Hintergrund (Anzeigen)Verehrte Gattin!
Es ist mir eine Freude, endlich einige ruhige Stunden gefunden zu haben, um euch zu schreiben. Meine Männer und ich haben den Gesandten seiner Majestät keine Minute unbewacht zu lassen bei seiner Tour durch die Provinzen. Ich vermisse die Tempel und Gärten Kyuden Seppuns, das Dojo der Imperialen Hand und vor allem euch, mein Schmetterling. Ich bedaure, euch mit der Last des Hauses alleine lassen zu müssen und nehme an, dies oder unsichere Botenwege sind der Grund, warum ich von euch keine Worte erhalten habe, wie es um euch und unsere Kinder steht. Ich bitte euch inständig, lasst mir einige Worte zukommen, ich verzehre mich im Unwissen um euch.
Euch stets zugeneigt, euer Seppun Koichi.
Geehrter Gatte!
Es betrübt mich, das unser Lord euch so wenig Zeit lässt, eure eigenen Dinge zu ordnen. Sicherlich sieht er, wie sehr ihr Perfektion in Erfüllung eurer Pflichten anstrebt und verlässt sich daher so sehr auf euch, mit den zur Verfügung stehenden Mitteln so vieles zu erreichen.
Wie immer ist eure Einsicht ohnegleichen, die Sorge um den Haushalt und unsere Zwillinge beansprucht mich sehr. Diese unscheinbare Person kann sich sehr glücklich schätzen, dass ihr so nachsichtig seid. Sind dies die einzigen Kinder, die ich euch geben konnte, die erwachsen wurden, und kostet es meine ganze Kraft, eure Heimstatt in Ordnung zu halten. Ich habe in den letzten Wochen nur eine Epik fertig stellen können. Vor allem habe ich an eurer Tochter gefehlt. Unter eurer Anleitung ist aus Shoichi ein vollendeter Mann geworden, ehrenhaft, gläubig und empfindsam. Doch Naomi ist unvollkommen und ohne eure starke Führung widerspenstig. Erneut hat sie ihre Lehrstunden im Haus nur ausreichend erfüllt und den Rest der Zeit die Meister der Waffen belästigt. Ich bitte euch inständig, ihr Gehorsam zu befehlen, damit diese zweite Chance, die wir haben sie auf den rechten Pfad zu lenken, nicht verlorengeht. Es liegt mir fern, eure Entscheidungen in Frage zu stellen, doch ist es ungewöhnlich, einer Frau Gempukku zu erlauben.
In Hingabe, eure Kaoru.
Verehrte Gattin!
Ihr irrt euch, ich bin es, der euch nicht verdient hat, eine Tochter der Nani. Und ihr bewältigt bewundernswertes für das alte Schlachtroß, das sich euer Mann nennen darf. Auch habt ihr an unserer Aufrechten nicht falsch getan, nein, ich habe Shoichi nicht zu formen verstanden. Er hat nicht die Stärke, den Willen und die Genügsamkeit, ein Krieger der imperialen Garde zu werden. Stattdessen verfasst und trägt er Gedichte und Lustspiele vor. Meinem Bruder sei Dank hat sich eine Frau gefunden, doch hoffe ich, du hast noch nicht vernommen, was über ihn geredet wird! Es bricht mir das Herz, doch darf ich es euch nicht verschweigen: Seine Frau war doch lange Jahre ohne Hoffnung, das einzige, was sie erreicht hatte war, dass einer ihres Geburtsklans Kranich auf ihn aufmerksam wurde, seine Kunst würdigte und ihn förderte. Doch nun ist dies auch in Zweifel gezogen worden, ausgerechnet, als seine Frau gute Nachrichten zu verkünden hatte. Es ist impliziert worden, dazu hätte der Gönner beigetragen und das wäre der wahre Grund für dessen Zuwendungen. Wenn meinem Sohn solche Schande angetan wird, muss er die Konsequenzen ziehen! Und er tut nichts und weitet die Schande damit auf uns alle aus! Mein Schwert rostet an seinem Gürtel.
Seine Schwester ist das Gegenteil, eine wahre bushi! Sie ist ehrenhaft, tapfer, gelehrig und genügsam. Ihre Meister haben sie in den höchsten Tönen gelobt und die eherenwerte Moto Sora hat ihr sogar anstelle des Kindes, das sie selbst nicht haben konnte, ein Schwert geschenkt. Ich hoffe, sie wird den Ruf der Familie mehren, mehr als ich es verstanden habe. Daher habe ich ihr erlaubt, ihr Talent zum Kampf zu perfektionieren. Das mein Bruder und ehrenwerter Richter Daiki es für weise hielt, ihr den Schwur der Enthaltsamkeit zu untersagen, hat sich meinem in politischen Dingen unbewanderten Verstand nicht erschlossen. Hat dies doch ihren in Aussicht stehenden Posten in der imperialen Garde verhindert. Dies ist bedauerlich, den so kann sie ihren Gehorsam nur mir zur Verfügung stellen. Und ich bin in meiner Position nicht immer in der Lage, sie im angemessener Weise zu führen und zu schützen.
Dabei verkörpert sie den Bushido in Perfektion. Pflicht und Ehre stellt sie vor alles andere, die Befehle, die sie erhält, und die Bedürfnisse anderer sind ihr so wichtig, dass sie alle in ihrer Umgebung zu beschämen vermag. Sie würde ihr Leben hingeben, um einen ihr anvertrauten Diener das seine zu retten. Erinnert ihr euch an die Episode mit Tadaos Sohn? Er stand am Ende seiner Ausbildung als Wache und war Teil einer Patrouille, die in einen Hinterhalt von Ronin geriet. Als sein Vater, der es als Wildniskundiger, der er ist, vom Kampfgeschehen hatte lösen können und mit letzter Kraft unsere Mauern erreichte und um Hilfe flehte, entschuldigte sich unsere Tochter und machte sich auf. Die anderen Wachen und Samurai geruhten erst Befehle und Entscheidungen der Fürsten abzuwarten, bevor sie ihrer Pflicht nachkamen. Ihnen kam Naomi mit den verletzten, aber überlebenden Wachen entgegen und brachte sogar zwei Köpfe und zwei Gefangene mit. Die Geretteten und vor allem Tadao haben ihr das nie vergessen und sind absolut loyal.
Ich glaube nicht, dass sie sich gegen euch stellt. Sie ist eine Seppun, erfüllt ihre Pflichten und wird unserem Clan keine Schande bereiten oder ihm gar widersprechen. Lasst ihr ihre gewissen eigenen Tätigkeitsfelder, sie entfaltet sich dort in bewundernswerter Weise und findet die Möglichkeiten, über das ihr Widerfahrene nachzudenken und es in ihr Leben zu integrieren.
Euch schmerzlich vermissend, euer Koichi
Geehrter Gatte!
Es ist schrecklich, unter was für infamen Verleumdungen unser Sohn zu leiden hat. So unglaubwürdig wie diese sind, werden sicher nur die Einfältigsten der Einfachen ihnen glauben schenken. Und was erwartet ihr von ihm? Eine Lösung von seinem Gönner würde ihm der Möglichkeit berauben, seine Seele durch die hohen Künste zu perfektionieren und zu wappnen.
Ist Naomis unfrauliches Betragen nicht eine ständige Provokation für Shoichi? Die Vergleiche haben so unglaubliche Maße angenommen, dass unwissende weinselige Bedienstete von einem Raub seiner Seelenqualitäten durch seine Zwillingsschwester noch vor der Geburt geflüstert haben, um sich dann noch vorzudrängen und die natürliche Ordnung umzukehren. So etwas Falsches, ist er doch der Vollkommenere der beiden, derjenige, der seinen Platz gefunden hat.
Und nun mischt sie sich auch unter die Gemeinen und scheint darin keine Schande zu finden, obwohl es nicht sein soll, dass diese einer Edlen ansichtig werden. Da fällt mir ein, dass es euch sicher freuen wird, dass Tadao nun bereits zum zweiten Mal Großvater geworden ist. Es ist zu bedauern, dass seine Frau dies nicht mehr erlebt.
Euer Bruder hat nur das Beste für die Familie im Sinn, hat er doch aufopferungsvoll nicht nur seine eigenen Kinder, sondern auch seine Nichten und Neffen bedacht. Hat er ihnen nicht alle wunderbare Positionen oder Partien verschafft? Seine Tochter ist mit einem aussichtsreichen Miya-Beamten vermählt, der nun seine Versprechungen umsetzt. Sein erster Sohn verwaltet eine der reichsten Provinzen, ist damit der jüngste in diesem Stand gewesen und hat bereits mehr als einen Stammhalter. Und sein Zweitgeborener hat bereits euren Rang in der Imperialen Wache und ebenfalls eine Familie. Selbst eure gemeinsame jüngere Schwester hat er geholfen zu vermitteln, genauso wie deren Tochter.
Und bei unserer Tochter ist dies eine größere Herausforderung. Alles, was eine Frau zu beherrschen hat, fällt ihr schwer. Sie kann kaum Tanzen, Singen oder Spielen. Ihre Konversationsfähigkeit erleichtert das Gespräch kaum. Ihre Zurückhaltung ist rühmlich, doch übertriebt sie es. Ihre Kenntnisse geeigneter Themen und wichtiger Personen und Ereignisse ist grundsätzlich. Leidlich gut ist sie in der Verwaltung eines Haushalts. Ihre Weltsicht ist von ihrer mangelnden Erfahrung geprägt, erfährt sie von einer bedauerlichen oder schrecklichen Sache, ist sie wirklich schockiert von der Schlechtigkeit. Immerhin legt sie eine gesunde Aufmerksamkeit an den Tag, wenn es um die Wahrheit geht über Dinge, die sie sonst nur aus Geschriebenem entnommen hat. Generell fällt es ihr einfach schwer, jemanden für sich einzunehmen. Es ist sogar eher so, dass nach ihrer Ankunft die Personen im Raum ihr Misstrauen entgegen bringen. So jemand ist schwer zu vermitteln, da sollten wir über die Hilfe deines Bruders dankbar sein. Hatte er sie doch an diesen Hida Akio vermittelt. Und sie war so undankbar, sich zunächst zu weigern, zum Glück konntet ihr sie zum Einlenken bewegen.
[…]
In aufrichtiger Zuneigung,
eure Kaoru
Ehrenwerte Gattin!
Ja, mein erhabener Bruder hat nur das Wohl der Familie vor Augen, doch kommt man nicht umhin, sich zu fragen, ob er sein eigenes Wohl dabei wie es der Anstand gebietet begrenzt. Das unsere Tochter ihm skeptisch gegenüber steht, ist verständlich. Es ist wahr, er hat seine Kinder gefördert, wo es nur ging, doch wenn sie seine Erwartungen nicht übertrafen, wendet er sich den Kindern seiner Geschwister zu; sein Alter und das seiner Frau, dieser Bayushi, legen es nahe, dass es keine weiteren eigenen mehr geben wird. Die Eile hat nicht nur Gutes gefördert. Ist seine Tochter nicht nach all den Jahren noch immer kinderlos? Die Provinz seines Erben ist die ruhigste im Reich, dort gibt es keinen Ruhm mehr zu erlangen, nur welchen zu verlieren, wenn sie einmal suboptimal abschneidet. Der andere hat fürs sein Alter einen bemerkenswerten Rang, doch war er in das Versagen der Wache beim Mord am ehrenwerten Quästor verwickelt und ist zwar freigesprochen worden, jedoch ohne seinen Ruf wiederherzustellen. Unsere geliebte Schwester ist an unseren Cousin gegangen, der nicht in dem Ruf stand, vermittelbar zu sein und damit fast unhaltbar geworden war. Sie hat Erstaunliches vollbracht und dann schickt er ihre Tochter in die Ferne zu den Löwen. Immerhin bleibt ihr ihr Sohn, dessen Meisterung aller Elemente ihn in alle Munde gebracht hat. Mit Tatsuya versteht sich Naomi sehr gut. Er oder Meisterin Moto Sora könnten euch an meiner Stelle ebenfalls unterstützen, sollte Naomi die Vernunft eurer Ratschläge nicht wahrnehmen. Ansonsten erinnert sie an ihre Pflicht der Familie, dem Imperium gegenüber, dem kann und will sie sich nicht entziehen. Nur haltet besser meinen Bruder heraus, sie befindet, er habe ihre Loyalität verwirkt. Er war es schließlich auch, der ihr Gempukku verhindern wollte und mir befahl, ihr die Ehe mit Hida Aiko zu vollziehen. Nur damit wenige Monate später das Unglück hereinbricht und sie vergiftet vorgefunden werden. Immerhin haben sie beide überlebt. Ein schuldiger Heimin ist sehr schnell gefunden worden, geständig gewesen und hingerichtet worden. Das daran Zweifel aufkommen, ist verständlich. Selbst Naomi geht es so. Was hätte der Heimin von alledem gehabt, hat sie mich einmal gefragt. Feinde unsere Familie, meines Bruders oder der Hida wären naheliegendere Täter.
Ich möchte außerdem euch widersprechen, was die Fähigkeiten unserer Tochter angeht. Ihr solltet sie einmal auf dem Kampfplatz sehen. Sie bewegt sich mit einer Gewandtheit und Eleganz, die ich bei niemandem gesehen habe. Ihre Kontrahenten können kaum folgen und schlagen ins Leere, während sie sie umtanzt, ihre Fehler ausnutzt und sie vorführt. Es ist bedauerlich, dass dies nicht genauso wertgeschätzt wird wie Tüchertanz. Sie ist quasi bedürfnislos und sehr geduldig, das sollte beweisen, wie sehr sie bereits in sich ruht. Es mag nicht leicht für einen Fremden sein, ihren Respekt zu verdienen, doch ist sie eine absolut loyale Freundin, wenn es soweit gediehen ist. Mehr Bedenken habe ich, dass sie in einfachen Volksglauben flüchtet, wenn ihr etwas unerklärlich erscheint. Sie hat sehr feste Vorstellungen, ihre ausgiebige, ja quasi doppelte Ausbildung als Kriegerin und Frau hat ihr nicht viel Zeit gelassen, zu reisen. Die Anweisungen meines Bruders und das, was ihr widerfahren ist, wird es ihr nicht leichter gemacht haben, die Welt mit besonnenen und positives suchenden Augen zu sehen. Ihr fehlt die Erfahrung, dass nichts eindeutig ist.
Leider muss ich hier unterbrechen, meine Pflichten rufen mich, seid umarmt,
euer Koichi.
Ehrenwerter Gatte!
[...]
Tatsuya ist ein großer Shugenja, ohne Frage. Warum ist er dann noch ohne Frau? Alle Versuche einer Vermittlung sind bisher gescheitert. [...]
Es ist allerdings wahr, dass Naomi eine unerfahrene Weltsicht hat: Einhörner sind über jeden Zweifel erhaben, Krabben einfach gestrickt, Skorpione ehrlos, Blutmagier und Schattenlandkreaturen böse. Selbst ihrer eigenen Rolle als Frau steht sie abweisend gegenüber, sie denkt, es mache sie schwach und unselbstständig.
Ihr Neigungen zeugen deutlich von der Suche nach sich selbst, auf der sie noch immer ist. Sie bevorzugt die Nähe von unseren einfachen Geschwistern, den Tieren, die ihr weniger Abneigung entgegenbringen und weniger verlangen. Des weiteren bevorzugt sie die Nähe von euch, ihrem Cousin und der Kampfmeisterin. War das Moto Sora, die ihr erwähntet? Das Einhorn, das den Schwur der Enthaltsamkeit geschworen hat, und nun durch Verletzung eingeschränkt, aber erfahren, im Dojo lehrt? Ich befürchte, sie möchte sich an euch orientieren.
Sie zieht sich gerne zurück, sucht Ruhe und Perfektion, sowohl in ihren Künsten als auch ihrem Aussehen. Sie hat eine Abneigung gegen Dreck, Lärm und Chaos. Das macht Hoffnung, dass nicht alles an ihr verloren ist. Sie sieht eigentlich ein, das alles in die göttliche Ordnung eingefügt sein muss. Doch leider hat sie es selbst noch nicht begriffen. In dem von euch angesprochenen einfachen Volksglauben wird sie Trost finden, den sie sich sonst versagt. Sie meditiert, betet und opfert regelmäßig und nimmt all dies sehr ernst. Darin ist sie wohl geraten.
Ebenso erstaunlich ist, dass sie, wenn im Kleid und im Hause sitzend, sich weitgehend angemessen zu verhalten weiß. Sie hält sich zurück und ihren Blick bedeckt. Will man ihre Gunst gewinnen, ist Höflichkeit, Freundlichkeit auch gegenüber niederen Rängen und Tieren angebracht. Überschwängliche Personen überfordern sie und bringen sie dazu, ihnen auszuweichen. Wenn sie nur aufhören würde, ihre Hände ständig zu bewegen. Sie zupft an sich oder ändert deren Haltung, als gäbe sie Handzeichen. Beim Nachdenken starrt sie auf ebendiese und legt die Stirn in Falten. Verärgerung merkt man daran, dass sie ihre Zähne aufeinander reibt. Trauer oder Schock lassen sie still vor sich hin starren, während sie innerlich mit sich ringt. In ihrer Rüstung wird sie laut und ungehobelt. Da geht sogar ein wenig von ihrer sonst sehr ordentlichen Höflichkeit verloren.
Die Episode mit Hida Aiko ist wirklich ein Unglück. Gerade haben sie sich zur Ruhe begeben, da passiert das mit dem Gift. Der Preis für das Überleben war hoch. Zunächst waren beide geistig umnachtet, dann hat sich unsere Tochter erholt, nur um in einer Anhörung zu erleben, wie die Ehe annuliert wird. Es wird erniedrigend gewesen sein. Immerhin sind jetzt genug Monate vergangen, dass es als sicher gelten kann, das die Ehe nicht stattgefunden hat.
Das bringt mich zu einer frohen Botschaft, die ich euch zu schicken vermag: Euer Bruder, der edle Richter Daiki, hat einen neuen Bräutigam für Naomi gefunden: Bayushi Kenyo, von edlem Stamm und mit guten Aussichten. Und bevor ihr reagiert, wie ihr es immer tut, liegt diesem Schreiben noch eines eures Bruders bei.
Ich bedaure, mich in dieser Sache nicht auf eure Seite stellen zu können, mein Gatte, aber das Wohl unserer Tochter steht auf dem Spiel.
In Ergebenheit, Eure Kaoru.
Kaoru!
[...]
Nun verstehe ich umso besser, warum mein Bruder uns und den Hida die Schmach der Anhörung zur Annulierung der Ehe angetan hat, in der die Aussagen unserer Tochter sogar für unwirksam erklärt worden sind, da diese den Nachwirkungen des Giftes zugeschrieben worden waren. Er wollte sein Handelsgut wieder freibekommen. Es ist beschämend, seinem Befehlen folge leisten zu müssen. Gebt die beigelegten Zeilen jeweils unserer Tochter und dem Richter.
Ihre Abneigung gegen die Rolle, die ihr ihr zudenkt, ist doch verständlich. Sie fürchtet, den Weg des Kriegers zu verlieren, der sie im übrigen dazu verpflichtet, die Schwachen, also auch Frauen im euren Sinne, zu schützen.
Wenn ich unsere Tochter im Kleid vor mir sitzen sehe, erstaunt mich die Verwandlung ebenfalls. Sie kichert unangemessen und gibt sonst kaum einen Laut von sich. Die unruhigen Hände hat sie auch in ihrer Rüstung, versteckt sie nur meist hinter dem Rücken. Und wenn sie den Blick halten könnte, würde ihr das als Kriegerin besser stehen. Wenn sie erbost ist, vergeht das. Ihre Hände bilden Fäuste und werden wieder entspannt. Losgelöst haben wir sie noch nicht erlebt, generell hat sie sich doch sehr gut unter Kontrolle, obwohl ihre Emotionen sicher stark sind. Personen mit unangemessenem Verhalten erschrecken sie und stoßen sie ab, was eher in kühlem Verhalten ihnen gegenüber resultiert. Unehrenhafte Personen werden wenn möglich mit Nichtachtung gestraft oder regen ihre Wut.
Ich gebe euch recht, sie ist noch auf der Suche nach sich selbst. Sie wünscht sich eine Position als Kriegerin, ohne sich selbst verleugnen zu müssen. Das fällt schwer, wenn man wie sie zwischen zwei Welten steht. Ihr Ehrgeiz und ihr Ehrgeiz sprechen eine deutliche Sprache, sie ruht noch nicht in sich selbst und denkt, sie müsse etwas beweisen.
Ruhe, Ordnung und Perfektion, das ist wahrlich das, was sie sucht. Auch in ihrem Kampfstil lässt sich das wiederfinden. Wie schon immer gesagt wurde: Siehst du einen eine Waffe benutzen, weißt du, wer er ist und wie er denkt. Sie kann es nicht leiden, wenn jemand sein Potenzial nicht ausschöpft. Fehlverhalten mag sie bei Rangniedrigeren noch mit Nachsicht begegnen, hat sie eigentlich nichts dafür übrig. Sie duldet ja auch an sich selbst keine. Es täte ihr nicht schlecht, nicht alles, was nicht eindeutig gut ist, als vollkommen verdorben abzutun.
[…]
So hoffe ich denn, eure Gunst nicht verloren zu haben und verbleibe,
euer Gatte Koichi.
Verehrtester Gatte!
Ich muss euch mitteilen, dass Naomi, nachdem wir ihr deutlich gemacht haben, dass sie dem Versprechen unserer Familie, sie an Bayushi Kenyo zu geben, entsprechen muss, bereits in die Skorpionlande aufgebrochen ist und nur Tadao und eine Zofe mitgenommen hat. Ich fürchte, einer der Gründe werden ihre Nachforschungen nach demjenigen sein, der das Gift hergestellt hat, da sie sich dem Hida noch immer verbunden fühlt. Wenigstens ist die Zofe jemand aus unserem Haushalt, geboren von unseren Dienern und von deinem Bruder empfohlen. Sie ist sehr hübsch, weiß und beherrscht alles, was man zur Bewegung auf dem diplomatischen Parkett braucht. Sie weiß zu schmeicheln und sich in diesem Umfeld zu bewegen. Wenn Naomi nur mehr wie sie wäre.
Wenn sie nur ein wenig mehr Lebensfreude hätte. Sie nimmt alles sehr schwer und versagt sich die Freude, wie ihr schon richtig geschrieben habt. Hat sie das Gefühl, mehr bekommen oder gar verlangt zu haben, als unbedingt notwendig war, fühlt sie sich schlecht. Umgekehrt ist sie stolz auf ihren Verzicht. Das mag dem euren Männeridealen passen, aber es geht ihr nicht gut damit.
Ich hoffe doch nur, ihr zu ihrem Glück zu verhelfen. […]
In Besorgnis und tiefstem Bedauern,
eure euch ergebenste Kaoru.