigade bereits weitergegangen war, zögerte die Faust nicht, dem Bold zu helfen.
Ein letztes Mal sah sie sich um und nutzte den Moment, um sich im Schatten eines großen Felsens auf das stinkende Hauergesicht zuzubewegen. Es war, als ob die Königin selbst über ihre Schritte wachte, denn sie schlich so leise auf den Trolloc zu, als würde sie nur ein Schatten ihrer Selbst sein. Noch ein Schritt und schon stand sie hinter dem Wesen.

Der Trolloc hatte ja keine Ahnung, was ihm jetzt blühte. Die Faust holte Schwung und sprang aus dem Schatten, auf den Trolloc zu. Ihr erster Fausthieb traf das Wesen hart am Hinterkopf aber dort endete sie nicht. Sofort holte sie mit ihrer anderen eisernen Faust aus und schlug ein weiteres Mal auf die Stelle. Ein Knacken bestätigte, dass der Trolloc jetzt wohl hinüber war. Doch Irene zeigte keine Gnade und musste auf Nummer sicher gehen. Sie löste den Mechanismus ihrer mechanischen Faust aus und mit einem Rattern, löste sich ihre Hand und flog auf den fallenden Trolloc zu. Ein letztes Knirschen und die Blutlache machten es unmöglich, dass das Viech noch einmal aufstehen würde.
Irene atmete durch aber gönnte sich keine Zeit, um durchzuatmen. Stattdessen griff sie nach Flinkhand und zerrte ihn mit sich. "Machst du sowas noch einmal, dann lasse ich dich hier zurück. Konzentrier dich!" flüsterte sie ihm zu und schlich durch die Schatten zurück zur Gruppe.

Lavinia war dazu verdammt, aus ihrem Versteck heraus zu beobachten, wie die Frau mit den stählernen Fäusten das tat, wozu sie selbst sich kaum im Stande gefühlt hatte. Sie unternahm etwas, um dem armen Kerl zu helfen. Innerhalb eines Lidschlages, sank der Trolloc mit einem dumpfen Schlag zu Boden. Lediglich das leise Zischen der Uhrwerksfaust war deutlich zu vernehmen. Die Diebin versicherte sich, dass kein weiteres Monster dadurch aufgeschreckt worden war... Und tatsächlich: Irene hatte es wirklich geschafft!

Während Flinkhand, am ganzen Körper zitternd, von der Klerikerin zurück zu dem schützenden Mauerwerk gezogen wurde, nutzte Lavinia den Augenblick der Sicherheit, um ebenfalls ihr Versteck zu verlassen und wieder zur Gruppe aufzuschließen. Der Acquisitor war bereits weiter vorne und hatte jetzt einen besseren Überblick, somit war ihre Aufgabe hier hinten einstweilen erledigt.
« Letzte Änderung: 17.02.2015, 14:15:04 von Wellby »
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« Antwort #202 am: 17.02.2015, 14:18:39 »
Das Bollwerk des Dunklen Drübens; im Herzen der Finsternis
Runde III


Die Ruinen, gepaart mit der, mittlerweile nahezu alles umfassenden, Dunkelheit hatten der Brigade wahrlich unverzichtbare Dienste geleistet. Tatsächlich lag der Großteil des Pfades, welcher sie unbemerkt durch das Heerlager bringen würde, nun hinter ihnen. Von der Position des Acquisitors Abraham aus waren es nur noch wenige Meter, bis zu der Stelle, an welcher die Stufen der breiten Eingangsrampe sich aus dem fleckigen, schlammigen Untergrund schälten. Ihre Glückssträhne schien nicht enden zu wollen...

Denn die beiden kantigen Flügel des Eingangstores standen, nach außen hin, weit offen. Wie zuvor bereits erkannt, hielten sich in diesem Abschnitt nur wenige Hörner auf. Die Ungetüme schienen sich bewusst von dem Hauptgebäude fernzuhalten. Die Zeltreihen endeten mit der Behausung, welche dem Pistolenschützen gerade als Deckung diente. So bestand die letzte Hürde lediglich daraus, unbemerkt die grobe Treppe hinauf zu gelangen und durch den Torbogen zu verschwinden.

Eigentlich ein einfacher Katzensprung, verglichen mit all den schrecklichen Hindernissen, die nun bereits hinter ihnen lagen...

Beim vorbei schleichen, bekam Tanaka mit wie Irene den Trolloc noch schrecklicher zurichtete, als er schon aussah. Unter ihre Fäuste wollte der Barde nicht kommen, auf keinen Fall. Es hieß auch erst einmal weiter. Abraham hatte ja schon fast ihr Ziel erreicht, also eilte sich der Barde. Der Speer, welchen er mitgenommen hatte, erleichterte ihm die Verteilung das Gehen ungemein. Sicherlich konnte er das Fell tragen aber bei jedem Schritt atmete er mehr von dessen Gestank ein und immer wieder bekam er genau davon eine Gänsehaut.

Als er die Mauer erreicht hatte, wendete er sich um und spähte zurück zum Ausgang aus welchen sie gekommen waren. Er blickte sich um, und hob den Speer. Ein Zeichen für die zurückgebliebene Lavinia. Sie sollte nach kommen. Nun würde er die Augen offen halten. Sie vor Gefahren warnen. So eines der Monster in seinen Sichtbereich kam, vertraute er blind auf seine Verkleidung. Tat so als würde er Kampfübungen mit dem Speer machen oder ihn Prüfen ob er gut in der Hand lag.

So getarnt war es dem Schauspieler tatsächlich möglich, sich weiter abseits der Monster nahezu unbemerkt zu bewegen. Dies lag wohl auch in der Natur dieser Kreaturen begraben. Tanaka fiel bisweilen auf, dass er bis auf die spitzen Zähne und unheiligen Runen, welche den Großteil ihrer schmutzigen Kleidung bedeckten, kaum ein Merkmal zu Gesicht bekam, welches sich regelmäßig, bei jedem Trolloc wiederholte. So zahlreich diese dämonische Rasse auch innerhalb der Mauern war; kein Biest glich dem nächsten. Es gab  gleichsam große, mehrere Ellen hohe, muskelbepackte und mit Schnäbeln versehene Ungetüme, Spitz-gehörnte Bestien mit langen, schuppigen Schwänzen und bullige, grob in ihren Bewegungen an Hunde erinnernde, Ungetüme - wie kleine, verstohlene, Wiesel-artige Rattenteufel und mit geschwungenen - an Ziegenböcke erinnernde - Hörner bewehrte Raubtiere, welche nicht einmal Füße zu haben schienen. Der Theaterdarsteller musste nicht einmal ein Verhaltensmuster nachahmen, um in jenem Potpourri der Hölle nicht aufzufallen.

Ja was konnte sie nur tun? Ihre Heimat waren die Schatten, die Dunkelheit der Gassen und wenn es sein musste auch das Messer was den Feind hinterrücks in den Rücken viel, nur um zu entkommen. Doch waren ihre Gegner, die Leute die sie austricksen musste, bis jetzt immer nur Menschen und nicht diese Dinger. Sie biss sich auf die Unterlippe während sie zum Kobold blickte. Dann tauchte Irene auf. Verprügelte den Trolloc wie einen streunenden Köter und ließ nichts außer von Blut versifftes, matschiges Fleisch übrig. Ja bei Irene konnte sie sich vorstellen, dass sie eine Brigadin war. Doch sie und einige Anderen, sie war nur dafür nutze hier Ausschau zu halten und konnte nicht einmal einen Kobold retten.

Dann entdeckte sie auch schon den nächsten Trolloc, nein halt das war Tanaka. So im Dunkeln und auf die Entfernung war er kaum mehr vor diesen Dingern zu unterscheiden. Nur die fehlenden Hörner verrieten ihn. Gut, aber es sah gut aus. Wenn er so weiter kam, würde er Abraham bald eingeholt haben. Was soll das? fragte sie sich als Tanaka auf halbem Weg stehen blieb und sich umblickte. Idiot, flieh und wedel nicht mit dem Speer. Sie deutete ihm an, dass es nicht mehr sehr weit war. Dass der Weg fast frei war, doch er bewegte sich nicht. Wedelte weiter mit dem Speer. Dann verstand sie. Er wollte dass sie nachkommt.

Tief atmete die junge Frau durch. Mit stummen flüchen auf den Lippen, machte sie sich auf. Hielt den Barden immer im Blick. Versuchte im Schatten zu bleiben. So ihr ein Gehörnter über den Weg lief, halfen ein paar Steinchen oder auch die Gesten von Tanaka. Mit Glück kam sie so durch.

Es war tatsächlich nicht mehr weit. Fast hatten sie es geschafft, denn Irene, konnte schon die offenen Türen sehen, die die Gruppe regelrecht einzuladen schienen. Sie konnte ihr Glück kaum fassen. Nie hätte sie gedacht, dass sie unbemerkt an dem Haufen Trollocs vorbei kommen würden aber sie würden es schaffen - wenn nicht wieder irgendjemand Probleme machte. Vorsichtig legte sie den restlichen Weg zu den Türen zurück und konnte durch die Warnung Tanakas gerade noch in die Deckung eines Zeltes springen, bevor eine Wache sie entdeckte.

"Obdhul barogh. Grhan'thal varthuulmen." Grunzte der Trolloc und nickte dem verhüllten Barden weiter abseits zu. Aus ihrem Versteck hinter einer Zeltplane heraus, konnte Irene beobachten, wie das Biest sie wahrhaftig nicht entdeckt hatte. Tanakas Warnung hatte ihre Wirkung nicht verfehlt. Um Haaresbreite war das 'Wort der Hoffnung' zurück in ihre ursprüngliche Deckung gesprungen und somit den giftgrünen, schmalen Augen ihres Häschers entgangen. Sabber tropfte in langen, schmierigen Strähnen von seinen Lefzen, als er sich knurrend wieder auf den Weg machte und zurück in den Innenhof stapfte.

Harker schleicht weiter durch die Hallen der Hörner, wie er diesen Ort genannt hatte- zunächst unbemerkt. Als er jedoch um eine Ecke biegt, bleibt ihm einen Moment das Herz stehen. Vor ihm steht ein Trolloc, mit noch halb offener Hose, vor einer stinkenden Pfütze- und scheint kurz davor sein ihn zu bemerken. Für den Moment erstarrt Harker...

Die Treppe war zum Greifen nahe! Nur dieses Monster stand ihnen mehr im Weg. Mit geöffnetem Lendenschurz, auf dem glückseelige Schatten geschickt geworfen - dem Acquisitor schlimmere Einblicke ersparten, bleckte es in die Dunkelheit vor sich. Ein einzelnes, blutunterlaufenes, scharlachrotes Auge schien ihn direkt aus dem Horn-bewährten Umriss heraus anzustarren.

Der selbsternannte Inspektor betrachtete einen Moment lang die große steinere Treppe. "Wir sind fast da!", flüsterte er seinen Gefährten zu. "Aber wenn wir die Stufen hochsteigen, dann sind wir wie auf dem Präsentierteller. Wir brauchen ein Ablenkung!" Der Inspektor sah sich im Lager um und hatte sogleich auch eine Idee.

"Wartet hier!", sagte er nur und verschwand sofort daraufhin hinter einem Zelt. Der Kobold suchte sich einen einfachen Weg durch das Lager. Er hatte kein besonderes Ziel, es musste nur ein Stück weit entfernt von der Treppe sein. Und außerdem brauchte er eine Feuerquelle.

Schließlich fand er ein verwaistes Kohlenfeuer. Kurz zuvor musste hier noch ein Trolloc gewesen sein, denn Haze fand einen Knochen, welcher wie ein Holzstück zugeschnitzt worden war. Er kramte in einer seiner zahlreichen Taschen und holte zwei Patronen heraus.

"Das sollte die nötige Ablenkung verschaffen...", murmelte er und warf die Patronen in das Kohlenbecken. Dann beeilte er sich, zu den anderen zurückzukehren. "Sobald ihr einen lauten Knall hört, müsst Ihr losgehen!"

Die wabernden Flammen des kleinen Beckens fraßen an der Ummantelung jener Bleipatronen und leckten mit ewig hungriger Hitze an dem Schießpulver, welches sich darin verbarg. Während der selbsternannte Inspektor zurück zu den übrigen Brigadieren stolperte, begann das todbringende Pulver in den Kugeln zu vibrieren. In dem Augenblick, als das schwelende Feuer sich durch das Metal gefressen hatte, brach im Innenhof des Sanatoriums die Hölle los...

... Eingeläutet von zwei lauten, knallenden Geräuschen: Btapp! Btapp!

Ein Rumoren durchfuhr das Heerlager des Schwarzen Mannes. Lautes Brüllen war zu hören. Befehle wurden in einer Sprache geschrien, welche niemals für die Ohren eines lebenden Wesens erdacht worden war.

"SONG'PHUR! THOR VANNEN!! R'LYETH THOTEPH! R'LYETH THOTEPH!!"

Mehrere der Horn-bewährten Monster setzten sich in Bewegung. Der einäugige Trolloc vor Abraham riss den Kopf herum, jaulte auf und galoppierte auf allen Vieren davon. Genau in die Richtung, in welcher zwei einfache, von HOLESTONE INDUSTRIES hergestellte, Kaliber .35 Patronen in einem kleinen Feuer für die nötige Ablenkung gesorgt hatten. Zweifelsfrei konnte Abraham seinen Augen nicht trauen. Der Weg in das pechschwarze, an eine riesige, fensterlose Kathedrale erinnernde Hauptgebäude war frei und die übrigen Brigadiere hatten sich direkt hinter ihm versammelt. Sie hatten es tatsächlich geschafft! Sie hatten den Innenhof überquert, ohne von den Schergen des Dunklen Drübens entdeckt zu werden.
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« Antwort #203 am: 17.02.2015, 14:56:27 »
Sechs Stunden bis Protokoll 88 - 15


Die Straßen Neu Bezoas waren belebt von dem Treiben der Nacht. Unzählige Bewohner hatten sich in ihre Ausgehuniformen gehüllt und tummelten sich nun auf den zahlreichen Märkten des Inner Circle, verabredeten sich zum Abendessen oder besuchten das Theater. Alles ging seinen natürlichen Lauf. Schließlich nahte das Vikentori-Festival und läutete anschließend einige Feiertage im Schoße der Familie ein. Die meisten Betriebe und Manufakturen schenkten zu diesem Anlass einen hübschen Bonus an ihre Angestellten aus und die daraus geborene Freude war in jedem einzelnen Gesicht deutlich anzusehen. Zumindest in Bezoa und Umgebung. Immerhin war der nördlichste Bezirk der Ehrbarste in seiner Gattung. Zumindest für die Menschen und Kobolde, die das nötige Kleingeld besaßen, um sich in einem hübschen Herrenhaus der Upper Row Lodge oder der Sibblin' Street niederzulassen. Von ihrem kleinen Tischchen am Schaufenster des Cafes 'Billy Bonka' aus, betrachtete Maguerite über den Rand ihrer Keramiktasse hinweg das Treiben der 'Schönen und Reichen Zweiter Klasse' draußen auf der breiten, zum Fest passend geschmückten, Straße. 'Die Schönen und Reichen Zweiter Klasse. So hatte ihre Mutter die Einwohner des Viertels immer genannt. Die Damen von der Pondery' bis nach Mynk kleiden sich in die prachtvollsten Kleider, welche außerhalb von Argylle erhältlich sind. Deshalb ziehen sie vor dem weißen Turm auch immer so eine neidvolle Nase. Sie streben nach dem Bildnis der Turmstadt und vergessen dabei immerzu, dass man nicht hübscher wird, wenn man den Handlungen eines Anderen folgt... Anstatt das zu Schmücken, was einen selbst einzigartig macht. Schönheit wird nicht durch ein Preisschild bestimmt, meine kleine, wunderschöne Maggy. Schönheit kommt von dem, was in dir drinnen steckt. Und das gibts' in keinem andern, ma' Darlin'. Das gibts nur in Lady Marguerite Boushard.'

Die wohligen Gedanken an ihre Mutter zauberten ein wehmütiges Lächeln auf ihre Lippen, halfen jedoch nicht, ihr Herz von den Ereignissen der vergangenen Nacht abzulenken. Sie betrachtete erneut die Titelseite des 'Argylle Advertisters', welche ausgebreitet vor ihr, neben der Untertasse und dem kleinen Stück 'Marvellous Bakery'-Sahnekuchen lag. In großen, geschwungenen Lettern prangerte dort die Überschrift:

"Der Uhrturm ist erwacht und doch wieder nicht!"

Und etwas kleiner formatiert, knapp darunter:

Sieben Mal erleuchtete das Ziffernblatt. Doch ein Uhrwerk bleibt aus und die Zeiger stehen still.

Der Uhrturm. Beinahe wäre er in den Herzen der Bewohner Mechanikas in Vergessenheit geraten, als Besucher-Attraktion Godriens den Ausstellern und Sci-Fi Autoren zum Fraß vorgeworfen worden. Und nun, von einem Tag auf den anderen vibrierte das halbe Viertel und das, unheilvoll über den Giebeln des Heldenparks gelegene, Licht des Ziffernblattes flackerte plötzlich auf. Sieben Mal. Wie alle Einwohner hatte dieses Ereignis auch in der jungen Schauspielerin für gemischte Gefühle gesorgt. Einerseits kündete, lt. Geschichte, der leuchtende Uhrturm von einer kommenden Zeit aus Frieden und Sorglosigkeit. Andererseits bedeutete dies auch, dass... - Nein, Teufel, Dämonen und Scheusale gehörten in die Ausgaben der 'Weird Tales' und nicht in die Geschichtsschreibung der realen Welt. Wieso lies Marguerite sich davon also so aus der Ruhe bringen? Warum konnte sie nicht, wie all die anderen Theater- und Bühnenarbeiter, ihren freien Tag zu Hause verbringen und sich von dem Schock des Einbruchs, kurz nach der Gefühlsextase des so erfolgreichen Auftritts, erholen?

Es war Tanakas wegen. Weil der Hauptdarsteller, Isamu Tanaka - gelernter Barde und Absolvent der Theaterschule für Gesang und Schauspiel, sie vor diesen Kriminellen gerettet- und sich für sie in deren Gefangenschaft begeben hatte. Und weil sie seither nichts mehr von ihm hörte und selbst der Constable, welchem sie dies erzählte, sich bislang nicht gemeldet hatte. Und nun kündete die Spitze dieses verfluchten Turms von der Geburt eines Uhrwerkes, einer Uhrturms-Brigade, genau in dem Augenblick, in welchem ihr Leben durch dieses Ereignis an den Rand der Finsternis getrieben wurde. Sie spürte eine Träne sanft über ihre rosige Wange nach unten streichen, während ihr Blick erneut durch die Scheibe des Schaufensters nach draußen glitt. Marguerite wusste: Diese Nacht würde sie kein Auge zubringen. Deshalb war sie hinaus gegangen und die Mahoney Ave' hinunter zu Billy Bonkas geschlendert. Oh Tanaka... Mein wunderschöner Tanaka. Zitternd hielt sie mit der Hand vor den Lippen ein hörbares Schluchzen zurück. Was haben die nur mit dir angestellt? Eine Automatismenkutsche fuhr langsam im Schritttempo durch die Menge. Sie erinnerte sich, wie sie den Männern nachgelaufen war und aus dem Schatten der Gasse heraus die Reifen eines teuren Wagens erkannt hatte. War Tanaka dort drinnen gewesen? Hatten sie ihn entführt, um Lösegeld zu fordern? Oder trieb sein Leichnam mittlerweile längst auf der trüben Oberfläche des Canals entlang? Bei jenen dunklen Gedanken konnte sie ein weiteres Schluchzen nicht mehr unterdrücken. Ein lautes Räuspern am Nebentisch zeugte davon, dass sich eine Dame durch Marguerites Verhalten wohl gestört fühlte. Doch dies war der Schauspielerin in jenem Augenblick gleichgültig; konnte sie ihre Gedanken doch nicht von dem schönen, traurigen Gesichtszügen des Barden entfernen.

Oh Tana... Mein liebster Tana... Wo bist du nur?



Während das laute Brüllen im Heerlager des Schwarzen Mannes hinter ihnen langsam verklang, rannten die sechs übrig gebliebenen Brigadiere jene riesige Treppe hinauf und stürmten ungesehen an den beiden riesigen Torflügeln vorbei, direkt hinein... In das Maul der Dunkelheit.

Wachsam und auf alles gefasst, betrachteten sie nun die große, unerwartet prunkvoll geschmückte Eingangshalle des Anwesens, bevor sie sich atemlos im Schatten einer eindrucksvollen Säulenreihe einen kurzen Augenblick der Ruhe gönnten. Hingegen der brachialen Hölle, durch welche sie nach ihrer interdimensionalen Reise nun hierher gelangt waren, wirkte das Interieur der großen Halle völlig fehl am Platz. Scharlachrote Teppiche zierten die wenigen, nicht von filigranem Stuck geschmückten Abschnitte der großen, geschnitzten, Wein-hölzernen Wände. Zwei riesige, geschwungene Treppen führten unter dem Kerzenlicht eines gigantischen, zentralen Kronleuchters hinauf zu einer Galerie, von wo aus eine Vielzahl an Bildern und Portraits wahrlich auf sie herab zu starren schien. Ein Duzend Türen führten von ihrer Position aus im Erdgeschoss, sowie auch von den Ausläufern des ersten Stocks zu angrenzenden Salons, Zimmern und gänzlich anderen Flügeln. Eine eigenartige, unheimliche Atmosphäre lastete auf dem Ort, abseits seines fürchterlichen Standortes. Es schien fast so, als wäre das Uhrwerk durch jenes offen stehende Tor, direkt in ein Herrenhaus in Arkham gestolpert. Doch abseits all dieser Wunderlichkeiten hielt ihre Glückssträhne weiter an. Denn so sehr sie sich auch konzentrierten und ihre Umgebung begutachteten... Sie waren völlig allein.
« Letzte Änderung: 17.02.2015, 15:44:26 von Wellby »
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« Antwort #204 am: 20.02.2015, 22:54:58 »
Sie hatten es tatsächlich geschafft und waren an ihrem Ziel angekommen, ohne entdeckt und aufgespießt zu werden. In Gedanken sprach Irene ein Dankgebet an die eiserne Königin, denn für sie war klar, dass die gesamte Gruppe unter dem Schutz ihrer Göttin stand. So viel Glück konnte einfach kein Zufall mehr sein. Vielleicht wurde das auch einem ihrer Gefährten klar.
Irene gönnte sich einen Moment Ruhe und sah sich in der prunkvollen Halle um. Es war offensichtlich, dass sie nicht von den dreckigen Kreaturen auf dem Platz gebaut worden war. Sie mussten dieses Gebäude - vielleicht das gesamte Gebiet - überrannt und übernommen haben. Bevor sie sich allerdings weiter mit der Ausstattung des Hauses vertraut machte, sah sie sich genau nach möglichen Gefahren um - die glücklicherweise ausblieben. Fast war es schon unheimlich, wie glatt ihre Mission bisher verlaufen war.
"Ich denke nicht, dass wir wissen, wo es langgeht oder hat jemand eine Ahnung?" flüsterte Irene dem Rest zu. Es war eher eine rhetorische Frage und sie erwartete keine Antwort. Sie waren fast an ihrem Ziel aber es fehlte ihnen an Zeit, um alle Räume gründlich zu durchsuchen. "Ich würde vorschlagen, dass wir einen Raum nach dem anderen angucken und hoffen, dass wir nicht lange suchen müssen."

Isamu Tanaka

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« Antwort #205 am: 21.02.2015, 00:20:55 »
Tanaka lehnte an einer der Säulen. Dieses Gebäude war schon seltsam. Nicht gerade sein Stil aber sicher ließ sich hier gut leben. Mindestens genauso gut wie zu Hause. Wie spät es wohl war? Wieviel Zeit hatten sie noch, bevor ihre Stunde geschlagen hatten. Wann würde der Uhrturm zerstört werden und war überhaupt ihr Verschwinden bemerkt worden? Er war sich sicher, dass sein liebster Bruder keinen vom Verschwinden erzählt hatte. Schließlich würde er sich ja auch noch freuen, wenn er weg war. Verdrossen blickte der junge Barde auf die verschmierte Hand mit dem Brandmal des Uhrturmes.

„Hört sich gut an.“ meinte er dann zum Plan von Irene und stieß sich von der Wand ab. Sie hatten ja wirklich keinen Plan wie weiter und solange sie konnten, sollten sie sich umkucken. Sein dreckiges Fell rückte er noch einmal zurecht. Egal wie sehr es stank, es hatte mehr als gute Dienste geleistet. Schließlich hatte eines der Monster ihn für einen Kammeraden gehalten.
Damit hieß es wohl sich vorsichtig umzusehen. Sie suchten eine Bühne und die würde sich doch finden lassen.
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Abraham Harker

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« Antwort #206 am: 25.02.2015, 18:16:09 »
Klickend spannt sich der Hahn der neuen Waffe des Revolverhelden. "Ich bin mir nicht sicher ob mir dieser neue Ort besser gefällt. Über diesen Ort gibt es nicht umsonst viele Geschichten. Und keine davon endet für die Beteiligten besonders gut. Wir sollten aufpassen. Und nicht hoffen hier auf freundliche Seelen zu treffen. Wahnsinn regiert in den Hallen von Arkham. Und nichts anderes." Surrend fokussiert das künstliche Auge in die Dunkelheit. "Was auch immer uns erwartet- es ist nicht das was es scheint."
« Letzte Änderung: 25.02.2015, 18:16:30 von Abraham Harker »
When they kick at your front door
How you gonna come?
With your hands on your head
Or on the trigger of your gun?

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« Antwort #207 am: 25.02.2015, 21:03:49 »
"Ja - und so jung werden wir auch nie mehr zusammenkommen. Jetzt mal im Ernst, was wolltest Du uns damit sagen, Abraham?", erwiderte Haze spöttisch. "Natürlich ist es hier überall gefährlich und nie kann man sich ganz sicher fühlen. Andererseits haben wir es dank unserer sagenhaften Fähigkeiten bis hierhin geschafft. Und ich sehe nicht, warum wir jetzt scheitern sollten. Also los und weiter. Ich gehe auch voraus.", schloss er und begann durch die Räume zu streunern. Eher wahllos begann er Richtungen einzuschlagen, seine Nase mal in diesen mal in jenen Winkel zu stecken und eher heuristisch nach einem Ausgang zu suchen.
Der kluge Kämpfer zwingt seinem Gegner seinen Willen auf, doch er läßt nicht zu, daß der Gegner ihm den seinen aufzwingt. - Sun Tse

Wellby

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« Antwort #208 am: 27.02.2015, 19:40:21 »
"Ein verdammtes Wunder, dass wir bislang noch nicht entdeckt worden sind! Verflucht - habt ihr diese Monster dort draußen gesehen? Ich..." Die Diebin Lavinia Crankrats stoppte für einen kurzen Augenblick und blickte aus den Schatten der Säulenreihe verstohlen zurück, in die Richtung der nach wie vor offen stehenden Flügel des großen Eingangstores. Schweiß perlte sichtbar auf ihrer zarten Stirn, während sie sich zurück an die übrigen Brigadiere wandte. "... Was - wenn dieser Kerl gelogen hat? Ich meine... Was, wenn dieser Danny überhaupt nicht existiert?" Kraftlos sackten ihre Schulterblätter ab und ihre Statur verlor die zuvor so mutige Haltung. Ihre Stimme begann deutlich zu zittern. "Tut mir Leid. Ich... Ich weiß wir sollten hoffen und nicht aufgeben. Nein, das werden wir auf keinen Fall... Aber, ich-" Eine einzelne Träne blitzte auf ihre kreidebleichen, linken Wange. "Scheiße nochmal. Ich... Ich halt' diesen Ort nicht mehr aus. Lasst uns einfach nur noch von hier verschwinden. Ich... Ich bin direkt hinter dir, Haze."



Zögerlich begann das Uhrwerk mit der Durchsuchung der unheimlichen Gefilde innerhalb jenes Hauses, welches das Hauptgebäude des ehemaligen Sanatoriums der toten Stadt Aradan darstellte. Jederzeit rechneten die Brigadiere mit einem Überfall aus den Schatten, einer Patrouille der furchterregenden Trollocs oder schlimmeren Dämonen des Dunklen Drübens, weswegen sie ihre Schritte behutsam planten und sich so dicht an die schweren, Stuck-verzierten Wände pressten, wie es in ihrer Situation nur möglich war. Sie hatten kein Ziel vor Augen; nur die vage Beschreibung des mysteriösen 'Freundes' - genannt 'Wellby' - hallte durch ihr Bewusstsein und lotste sie durch die, von Kerzen und Laternen beleuchteten, Gänge, hinweg über scharlachrote, kostbare Teppiche, durch prunkvolle Salons und vorbei an verschlossenen, steinernen Türen.

Findet das Theater... Darunter befinden sich die Katakomben, in welchen er meinen Freund gefangen hält.

Etwa eine halbe Stunde verging, ohne dass sie einen vernünftigen Anhaltspunkt bezüglich des 'Theaters' entdeckt, oder auf einen der Scheusale getroffen wären, welche mutmaßlich dieses Kabinett des Horrors bewohnten. Im Erdgeschoss hatten sie alsbald den gesamten Westflügel erkundet, waren durch Bibliotheken voll unlesbarer Bücher geschlichen und hatten jenseits verschiedener Türschlösser auf unbenutzte Bäder und reich verzierte Wohnzimmer geblickt.[1] Es dauerte nicht mehr lange, da fanden sich die Brigadiere erneut in der unheimlichen Säulenreihe jener ausladenden Eingangshalle wieder, von welchem Punkt aus sie ihre Erkundung der Räumlichkeiten begonnen hatten. Während sie sich entschlossen in Richtung der östlichen Salondurchgänge bewegten, blieb hinter dem selbsternannten Inspektor Haze die Schurkin Lavinia plötzlich stehen und erstarrte sichtlich erschrocken, bevor sie ihre Rechte hob und mit dem Zeigefinger auf die großen Eingangstore deutete.

Jeder Brigadier, welcher ihrer Geste mit dem Blick folgte, stellte schon bald unweigerlich fest... Dass diese sich, scheinbar während ihrer Abwesenheit, unbemerkt geschlossen hatten.
 1. Wer möchte, kann einen Wahrnehmungswurf bezüglich der Durchsuchung jener passierten Räumlichkeiten ablegen. SG 15 für eventuelle Nützlichkeiten und Schätze.
« Letzte Änderung: 27.02.2015, 19:42:28 von Wellby »
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Isamu Tanaka

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« Antwort #209 am: 01.03.2015, 16:26:23 »
Nicht nur Lavinia wollte hier raus. Sie alle wollten hier raus und Tanaka macht da keine Ausnahme. An der Seite der jungen Frau durchsuchte er mit ihr einige Räume, fand jedoch nichts interessantes.[1] Statt dessen bildete sich vor jedem neuen Raum neuer Schweiß auf seiner Haut und sein Herz pochte wie wild. Denn er hatte so etwas von Angst davor den Besitzer dieser Räumlichkeiten oder einen Diener zu treffen. Verdammt was machten sie nur dann. Wenigstens sah er wie einer der hiesigen aus, doch auch sie hatten dieses Gebäude gemieden, oder irrte er sich. Egal. Er wollte keinen fremden Treffen. Einzig den Weg ins Theater finden und dann ab nach Hause. Nach Hause in ihr normale Leben, vielleicht verschwanden die Brandmahle sobald sie wieder zu Hause waren, vielleicht.
Die Worte seiner Begleiterin rissen den jungen Baren aus den Gedanken. Mit geweiteten Augen blickte er auf die geschlossene Tür. „Verdammter Mist.“ Entrann leise seinem Hals als er zu seinen Kammerarden blickte. Sie mussten hier weg. Schnell, weiter bevor ihre verdammte Glückssträhne abriss.
 1. Wahrnehmung 12 gegen 15 – gescheitert
Status
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