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Autor Thema: Heiliger Boden  (Gelesen 116543 mal)

Beschreibung: Kapitel 1

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Sternenblut

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Heiliger Boden
« Antwort #135 am: 25.09.2014, 22:06:36 »
Reyka überlegte. "Möglich ist vieles, aber es ist doch sehr unwahrscheinlich. Ich habe aber noch eine andere mögliche Erklärung."

Er schwieg einen Moment, fast, als würde er darauf warten, ob Jurij selbst auf die Idee kam. "Der Wirt hat sich nicht an den Besucher erinnert. Meine Theorie war, dass er verzaubert wurde. Ein Zauber könnte durchaus dafür sorgen, dass eine Person scheinbar wie eine andere aussieht - und zwar bis aufs Haar." Er runzelte die Stirn. "Wenn ich aber Recht habe, Jurij, dann wurdest du gezielt ausgesucht, um als Sündenbock herzuhalten. Vielleicht haben sie sich einfach nur einen neuen Anwärter der Gerichtswache herausgepickt. Vielleicht gab es auch einen anderen Grund. Aber wenn ich Recht habe, dann haben sie dich auf dem Zettel, und dann haben sie vermutlich richtig üble Pläne mit dir."

Reyka streckte die Hand aus. "Gib mir das Buch, ich mache ab hier alleine weiter. Du suchst Boldon. Das hier ist, möglicherweise, zu groß, um zu warten. Geh ins Hauptquartier zurück, Ferrigan müsste jetzt dort sein, und frag ihn nach Boldon."
"Ein Blick in die Welt beweist, dass Horror nichts anderes ist als Realismus." - Alfred Hitchcock

Jurij Klee

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Heiliger Boden
« Antwort #136 am: 25.09.2014, 23:07:49 »
Jurij hatte den Kopf schief gelegt bei dieser Idee von Reyka. In diesem Moment fragte er sich ob Magie wirklich so mächtig war. Wie konnte Reyka nur so locker darüber sprechen. Es war doch mehr beängstigend, wenn es wirklich jemanden gab der dies konnte.
Mit einem tiefen brummigen „Oh man.“ griff er sich an den Kopf. Magie war ihm einfach noch zu fremd. Doch wie wohl Reyka reagieren würde, wenn er von Mobiltelefonen, Hologrammen, virtuellen Welten oder anderen technologischen Errungenschaften sprechen würde. Vielleicht würde er ihn auch für einen Zauberer halten oder für verrückt. Herausfinden wollte er es aber nicht. Wenn jetzt wirklich Magie dahinter steckte, so war Jurij wenigstens gespannt wie sie es machten.

Ruhig holte es das Notizbuch hervor und gab es Reyka. „Auch wenn das schlecht für mich wäre, hoffen wir das du unrecht hast. Nur wenn ich darüber nachdenke bekomme ich Kopfschmerzen.“ Innerlich hoffte er immer noch auf einen einfachen Doppelgänger. Schließlich warum sollte ein Zauberer einen Zauber aufrechterhalten um mit einer Frau ins Bett zu gehen. Selbst mit seinem Unwissen über Magie vermutete er, dass für das Wirken eine Art von Energie gebraucht wurde. Damit war es schon wieder Kostspielig zu Zaubern. Aber was wusste er?
Mit den Worten „Sei bitte vorsichtig Reyka.“ machte sich Jurij auf den Weg zum Hauptquartier.
« Letzte Änderung: 25.09.2014, 23:08:05 von Jurij Klee »
Wenn du etwas machst, mache es mit jeder Faser deiner Selbst. -Status-

Sternenblut

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Heiliger Boden
« Antwort #137 am: 26.09.2014, 11:24:34 »
"Du auch", verabschiedete sich Reyka von Jurij, nachdem er das Buch genommen hatte. Und so machte sich Jurij erneut auf den Weg zum Hauptquartier, das für diesen Stadtbezirk am Rand des Tempeldörfles lag, am Übergang zum Vogeldörfle - das seinen Namen durch den großen königlichen Garten erhalten hatte, in dem exotische Pflanzen eine Vielzahl verschiedenster Vogelarten anzogen. Auch im Tempeldörfle sah man hin und wieder noch die schillernden Tiere durch die Luft gleiten.

Am Hauptquartier angekommen, das trotz des weißen Steins und geschwungener architektonischer Bauweise letztlich nichts anderes als eine große Festung mitten in der Stadt war, wies sich Jurij kurz bei den beiden in stählerne Panzer gekleideten Wachen aus, und machte sich dann sogleich auf den Weg in den dritten Stock, in das Büro von Inspektor Ferrigan.

Vor seiner Bürotür, an die lediglich eine schmucklose, eiserne Zahl "317" genagelt worden war, stand eine weitere Wache, ebenfalls in Vollpanzerung. Alle Türen im Hauptquartier trugen diese Zahlen, doch manche Mitarbeiter der Gerichtswache bestanden zusätzlich auf die Anbringung ihres Namens. Ferrigan war das offenbar nicht wichtig.

"Ferrigan ist im Gespräch", erklärte der Wachmann Jurij, "wird aber wohl noch eine ganze Weile dauern. Ich kann mal fragen, ob du kurz unterbrechen darfst." Das "Du" war unter den unteren Rängen der Gerichtswache üblich - auch mit Reyka hatte er die ansonsten übliche höfliche Anredeform gleich übersprungen.

Kurz verschwand der Wachsoldat in Ferrigans Zimmer, und kam wenige Momente später wieder heraus. Die Türklinke hielt er in der Hand, die Tür noch offen. "Zwei Minuten", erklärte er.

Und so betrat Jurij das Büro des Inspektors. Neben ihm selbst war noch eine weitere Person anwesend, eine junge Frau in weißen Roben. Das Büro schien auf den ersten Blick klein, doch in Wahrheit war es recht geräumig - es war lediglich vollgestellt mit mehr als zehn großen Holztafeln, auf denen Ferrigan Zeichnungen, Pläne und mit Notizen versehene Zettel angebracht hatte. Sein Schreibtisch war nicht weniger vollgestellt: Ein fast vierzig Zentimeter hoher Berg an Akten lag in der Mitte, ein weiterer, halb so großer gleich daneben.

Ferrigan und die fremde Frau standen vor einer der Tafeln, die drei Stühle im Raum - einer hinter dem Schreibtisch, zwei davor - waren ebenfalls als Ablagefläche genutzt worden: Auf jedem stand eine Holzkiste, in der sich verschiedenste Gegenstände, vermutlich Beweisstücke, befanden. Jurij entdeckte ein blutiges, ehemals weißes Hemd, eine goldene Waage, sowie einige Messer, deren Klingen man in weißes Leinen eingewickelt hatte.

Der Inspektor ging mit zwei schnellen Schritten auf Jurij zu und gab ihm die Hand. "Hallo noch einmal. Ich darf vorstellen, Elenya Ithera, eine Priesterin Shelyns. Sie wurde von der Gemeinschaft der Tempel als Vertreterin ausgewählt, um mit uns in der Sache des Tempelschänders zusammenzuarbeiten."

Elenya war etwa zwanzig Jahre alt, vielleicht ein wenig älter, und trug ihr langes glattes, blondes Haar bis zur Hüfte. Sie war ungewöhnlich klein, kaum 1,60 Meter, schätzte Jurij, und trug ein weißes, bis zum Boden reichendes Tempelgewand. Um ihren Hals trug sie eine silberne Kette, an der das Symbol einer Hand als Anhänger hing. Ihre blauen Augen waren ungewöhnlich groß, was ihr zusammen mit ihrer Größe ein etwas kindliches Aussehen verlieh.

Sie beobachtete Jurij interessiert, und erst nach einem Moment schenkte sie ihm ein Lächeln und streckte auch ihm die Hand hin, ohne aber einen Schritt auf ihn zuzugehen.
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Rillfarsell

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Heiliger Boden
« Antwort #138 am: 26.09.2014, 16:39:40 »
Rillfarsell flog vom Baum herab.
"Ja, ich habe da auch eine intensive Erfahrung gemacht. Ich danke euch dafür, daß ich teilnehmen durfte.
Und auch für die Mühen eurer Adepten.
Ich möchte sie dann auch nicht länger als nötig warten lassen.
Ich hoffe, wir sehen uns wieder."

Mit diesen Worten machtge es sich dann auch in Richtung Ausgang auf den Weg.
Noch immer war es von dem Erlebten mitgenommen.
Auf seinen unfreiwilligen Reisen waren ja schon einige merkwürdige Dinge passiert. Sollte das mit dieser Dunkelheit zu tun haben?
Und wie sollte es diese Wesen namens Henry und Harry finden, wenn es nur die Namen hatte? Waren es Elfen?
Inzwischen war es draußen angekommen und begrüßte erneut die dort wartenden Elfen.
Gespannt wartete Rillfarsell auf die Informationen, die diese ihm geben konnten.

Sternenblut

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Heiliger Boden
« Antwort #139 am: 27.09.2014, 01:19:45 »
Ihari lächelte Rillfarsell zu. "Was mich angeht, seid ihr hier jederzeit willkommen." Dann verabschiedete er sich mit einer leichten Verbeugung von Rillfarsell.

Draußen erwarteten die Adepten das kleine Feenwesen. Ihre Aufregung ob seiner Anwesenheit war noch immer deutlich zu spüren. Die junge Frau, Jundra hatte Ihari sie genannt, lächelte ihm zu und ging einen Schritt auf ihn zu. "Wir haben etwas über den Mann namens Hereius herausgefunden. Er ist ein Mensch, er verdient seinen Lebensunterhalt damit, Kindern das Musizieren beizubringen. Wir konnten so schnell nicht herausfinden, wo er wohnt, aber seine Schule befindet sich im Palastviertel, genauer im sogenannten Tempeldörfle - das ist ein Teil der Stadt, in dem es besonders viele Tempel gibt. Vielleicht interessiert euch, dass es am Rand zum Vogeldörfle liegt..."

"Jundra!" zischte der junge Mann neben ihr sie an, und die Frau wurde ein wenig rot im Gesicht.

"Entschuldigt. Natürlich seid ihr kein einfacher Vogel, das wollte ich damit nicht sagen." Sie lächelte nervös, und räusperte sich. "Hereius' Schule liegt in der Liliengasse. Fliegt in diese Richtung", sie zeigte den Weg mit ihrer ausgestreckten Hand, "und unterwegs fragt ihr am besten Leute von der Gerichtswache weiter nach dem Weg. Und denkt daran, euch eine Aufenthaltsgenehmigung zu holen, ansonsten könntet ihr Probleme bekommen."

Nun, da sie alle wichtigen Informationen an Rillfarsell weitergegeben hatte, faltete sie ihre Hände vor sich zusammen, und sah ihn mit einem nervösen Lächeln an.
« Letzte Änderung: 27.09.2014, 01:20:59 von Sternenblut »
"Ein Blick in die Welt beweist, dass Horror nichts anderes ist als Realismus." - Alfred Hitchcock

Henry

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Heiliger Boden
« Antwort #140 am: 27.09.2014, 15:53:03 »
"Unauffällig? Nein, ganz sicher nicht. Aber nun gut, was soll's? Wir werden diese Männer nie wieder sehen - oder zumindestens nicht in der nächsten Zeit. Eines aber trotzdem: Warum war es nötig, Ihnen Deine Magie zu präsentieren?", fragte Henry. In seiner Stimme war kein Vorwurf und auch sonst nichts zu erkennen. Er wirkte nur müde und abgespannt. "Gehn wir nun zu besagtem Treffpunkt? Ich würde mich gerne vorher noch eine Stunde oder so ausruhen. Wer weiß, was auf uns zukommt?", fragte er dann.
"Be just, and fear not: Let all the ends thou aim'st at be thy country's, Thy God's, and truth's." - Shakespeare: King Henry VIII., Act 3, Scene 2

Harry Webster

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Heiliger Boden
« Antwort #141 am: 27.09.2014, 16:37:06 »
"Because he asked what was wrong with me", brummte Harry, "and I didn't want to lie to a lawman. Normalerweise kann ich ganz gut flunkern, aber erstens dachte ich, ich bleib lieber bei der Wahrheit, für den Fall, dass ich tatsächlich als privater Ermittler hier tätig werden will, denn dann bin ich auf gute, halbwegs ehrliche Beziehungen zur Stadtwache angewiesen, sonst machen die mir das Leben schwer. Zweitens war ich einfach nur geschockt, weil mein... mein Blick nicht funktioniert hat. Als der kleine Beamte mich angesehen hat, ist einfach nichts... passiert."

Nach dieser Ansage marschierte er neben Henry durch die Stadt und sagte eine ganze Weile lang nichts, der Blick in sich gekehrt, während Henry sich nach dem Weg zum Tempelviertel nebst "Portal" erkundigte und die Führung übernahm.

"Schön, ich habe mich immer darüber beschwert," sagte Harry unvermittelt. "Habe es gern als Grund vorgeschoben, warum ich so ein Partyschreck bin, aber seit gut achtzehn Jahren lebe ich nun damit, habe mich ganz darauf eingestellt. Und jetzt plötzlich... futsch! Das ist, wie wenn du plötzlich blind oder taub wirst oder eine Hand verlierst. Da muss ich erst einmal lernen, wie man überhaupt mit seinen Augen schaut. Überhaupt den Leuten in die Augen zu schauen...

Und das mit dem Blick ist nicht einmal alles. Ich weiß, du willst das eigentlich gar nicht hören, aber die m... die Ströme fühlen sich hier komplett anders an als zuhause. Das, was ich dem Beamten vorgeführt habe, war tatsächlich einer der einfachsten Zauber und zudem der, der mir am leichtesten fällt, weil es dazu so gar keines Feingefühls bedarf, man packt einfach nur zu und... na ja, aber für den Rest meines Repertoires, da sehe ich schwarz. Da darf ich, fürchte ich, erst wieder ganz von vorn anfangen. Als hätten wir nicht schon genug Probleme!

Und bevor du sagst: Fein, nutze doch die einmalige Gelegenheit und schwöre der Magie ab, die ist ja eh heimtückisch und gefährlich—stell dir vor, du würdest jetzt, hier, in unserer Situation an dir hinabblicken und feststellen, dass du nicht einmal mehr weißt, mit welcher Hand du deinen Säbel ziehen musst, geschweige denn was damit tun außer einem Feind wild damit vor der Nase herumfuchteln? Und deinen Schild würdest du angucken und dich fragen: hm, soll ich den über den Kopf halten, wenn es regnet, damit ich nicht nass werde?

On the other hand: always look on the bright side of life"
, endete er mit einem schiefen Grinsen. "Wir scheinen uns zumindest in einer Stadt zu befinden, in der wir beide eine Chance haben, uns zurecht zu finden. Nicht zu modern für dich, wie Berlin, nicht zu mittelalterlich für mich, wie Brückenstadt, und eine Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis haben wir auch in der Tasche. Also auf, das wird schon."

Und für den Rest des Weges pfiff Harry (unerklärlich vergnügt) eine Melodie vor sich hin. Den Text, den er zwischendurch mit fast überzeugend britonischem Akzent dazu sang, schien Henry reichlich... albern.[1] (Eine Zeile war regelrecht bedenklich: "Forget about your sin - give the audience a grin // Enjoy it - it's your last chance anyhow.") Trotzdem summte er bald mit und vergaß darüber sogar eine Zeit lang seine Müdigkeit.

Es war vielleicht gut, dass sich in Henrys Kopf dabei nicht die gleiche Filmszene[2] abspielte wie in Harrys.
 1. Lyrics
 2. Filmszene
« Letzte Änderung: 28.09.2014, 13:47:48 von Harry Webster »
My name is Harry Aleister Mulholland Webster. Conjure by it at your own risk.

Paranoid? Probably. But just because you're paranoid doesn't mean that there isn't an invisible demon about to eat your face.

Sternenblut

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Heiliger Boden
« Antwort #142 am: 27.09.2014, 18:07:28 »
Als die beiden Männer nach dem Weg fragten, stellten sie schnell zwei Dinge fest: Die Bewohner der Stadt - sogar die mit Hauern bewehrten, grünhäutigen Orks - pflegten einen freundlichen Umgang miteinander, und die meisten Passanten waren tatsächlich hilfsbereit. Aber der Weg zum "Portal", das war die zweite Sache, die sie herausfanden, würde ein langer werden.

Die Stadt war groß, sehr groß, und sie war in fünf Viertel unterteilt: Eine für jede Himmelsrichtung, und das Palastviertel in der Mitte. Jedes Viertel war seinerseits eingeteilt in etwas, das die Bewohner "Dörfle" nannten - dreißig bis vierzig davon gab es in jedem Viertel, in unterschiedlichsten Größen. Die meisten waren groß genug, um Raum für fünf- bis zehntausend Einwohner zu bieten, einige wenige nur für einige hundert.
Die meisten Informationen erhielten sie von einem älteren Mann, der sie, kaum dass sie ihn nach dem Weg gefragt hatten, gar nicht mehr gehen lassen wollte, und sie auch gleich auf einen Wein zu sich nach Hause einlud. Sie schafften es jedoch, die Einladung freundlich abzulehnen und ihren Weg unbehelligt fortzusetzen.

Der lange Weg zu ihrem Ziel hatte aber auch seine Vorteile: Sie lernten die Stadt besser kennen. Obwohl Terendol eine große Metropole war, noch dazu "multikulturell" (Menschen, Orks, und, wie sie inzwischen herausgefunden hatten, Halblinge), ging es sehr friedlich zu. Die Leute waren wohlhabend, es gab kaum Bettler oder zwielichtige Gestalten - oder zumindest waren sie nicht offensichtlich zu sehen. Außerdem war die Stadt auch technologisch moderner, als es zunächst den Anschein machte.
So entdeckte Harry einen Lastenkran vor dem Laden eines Steinmetzes, der offenbar dampfbetrieben war und die schweren Steine ohne Einsatz von Muskelkraft in den Hinterhof des Ladens transportieren konnte. In einem Waffengeschäft entdeckten sie Schusswaffen, Musketen ähnlich, und offenbar noch etwas ganz Besonderes - aber es gab sie. Und später passierten sie das Geschäft eines Kutschenmachers, der einem Kunden seine erste, ganz ohne Pferde betriebene Kutsche präsentierte - mit einem übergroßen Kessel am hinteren Ende versehen.

Schließlich, der Weg musste mehr als eine Stunde in Anspruch genommen haben, kamen sie im richtigen Teil der Stadt an. Sie fragten eine junge Frau, wie sie denn zum "Tempeldörfle" kamen, und sie lachte nur: "Seid gerade reingekommen, Mannsvolk, orientierungsloses!" Nach diesem "Scherz" noch immer ein Lächeln auf den Lippen, ging sie weiter.

Links und rechts von sich sahen Harry und Henry große, von Mauern umgebene Strukturen. Auf der linken Seite konnte man über die Mauern hinweg Bäume und Sträucher erkennen, vielleicht eine Art Park, und darin ein einzelnes, großes Gebäude, das an ein überdimensioniertes Bauernhaus erinnerte. In die umgebende Mauer war etwa alle zehn Meter kunstvoll ein Symbol eingemeißelt worden: Ein Pfeil mit Bogen, wobei die Bogenarme die Form von Geweihen hatten.[1]

Was sie auf der rechten Seite sahen, erinnerte eher an eine Festung. Das Gebäude war auch aus dem überall zu findenden weißen, marmorähnlichen Stein errichtet worden, jedoch hatte man die Wände etwa einen Meter über dem Boden mit eisernen Dornen versehen, die gute zwanzig Zentimeter aus dem Stein herausragten - und die sehr scharf aussahen. Ein mit drei Wachen besetzter Wachturm bildete die Ecke des Gebäudekomplexes, an der Henry und Harry gerade standen, gut sechs Meter hoch - und damit etwa zwei Meter höher als das längliche Gebäude, das anstatt einer Mauer den Blick ins Innere des Komplexes verbarg. Gute zehn Meter weiter sahen sie ein großes, schweres Holztor, auf dem ein einzelnes Symbol aufgemalt war.[2]

So einladend der Park zur Linken auf den ersten Blick wirkte, so abschreckend war der Gebäudekomplex auf der anderen Seite der Straße. Hinter den beiden großen Gebäudestrukturen konnten sie weitere Häuser sehen, vermutlich Wohnhäuser und Geschäfte, soweit sie dies von ihrem jetzigen Standort aus sagen konnten. Die Straßen waren belebt, aber nicht überfüllt.
 1. 
 2. 
« Letzte Änderung: 27.09.2014, 18:11:44 von Sternenblut »
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Rillfarsell

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Heiliger Boden
« Antwort #143 am: 29.09.2014, 06:41:36 »
Wenn man es nicht schon länger kannte, konnte man nur schwer erkennen, ob das Feenwesen auch lächelte. Doch es tat dies.
"Ihr müßt euch nicht entschuldigen. Wenn ihr meine Art so selten zu Gesicht bekommt, kann ich verstehen, daß ihr nicht recht damit unzugehen wisst.
Ich danke euch für eure Mühen und wünschte ich könnte sie entlohnen, nur leider hab ich wenig bei mir. Aber wenn es euch reicht, nehmt dies als Erinnerung."
Damit zog es sich eine Feder aus dem Federkleid und reichte sie der errötenden Elfe.
"Ich mache mich dann besser auf den Weg, mir eine dieser Genehmigungen zu besorgen. Ich wünsche euch noch einen schönen Tag und hoffe, daß wir uns wiedersehen."
Damit breite Rillfarsell dann auch seine Flügel aus und flog in die angegebene Richtung auf der Suche nach einem entsprechendem Ort.

Jurij Klee

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Heiliger Boden
« Antwort #144 am: 29.09.2014, 12:18:23 »
Mit einem „Danke“ bedankte er sich bei der Wache. Er beneidete sie nicht um ihre Aufgabe und die schwere Rüstung. Bis jetzt hatte sich Jurij immer wieder rausreden können, und brauchte nicht einmal ein Kettenhemd zu tragen.
Im Raum des Inspektors blickte er sich nur kurz um. Schließlich war er nicht hier um den Raum zu begaffen, sondern weil er etwas wollte und genau dafür hatte er nur zwei Minuten bekommen. Mit einem Nicken, für mehr war ja keine Zeit, begrüßte er den Inspektor und wendete sich der Frau zu. Ihre Geste nahm er an, ging die fehlenden Schritte auf sie zu und gab ihr die Hand. „Guten Tag Frau Ithera. Ich hoffe die Nachforschungen führen zu einem schnellen Erfolg. Aber bitte entschuldigen sie Unterbrechung. Ich fasse mich auch kurz.“ kurz lächelte er sie an, bevor er sich zu Ferrigan umwendete. Dabei biss er sich leicht in die Unterlippe. Er hatte den ganzen Weg zum Hauptquartier darüber nachgedacht, wie er es sagen sollte. Doch nun? An einen Zuhörer hatte er nicht gedacht. So fasste er seine Worte neu und möglich kurz. „Inspektor Ferrigan, ich müsste dringend mit Herrn Boldon sprechen. Es gibt einige Dinge die Reyka und ich gefunden haben, die ihm, bei seinem Fall behilflich sein könnten. Reyka meinte ihr seid der richtige Ansprechpartner.“ Er ließ den Blick nach den letzten Worten sinken und hoffte nichts Geheimes vor Frau Ithera verraten zu haben. Schließlich wusste er nicht hinter wie vielen Türen nach dieser Bande geforscht wurde.
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Sternenblut

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Heiliger Boden
« Antwort #145 am: 29.09.2014, 12:53:09 »
"Boldon?" Ferrigan sah Jurij überrascht an. Einen Moment schwieg er, und sah Jurij dabei forschend an. Dann nickte er. "Gut, gut. Ich schreibe euch auf, wo ihr ihn finden könnt. Außerdem gebe ich euch ein kurzes Schreiben mit, das bestätigt, dass ich euch geschickt habe. Und wenn Boldon nichts dagegen hat, würde ich heute abend gerne auch kurz informiert werden, wie die Sachlage ist. Nach der Lagebesprechung zum Tempelschänder-Fall finden sich sicherlich noch fünf Minuten."

Er ging zu seinem Schreibtisch, benötigte einen Moment, um zwei leere Zettel zu finden, und schrieb anschließend einen kurzen Brief und auf dem anderen Zettel eine Adresse für Jurij auf. Jeden der Zettel steckte er in einen separaten Umschlag. Anschließend nahm er ein Zündholz und einen roten Wachsblock aus einer Schublade, zündete das Zündholz an und ließ damit etwas von dem Wachs auf den Umschlag mit dem Brief tropfen. Danach drückte er seinen Ring, den er an der linken Hand trug, darauf, und versiegelte den Umschlag so. Den anderen Umschlag ließ er offen.

Die beiden Umschläge überreichte er anschließend Jurij. "Seht zu, dass das nicht in falsche Hände gerät. Und geht schnellstmöglich zu Boldon. Er wechselt seinen Standort regelmäßig."

Der Blick der jungen Frau lag während der ganzen Prozedur auf Jurij. Sie legte ihre Hände hinter ihrem Rücken zusammen, und stand auf diese Weise da, den Blick nur selten zu Ferrigan wechselnd. Es lag aber weder Ablehnung oder gar Abwertung in ihrem Blick, noch zeigte sie Anzeichen eines Flirts. Und so konnte Jurij am Ende nicht einschätzen, was hinter dem beobachtenden Blick der jungen Priesterin lag.
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Jurij Klee

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Heiliger Boden
« Antwort #146 am: 29.09.2014, 14:03:36 »
„Hei.“ antwortete Jurij in all zu tief eingeprägter Manier. Das in die Priesterin beobachtet während er auf das Schreiben wartete, verunsicherte ihn. Da sie aber keine großen Anstalten in irgendeine Richtung machte, versuchte er nicht allzu lange darüber nachzudenken. Vielleicht hatte ihr Verhalten auch etwas mit seinen Äußerungen am Vormittag zu tun. Aber wenn es etwas Wichtiges wäre, würde er es schon früh genug in Erfahrung bringen. Viel wichtiger war jetzt die Aufgabe mit den Wölfen. Die Worte von Ferrigan ließen Jurij noch mehr über diese Bande nachdenken. Er verglich das Ganze mit der Drogenmafia und bei den Gedanken wurde ihm schon fast übel. Er schärfte sich aber auch ein, von jetzt an doppelt so viel die Augen offen zu halten.

Als die Briefe ihm übergeben wurden, bedankte er sich beim Inspektor. „Hei, ich habe verstanden und werde mich sogleich auf den Weg machen.“ Er entfernte sich einen Schritt und nickte beiden zu „Entschuldigen sie bitte die Störung. Frau Ithera, Herr Inspektor noch einen schönen Tag wünsche ich.“ Dann wendete er sich um und wollte den Raum verlassen. Je schneller er diesen Boldon getroffen hatte, desto schneller würde sich der Fall aufklären. Den Brief mit dem hatte er sich unter den Gi geschoben. Den zweiten Brief mit der Adresse wollte er draußen im Gang, so er alleine war, öffnen und sofort hineilen.
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Henry

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Heiliger Boden
« Antwort #147 am: 01.10.2014, 14:02:04 »
Voller Gedanken ging Henry neben Harry her. Die fremden Gestalten, allen voran die grünhäutigen Humanoide mit den wildschwinhaften Hauern, nahm er nicht sonderlich zur Kenntnis. Die vergangenen drei Jahre hatten ihn mit allerhand Absonderlichem und Mysteriösem konfrontiert und er hatte sich daran gewöhnt. Oder vielmehr hatte er eine Art stoischer Gelassenheit gegenüber dieser Dinge entwickelt. Es war ihm zu anstrengend geworden, über jeden Bruch von Vertrautheit und Gewissheit aus dem Häuschen zu geraten. Somit begnügte er sich jetzt damit, die Dinge, wie sie waren, zur Kenntnis zu nehmen und nur dann Nachfragen zu stellen, wenn er sich zu den Dingen verhalten musste.

Im Moment galt seine ganze Aufmerksamkeit Harry und sich selbst. "Du hast Recht. Tatsächlich lag es mir auf der Zunge, zu sagen, dass Du den Verlust Deiner Fähigkeit als gutes Zeichen nehmen solltest. Aber jetzt..., ach sagen wir einfach, dass ich Dich verstehe. Ja, vielleicht versteht Dich besser als irgendjemand sonst in der Stadt."

Henry überlegte kurz, ob er das, was noch sagen wollte, vielleicht etwas zu kühn war. Er sagte es aber trotzdem, denn er wollte es auch für sich sagen, weil er fühlte, dass er es ausdrücken musste. "Mit unseren Vererbungen ist wie ein Baum, der in zwei verschiedenen Erden wurzelt. Man kann nicht einfach die Wurzeln aus dem einen Boden herausreißen, jedenfalls nicht, ohne dass der Baum an Lebenssaft verliert."

Henry hatte das Gefühl, in sentimentales Geschwaffel geraten zu sein. "Nun gut, vielleicht ist das dämlich. Also lassen wir es dabei. Wo ist also dieses 'Etablissement'?", fügte er hinzu. Er sah sich um.
« Letzte Änderung: 01.10.2014, 14:03:03 von Henry »
"Be just, and fear not: Let all the ends thou aim'st at be thy country's, Thy God's, and truth's." - Shakespeare: King Henry VIII., Act 3, Scene 2

Harry Webster

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Heiliger Boden
« Antwort #148 am: 01.10.2014, 16:19:48 »
"Ach Henry, weißt du, das ist das Schöne daran, mit mir unterwegs zu sein", erwiderte Harry. "Nichts, was du sagst, braucht dir je peinlich zu sein, denn du darfst dir gewiss sein: ich habe schon peinlicheres von mir gegeben." Er grinste erst und seufzte dann.

"Aber lass uns zunächst einmal von diesem gruseligen Gebäude hier weg. Soll das ein Tempel sein?" Er schielte noch einmal in Richtung des rechten Gebäudes, welches einer Festung ähnelte, ob er da noch andere auffällige Dinge entdeckte.[1] "Hm. Wenig einladend jedenfalls, also wird's keine Gaststätte sein. Lass uns einfach noch einmal fragen." Und er sprach den nächsten Passanten an.

"Entschuldigt bitte, wir sind fremd hier. Könntet Ihr uns sagen, wie man von hier aus zum Gasthaus 'Das Portal zum Himmel und zur Hölle' gelangt?"
 1. Perception = 12
« Letzte Änderung: 01.10.2014, 16:21:00 von Harry Webster »
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Sternenblut

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Heiliger Boden
« Antwort #149 am: 01.10.2014, 17:37:24 »
Die Elfe strahlte über das ganze Gesicht, als sie die Feder von Rillfarsell annahm. Für sie war dieses Geschenk offenbar das größte, das er ihr hätte machen können. Fast überschwenglich verabschiedeten sie sich von dem Feenwesen, das sich nun auf den Weg zu der genannten Adresse machte.
Zuerst aber hatte es noch etwas zu erledigen. Es sollte sich in der Stadt "anmelden". Das tat es auch - und stieß auf ebenso viel Verwunderung und Faszination wie bereits im Tempel, auch wenn die "Amtsmeister", wie die zuständigen Personen genannt wurden, sich sehr damit zurückhielten, es zu zeigen. Rillfarsells Anmeldung war schnell erledigt, das größte Problem für das kleine Feenwesen bestand darin, die großen Dokumente zu verstauen, die er nach der Anmeldung erhielt.
Nachdem auch das erledigt war, zog es weiter durch die Stadt, beobachtete, wie sich die Straßen immer mehr füllten, und erreichte schließlich den Bereich der Stadt, den sie das "Tempeldörfle" nannten. Hier in der Umgebung sollte der Ort sein, der "Hereius' Musikschule" genannt wurde, gleich nach einem Irori-Tempel. Weit konnte es damit nicht mehr sein.


Jurij sah nach der Adresse. Es war gar nicht weit von seiner Gaststätte, dem "Portal", entfernt, nur vier Häuser weiter, am Rand des Tempeldörfles. Er verstaute die Adresse sicher, und ging dann nach draußen. Dort nahm er sich die Zeit, sich genau umzusehen. Beobachtete ihn jemand? Gab es irgendwelche Gestalten, die ihm verdächtig vorkamen, irgendjemand, der ihm...
Er traute seinen Augen nicht. Dort, am Ende der Straße, gute hundert Meter entfernt, sah er zwei Männer, die ihm wohl bekannt vorkamen. Zwei Männer, denen er zuletzt an einem weit, weit entfernten Ort begegnet war. In Berlin.


Der Passant, ein Halbling um die Vierzig, blieb bei Henry und Harry stehen und nickte. "Aber sicher, wenn der Laden nicht um seiner selbst willen legendär wäre, dann auf jeden Fall wegen seiner Getränke." Er streckte den Arm und aus deutete die Straße entlang. "Ihr geht hier bis zum Ende der Straße. Da biegt ihr nach links ab, geht unter dem großen Irori-Tempel hindurch, bis wieder eine Kreuzung kommt. Genau da an der Kreuzung liegt das Portal." Er verabschiedete sich, gab den beiden aber noch den gut gemeinten Rat, die Finger vom "Höllenfeuerwasser" zu lassen, das habe bisher noch kein einziger Mann überstanden.
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