Autor Thema: Verborgene Talente  (Gelesen 4699 mal)

Beschreibung: Einstieg für Kara

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Sternenblut

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Verborgene Talente
« am: 04.01.2015, 13:36:10 »
Es war ein ganz gewöhnlicher Abend im Purpurpfau. Wohlhabende Gäste, meist männlich, saßen auf den mit Samt bezogenen Speisesofas, ein oder mehrere Mitarbeiterinnen des Pfaus an ihrer Seite oder zu ihren Füßen. Es wurden kostenlos feinste Speisen und Getränke gereicht - alleine das abendliche Eintrittsgeld reichte aus, um dies zu finanzieren.

Die Liegen standen im Kreis um eine große Tanzfläche, deren Boden ein Mosaikbild zeigte: Männer und Frauen beim Liebesspiel, natürlich. Die nackten Füße von Etyra und Lamana wirbelten über das Mosaik, bewegten sich zum leidenschaftlich-wilden Spiel der vier Musiker, die gute zehn Schritt hinter der Tanzfläche auf einer kleinen Bühne standen. Harfe, Laute, Trommel und Klavier, das Ensemble war immer gleich, doch die Musik jeden Abend eine andere.

Ein weiterer wirbelnder Schleier löste sich aus Etyras Kleidern, entblößte ihren Bauch, während sie an Lamana vorbeitanzte, ihre Hände in deren Schleiern versenkte, und einen davon mit sich nahm, als ihre Füße sie forttrugen. Das Publikum war begeistert.

Der Rauch schwerer Kräuter lag in der Luft. Maeka, die Besitzerin des Pfaus, verriet niemandem, was genau sie in den schmuckvollen silbernen Gefäßen verbrannte, die alle vier Meter an den marmornen Wänden angebracht waren. Aber Kara war überzeugt, dass auch die Kräuter ihren Anteil daran hatten, dass viele Gäste so regelmäßig wiederkehrten.

Auf einer der gut vierzig Liegen entdeckte sie einen ihrer ehemaligen Kunden: Ashleron Naguat, ein Mitglied des "Hohen Hauses", einem Rat von vierzig Politikern, die das Land führten. Maeka hatte sie zunächst nicht zu ihm lassen wollen, doch er hatte explizit nach ihr verlangt. Als sie zusammen auf eines der Zimmer gegangen waren, die über die Treppe zum ersten Stock nahe dem Eingang erreichbar waren, hatte er ihr erklärt, dass sie ihm empfohlen worden war - angeblich von einem ihrer früheren Gäste. Als er wieder ging, erklärte er, dass er zwar durchaus zufrieden war, aber die Versprechungen seines Freundes wohl doch deutlich übertrieben gewesen waren. Seitdem hatte sie klare Anweisung, sich von Naguat fernzuhalten.

Auch von den anderen Gästen hatte sie bislang noch keiner zu sich gerufen, aber das war nur eine Frage der Zeit. Je mehr Alkohol floss, desto begieriger wurden die Gäste, selbst wenn in gleichem Maße ihre Fähigkeit, sich mit all den Frauen gleichzeitig zu beschäftigen, abnahm. Und so saß sie da, wartend an der hölzernen Theke, die geformt war wie ein kleiner Fluß, der sich von einer Seite des Raums bis zur anderen schlängelte.

Gremaldo, Herr über die heimische Schenke und ein Meister darin, die wundersamsten Getränke zu mischen, war der einzige Mann, den Maeka hier arbeiten ließ. Und wie all die Frauen hier war auch er ein echtes Schmuckstück - knapp über dreißig Jahre alt, mit schwarzem, leicht welligem Haar, einem kurz geschorenen Bart, und feurigen braunen Augen. Wenn man den Gerüchten der Mädchen glaubte, hatte er sich seit seiner Ankunft vor fünf Jahren hier nicht ein bißchen verändert.

"Siehst du den dort?" fragte Sièsa, ein siebzehnjähriges Mädchen, das seit drei Monaten hier arbeitete. Ihr langes blondes Haar und ihre großen, festen Brüste, die unter dem weißen Nachthemd durchschimmerten, zogen viele Kunden an. "Das ist Zeytan Dragosh, ein berühmter Schreiber. Ein ganz besonderer Kunde. Er hat mich schon vier Mal zu sich gerufen, aber die ersten drei Male haben wir nur geredet. Ich mein, er hat mich für sich tanzen lassen und so, aber sonst nichts. Erst beim letzten Mal..." Sie lächelte. "Ich freu mich schon drauf, wenn er mich gleich zu sich ruft."

Und tatsächlich hob Dragosh in dem Moment die Hand. Maeka lief zu ihm, und sie sahen gemeinsam in Richtung der wartenden Mädchen. Sièsa kicherte vergnügt, und nahm noch einen Schluck von ihrem Wein, während Etyras letzter Schleier zu Boden fiel.

Maeka kam auf sie zu - und wandte sich an Kara. "Ein neuer Kunde für dich. Angeblich bist du ihm empfohlen worden." Maeka, die etwa Mitte Vierzig war, sah Kara ernst an. Ihre braunen, glatten Haare waren mit kunstvoll verzierten Holzstöckchen zusammengehalten, und ihre wallenden Seidenkleider gaben ihr ein erhabenes Äußeres. "Versau es nicht wieder, ist das klar?"

Sièsa sah Maeka verletzt und enttäuscht an. "Sie? Aber er ist mein Kunde, ich habe..."

Maeka hob in einer deutlichen Geste ihre Hand, und zischte das Mädchen an. "Wessen Kunde er ist, entscheidet er immer noch selbst!"
« Letzte Änderung: 05.01.2015, 06:53:34 von Sternenblut »
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Kara Kulenov

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Verborgene Talente
« Antwort #1 am: 08.01.2015, 18:20:59 »
Kara hörte Sièsa aufmerksam zu, was ihre Erzählungen anging. Später zählte sie eins und eins zusammen. Was war wenn der Schreiber Zeytan Dragosh nur mit ihr schlief, weil er das Interesse an Konversation mit ihr verlor? Wie lange würde wohl sie so einen Kunden "verbal befriedigen" können? Es würde ein kleiner Wettbewerb zwischen ihr und Sièsa entflammen. Es wäre schon eine Schmach, wenn sie gegen eine Siebzehnjährige verlieren würde, aber wer wusste schon genau, auf was der Schreiberling so stand.

So oder so wäre Sièsa aber auf jeden Fall sauer auf die Priesterin des nun mehr toten Schattenfürsten gewesen. Sie würde sich bestimmt irgendwie rächen wollen. Ob sie sich die Jugendliche heute zu einer großen Feindin gemacht hat? Kara nahm sich vor ein wachsames Auge in ihre Richtung offen zu halten. Man konnte nie wissen.

Als Maeka ihre Worte zu Ende sprach, nickte Kara und sprach nur noch unterwürfig die Worte: "Ja, Herrin Maeka! Dieses mal werde ich es nicht versauen." Kara war gebildet und wahrhaft keine schlechte Rednerin, allerdings kam es hier meist auf andere Dinge an und darauf wollte Maeka schließlich hinaus. Die Diebespriesterin versprühte keine charismatische Aura wie manch andere Damen. Sie war äußerlich eher gewöhnlich, vielleicht sogar etwas zu dürr für den Geschmack von so manchem Freier. Viele Damen waren nebenbei noch begnadete Tänzerinnen und wahrhaft geschickte Akrobatinnen. Sie eher nicht. Kara wählte sich allerdings andere Domänen im Purpurpfau. Sie befriedigte dunkle und sehr perverse Gelüste, was andere Frauen bestimmt nicht so gerne taten. Sie kannte Zeytan Dragosh nicht näher, aber dass gerade ein Schreiberling, der auf verbale Konversation stand, sie auswählte, überraschte sie doch etwas. Aber von dieser Überraschung würde sie sich nichts anmerken lassen.

Kara durfte kein schwarz im Purpurpfau tragen, obwohl das ihr Lieblingston war. Stattdessen konnte sie noch einen etwas dunkleren Blauton mit Maeka als Bekleidung aushandeln. Kara trug als "Dienstkleidung" einen sehr kurzen Rock, der viel ihrer schlanken Beine offenbarte. Sie war mit einem knappen Oberteil mit tiefem Ausschnitt bekleidet.

Stolzen Schrittes begab sich Kara jedenfalls zu Zeytan Dragosh. Als bei seiner Liege angekommen war, schenkte sie ihm ein strahlendes Lächeln und sagte zu ihm: "Seid gegrüßt und danke, dass Ihr Euch für mich entschieden habt!" Kara wollte noch etwas sagen, doch sie verkniff es sich. Die Diebespriesterin wusste noch nicht, was er genau wollte. Erst einmal war Diskretion wichtig, vor allem wenn er zunächst mal nur an Konversation interessiert war. Also sagte sie nur noch: "Wenn Ihr mir bitte folgen würdet. Über den Rest unterhalten wir uns an einem Ort, wo wir nur zu zweit sind, würde ich sagen."

Wenn nichts überraschendes passieren würde, würde sie Zeytan Dragosh auf ein Zimmer führen, auf dem sie beide ungestört sein würden.

Sternenblut

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Verborgene Talente
« Antwort #2 am: 09.01.2015, 11:16:15 »
Dragosh war für einen Schreiber überraschend gut gebaut. Er war groß, fast zwei Meter, wie Kara schätzte, hatte langes schwarzes Haar, das er an vier oder fünf Stellen fingerdick verflochten hatte, und war gut durchtrainiert. Hätte man ihr gesagt, dass er ein Krieger sei, und kein Schreiber, hätte sie das sofort geglaubt.

Er trug eine eng anliegende, schwarze Lederhose, und eine offene, dunkelgrüne Weste, unter der sein ebenfalls schwarzes Brusthaar zu sehen war. Sein Gesicht war markant, aber keinesfalls hart; in seinen Augen konnte sie mehr Freundlichkeit entdecken als bei den meisten Gästen, die jemals in den Pfau kamen. Eine kleine Narbe zierte sein glatt rasiertes Kinn.

Als Kara ihn ansprach, lächelte er ihr zu. "Ich freue mich über die Gelegenheit, zu überprüfen, ob es stimmt, was man über euch sagt." Ohne sich weiter zu erklären, stand er auf, und folgte Kara die Treppe hinauf. Nur wenige Gäste ließen sich davon ablenken, denn auch Lamanas letzter Schleier fiel gerade zu Boden, und die beiden Frauen gaben sich einen innigen Kuss.

Sogar die Treppe war hier mit weichem Teppich ausgelegt; die Gäste sollten sich jederzeit wohl fühlen, auch, wenn sie mit nackten Füßen (vom Rest des Körpers einmal abgesehen) nach oben oder nach unten gingen.

Kara sah sich auf dem Gang um. Fünfzehn Räume auf jeder Seite, jeweils fünf mit ähnlicher Einrichtung, immer einem einzelnen Thema gewidmet. Auf dieser Seite gab es den Dschungel, den Palast und den Ozean. Auf der linken Seite den Tempel, die Wüste und den Marktplatz. Auf der rechten Seite fanden sich die Themen Kerker, Berghöhlen und die Bühne wieder. Die Gäste, die nicht einfach nur eine bestimmte Atmosphäre suchten, sondern tatsächlich Fantasien nachgingen, nutzten die Bühnen-Zimmer auf sehr unterschiedliche Weise: Manchmal waren die Frauen, die sie mitbrachten, berühmte Sängerinnen oder Schauspielerinnen, die dem Charme des Gastes nicht widerstehen konnten, dann wieder wurde die Bühne zu einem Sklavenstand, die Frauen zur Ware - nicht, dass sie das in der Realität nicht ohnehin waren, aber in der Fantasie ging es darum, die gekauften Frauen für immer behalten zu können.

Auf der gegenüberliegenden Seite fanden sich Räume zu den Themen Hochzeit, Bauerndorf und Schänke. Und wenn bei all dieser Auswahl ein Gast noch immer nicht fand, wonach er sucht, gab es noch ein weiteres Stockwerk, in dem Maeka die Räume ganz nach den Wünschen einzelner Gäste einrichten ließ. Ein Spaß, den sie sich fürstlich bezahlen ließ, natürlich.

Neben jeder Tür gab es zwei Dinge: Eine auf dem Boden stehende, weiße Keramik-Vase mit roten Rosen, und eine dünne Glas-Vase, die an der Wand angebracht war. Betrat man einen Raum, nahmen die Damen des Hauses eine Rose aus der Vase am Boden und steckten sie in die Glasvase an der Wand. So wusste jeder, welcher Raum besetzt war.
Im Moment war dies nur bei wenigen Räumen der Fall: Auf dieser Seite zwei Palast-Räume und ein Ozean-Raum. Auf den anderen Gängen sah es nicht viel anders aus. Sie hatte also noch die freie Wahl, wohin sie ihren Gast führen wollte.

Dragosh strich ihr sanft mit dem Zeigefinger über die Seite, während sie sich umsah. "Ich möchte dich genauer kennenlernen, bevor wir uns lieben", erklärte er. "Zeige mir, wer du bist."
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Kara Kulenov

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Verborgene Talente
« Antwort #3 am: 17.01.2015, 19:57:25 »
Dragosh hatte für einen Schriftsteller durchaus ein beeindruckendes Aussehen fand Kara. Die Freundlichkeit in den Augen fand die Diebespriesterin beeindruckend. Doch der paranoide Geist der Dienerin des mittlerweile toten Schattenfürsten fragte sich auch, ob das nur Fassade war. Sie hatte einfach schon zu viel erlebt. Männer, die Ihr ein freundliches Lächeln schenkten nach außen hin, aber dann als es zur Sache kam im "Kerker" große Erregung und sadistische Freude beim Führen der Peitsche bei einer gefesselten Frau empfanden. Wer Zeytan Dragosh wirklich war, würde sich aber noch früh genug zeigen.

Bei der Reaktion auf Dragoshs Aufforderung war Karas Stimme nur ein leiser Hauch, der nur für ihn bestimmt war: "Ich kann alles sein, aber auch nichts. Ganz so wie Ihr es wünscht. Dem Wesen eines Doppelgängers nicht unähnlich. Aber ich weiß schon, nach was es Euch eigentlich im Moment verlangt: Ihr wollt mehr aus dem Leben einer Prostituierten erfahren. Ihr wollt erfahren mit wem genau Ihr da 'liebe macht'. Nun gut. Aber eine ganz kleine Bitte hätte ich im Gegenzug: Wählt doch bitte einen Raum erst einmal aus! Da kann man sich dann doch viel gemütlicher unterhalten. Dschungel, Palast, Ozean, Tempel, Wüste, Marktplatz, Kerker, Berghöhlen und Bühne stehen als Thematiken zur Auswahl. Nach was gelüstet es Euch heute?"
« Letzte Änderung: 17.01.2015, 19:58:48 von Kara Kulenov »

Sternenblut

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Verborgene Talente
« Antwort #4 am: 25.01.2015, 16:51:54 »
Dragosh runzelte bei Karas Worten seine Stirn. Er zögerte einen Moment, dann sah er sich um. "Ich hatte eigentlich darauf gehofft, dass du mich überraschst. Wenn ich einfach nur ausleben wollte, was ich an Fantasien habe, könnte ich auch eine der anderen wählen. Aber gut, dann wähle ich die Bühne." Er lief mit Kara in Richtung einer der Türen - er kannte sich offenbar aus -, blieb aber davor noch einmal stehen. "Und nenn dich nicht so. Ich komme nicht hierher, weil ich Frauen kaufen möchte, sondern um besondere Dinge zu erleben. Mach nicht so etwas Belangloses daraus."
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Kara Kulenov

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Verborgene Talente
« Antwort #5 am: 09.02.2015, 16:32:11 »
Kara nickte nur im ersten Augenblick. Ihr Gesicht war keinesfalls vorwurfsvoll und man konnte sogar etwas Neugier bei ihr erkennen. Das war doch etwas anderes als sonst; kein simples 'rein-raus und fertig'. "Das Besondere reizt Euch also. Da hätte ich etwas, was Euch vielleicht faszinieren könnte." Dann nahm Kara schon einmal eine Rose aus der Vase auf dem Boden und tat sie in die Glasvase der Wand, so dass der Raum als besetzt angezeigt wurde. Nach dem Schließen der Tür ging sie danach mit Dragosh auf die Bühne. Er kannte sich wahrlich sehr gut im Purpurpfau aus. Es wäre bestimmt interessant mehr über ihn zu erfahren, aber erst einmal war sie an der Reihe etwas über sich zu erzählen. Vielleicht war er sogar so etwas wie ein Stammkunde hier im Bordell. Kara hatte leider noch gar nicht so sehr Notiz von ihm genommen.
Jedenfalls sagte die Diebespriesterin auf der Bühne dann zu ihm: "Ich weiß, es ist womöglich nicht ganz das, was ihr wolltet, aber ich will mit Euch ein Ratespiel spielen. Und zwar geht es darum, ob Ihr denkt, dass das was ich Euch jetzt erzähle die Wahrheit ist. Es kann alles gelogen sein, alles die Wahrheit sein oder manches wahr und manches gelogen, eben gemischt.

Zu meiner Kindheit und Jugend: Ich komme aus einer völlig anderen Welt und nicht aus Kurun. Diese Welt nennt sich Toril. Und dort stamme ich von dem Kontinent Faerun. Ich wuchs genauer gesagt in Telflamm auf. Dort wurde ich schon recht früh zur Diebin, aber auch zu einer Frau, die sich für Geld den Männern hingab. Doch mein Leben änderte sich, als ein Hohepriester Masks an mir Gefallen fand. Einem einfachen Kind der Straße. Womöglich entsprach ich irgendwie seinen besonderen Vorlieben. Mask ist übrigens der Gott der Diebe und der Schatten. Diese Gottheit wird auch der Schattenfürst genannt. Er war die einflussreichste Gottheit in der Gegend Telflamm.

Als ich älter wurde, stieg meine göttliche Zauberkraft rasant an. Ich konnte auf die Mächte der Schattenebene selbst zugreifen. Lebendige Schatten beschwören. Mir die Kraft der Illusion zu Nutze machen. Einen Sturm aus Feuer erschaffen oder auch Wunder im Namen meines Gottes wirken. In meinen Träumen kommunizierte Mask mit mir, da bin ich mir ganz sicher. Das waren nur einige Beispiele der Kräfte, die ich besaß. Ich wurde mit der Zeit eine mächtige Frau in Telflamm.

Viele Jahre später des Nachts hatte ich einen schrecklichen Alptraum, der mir bis heute noch in Erinnerung blieb. Ein Schattenhaftes Wesen ging an einer großen, stechenden Kälte zugrunde. Ich spürte sie als ob ich selber erleben würde für einen kurzen Augenblick. Ein Aufbäumen des Schattens. Ein tiefer, unbeschreiblicher Schmerz. Eine Dunkelheit, die tiefer als die von ihm. Ich wusste, dass diese Gestalt Mask aus meinen Träumen war, die da zugrunde ging. Schweiß gebadet wachte ich auf und verlor viel meiner Macht. Ich war nur noch ein Abklatsch meiner früheren Macht und fühlte mich auch körperlich geschwächt. Tatsache war, dass nun alle Priester von Mask ihre Kräfte verloren. Na ja alle bis auf mich, zumindest teilweise hatte ich ja noch einige Zauberkraft zur Verfügung. Ich bin mir nicht sicher wie ich diesen Bruchteil an Kräften überhaupt behalten konnte. Das ist ein Rätsel, das noch gelöst werden muss. Vielleicht wird es mir irgendwann gelingen.

Fortan tauchte ich in den Untergrund ab. Wer mächtig war, hatte ebenso mächtige Feinde und es waren nicht unbedingt andere Mask-Priester, die mir Sorgen bereiteten. Obwohl es schon einige Priester gab, die neidisch und verwundert waren, wegen dem bisschen an göttlicher Energie, das ich irgendwie noch hatte. Auf jeden Fall verkleidete ich mich so gut es ging und versteckte mich im Untergrund, wie schon gesagt. Ich tat mich vor allem mit einem Dieb zusammen, mit dem ich mich sehr gut verstand. Eines Tages wurden mir allerdings die Einbrüche zum Verhängnis. Ich gelangte an ein Kurzschwert eines Magiers, das einige Nebenwirkungen hatte. Ich sprang- ohne dass ich Kontrolle darüber hatte- in verschiedene Welten.

Es ist gar nicht so lange her. Ich war auf einer Welt, die sich Eberron nannte. Es gab dort beseelte Maschinen aus dem dortigen letzten Krieg, die sich Kriegsgeschmiedete nannten, fliegende Schiffe und irgend so eine Maschine namens Blitzbahn. Ich bin in solchen Beschreibungen nicht so gut und kenne mich mit Technik nicht so gut aus. Irgendein langes Ding auf Eisenschienen, das durch Technik und/oder Magie sich fortbewegt. Die Blitzbahn wirkte wie ein Wunder, aber trotzdem hatte ich andere Angelegenheiten, mit denen ich mich beschäftigen musste. Ob Kurun auch solch wundersame Dinge hat wie diese Welt? Vielleicht finde ich es noch heraus.

Die nächste Welt bzw. ich sollte eher sagen die Stadt Sigil in den Ebenen, war noch ungewöhnlicher. Tanar'ri, Baatezu, Engel und andere Wesen der Ebenen liefen dort nebeneinander herum. Auch Aasimare und Tieflinge. Sie bekriegten sich seltsamerweise nicht. Es war so eine Art "neutraler Ort" in den Ebenen. Ein Wesen namens 'Dame der Schmerzen' hat dort ganz große Macht. Wer gegen ihre Spielregeln verstößt, wird ein ganz schlimmes Schicksal erleiden. Ihre Macht ist mit der einer Gottheit durchaus vergleichbar, nur angebetet will sie nicht werden. Darauf reagiert sie sogar sehr allergisch. Fraktionen haben dort großen Einfluss. Athar, Anarchisten, Gnadentöter, die freie Liga, Staubmenschen, Göttermenschen, Sinnsanten und Xaositekten gibt es dort unter anderem. Womöglich existieren auch noch andere, aber solange war ich auch nicht in dieser Welt. Und es kann auch sein, dass ich mich an manche Fraktionen einfach nicht mehr erinnere. Die Göttermenschen zum Beispiel glauben- in aller Kürze gesagt- daran, dass das Leben ein Test ist und jeder das Potential hat ein Gott zu werden. Die Gnadentöter als Fraktion sind fanatische Gerechtigkeitsanhänger und dienen der Dame der Schmerzen als Urteilsvollstrecker. Ihr Gegenstück sind meiner Meinung nach die Xaositekten, die glauben, dass das Multiversum vom Grundprinzip des Chaos geleitet wird. Alles, was dieser alte Kauz und Philosoph mir damals erzählt hat, habe ich als Planlose in Sigil allerdings nicht behalten, wie zuvor schon angedeutet.

Die letzte Welt, in die es mich verschlug, ist eben Kurun, Eure Welt. Ich habe das selbst- wie schon gesagt- auch nicht unter Kontrolle gehabt, in welche Welten es mich zog, seit dem Einbruch damals. Ich weiß nicht, ob ich jemals wieder in meine Welt zurückkomme. Ich wüsste gerne viel mehr über Kurun. Ich habe viel zu wenig Wissen über diese Welt, in der ich nun womöglich sogar mein restliches Leben verbringen muss.

Ansonsten muss ich sagen, dass nicht alles schlecht war, was mir widerfuhr, also auf den Machtverlust bezogen. Zu große Macht kann einen verblenden und arrogant machen. Zumindest kamen mir solche Gedanken einige Zeit nach meinem Machtverlust einmal. Aber vielleicht rede ich mir das auch nur ein, um besser mit meiner derzeitigen Situation klar zu kommen. Auf jeden Fall muss ich nun ganz ohne meine Gottheit auskommen und mit einem Leben in der Fremde. Als was ich mir momentan mein Geld auf Kurun verdient habe, wisst Ihr ja ansonsten.
Was denkt Ihr jetzt über all das, was ich Euch erzählt habe?"


Es gab einen Grund, warum Kara so offenherzig war, was ansonsten eher nicht ihre Art war. Sie wollte den Schriftsteller einfach beeindrucken und zudem wollte sie von so jemand Gebildetem mehr über Kurun erfahren. Das war ihrer Meinung nach durchaus drin.

« Letzte Änderung: 09.02.2015, 16:33:33 von Kara Kulenov »

Sternenblut

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Verborgene Talente
« Antwort #6 am: 14.02.2015, 22:51:48 »
Der Raum bestand aus einem großen, fast wuchtigen Eichenbett, das vor einer kreisförmigen Erhöhung stand. Zwei Holzpfähle im Boden hielten eine Stange, an der roter Samt einen Vorhang darstellen sollte. Auf der Bühne selbst stand eine mit schwarzem Leder bezogene Liege, sowie ein Waffenständer mit einem Holzschwert, einer Gerte und einem Netz.

Auf einem kleinen Tisch neben der Liege standen eine Büste, die eine junge Frau zeigte, eine Karaffe mit Wein und zwei Gläser.

Dragosh sah Kara auf dem Bett liegend eine ganze Weile schweigend an. Dann erschien ein Lächeln in seinem Gesicht, und er begann, in seine Hände zu klatschen. "Wunderbar. Eine außergewöhnliche Geschichte, meine Liebe. Und sogar Sigil! Du musst sehr belesen sein. Dantans Reise in die Stadt der Engel und Teufel - eine fantastische Geschichte, die nur wenige kennen."

Er erhob sich, und lehnte sich nun mit dem Rücken an, um Kara aufmerksam zuzuhören. "Nun, meine Weltenreisende, du scheinst eine dunkle Vergangenheit zu haben. Ich würde mich freuen, dein Leben zu erhellen. Ich schlage dir einen Handel vor: Zunächst unterhalten wir uns. Du stellst mir so viele Fragen, wie du möchtest. Doch wenn du alle Fragen gestellt hast, und erst dann, bekomme ich für jede eines deiner Kleidungsstücke. Und solltest du zu viele Fragen gestellt haben... werden wir uns wohl einigen müssen."

Er deutete auf den Tisch. "Allerdings unterhält es sich besser mit etwas zu trinken."
« Letzte Änderung: 14.02.2015, 23:08:25 von Sternenblut »
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Kara Kulenov

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Verborgene Talente
« Antwort #7 am: 04.03.2015, 17:12:23 »
Kara stand auf, nickte und führte Dragosh zum Tisch hin. Dort schänkte sie zwei Gläser Wein ein. Ein Glas gab sie sogleich Dragosh und eines nahm sie als höfliche Geste. Außerdem hätte es seltsam angemutet, wenn sie nicht auch mittrinken würde. Kara setzte sich und wartete geduldig bis Dargosh den Wein probierte und eben mit ihr anstieß. Auch Kara nahm danach einen kleinen Schluck vom Wein. Ein wahrhaft guter Jahrgang, zumindest wenn man von dem Geschmack ausging.

"Sagt bitte: Was muss man über die Geschichte von Kurun unbedingt wissen und was über dieses Land, in welchem wir uns hier befinden? Ich würde diese beiden Dinge schon sehr gerne aus dem Munde eines Gebildeten Mannes wie Euch hören. Ich weiß auch, dass das zwei Fragen sind. Das macht auch zwei Kleidungsstücke." Zum Schluss war ein aufrichtiges Lächeln in Karas Gesicht zu sehen. Sie freute sich schon darauf Dinge zu erfahren, die man ansonsten an diesem Ort schwerlich hätte erfahren können.

Sternenblut

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Verborgene Talente
« Antwort #8 am: 08.03.2015, 20:16:20 »
Dragosh nickte. "Das sind sehr allgemein gehaltene Fragen, deren Beantwortung ganze Bibliotheken füllen. Ich werde dir eine ebenso allgemein gehaltene Antwort geben, damit es nicht aus dem Rahmen läuft."

"Die Geschichte des Landes ist geprägt von den drei Völkern, die hier vorherrschen, die Halblinge, die Orks, und die Menschen. Vor dem Aufkommen der Zivilisation, wie wir sie heute kennen, lebten hier wilde Stämme der Halblinge und Menschen, die koexistierten, einander aber weitgehend mieden. Irgendwann drangen Orks in das Land ein, eroberten ganze Gebiete für sich. Halblinge und Menschen schlossen sich zusammen. Sie konnten zwar die verlorenen Gebiete nicht zurückerobern, aber ein weiteres Vordringen der Orks verhindern. Generationen vergingen, und aus dem Feind wurde ein Nachbar. Dann begann der Handel, der Austausch von Wissen. Städte wurden gebaut, und die Völker kamen zusammen. Weitere Generationen vergingen, und die Frage nach der Spezies wurde immer unbedeutender - das Individuum rückte in den Mittelpunkt. Aus Maelicci wurde ein geeintes Königreich. Orks, Menschen, Halblinge: Sie hatten die gleichen Rechte, und mussten sich nach den gleichen Gesetzen richten. Und dies galt nicht nur für diese drei Arten, sondern für jede. Damit wurde Maelicci zum Zufluchtsort für alle, die eine Heimat fern der Ursprünge ihrer eigenen Art suchten. Und das Volk von Maelicci entwickelte einen eigenen Stolz, Stolz auf die Toleranz gegenüber allem Fremdartigen und Neuen. Vielleicht ist dies auch der Grund, weshalb die von König Wendoylin erdachte Staatsform der Herrschaft des Volkes tatsächlich angenommen wurde. Denn nach seinem Tod und ohne einen Erben seines Throns übernahm auf seinen Willen und die Entscheidung des Volkes das Hohe Haus, ein Rat aus vierzig Politikern, die Führung des Landes."

Er lächelte. "Was das Land selbst angeht, liebe Weltenreisende", er schenkte ihr bei diesen Worten noch einmal nach, "es ist ein friedliches Land, eine gesunde Mischung aus Städten und Landwirtschaft, und in engen Handelsbeziehungen mit vielen anderen Ländern. Die neuen Luftschiffe, die es seit kurzem gibt, bringen auch exotischste Waren in greifbare Nähe, besonders natürlich hier, in der Hauptstadt. Und doch kennt auch Maelicci seine Gefahren. Fernab der Städte, in den wilden Landen, gibt es Gnollfestungen, Wälder mit gefährlichen Tieren, und Männer und Frauen, die sich finsteren arkanen Künsten hingeben, so finster, dass sie selbst in einem toleranten Land wie Maelicci mit dem Tode bestraft würden. Mein Rat ist daher: Bleibt stets auf den Straßen und fernab der Wildnis. Und meidet unser Nachbarland Tarzis, an dessen Grenzen Räuber und Banditen das Sagen haben."
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Kara Kulenov

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Verborgene Talente
« Antwort #9 am: 08.03.2015, 21:11:37 »
"Danke für Euren Vortrag, dieser hat mir schon einmal einen sehr guten Überblick gegeben! Es gibt allerdings noch so viele Fragen, doch langsam gehen mir die Kleidungsstücke aus. Hätte ich das gewusst, hätte ich mir heute noch einen Pelzmantel als Kleidung geben lassen.", scherzte Kara etwas bevor sie dann wieder ernst wurde.

"Aber um ehrlich zu sein und wieder ernst: Ihr habt mich echt auf eine gute Idee gebracht, was ich zum Schluss noch für eine einzige Frage stellen könnte. Wo genau ist hier in der Hauptstadt die größte, öffentlich problemlos zugängliche Bibliothek? Ich werde Euch auch noch etwas weiteres über mich verraten: Ich denke, dass Ihr heute mein letzter Kunde im Purpurpfau sein werdet. Ich habe hier genug einheimische Währung angesammelt. Damit kann ich mich einige Zeit über Wasser halten. Ich habe zwar nie viel von Söldnertum und einem Abenteurerleben gehalten, aber ich will es einfach mal riskieren und diese Richtung gehen. Aber ich denke, ich habe genug geplaudert und warte nun gespannt auf Eure Antwort."
« Letzte Änderung: 08.03.2015, 21:12:46 von Kara Kulenov »

Sternenblut

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« Antwort #10 am: 08.03.2015, 21:23:48 »
Dragosh lächelte erneut. "Da habe ich ja gleich doppelt Glück, meine Liebe. Ihr seid nicht nur eine seltene Perle, ich bin auch noch der Letzte, der von ihr kosten darf."

Er lehnte sich zurück, und betrachtete Kara von oben bis unten. "Ein Jammer allerdings, dass ihr so wenige Fragen habt. Aber gut, ich will euch eure nächste Frage beantworten. Geht zur Bibliothek der Königlichen Akademie. Sie findet sich hier im Palastviertel, wenn auch in einer weniger... verruchten Gegend, wie wohl zu vermuten war. Zu den meisten Bereichen erhält jeder Zugang, zu einigen Bereichen nur Mitglieder der Akademie - und die am besten gehüteten Bereiche sind nur wenigen Auserwählten zugänglich."
Sein Lächeln wurde breiter. "Ich persönlich habe übrigens durchaus die Mittel, jemandem Zugang zu allen Bereichen der Bibliothek zu verschaffen. Aber für einen solchen Gefallen müsste man mir schon einen sehr großen Gefallen im Gegenzug anbieten."
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Kara Kulenov

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« Antwort #11 am: 09.03.2015, 18:53:48 »
Kara ihrerseits genoss die Blicke. Sie nahm dieses Mal einen kräftigeren Schluck aus dem Weinglas. Die Diebespriesterin schenkte daraufhin ihrem gegenüber ein breites Grinsen und ließ ihre Gedanken schweifen. Schließlich ging sie langsam und auf erotische Weise zu Dragosh herüber. Ihre Lippen kamen seinem linken Ohr ganz nahe. Ein verspielter Augenblick von Kara. Sie flüsterte ihm etwas ins Ohr, was mit den Worten: "Na, wie gefällt Euch dieses Angebot?" endete.

Es war ganz offensichtlich, dass sie unbedingt die ganze Königliche Akademie erkunden wollte und das würde Dragosh bestimmt ganz deutlich merken. Entsprechend viel bot sie diesem Mann an. Sie ging dabei von den ganzen Vorlieben ihrer Kunden in ihrem bisherigen Leben und ihren Erfahrungen diesbezüglich aus.

Sternenblut

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Verborgene Talente
« Antwort #12 am: 16.03.2015, 11:11:12 »
Dragosh lächelte. "Wenn ihr die Bibliothek betretet, fragt nach Arisai. Gebt ihm diese Münze von mir." Er holte eine Münze aus seinem Geldbeutel hervor und legte sie auf den Tisch. Kara erkannte gleich, dass es sich nicht um eine der in dieser Region üblichen Münzen handelte. Sie schien aus Silber zu sein, zeigte aber keinerlei Prägung. "Erklärt ihm, dass ich euch schicke, um Recherchen für mich anzustellen. Er wird euch Zugang zu den geheimen Räumen der Bibliothek gewähren."
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« Antwort #13 am: 16.03.2015, 18:08:14 »
Das letzte Mal. Sie hatte genug zusammen, endlich, um ihrem zeitweisen Zuhause den Rücken zuzukehren. Dragosh hatte sich sogar als noch... fantasievoller erwiesen als irgendeiner ihrer Gäste zuvor. Doch trotz seiner durchaus grenzüberschreitenden Vorstellungen war er dabei nie brutal oder auch nur grob geworden - eine willkommene Überraschung.

Sie war im Zimmer eingeschlafen, nicht etwa, weil sie sich so wohl gefühlt hätte (fast kam sogar so etwas wie Scham bei ihr auf, doch sie verdrängte das Gefühl schnell), sondern schlicht aus Erschöpfung.

Am nächsten Morgen war ihr dringlichster Wunsch ein ausgiebiges Bad. Nachdem sie sich zurecht gemacht und ihre Sachen gesammelt hatte, suchte sie Maeka auf - und teilte ihr ihre Entscheidung mit. Die Besitzerin des Pfaus reagierte verschnupft. "Kaum hast du es endlich geschafft, einen Kunden richtig zu begeistern, hörst du auf. Ich verstehe dich nicht, Mädchen. Aber wie du willst. Komm nur nicht auf die Idee, mir Konkurrenz zu machen - glaub mir, das würde dir nicht bekommen!"

Kara versicherte Maeka, dass sie keinerlei Pläne in dieser Richtung hegte, und machte sich dann auf den Weg zur Bibliothek. Sie war nur gute fünfzehn Minuten Fußweg entfernt, und so stand sie bald vor dem beeindruckenden Gebäude, auf dessen Dach eine majestätische Drachengestalt als Statue auf sie herabblickte.
"Ein Blick in die Welt beweist, dass Horror nichts anderes ist als Realismus." - Alfred Hitchcock

Kara Kulenov

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Verborgene Talente
« Antwort #14 am: 16.03.2015, 18:39:25 »
Aus Erschöpfung schlief Kara zwar ein, aber Momente zuvor hatte sie davor etwas Angst, aber es überkam sie einfach. Sie konnte sich noch sehr gut an Eberron erinnern. Die Diebespriesterin hatte nicht mehr ganz die Kontrolle gehabt und sich in einer seltsamen Situation wiedergefunden. Die einstige Dienerin des nunmehr toten Schattenfürsten spürte die innere Kälte und Dunkelheit, die selbst einer Maskaranerin nicht so schmeckte. Ein uraltes, manipulatives Böses bestimmt noch intriganter als Kara in ihren Glanzzeiten lauerte Tief in ihr drin, das sagte Kara jedenfalls ihr Unterbewusstsein. Ob jemand als gut oder als böse angesehen wurde, war Kara letztlich egal, aber sie wollte selber über ihren Weg entscheiden. Irgendwie frustrierte sie diese fremde Präsenz seit dem schiefgegangenen Einbruch bei dem Magier, der sie in eine Falle gelockt hatte. Doch im Moment konnte sie nichts dagegen unternehmen und musste sich damit abfinden.

Als sie aufwachte, schien nichts weiter schlimmes vorgefallen zu sein. Zumindest auf den ersten Blick nicht. Kara badete sich gründlich, packte all ihre Habseeligkeiten und verabschiedte sich bei Maeka. Dass das überhaupt nicht herzlich werden würde, war ihr schon klar, aber sie brachte es so gut es ging hinter sich.

Die ehemalige Diebin fragte sich mit etwas Abstand zum Purpurpfau nach der Königlichen Akademie durch und fand sie auch. Nun war vielleicht der Moment gekommen ohne Gott, ohne frühere Macht, in einer fremden Welt und dem hinter ihr Lassen des Bordells ein ganz neues Leben anzufangen. Manches bereute sie in ihrem Leben, manches auch nicht. Aber erst mussten kleine Schritte vor ganz Großen kommen. Erst einmal musste sie sich umfangreich über diese Welt informieren. Sie betrat die Bibliothek und würde sobald sich die Möglichkeit ergab nach Arisai und dessen Standort erkundigen. Auf die Münze hatte Kara gut Acht gegeben. Eine Diebin- wenn auch mittlerweile ehemalige- wusste, wo man so einen Gegenstand, der für sie durchaus von Wert war, gut verstecken konnte.