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Autor Thema: Heiliger Boden  (Gelesen 116044 mal)

Beschreibung: Kapitel 1

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Harry Webster

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Heiliger Boden
« Antwort #210 am: 24.10.2014, 11:40:55 »
"Moment mal, ich habe hier nichts von einem Mord gesagt", erwiderte Harry, erschrocken über Henrys Anschuldigung, ein Plappermaul zu sein, dem man kein Geheimnis anvertrauen dürfe. "Ich sprach ganz allgemein davon, dass sie vor nichts Halt machen würden, um ihre Ziele zu erreichen. Und wenn ich wirklich wie die anderen 'Roten' wär, hätt ich kein Problem damit."

In weniger defensivem Tonfall (und etwas lauter als zuvor) fuhr er fort: "Although I did take a leap of faith here, da hast du  schon recht. Und für dich gleich mit! Als Mann des Glaubens kannst du mir das hoffentlich verzeihen. Es ist normalerweise auch gar nicht meine Art. Tatsächlich hätte ich nichts lieber getan, als mich so unauffällig wie möglich an Jurij vorbeizudrücken, aber dann habe ich seinen Gesichtsausdruck gesehen. Henry, er sah aus wie du gestern nacht, als ich dir die Rückseite deines Zettelchens vorlas. Ich weiß ja noch immer nicht, worum es bei der Drohung ging, aber genauso entsetzt hat Jurij ausgeschaut. Da konnte ich einfach nicht anders..."

An dieser Stelle fiel sein Blick  auf Rillfarsell, der mit geneigtem Kopf lauschte, und er runzelte die Stirn. Das war in der Tat seltsam. Jurij hatte er wenigstens schon einmal in Aktion erlebt (jemand, der sich schützend vor einen Verletzten stellte und es—unbewaffnet—mit einer Meute Schläger aufnahm, von dem durfte man vielleicht doch annehmen, dass er kein schlechter Kerl sei) aber wie kam Harry dazu, vor diesem völlig fremden Feenwesen gleich alles auszuplaudern? Hatte dieses ihn etwa bezaubert? Seine Augen verengten sich zu Schlitzen. Es entstand eine betretene, fast schon bedrohliche Pause, bis Harry sich räusperte.

"Zumindest wissen wir jetzt, wie Rubin sich gefühlt hat, als er uns ansprach. Aber wie sagte der gute Mann: Ohne Risiko kein Wissensgewinn."

Dann erinnerte Harry sich an Jurijs Fragen. Nach kurzem Überlegen griff er in die linke innere Brusttasche seines Ledermantels und zog einen Stapel Briefe heraus, von denen er die eine Hälfte vor Jurij, die andere vor Rillfarsell auf den Tisch legte. Beide stellten als erstes fest, dass sie die Schrift darauf nicht lesen konnten, doch als sie ein paar der Briefchen aufnahmen und durchblätterten, wurde ihnen die Art und der ungefähre Inhalt schnell klar:
—das Papier der meisten war parfümiert, und zwar in den unterschiedlichsten Duftnoten;
—die verschiedenen Handschriften waren zumeist eindeutig weiblich;
—etliche enthielten Gedichte, erkennbar an der Zeilenform;
—außerdem war gut die Hälfte mit dem Abdruck von Lippen unterzeichnet (in den verschiedensten Rot- und Rosatönen).

"Nicht eine dieser Eroberungen geht auf meine Kappe. Ich habe die Damen das erste Mal letzte Nacht getroffen, als ich sie um Geld angehauen habe, damit ich für Henry und mich den Brückenzoll zahlen konnte. Lange Story, die ich euch vielleicht ein andermal erzähl. Jedenfalls waren die Damen sehr großzügig.

Wenn euch das als 'Beweis' noch nicht reicht: drei Wochen lang war ich, wie schon erwähnt, an mein Bett gekettet—im übrigen aber allein im Haus, denn Henry und ich waren getrennt worden—und litt dennoch weder Hunger noch Durst. Im Gegenteil: ich wachte regelmäßig mit einem Kater auf oder einem derart vollen Ranzen, dass ich am liebsten den Finger in den Hals gesteckt hätte.

Zuguterletzt: manchmal kommt mir etwas, das ich höre oder sehe, unerklärlich bekannt vor, und bereits zweimal hatte ich gar eine Vision, wie die Erinnerungen einer fremden Person. Einer weiblichen Person.

Ob es einen Weg gibt, den Schaden zu begrenzen, fragst du? Ich hoffe, dass wir da heute abend ein paar Tipps erhalten. In Bezug auf die Schuldfrage kann ich nur sagen: es sind nicht wir, die das tun. Es ist nicht unsere Schuld."


Bei seinen letzten Worten sah Harry jedoch keinen der drei an. Mit den Fingern seiner Linken drehte er—unbewusst?—an einem dünnen Silberring herum, den er an der Rechten trug. Er schloss die Augen, und als er sie wieder öffnete, waren seine Hände zu Fäusten geballt und in seinem Gesicht spiegelten sich Wut und Trauer zu gleichen Anteilen und auch, entgegen seinen Worten, Schuld.

Er räusperte sich abermals. "Aber jetzt seid ihr beide erstmal dran."
« Letzte Änderung: 28.10.2014, 10:56:06 von Harry Webster »
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Rillfarsell

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Heiliger Boden
« Antwort #211 am: 27.10.2014, 15:28:51 »
Rillfarsell hatte aufmerksam zugehört, was die Menschen zu sagen hatten. Je mehr es hörte, desto mehr verstand es, was auch ihm in den letzten Monaten widerfahren war. Und glücklich darüber war es bestimmt nicht. Ungewollt blitzten die Bilder der merkwürdigen Begebenheiten vor seinen inneren Augen auf.
Die zerstörten, mechanischen Nachbildungen, die das Kastenwesen in der Metallwelt gebaut hatte.
Die blutigen, schmerzverzehrten Gesichter der Hippies, nach einer drogengeschwängerten Nacht in Haight Ashbury.
Die um Gnade bettelnden Camper im Naturschutzpark, während etwas mit seinem Körper auf der Flöte spielte, die es um den Hals trug. Und wie ihnen dann ebenfalls, wie den Hippies, Blut aus Augen, Ohren und Nase lief.
Und auch das Ereignis vom gestrigen Abend kam ihm wieder in den Sinn.
Das Feenwesen nahm einen großen Schluck aus seinem Becher. Warm rann die Flüßigkeit die Kehle hinunter und explodierte angenehm heiß im Magen.
"Ich habe auch schon einige Erfahrungen gemacht, die ich lieber missen würde.
Und erst vorhin wurde mir eindringlich geraten, mich aus Tempeln fernzuhalten, außer wenn es darum geht, diese Dunkelheit in mir zu besiegen."

Wieder nahm es einen tiefen Zug von seinem Getränk.
"Es soll sehr stark sein. Stärker als ich.
Aber vielleicht können wir uns helfen, es unter Kontrolle zu halten."

Auch wenn das Gesicht Rillfarsells nicht viel ausdrücken konnte, so klang die Stimme jetzt doch ein wenig hoffnungsvoll, wo sie eben noch niedergeschlagen war.

Jurij Klee

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Heiliger Boden
« Antwort #212 am: 27.10.2014, 16:42:11 »
Auch Jurij hatte den Worten von Harry gelauscht. Es würde so einiges erklären aber wohl war ihm bei der Sache nicht.
Mit recht rotem Kopf blickte er von den Liebesbriefen auf. Sein Blick wanderte über die Gesichter der anderen drei. Er fragte sich ob es wirklich so einfach war. Jemand anderen die Schuld zu Weisen, sich zu sagen man sei nicht Schult, dass kam ihm selbst doch sehr bedenklich zu. Noch dazu, und das sorgte für seine Röte, redeten sie so laut darüber. Das Flüstern vom Anfang war nicht die schlauste Sache aber recht laut darüber zu reden. Er versuchte sein Verlangen zu ignorieren sich umzuwenden um zu sehen wer alles mitlauschte.

Die Offenheit von Harry kreidete er ihm groß an und fühlte mit, als er an seinem Silberring spielte. Harry hatte sicher vieles gesagt aber wohl auch einiges nicht. Einen Moment schloss Jurij seine Augen. Er glaubte immer noch nicht besessen oder verflucht zu sein. Doch dass Harry und der Fee ebenfalls seltsame Dinge passiert waren, gefiel ihm nicht. Als er sich entschlossen hatte etwas mehr zu sagen, blickte er nur zu Harry. „Auch mir sind seltsame Dinge passiert und ich wünschte es wäre so etwas wie Unmengen an Liebesbriefen. Sein Bick wanderte kurz zu seinen Händen. Er hatte sie auf den Tisch vor sich gelegt und hielt sich an seiner rechten fest. „Naja, wobei zumindest eine Frau hatte heute gemeint, ich hätte vor einigen Nächten etwas mit ihr gehabt. Sie nannte mich Obayifo aber musste dann feststellen, dass ich nicht dieser war. Das war aber bis jetzt das angenehmste seltsame, was mir wiederfahren war. In einer Welt soll ich des Nachts Leute ausgeraubt und verprügelt haben, in einer anderen.“ Er stockte kurz und blickte wieder auf seine nun einander knetenden Hände. „Da war ich in einen Bürgerkrieg verwickelt. Eine lange Geschichte, es war auch mit der längste Aufenthalt woanders. Aber nun sind wir hier.“ Seine Stimme zitterte während er weiter sprach. „Hier soll es einen stellvertretenden Bandenchef geben, welcher mir wie aus dem Gesicht geschnitten sein soll.“ Er schluckte und blickte jetzt nur noch auf seine Hände. „Erst heute Morgen bin ich über diese Anschuldigung gestolpert und wenigstens mich beruhigt es nicht, dass wir nicht dafür Schuld tragen. In meiner Welt sagten das nur wirklich Verrückte.“ Er knirschte mit den Zähnen, denn hier in dieser Welt schien es ja möglich zu sein. „Aber wie gesagt, wir sind jetzt hier und vor kurzen meinte zu mir jemand so etwas ähnliches. Er sagte auch, dass ein Priester den Geisteszustand kontrollieren könnte. Das könnte zu der Anmerkung passen, welche euch gesagt wurde Fee. Auch ich bin daran interessiert, mir Klarheit zu verschaffen und auch alles wieder ins Reine zu bringen.“ Nach einem Einatmer blickte er wieder auf. „Von daher werde ich auch gleich wieder meinen Weg zu einer Priesterin aufnehmen. Jetzt nach euren Worten muss ich es einfach wissen. Doch ich werde heute Abend hier sein und mir anhören was diese ominöse Person zu sagen hat. Solange solltet ihr euch ruhig verhalten. Denn wie ihr euch sicher schon denken könnt, es wird gegen mich ermittelt und wenn meine Vermutung stimmt, so wissen bald mindestens zwei Parteien, dass ich mit euch geredet habe.“ Nach diesen Worten nahm er die Tasse mit dem Tee zur Hand und trank sie aus. Aufessen wollte er nicht mehr und das zweite Treffen mit der angesprochenen Priesterin wollte er jetzt auch nicht mehr länger hinauszögern.
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Harry Webster

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Heiliger Boden
« Antwort #213 am: 27.10.2014, 18:42:26 »
Harry schauderte bei den Worten: 'Ich wünschte, es wäre so etwas wie Unmengen an Liebesbriefen...'

Er sammelte seine Briefchen wieder ein und verstaute sie an ihrem Platz. Jedes einzelne davon war von einer potentiell dem Tode Geweihten unterzeichnet; Fiona mit Gewissheit, doch wenn er eine der anderen ebenfalls geschwängert hatte... Und es waren ja nicht nur die Frauen selbst, deren Leben er auf dem Gewissen hätte: auch das der Kinder. Denn wie würden die entsetzten Hebammen und sonstigen Zeugen wohl reagieren, wenn vor ihren Augen ein rotgeschupptes Monster sich seinen blutigen Weg ins Leben krallte? Erschlagen würde man es, noch ehe es sich in ein Menschenkind verwandelt hätte—oder auch danach und trotz alledem. Und das wäre dann seine Schuld, nicht Lasciels. Wenn er in Brückenstadt geblieben wäre... oder Fiona hartnäckiger zum Mitkommen überredet hätte... oder die Worte gefunden hätte, ihr zu erklären, was Sache war, ihr die Ursache seines Entsetzen hätte verständlich machen können...

Nicht einmal Henry hatte er gebeichtet, dass er sein eigenes Kind zum Tode verurteilt hatte, um ihm, dem Freund, aus der Notlage zu helfen—ohne überhaupt zu fragen, worin diese bestand. Und Fionas Geld hatte Harry dann obendrein noch genommen... ihr die Ehe versprochen... was für ein Mensch tat so etwas? Nun gut, er war vor Panik völlig aufgelöst gewesen, hatte gar nicht klar denken können... an Fionas blutigen Tod, ja, aber über die Überlebenschance des Kindes hatte er erst auf der Brücke spekuliert, als Henry schon vorausgegangen war, als er selbst den Zoll schon entrichtet hatte... aber war das eine Entschuldigung? Noch hätte er umkehren können... Aber was hätte er schon erreichen können? Und Lasciel wäre am folgenden Tag Amok gelaufen...

Trotzdem: seine eigene Schuld wog schwer genug, da fand er eigentlich nicht, dass er Lasciels Taten auch noch auf seine Kappe nehmen sollte.

Seine Liste an Opfern war aber auch nicht so beeindruckend wie die von Jurij. Einen ganzen Bürgerkrieg gleich! Ne, da konnte er nicht mithalten. Das wäre aber auch irgendwie nicht Lasciels Art gewesen... Außer, es hätte sich um etwas ähnliches wie den Trojanischen Krieg gehandelt: alles nur wegen einer schönen Frau... Als Anführerin einer Verbrecherbande konnte er sie sich dagegen nicht vorstellen.

"Hm, Jurij, das klingt mir fast so, als hätten wir es hier mit sehr unterschiedlichen Persönlichkeiten zu tun." Auch Harry senkte hierzu erneut die Stimme, fuhr dann aber halblaut fort: "Und es würde mich auch sehr interessieren, was die Priesterin dir sagen kann. Ich wäre dir dankbar, wenn du es uns heute abend berichten würdest." Er fügte nicht hinzu: außer, man behält dich gleich dort. Anders als Rillfarsell brauchte Harry nämlich niemanden, der ihm eindringlich riet, dass jemand, der von einer Dämonin besessen war, die Tempel besser meiden sollte.

Zu Henry aber sagte er leise: "Übrigens würde ich es für keine gute Idee halten, wenn du vor dem Treffen mit Tai'Lor noch schläfst. Wer weiß, auf was für Ideen deine liebreizende Brieffreundin in der Zeit kommt."[1]

Dann machte er sich mit Heißhunger über sein Frühstück her.
 1. Sorry, Henry, es ist meine Schuld, dass du so müde bist...  :oops: weil ich dir in Brückenstadt keinen Nachtschlaf gegönnt habe... aber wo du solange weg warst, war's praktisch...  :wink:
« Letzte Änderung: 29.10.2014, 08:53:54 von Harry Webster »
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Jurij Klee

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Heiliger Boden
« Antwort #214 am: 28.10.2014, 21:21:43 »
„Sicher doch.“ Antwortete Jurij rasch. Er war sich durchaus bewusst, dass die Priesterin ihn wohl sofort festnehmen lassen würde, wenn das stimmte, was Harry über die Besessenheit sagte. Doch er war es wenigstens einer Person in dieser Welt schuldig, seine Versprechen zu halten und nicht vor Angst ins nächste Mauseloch zu kriechen.
„Eines noch, was die Fee mit den Tempeln sagte hat noch einen Beigeschmack. Denn ihr solltet auch aus einem anderen Grund die Tempel gerade jetzt meiden. Ihr habt sicher vom Mörder hier im Tempeldörfle gehört? Viele einfache Gerichtswachen und Anwärter, so wie ich auch, sind gerade bei der Untersuchung des Falles. Ich weiß nicht viel darüber aber was recht bekannt ist, dass vor kurzen ein Priester in seinem Tempel ermordet aufgefunden wurde. Was nicht so bekannt ist, ist dass er das dritte Opfer war und wie die drei zuvor scheinbar in einem Ritus umkam.“ Während er dies über den Fall des Tempelschänders erzählte, blickte er von der Fee über Hery zu Harry. "Mein erster Gedanke war, dass sich das wie aus einem Horrorfilm anhört. Einer wo ein verrückter Hexer, ein gefallener Engel oder irgendwelche Hauptschuldkinder X Morde begehen müssen um dem Teufel zu huldigen oder mehr Macht zu gewinnen. Harry, du weißt sicher von welchen Filmen ich spreche.“ Jedenfalls nahm Jurij das an. Wenn er sich richtig erinnerte, war Harry ein bekennender Star Wars Fan und müsste so ähnliche Horrorfilme kennen wie er selbst. Er schüttelte den Kopf und verschwieg erstmal, dass er laut Vermutungen über weitere Morde ausgesprochen hatte. „Aber zum dritten Mal, wir sind jetzt hier und hier kann das auch etwas anderes bedeuten. Nur werden die Priester wohl recht angespannt sein. Besonders da auch ein Priester einer dunklen Gottheit unter den Opfern ist. Wenn jetzt ein Besessener oder Verfluchter einfach reinspatziert, könnt ihr euch selber ausmalen was passiert. Also seit möglichst vorsichtig.“

Mit diesen Worten schlug er leicht mit den offenen Händen auf den Tisch und sprach wieder normal laut. „Nun denn. Wenn nichts anderes ist, sehen wir uns heute Abend. Genießt ruhig die Gastfreundschaft hier. Es kann Nachmittags und Abends sehr munter werden.“ Mit diesen Worten stand er auf. Die Schüssel und die Tasse stellte er dem Wirt mit ein paar dankenden Worten auf den Tresen. Dann nahm er seinen Rucksack zu Hand und war bereit zum gehen.
« Letzte Änderung: 28.10.2014, 21:22:28 von Jurij Klee »
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Henry

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Heiliger Boden
« Antwort #215 am: 30.10.2014, 23:45:20 »
"Warte, bevor Du gehst.", sagte Henry plötzlich. Im Gespräch war er bisher zurückhaltend geblieben, aber jetzt wollte er doch noch eine Sache ansprechen. "Wir sind hier erst kürzlich gestrandet. Als Fremde haben wir weder eine Orientierung, noch ein Auskommen. Du bist schon eine Weile hier. Wir brauchen Deine Hilfe. Was sollen wir als nächstes tun? Kannst Du uns sagen, wo wir eine Beschäftigung finden?"
"Be just, and fear not: Let all the ends thou aim'st at be thy country's, Thy God's, and truth's." - Shakespeare: King Henry VIII., Act 3, Scene 2

Sternenblut

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Heiliger Boden
« Antwort #216 am: 31.10.2014, 11:06:24 »
Während Henry auf eine Antwort von Jurij wartete, stand die junge Frau in dem Plattenpanzer auf und ging zur Bar. Sie unterhielt sich kurz mit dem Wirt, dann holte sie aus ihrem mit Holzstreben verstärkten Rucksack ein eingerolltes Papier sowie einen Hammer und Nägel hervor. Daraufhin schlug sie das Papier in die Wand neben der Bar.
"Ein Blick in die Welt beweist, dass Horror nichts anderes ist als Realismus." - Alfred Hitchcock

Jurij Klee

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Heiliger Boden
« Antwort #217 am: 31.10.2014, 11:26:14 »
Jurij prüfte den Sitz des Rucksackes. „Da ich nicht weiß was ihr machen wollt, ist das schwer zu sagen. Die Fee hat ja schon ihre Antwort. Doch von Künstler zu Künstler“ Im ersten Künstler betonte Jurij jede Silbe. Etwas was üblicher Weise gemacht wird, wenn etwas genutzt wird, was eigentlich nicht richtig ist. „Die Stadt ist ein hart umkämpftes Pflaster. Hier gibt es viele Künstler, der unterschiedlichsten Schulen. Ohne Gönner oder wirklich ausgefallenes Talent kommt man hier nicht weit. Dafür gibt es in der Hauptstadt zu viele Schausteller, Sänger, Architekten oder was auch immer sich zur Künstlerzunft zählt.“ Sein Blick ging von der Fee zu Harry und Henry. „Für euch beide könnte es einfacher werden. Ich hatte zu Anfang auf einem Bauernhof geholfen, dann war ich Söldner in einer Karawane, Stallbursche und nun bin ich Anwärter für die Gerichtswache und habe auch jemanden gefunden, der für mich meine Plänen vertreibt. Was ich damit sagen will, wenn man sucht findet man hier Arbeit. Die Gerichtswache sucht immer helfende Hände. Besonders in dieser Zeit.“ Ihm viel gerade etwas ein, was sie vielleicht auch noch über dieses Land wissen sollten und was nicht im Standarttext der Gerichtswachen enthalten war.
Mit der Hand stützte er sich auf der Tischplatte ab. „Wo ich das gerade andeute, da gibt es noch etwas. Maelicci, dieses Land hier, bereitet sich gerade auf einen Krieg oder besser gesagt auf die Verteidigung der Grenzen vor. Denn das Nachtbarreich Tarzis versinkt gerade nach dem Tod ihres Herrschers im Chaos. Die Herrscherdynastie, also all die Prinzen, Fürsten und was auch immer, streiten sich gerade erbittert um den Thron. Darum werden gerade viele Krieger, Soldaten, Söldner gesucht, aber auch Handwerker, Ingenieure und einfache Zeitarbeiter. Hier in der Hauptstadt bauen sie gerade an einer Luftschiffflotte. Also wie gesagt, es gibt genug Arbeit. Sucht einfach danach.“ Nach diesen Worten blickte er sich um. Der gerüsteten Frau war wohl gerade etwas eingefallen, vielleicht schon eine erste Möglichkeit für die beiden hier.
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Harry Webster

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Heiliger Boden
« Antwort #218 am: 31.10.2014, 12:33:12 »
Harry ging in Gedanken seine Fähigkeiten durch, die ihm die Ergreifung eines der genannten oder auch nicht genannten Berufe ermöglichen würde. Dabei zählte er die einzelnen Punkte an seinen Fingern ab: seine magischen Fähigkeiten—auf Adeptentricks zusammengeschrumpft. Sein detektivischer Spürsinn—nutzlos ohne Kontakte und sonstigen Kenntnisse über Land, Leute, Gepflogenheiten. Als Soldat oder Söldner wäre er die Fehlbesetzung des Jahrtausend; ein Handwerk hatte er nie erlernt; zum Ingenieur fehlte ihm mehr als nur das entsprechende Studium—tja, was blieb da noch? Seine anderen Fähigkeiten, nämlich die, die seine Familie ihm beigebracht hatte? Schutzgeldeintreibung, Drogengeschäfte, manipuliertes Glücksspiel, Erpressung, jegliche Art von Lug und Trug...

Heiratsschwindel! Das würde ich mühelos hinbekommen!

"Ich, ähm, glaub ich versuch's mal an der königlichen Akademie. Vielleicht brauchen die jemanden in der Bibliothek zum... Bücherabstauben."
« Letzte Änderung: 01.11.2014, 11:44:10 von Harry Webster »
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Rillfarsell

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Heiliger Boden
« Antwort #219 am: 31.10.2014, 12:56:49 »
Schuld!? Darüber hatte sich Rillfarsell noch keine großen Gedanken gemacht, schließlich lag es in seiner Natur sich für fröhliche und lebensbejaende Dinge zu interessieren. Und auch wenn der blaue Botenvogel es als Verursacher des gestrigen Massakers bezeichnet hatte, so sah das Feenwesen dies doch etwas anders. Vielleicht stimmte es und eine Entität in Rillfarsell hatte die Tiere und magischen Bestien angehalten, über die Feiernden herzufallen. Aber das machte eben auch dieses Wesen zum Schuldigen. Rillfarsell hatte es versucht dem Botenvogel klar zu machen; es selbst lehnte Gewalt größtenteils ab. Und Rache war für es auch einer der unnötigsten Gründe, mit Gewalt zu reagieren. Und warum hatte ihm der Mann überhaupt ein Getränk mit einer Substanz versetzt gegeben, wenn nicht um dieses Dunkle in ihm zu wecken.
Diese grüblerischen Gedanken passten immer weniger zu dem sonst so sorgenfreien Leben des Feenwesens. Und sie führten in Richtungen die ihm noch viel weniger zusagten. Denn wenn der dunkle Mann und der Botenvogel für die dunkle Entität arbeiteten, mußte es dann nicht auch den Hinweis auf den Musiklehrer in einem anderen Licht betrachten. Wieso sollte es diesem helfen? Würde dies nicht eher die Macht der Dämonen stärken?
Rillfarsell hatte während der Überlegungen nur mit halben Ohr zugehört, wurde jetzt aber wieder aufmerksamer.
"Arbeit? Vielleicht hätte ich da etwas.
Mir wurde gesagt, es gibt hier einen Musiklehrer, der Hilfe braucht. Ich war gerade auf dem Weg zu ihm, als ich auf euch gestossen bin. Man müßte mal schauen, ob das nicht auch eine Aufgabe für drei wäre."

Auch wenn in seinem Kopf noch immer Reste von dunklen Gedanken waren, klang die Stimme des Feenwesens fröhlich. Wohl auch weil ein weiter Schluck aus seinem Becher langsam Wirkung zeigte.
« Letzte Änderung: 31.10.2014, 12:57:39 von Rillfarsell »

Sternenblut

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Heiliger Boden
« Antwort #220 am: 31.10.2014, 13:22:08 »
Während des Gesprächs fiel Harrys Blick auf die junge Kriegerin. Sie war hübsch, allerdings hatte Harry im Moment ganz andere Dinge im Kopf. Plötzlich aber... fiel sie ihm auf. Und er spürte das Begehren in sich aufsteigen, so heftig, dass sein Blut anfing zu pulsieren...

Die Frau hingegen schenkte ihm keine Beachtung, und sprach noch einmal mit dem Wirt.
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Harry Webster

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Heiliger Boden
« Antwort #221 am: 31.10.2014, 18:02:44 »
Als Harry sich seines Zustandes bewusst wurde, stand sein Mund bereits eine ganze Weile lang offen, sein Hals war deshalb schon ganz trocken, und er rang um Atem. Zum ersten Mal seit Berlin war ihm warm. Und obwohl er inzwischen bemerkt hatte, was er tat, folgte sein Blick noch immer sklavisch ihren Bewegungen. Er schaffte es nicht ums Verrecken, ihn loszureißen. Oder den Mund zuzuklappen. Alles, was er tun konnte, war näher an den Tisch zu rutschen, damit seine Gefährten nicht auf die Idee kamen, ihm eine kalte Dusche zu empfehlen.

Ernsthaft, Lasciel? Das ist dein Typ? Eine Frau, die jemanden wie mich mit einem Haps zum Frühstück verspeist?

"Mercy of God", entfuhr es ihm von ganz tief aus der Kehle, und er schloss die Augen.
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Sternenblut

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Heiliger Boden
« Antwort #222 am: 31.10.2014, 19:14:45 »
Mit einem Mal unterbrach die Kriegerin ihr Gespräch, und wandte sich dem Tisch mit den vier schicksalsverbundenen Gefährten zu. Ihre Locken, die ihr bis unter die Schulterblätter reichten, schwangen dabei sanft über das Metall ihrer Rüstung. Und auch, wenn der Panzer an ihre weiblichen Formen angepasst war, war Harry doch froh, dass er ansonsten keine Bewegungen sehen konnte.

Dann stand sie vor dem Tisch, die gepanzerten Hände in die Hüften gestemmt. Sie war nicht groß, etwa so groß wie Henry, und doch wirkte sie beeindruckend, wie sie in ihrer glänzenden Rüstung da stand.

"Gibt es irgendein Problem? Irgendetwas, was du mir sagen willst?"

Ihre Stimme war glockenhell, und trotzdem fest. In Harrys Heimat hätte man vermutlich gesagt, sie habe die Stimme eines Engels.
« Letzte Änderung: 31.10.2014, 19:17:19 von Sternenblut »
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Heiliger Boden
« Antwort #223 am: 31.10.2014, 19:51:15 »
Du hast die Stimme eines Engels, doch deine Lippen verheißen Sünde. Der Plattenpanzer steht dir besser als Marilyn Monroe das Negligé. Oh, könnt ich doch heut nacht in den Fluten deiner rabenschwarzen Locken ertrinken!

"Problem, nein, ganz und gar nicht", krächzte Harry, und beugte sich dabei noch ein wenig weiter über seinen leeren Teller. "Und sagen wollen tu ich erst recht nichts. Verzeiht, es ist nur so... mein Kamerad Henry hier hat gerade Eure... Rüstung bewundert, er versteht da mehr von als ich, und, ähm, ich hab bloß versucht zu erkennen, was er damit meint, herausragende Schmiedekunst... Henry?"[1] Hilfesuchend wandte Harry sich an den Kameraden.
 1. Bluff = 21, ggf. abzgl. Malus wg. Lasciels Lustanfall
« Letzte Änderung: 31.10.2014, 19:57:04 von Harry Webster »
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Jurij Klee

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Heiliger Boden
« Antwort #224 am: 01.11.2014, 10:28:15 »
Hübsche Ding. musste Jurij denken, als die Frau bemerkte. Doch bei ihm waren das eindeutig seine eigenen Gedanken, schließlich war er ja ein Mann. Da sie sich aber eher für Harry interessierte, und er gerade etwas Besseres vor hatte, als zu flirten,  entfernte er sich vom Tisch. Er war schon neugierig, was die Frau da angeschlagen hatte. Vielleicht war es wirklich eine Aufgabe für die drei, ähnlich wie die von der kleinen Fee. Vor dem Zettel stehend, las er diesen leise.
« Letzte Änderung: 01.11.2014, 10:28:26 von Jurij Klee »
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