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Autor Thema: Der Pilger - Kapitel I  (Gelesen 15101 mal)

Beschreibung: Anfänge, Möglichkeiten, Unbesonnenheit

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Das Tarot

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Der Pilger - Kapitel I
« am: 05.05.2015, 17:20:09 »
Es heißt in den Karten des Tarots kann ein geübter Augur einen Blick durch die nebelverhangenen Schwaden der Zukunft werfen und hinter diesen Gefilden den göttlichen Willen des Meisters der Menschheit selbst erkennen. Warnung und Weisung sind für denjenigen zu finden, der die Karten zu lesen weiß und sich von Vieldeutigkeit nicht verwirren lässt. Ein solcher Akt erfordert Begabung und Demut in gleichen Maßen. Kraft alleine ist nichts. Ein Blick auf die Schrecken eines gnadenlosen Universums sollte selbst dem größten Narren diese Wahrheit offenbaren. Begabung und Demut, nur wenigen ist es vergönnt diese Eigenschaften in sich zu vereinen, um die größeren Wahrheiten hinter den Karten des Tarots lesen zu können.
Der heilige Ordos unternimmt große Anstrengungen auf der Suche nach diesen Sehern, denn unter Millionen von Seelen, die in Ketten in die lichtlosen Verließe der schwarzen Schiffe gezerrt werden, mag nicht einmal ein Individuum die gesuchten Eigenschaften besitzen. Nein, wahre Seher sind eine Ressource bei deren Erschließung selbst die Bevölkerung einer gesamten Welt ein geringer Preis ist, den es zu zahlen gilt.
Seraphine Thor, Inquisitorin des heiligen Ordo Xenos wird nachgesagt ein beachtliches Talent in der Auslegung der Karten zu besitzen, aber selbst ein Laie hätte bei der letzten Auslegung der Karten die offensichtliche Warnung erkannt...

"Leerendrache" - Vor einem Monat
Astropath Berlacher wie er versucht seine Finger tiefer und tiefer in die ausgebrannten Augenhöhlen zu treiben bis blutige Tränen an seinen ausgemergelten Wangen hinabrinnen. Bergfalk, die zitternd auf dem Boden liegt, während nur noch das Weiße ihrer Augen zu sehen ist und schreckliche Krämpfe davon zeugen, wie sich Synapsen überladen und ein schreckliches, aber dankensweise schnelles, Ende herbeiführen. Und über all dem das vor Anstrengung verzerrte Gesicht von Seraphine Thor, ihre Hände auf die dünnen Kristallscheiben der Tarotkarten gepresst.
All diese Bilder wirken noch wie frisch in den Köpfen der Akolythen, auch wenn der Zwischenfall bereits Wochen zurückliegt. Selbst über den Gestank von Blut und Gerbmitteln hinweg, bleiben die Eindrücke deutlich im Verstand jedes Anwesenden imprägniert. Manche Dinge werden sich wohl nie vergessen lassen und im Gegensatz zu den unendlichen Massen der arglosen Menschen im Imperium, können sich die Mitglieder der Zelle das süße Geschenk des Vergessens nicht leisten. Eine schreckliche Gefahr droht Askellon und die Weisung ihrer Herrin lastet schwer auf ihnen. Keiner von ihnen weiß genau, was ihre Inquisitorin genau gesehen hat, aber jeder wurde noch am selben Abend über die anstehende Aufgabe unterrichtet und es bestehen keine Zweifel an der Wichtigkeit ihrer Mission.
Und so befinden sie sich alle an Bord des "Leerendrachen", eines Transporters von Fleisch und Fellen auf dem Weg nach Port Finis, Traephus XI. Von dem tierischen Gestank, der jeden Korridor des Schiffes zu durchdringen scheint einmal abgesehen, verdient eigentlich nichts am "Leerendrachen" den Vergleich mit dem schrecklichen mytischen Raubtier. Es ist ein klobiges, hässliches Schiff, ein langsames Schiff, aber das einzige Reisemittel, das in absehbarer Zeit die Grenzwelt von Traephus XI ansteuern wird. Unter der Tarnung im Namen eines Freihändlers den Planeten für eine mögliche landwirtschaftliche Ausbeutung erkunden zu wollen, ein Vorhaben das von der Crew des "Leerendrachen" nur mit Gelächter oder Bedauern quittiert wurde, haben sich die Mitglieder der Zelle an Bord begeben und erfreuen sich nun an dem "Luxus", den eine Reise durch die Leere inmitten von ausgeweideten Tierkadavern so mit sich bringt. Die Stimmung ist gedrückt, doch da es nichts zu tun gibt, um die Reise schneller vergehen zu lassen, bietet sich ihnen zumindest die Chance sich gegenseitig etwas besser kennenzulernen und sich mental auf die anstehende Aufgabe vorzubereiten.


"Port Finis" - Gegenwart
Nach der Reise an Bord des "Leerendrachen" sind selbst die schwüle Hitze von Traephus XI und über 90% Luftfeuchtigkeit eine willkommende Abwechslung zu dem bestialischen Gestank von Tierverwertungsanlagen. Der Himmel wirkt, scheinbar ganz der Schwere ihrer Mission zum Trotz, nahezu unbeschwert blau und kaum ein Wölkchen ist am Horizont zu sehen, auch wenn sich dies den Berichten über das wankelmütige Klima des Planeten zu folge wohl jederzeit innerhalb weniger Minuten ändern kann.
Port Finis selbst ist so unbeeindruckend wie es eigentlich jeder erwartet hat. Ein Kaff in jeder Bedeutung dieses abwertenden Wortes, besitzt es die Bezeichnung "Port" vermutlich nur, weil es sich um die einzige dauerhafte Enklave für den Handel von Außerhalb auf dem gesamten Himmelskörper handelt. Eine hohe Mauer aus Rockcrete umgibt die Gebäude der Stadt und hier und dort luken eingelassene Geschütze aus dieser hervor, gezeichnet von Rost und weiteren Spuren der Vernachlässigung. Vor diese Mauer befindet sich eine vegetationslose Zone von gut 500 Metern, bis diese die Ausläufer des allgegenwärtigen Dschungels erreicht. Hier und dort sieht man Arbeitercrews, die, ausgerüstet mit Flammenwerfern und Promethium, den Dschungel auf Abstand halten und dafür sorgen, dass dieser sich nicht zu nahe an die Mauer heranwagen kann.
Neben einer Ansammlung von Hab-Wohnungen, in denen vermutlich der Großteil der Einwohner lebt, gibt es nur wenige größere Gebäude in Port Finis. Selbst der Tempel der Ekklesiarchie wirkt nahezu kümmerlich, beachtet man einmal mit welchem Sinn für das Gewaltige das Ministorum sonst seinen Baustil verfolgt. Dank den Instruktionen ihrer Meisterin wissen die Akolythen, dass es sich bei dem größeren, prunklosen Gebäude gleich nebenan um die Zentrale des Administratum handelt, Unterkunft der örtlichen "Regierung" und des Astropathenchors in einem.
Ihr erstes Ziel führt die Akolythen jedoch zu keinem dieser Gebäude, sondern zu einer Fabrikhalle, in der gebündelte Baumstämme auf ihren Abtransport von Traephus XI warten. Hier sollen sie ihren Kontakt in Port Finis treffen, einen lokalen Führer, der ihnen bei ihrer Aufgabe zur Seite stehen wird und über die wahre Natur ihrer Mission unterrichtet wurde. Dabei wurde ihnen eine Warnung mit auf den Weg gegeben, sich vom äußeren Erscheinungsbild dieses Führers nicht abschrecken zu lassen und ihn stattdessen mit den Worten "Die Sonne vergeht am Horizont von Askellon..." zu begrüßen und als Antwort "...doch sie scheint erneut am nächsten Morgen über Valerius Kindern." zu erwarten.
Im Moment fehlt von ihrem Führer jedoch noch jede Spur und Tiberius Grayson, Æringa Sklárska, Levi Cusatis und Schwester Kayleen Fírinne können förmlich den Schweiß aus jeder Pore ihres Körpers rinnen spüren, während sie in der brütenden Hitze zwischen zwei großen Holzstapeln auf dessen Ankunft warten.

Grayson

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Der Pilger - Kapitel I
« Antwort #1 am: 05.05.2015, 19:14:54 »
Ungeduldig schnaubt Grayson. Nicht nur, dass es ihm unter dem schweren Armeemantel deutlich zu warm ist- nein, selbst der einheimische Führer scheint sich heute gegen sie verschworen zu haben. Unruhig zwirbelt er seinen Schnurrbart. Streicht über den Knauf des Schwertes. Lehnt sich schließlich gegen einen der Holzstapel, starrt missmutig in die hitzeflimmernde Leere.

Von einer Widerlichkeit in die Nächste. Schon der Leerendrache war eine furchtbare Umgebung gewesen- und jetzt die Hauptstadt von "Ganz Weit Weg". Hier sich seltsamen Xenodrogen hinzugeben schien nicht schwer- der Ort stinkt nach nichts zu tun. Und so beginnt der ehemalige Soldat routiniert die Energiezelle der Laserpistole an seiner Hüfte zu prüfen, das verkratzte Metall nachzupolieren und schließlich den Emitter mit einem Tuch abzuwischen.
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Oni Dämmerschwinge

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Der Pilger - Kapitel I
« Antwort #2 am: 05.05.2015, 21:00:05 »
Langsam und behäbig schält sich ein großer dunkler Schatten aus der Deckung eines der Wohnhabs, ein Schatten, der sich als ein regelrechter Koloss von einem Mutanten entpuppt. Mit wuchtigen Schritten, die den Boden fast vibrieren lassen hält der Hühne auf die Gruppe der Neuankömmlinge zu. Als der Muskelberg, gehüllt in schäbige Kleidung und zusammengeflickten Rüstungsteilen die Akolyten erreicht, mustert er sie einen Augenblick und spricht sie dann an, mit einer tiefen, dröhnenden Stimme. "Alles an euch schreit nach Außenweltler. Was wollt ihr hier, Fremde?"
« Letzte Änderung: 05.05.2015, 21:20:02 von Oni Dämmerschwinge »

Grayson

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Der Pilger - Kapitel I
« Antwort #3 am: 06.05.2015, 08:02:06 »
Beim Anblick der mutierten Kreatur hat Grayson das treue Schwert schon halb aus der Scheide gezogen, bereit, diese vermutlich von den Mächten des Warp korrumpierte Wesenheit zu erlösen- da erinnert er sich an den Befehl, sich nicht vom Aussehen des "Führers" abschrecken zu lassen. So hölt er inne, das Schwert locker in der Hand, die Spitze zu Boden weisend. Sieht den Fremden durchdringend an. "Wisst Ihr, das lässst sich schwer sagen, wohin uns der Weg führt... immer dorthin, von wo man beobachten kann wie die Sonne vergeht am Horizont von Askellon..."
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Hariq Jaraˈqan

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Der Pilger - Kapitel I
« Antwort #4 am: 06.05.2015, 18:57:23 »
"Vom Regen in die Traufe.", irgendwo hat Levi dieses Sprichwort aufgeschnappt. Auch wenn Regen eine Erlösung wäre, würde es doch die Luftfeuchtigkeit eher senken als erhöhen, ist keiner in Sicht. Trotzdem geht ihm der Spruch nicht aus dem Kopf während dieser Grayson an seiner Waffe herumfummelt. Schweiß tropft von seiner Stirn während er sich seinen Schnauzer zurecht streicht. Immer wieder heftet sich sein Blick auf einen Bewohner dieses verlassen Kaffs am Arsch der Welt, ein weiterer Spruch den Levi aufgeschnappt hat.

Die Warnung seiner neuen Vorgesetzten schießt ihm durch den Kopf, als der Mutant auf die Gruppe zukommt. Grayson übernimmt die Kontrolle sofort, so bleibt dem Weisen nicht mehr über als den Mutanten abfällig zu mustern und zu warten.

Oni Dämmerschwinge

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Der Pilger - Kapitel I
« Antwort #5 am: 06.05.2015, 22:55:29 »
"Doch sie scheint erneut am nächsten Morgen über Valerius Kindern" brummt der wuchtige Mutant seine Antwort. "Ich bin Oni Dämmerschwinge, und ich soll euch hier zur Seite stehen." Der Hühne hebt seine Hand und deutet mit seinem schwieligen Zeigefinger auf die gezogene Waffe. "Was genau hast du damit vor, Außenweltler?" grollt er, den massigen Körper angespannt. Feindseligkeiten scheinen dem Koloss nicht unbekannt zu sein.

Grayson

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Der Pilger - Kapitel I
« Antwort #6 am: 07.05.2015, 08:41:23 »
"Nichts." bringt der ehemalige Offizier hervor, steckt das treue Schwert weg. "Ich hatte nur nicht erwartet, jemanden wie Sie als Kontakt zu haben..." Einen Moment schleicht sich Missmut ins Gesicht des Soldaten- ehe wieder soldatische Gleichgültigkeit übernimmt. "Was können Sie mir über... das Ziel sagen? Irgendwelche Informationen die Sie uns geben können?"
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Der Pilger - Kapitel I
« Antwort #7 am: 07.05.2015, 14:10:15 »
Im Gegensatz zu vielen anderen Reisenden empfindet Schwester Kayleen die Reise an Bord eines Leerenschiffes als alles andere als langweilig, unangenehm oder gar furchteinflößend. Sie weiß nicht warum, aber das Brummen des Antriebs, die Stille nahe der Außenhaut, das Kratzen am Rande der Hörreichweite und das Knarren des Stahls wirkten alle auf sie seltsam vertraut und beruhigend. Dennoch ist die Überfahrt nicht einfach für sie, denn wie so oft auf Reisen mit Leerenschiffen plagen sie Alpträume und lassen sie an manchen Nächten mit Schreien erwachen. An solchen Nächten wünscht sie sich nicht allein zu sein, doch wie immer bringen nur die gleichmäßigen Geräusche des Leerenschiffes etwas Beruhigung. Tagsüber lässt sie sich jedoch nichts davon anmerken und konzentriert sie auf die Wiederholungen der vielen Übungen ihrer Lehrzeit, der Hilfe bei Erkrankungen und Verletzungen und dem Stillen ihrer Neugier. So viele verschiedene Menschen auf einen Haufen und sie alle wirkten so völlig anders, als sie es gewohnt ist. Auch völlig anders als ihre längste Freundin, Schwester Aeringa. Das Wort Freundin wirkt immer noch etwas fremd für sie und wieder hat sie die falsche Anrede benutzt. Es gibt noch so viel zu lernen und dennoch bedrückt sie auch die anstehende Aufgabe. Sie wissen so wenig darüber und noch weniger verstand sie warum Menschen überhaupt so etwas tun sollten. Kayleen grübelt lang darüber, kann allerdings zu keiner Antwort kommen. Sie kehrt einfach zu ihren üblichen Pflichten zurück und verspricht ihr bestes zu geben. Die Tage verrinnen für sie ohne Langeweile und irgendwann erreichen sie ihr Ziel.
Schwester Kayleen verlässt den Transporter ohne Scheu und zieht die Atemmaske über ihr Gesicht. Immerhin weiß man nie welche Krankheitserreger an einem fremden Ort lauern. Die Sonne blendet sie im ersten Moment schmerzhaft und die hohe Luftfeuchtigkeit lässt sofort den Schweiß aus ihren Poren sprießen. Viele Leute denken eine Wüste wäre schlimm, aber ein solcher Ort kann die Leute viel schneller auf die Knie zwingen, als eine Wüste. Sie schirmt ihre Augen ab und betrachtet den Ort an den es sie verschlagen hat. Irgendwie armselig, traurig. Schwester Keyleen hat viele großartige Orte gesehen, aber dieser wirkt einfach nur aufgegeben, hoffnungslos. Sie fragt sich ob sie wohl etwas tun kann. Letztendlich seufzt sie jedoch, denn sie muss sich eingestehen, dass sie im Moment weder die Probleme des Ortes noch etwaige Lösungen kennt. Sie folgt den Anderen zur Fabrikhalle und hält sich dabei eng an Aeringa, während sie alles mit großen Augen mustert.
Als der Mutant plötzlich auftaucht, gibt Schwester Kayleen ein erschrockenen Laut von sich und versteckt sich ein Stück hinter ihrer Freundin. Sie ist froh, dass die anderen so resolut vor schreiten und keinerlei Probleme mit der Situation haben. Mit neugierigen Blick beobachtet sie das Gespräch und den Koloss aus Muskeln und Fleisch.
“Das...ist das einer dieser Mutanten? Arbeitet Sie etwa auch mit diesen? Heißt dass die Inquisitorin sieht sie auch anders als viele Andere? Principalis Venia hat immer gesagt, dass viele von diesen armen Seelen gebeutelt sind. Ihre Körper gezeichnet, aber die Seele noch rein. Ob er ebenfalls leidet? Ob er Hilfe braucht?“
Die gelehrte Meinung das Adeptus Ministoriums verbreitet den Fakt, dass eine verdorbene Seele früher oder später zu einer Revolte des Fleisches führt. Aber was wenn das mutierte Fleisch in Wirklichkeit die Seele berührt?
- Aus einem Traktat des Ordens der reinigenden Flamme

Æringa

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Der Pilger - Kapitel I
« Antwort #8 am: 07.05.2015, 14:57:20 »
Der adlige Panzersoldat ist nicht der einzige, dessen Hand beim Anblick des unnatürlichen Muskelberges als erstes das Schwertheft sucht. Die rüstige Frau im archaischen Kettenhemd macht sich ebenfalls fast instinktiv kampfbereit. In der unerträglichen, gottimperatorverfluchten Schwüle fällt ihr selbst das Denken schwer; sie muss sich zwingen, sich die Mahnungen und Anweisungen der Inquisitorin ins Gedächtnis zu rufen.
Der Feudalweltlerin ist, als wäre dieser gesamte fremde Himmelskörper ein einziger Feind, der ihre Innereien durch die Haut verdampfen lassen will. Schon jetzt sehnt sie sich nach dem erbärmlich stinkenden, und doch bei weitem angenehmeren Himmelsschiff zurück. Die Marschen ihrer Heimatprovinz können in den Sommermonaten zwar auch widerwärtig werden, kommen aber nicht ansatzweise an das hier heran. Und dass ausgerechnet eine geächtete Abscheulichkeit das erste Wesen ist, das die Akolythen begrüßt, führt unweigerlich dazu, dass Æringa sich von feindseliger Präsenz umstellt fühlt.
"Können wir das nicht woanders bereden?," schaltet sich die Hinterwäldler-Adlige ungeduldig ins Gespräch ein, indem sie die klebrigen Haarsträhnen aus dem schweissnassen Gesicht wischt, immer und immer wieder. Ihrer niedergothischen Aussprache ist ein rauer Akzent eigen, den ihre Laune nur noch verstärkt. Im Gegensatz zu Grayson macht die Frau keine Anstalten, die Finger von der Waffe zu nehmen oder die kampfbereite Haltung, mit der sie die eingeschüchterte Schwester Kayleen abschirmt, aufzugeben.
Schon seit ihrem ersten Auftrag im Namen der Heiligen Ordos weiß die Landgrafentochter, dass die Inquisition den Dienst bis zum letzten Blutstropfen verlangt. Während des Fluges auf der Leerendrache hatte sie sich halbherzig damit abgefunden, als Vassalin von Seraphine Thor Drecksarbeit erledigen zu müssen, ehe sie es zu etwas Besserem bringen würde. Nun kommt sie sich allerdings wie Schwertfutter vor. Unbedeutendes Bauernopfer. Wer würde denn überhaupt auf den Gedanken kommen, irgendetwas in diesem Höllenloch zu suchen?
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Oni Dämmerschwinge

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Der Pilger - Kapitel I
« Antwort #9 am: 07.05.2015, 21:49:53 »
Oni Dämmerschwinge verschränkt die wuchtigen Arme vor der tonnenartigen Brust. Die brütende Hitze macht dem Mutanten nicht das Geringste aus, und die pechschwarzen Augen scheinen von der grellen Helligkeit unbeeindruckt. "Jemanden wie mich?" dröhnt die bassige Stimme in den Ohren der Akolyten, während der Koloss das dreckverschmierte kantige Gesicht leicht verzieht. "Bin ich dir etwa nicht hübsch genug? Schnösel und eitle Gecken gibts hier nicht, und die kümmerlichen Robenträger dort" -Oni deutet bei diesen Worten mit einer verächtlichen Kopfbewegung auf den Tempel der Ekklesiarchie - "würden jenseits der Mauer keine fünf Sekunden überleben. Ich wurde angeheuert um euch bei eurer Arbeit zu unterstützen. Worin diese Arbeit genau besteht weiß ich nicht. Interessiert mich auch nicht übermäßig. Aber wenn ihr in Ruhe reden wollt, hier gleich um die Ecke gibts ein paar Spelunken, in denen man einkehren kann. Und enstpannt euch mal, ich wurde angeheuert um euch zu helfen. Wenn ich euch schaden wollte hätte ich euch beim Verlassen eurer Blechbüchse über den Haufen geschossen." Der bullige Mutant deutet mit einem wulstigen Daumen auf das Scharfschützengewehr, dass über einer rechten Schulter hängt.
« Letzte Änderung: 07.05.2015, 21:51:09 von Oni Dämmerschwinge »

Æringa

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Der Pilger - Kapitel I
« Antwort #10 am: 07.05.2015, 23:19:30 »
Die Entgegnung des Mutanten bewirkt keineswegs, dass Æringa sich entspannt. Im Gegenteil, sie umgreift das Heft ihres Schwertes fester und zieht die Klinge mit einem metallisch schabenden Geräusch bis zur Hälfte aus der Scheide.
"Du solltest das aber wissen, Aussätziger. Oder bist du nicht der, der zu sein du vorgibst?," bezichtigt die Frau den Koloss der Täuschung. Nur weil sie wenig über das Leben im sternenumspannenden Imperium jenseits ihrer eigenen, einfachen Heimatwelt weiß und sich deshalb mehr oder minder vollständig auf das Urteil ihrer neuen Auftraggeberin verlassen muss, bedeutet nicht, dass sie einer unmenschlichen Monstrosität vertrauen muss.
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Oni Dämmerschwinge

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Der Pilger - Kapitel I
« Antwort #11 am: 08.05.2015, 06:21:45 »
"So, sollte ich das, Kleine?" Den Koloss lässt die bedrohliche Geste völlig kalt. "Dann hast du ja gleich die Möglichkeit, mir alles zu erzählen. Wenn du es allerdings auf diese Art regeln willst" -der Mutant deutet auf die halb gezogene Waffe- "wirst du ein größeres Schwert brauchen."

Der Pilger - Kapitel I
« Antwort #12 am: 08.05.2015, 15:32:21 »
Schwester Kayleen beobachtet weiterhin die Situation, welche immer weiter zu eskalieren droht. Es ist offensichtlich, dass weder der Mutant noch ihre Freundin oder gar der Rest ihrer sonderbaren Gruppe etwas daran besser machen würde. Kayleen nimmt all ihren Mut zusammen, während sie sich an all die Lektionen ihres Klostern erinnert.
“Viele finden den Mutanten abstoßend und werden sie meiden oder sogar töten. Aber solange ihr Seele rein ist, haben sie eine Chance auf Erlösung. Zumindest hat sie das immer gesagt. Haben sie das immer gesagt. Aber ist seine Seele rein? Immerhin hat eine Inquisitorin ihn ausgewählt, irgendetwas musste sie in ihm sehen. Ganz bestimmt gibt es Hoffnung.“
Fasst sie einen Entschluss und legt Aeringa beruhigend eine Hand auf den Schwertarm. Sie schaut ihre Begleiterin mit großen Augen an und schüttelt den Kopf. Danach tritt sie vor und zwischen die beiden Kontrahenten. Mit einem freundlichen Lächeln bedenkt sie Oni und verschränkt die Hände vor ihrem Unterleib.
„Entschuldigt die Reaktion meiner Freundin und äh der anderen Begleiter. Viele sind den Umgang mit einem M...“
Einen Moment unterbricht sie und grübelt.
“Ist Mutant eine Beleidigung?“
„...mit einem Menschen dessen Körper sich durch äußere Einwirkung stark verändert hat.“
“Genau es ist nicht anders als bei einer schweren Verletzung. Viele finden das auch entstellend. Na gut es ist etwas anders.“
Schießen ihr schon wieder Gedanken durch den Kopf und sie schweift ab. Erschrocken bemerkt sie dies und fährt fort.
„Entschuldigt auch unsere Unhöflichkeit.“
Sie senkt etwas demütig den Kopf und schaut dann wieder mit einem Lächeln auf.
„Ich bin Schwester Kayleen Fírinne, dies ist Schw...das ist Æringa Sklárska.“
Stellt sie sich und ihre längste Wegbegleiterin vor, um danach den Rest ebenfalls vorzustellen. Die gesamte Situation kommt ihr immer noch etwas surreal vor, vor allem da sie alle so viel älter aussehen, als sie. Wacker mit einem leichten Zittern steht sie die Situation allerdings durch.
„Wir möchte gerne etwas mehr mit euch unterhalten, auch weil uns gesagt wurde, ihr wüsstet mehr über unseren Auftrag. Oder haben wir die falsche Person angesprochen? Dann entschuldigt, dass wir euch gestört haben.“
“Würde jetzt alles besser werden? Sie wird sich doch nicht getäuscht haben oder?“
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Oni Dämmerschwinge

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Der Pilger - Kapitel I
« Antwort #13 am: 09.05.2015, 17:58:01 »
Als das jüngste Mitglied der Akolytengruppe zu sprechen beginnt wird das Gesicht des Mutanten, das wirkt als wäre es aus grob aus einem Granitfelsen gemeißelt wurden etwas weicher, dennoch bleibt sein schwarzer Blick abweisend und seine Haltung starr, die massigen Arme verschränkt. "Dann wurdet ihr belogen, Kind." grollt der Koloss mit tiefer Stimme. "Meine Auftraggeberin, die wohl auch die eure ist, gab mit eure Beschreibung und wies mich an, euch mit Rat und Tat zur Seite zu stehen, bis eure Aufgabe, worin auch immer sie besteht, erledigt ist oder diese Welt euch alle verschlungen hat. Das ist alles was ich weiß."

Der Pilger - Kapitel I
« Antwort #14 am: 11.05.2015, 14:54:22 »
“Belogen? Das kann nicht sein...“ schießt es der jungen Schwester durch den Kopf. Sie gibt vor Schreck einen Laut von sich und hält beschämt die Hand vor die Atemmaske. Eine sinnlose Geste der Gewöhnung, während weitere Gedanken durch ihren Kopf schießen.
“Irgendetwas muss schief gegangen sein. Sie würde doch nicht lügen. Aber Oni wirkt ernst. Was ist nur los. Warte...hat er mich gerade Kind genannt?“
Kayleens Blick wird etwas ernster und richtet ihn entschlossen auf Oni. Sie ballt die Fäuste in einer komisch wirkenden Geste des Aufbegehrens.
„Ich bin kein Kind!“
Will sie fast schon schreien, ehe sie sich einen Moment abwendet und die Arme verschränkt.
“So...ich bin schließlich alt genug, um eine Schwester des Adeptus Sororitas zu sein. Nur weil die anderen älter aussehen, heißt dass nicht dass ich ein Kind bin.“
Sie atmet seufzend aus und schaut zu allen.
„Vielleicht sollten wir erst einmal irgendwo zur Ruhe kommen und Herr Dämmerschwinge, kann uns mehr über den Ort erzählen.“
Schlägt Kayleen vor und lächelt alle Anwesenden an.
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