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Autor Thema: [IC] Fiasko auf Eis  (Gelesen 12912 mal)

Beschreibung: Der Akt sich in Szene zu setzen

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Sam Witaker

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[IC] Fiasko auf Eis
« Antwort #105 am: 08.11.2015, 10:53:17 »
Sam schlägt nur noch heftiger gegen die Tür und ruft laut.
“Verdammt ich kenne meine Rechte! Lass mich verdammt noch mal hier Raus! Ich will einen ordentlichen Prozess!“
Versucht Sam irgendetwas zu retten, aber die beiden reagieren einfach nicht. Er wendet sich von der Tür ab und sackt einen Moment an Ort und Stelle zusammen, vergräbt seinen Kopf in den Armen und murmelt leise.
„Scheiße, dass können die doch nicht machen. Die anderen sind doch Schuld, nicht ich.“
Sein Blick schweift über das Fenster, hinaus in die weiße Landschaft der Antarktis. Sam schüttelt den Kopf.
„Nein, nein...nein...nein...“
Dann fällt ihm aber etwas anderes ein. Er erhebt sich schwerfällig und murmelt.
„Wollen doch mal sehen, wie ihnen das gefällt.“
Wahllos beginnt der Hafenarbeiter Schränke aufzureißen und Papiere im Raum zu verteilen, macht große Haufen und als alles ein einziges Chaos ist, zieht er ein Feuerzeug aus der Hose. Mit einem Grinsen schnappt es auf und er entzündet die Flamme. Einen Moment wie verzaubert starrt Sam darauf, ehe er es lachend in den Papierhaufen wirft und sich anfangen die Flammen auszubreiten, der Raum sich beginnt mit Rauch zu füllen und durch die Tür nach draußen zieht. Sam lacht immer noch schallend.
“You want science and studies? Fuck you. I’ve got scars and blood and vomit.”

Marco Manzoni

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[IC] Fiasko auf Eis
« Antwort #106 am: 08.11.2015, 11:15:43 »
Die beiden Männer in Stefan Kuhns Büro versuchen anfangs noch Sam und sein merkwürdiges Verhalten zu ignorieren. Als dann allerdings der Rauchmelder los geht und der Geruch unter der Tür drunter durch zieht hört Sam: "Verdammt, was hat der Idiot jetzt angestellt?" Augenblicke später öffnet sich die Tür zu dem nebenraum und Sam sieht sich dem Direktor des Station gegenüber, der die Tür geöffnet hat, während Stefan Kuhn sich auf der gegenüberliegenden Seite an dem Feuerlöscher zu schaffen macht.

Sam Witaker

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[IC] Fiasko auf Eis
« Antwort #107 am: 10.11.2015, 16:30:01 »
Sam lacht und hustet abwechseln, als der Rauch im Raum immer mehr wird, und sein Plan letztendlich aufgeht. Die Tür öffnet sich und der Weg in die Freiheit, nein der Weg zur Gerechtigkeit stand offen. Er darf jetzt keine Sekunde mehr zögern und nahm sofort Anlauf. Ohne Rücksicht auf den Direktor stürmt der massige Hafenarbeit voraus und rammt den wenig trainierten Mann einfach aus dem Weg. Ehe dieser sich erholen kann, greift sich Sam eine auf dem Tisch stehende Tasse und zieht sie mit voller Wucht Stefan über den Schädel. Einen Moment benommen, kann er nicht rechtzeitig reagieren, als Sam kräftig nachtritt, damit der Mann am Boden bleibt. Seine Rache würde kommen, aber dafür braucht er das richtige Werkzeug. Schnell zieht er die Pistole aus Stefans Holster und entsichert diese.
„Zeit zu tun was getan werden muss.“
Kommentiert Sam nur trocken und verlässt den Raum, bereit das Urteil zu vollstrecken, während er immer noch lacht.
“You want science and studies? Fuck you. I’ve got scars and blood and vomit.”

Marco Manzoni

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[IC] Fiasko auf Eis
« Antwort #108 am: 10.11.2015, 18:50:40 »
Abschluss-Montage Marco Manzoni

Marco steht in seinem Labor in der McMurdo Station. Nur wenige Tage sind vergange seit die ganze Sache angefangen hat. Während er seine Unterlagen zusammen packt, hält er sich immer wieder seine Schulter. Nachdem alles vorbei war, hat er schließlich doch den Stationsarzt aufgesucht und sich verarzten lassen und jetzt konnte er seinen Arm zwar nicht so gut benutzen dank des Verbands, aber der Arzt hat ihm versichert, dass alles verheilen würde und er keinerlei Verlust bei der Nutzbarkeit haben würde. Trotzdem packt er jetzt seine Unterlagen zusammen. Schließlich ist sein "Onkel" schwer krank und er muss unbedingt nach Hause. Aber immerhin hat er jetzt Zeit seine Forschungsergebnisse ordentlich zusammen zu packen. Da Sam keinen Anspruch mehr auf die Arbeit erheben konnte, packt Marco jetzt alles zusammen, was sie bisher erarbeitet hatten. Niemand behelligt ihn, schließlich war er völlig unschuldig an all den Ereignissen. Nach Meinung der Stationsmitarbeiter war er einfach nur zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen.



Marco sitzt im Aufenthaltsraum des Forschungsschiffes, das ihn zurück nach Italien bringen würde. Er hat seinen Laptop geöffnet und studiert intensiv die Messungsergebnisse. Er ist schon seit Tagen dabei alles auszuwerten und es sieht ganz gut aus, aber bisher hat er nichts besonderes festgestellt, aber das sollte sich jetzt ändern. Im ersten Augenblick kann Marco nicht glauben, was er dort vor sich sieht, denn es ist völlig unmöglich. Aber die Messungen sind eindeutig. Schnell prüft Marco die Ersatzdatensätze und sie alle liefern das gleiche Ergebnis. Diese Erkenntnis würde die Vorstellungen bezüglich des Ökosystems Antarktis grundlegend verändern. Und Marco würde der Wissenschaftler sein, der es entdeckt hat. Und das Beste daran ist, dass er nicht einmal zurück zur Station musste, um weitere Meesungen anzustellen. Einige Anrufe würden genügen, nur um sicher zu gehen und dann könnte er sich schon an die Veröffentlichungen der Ergebnisse machen. Plötzlich neu motiviert, macht er sich zunächst einen Capuccino und geht dann an die Arbeit, es galt die wissenschaftliche Welt zu verändern.



Marco lehnt am Geländer seines Balkons und blickt über die Dächer Roms. In der Hand hält er ein Glas Frascati-Wein und auf dem Tisch neben ihm steht neben einer halbvollen Karaffe sein zweites Buch. Es ist jetzt schon eine ganze Weile her, dass er es veröffnetlich hat, aber es hat genau den Effekt gehabt, den er sich erhofft hatte. Er verbringt die vorlesugnsfreie Zeit immer hier in Rom, das Wetter gefällt ihm sehr viel besser als im verregneten England. Doch dieses Mal ist es ein Urlaub zu einer eher ungewöhnlichen Zeit, doch wenn Marco sich nicht ganz täuscht, dann könnte es etwas zu feiern geben. Seine ganze Familie hat er dafür hier versammelt, nachdem er unter der Hand einen recht eindeutigen Tipp bekommen hat, die Akademie schien sich in ihrer Entscheidung einig zu sein und er hat das Rennen gemacht.
Seine Kollegen von der McMurdo-Station hat er lange vergessen. Mit Ausnahme von Charles Miller, dessen Name als erster in der Widmung seines Buches auftaucht - welch ein Ironie. Doch während Marco sich für einen Augenblick an den Beginn seines Weges in der Antarktis zurück erinnert, klingelt das Telefon und reißt ihn aus seinen Gedanken. Das dürfte Stockholm sein...

Sam Witaker

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[IC] Fiasko auf Eis
« Antwort #109 am: 12.11.2015, 21:25:27 »
Abschluss-Montage Sam Witaker

Sam zielt mit erhobener Waffe direkt auf Marco Manzoni. Er hat den Betrüger, den Mörder, diesen verdammten Itaker endlich gefunden, bevor er einfach so verschwinden kann. Mit einem seligen Lächeln fuchtelt er mit der Waffe vor ihm herum. Er will ihn leiden und kriechen sehen, ehe er Marco seiner gerechten Strafe zuführt. Die Gerechtigkeit wird siegen oder zumindest glaubt Sam das für einen Moment, als es ein lautes Knallen gibt, und sein Bein vor Schmerzen förmlich explodiert. Die Waffe kracht zusammen mit dem Hafenarbeiter zu Boden und er hört nur noch, wie Stefan sich versichert, dass Marco nichts passiert ist, welcher jedoch voller Schmerzen die Schusswunde zeigt und beteuert von Sam angeschossen wurden zu sein. Die letzte Lüge sticht Sam ins Herz, denn er hatte noch keine Chance gehabt erneut zu schießen. Sein Versuch eines Protestes wird jedoch je unterbrochen, als er ein Knie in das Rückgrat bekommt.



Sam findet sich zusammen gesunken im Gerichtssaal wieder. Er hat den Blick starr nach unten gerichtet, während er auf seinem Stuhl ein Häufchen Elend ist, die Augen zusammen gesunken, leicht abgemagert und völlig zerzaust. Sein ihm zu gewiesener Anwalt hat ihm eingebläut was für ein Idiot er ist und dass er am besten die Klappe halten soll. Er hat so ziemlich alles versaut was man versauen kann und es gibt keine Chance mehr für ihn irgendwie Straffrei aus der Sache herauszukommen. Nur einmal blickt er auf und lächelt, als Dr. Kirsten Roberts in den Saal geführt wird, und zumindest ihre schmutzige Affäre, die Leistungen, die sie Marco großzügig gegönnt hat, und mehr an das Tageslicht kommen und das Leben der Frau hoffentlich ruinieren.



Sam zuckt zusammen, als der Hammer fiel und das Urteil verkündet wurde. Zwanzig Jahre Gefängnis erwarten den Hafenarbeiter für Brandstiftung, Schmuggel seltener Arten und schwere Körperverletzung. Trotz der Beteuerung, dass Sam zu dem Zeitpunkt von Trauer, Stress und mehr unzurechnungsfähig gewesen ist, bestätigte der Psychologe das Gegenteil und so trifft Sam die volle Strafe. Nur der Mord an Charles wurde ihm nicht zu gesprochen und das Gericht lässt in dem Tatbestand immer noch ermitteln, ein schwarzer Fleck für die Forschungsstation und deren Führung. Unsanft wird er aus dem Gerichtssaal geführt und mit einem Klacken schließen sich die Handschellen um seine Handgelenke. Der Rest seines Lebens ist besiegelt.



Sam findet sich in einer Zelle wieder, die Zeit seiner Strafe hat gerade erst begonnen und es ist unwahrscheinlich, dass der Hafenarbeiter noch einmal ein normales Leben führen wird. Der Wärter verschließt krachend die Zellentür und verschließt nicht nur diese, sondern auch die Zukunft von Sam. Mit hängenden Schultern lässt er sich auf der Pritsche nieder und schüttelt den Kopf. Der einzige Gedanke, der noch durchdringt, ist der Erkenntnis, dass er es wenigstens aus der weißen Hölle geschafft hat, ganz im Gegensatz zu seinem Freund Charles. Sein Mörder läuft wahrscheinlich immer noch auf freiem Fuße umher und es gibt nichts was er tun kann.



Obwohl es ein verregneter Tag ist, geht es Sam überraschend gut. Der ehemalige Hafenarbeiter und jetzt Sträfling ist frisch rasiert und in einem schwarzen Leihanzug gekleidet. Ein Polizist direkt neben ihm hält einen Schirm und Sam hat die Hände vor sich verschränkt. Er hat seinen Frieden mit der Situation gefunden und obwohl jeder nur den Kopf schüttelt über die Dummheiten, welche er begangen hat, konnte er jetzt nichts mehr daran ändern. Sein Leben ist zerstört, Charles ist tot und er kann nichts anderes tun, als seine Strafe abzusitzen und sich damit zu arrangieren. Doch am heutgen Tag ist er aus einem anderen Grund hier. Für die Beerdigung seines Freundes Charles hat ihm das Gefängnis erlaubt die Zellen unter Aufsicht zu verlassen. Er lauscht den Worten des Predigers und ist in Gedanken versunken. Der Regen trommelt unaufhörlich auf die Schirme der vielen Gäste und erst als der Sarg beigesetzt wird, nimmt Sam mehr von der Umgebung und den anderen Leuten wahr. Mitten unter Ihnen entdeckt er ausgerechnet Marco Manzoni. Sein Körper spannt sich an und sein Blick verengt sich...
“You want science and studies? Fuck you. I’ve got scars and blood and vomit.”

Dr. Kirsten Roberts

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[IC] Fiasko auf Eis
« Antwort #110 am: 15.11.2015, 08:49:45 »
Abschluss-Montage Dr. Kirsten Roberts

Mit einem leisen Klicken beendete Dr. jur. Roberts das Ferngespräch. Es war sehr aufschlussreich gewesen. Eigentlich hatte er sich nur nach Ormond Sacker erkundigen wollen, dem Detektiv, den er seiner Frau hinterhergeschickt hatte, und der sich zu lange nicht mehr gemeldet hatte. Es gab keine einzige Spur mehr von ihm, zuletzt war er auf der Station im Eis gesehen worden. Einzig die verwirrte Aussage eines Hafenarbeiters über eine zerschmetterte Leiche, die unidentifizierbar im Eiswasser versunken sein soll, ist geblieben. Als erfahrener Star-Staatsanwalt wusste er, dass daraus kein Fall zu machen war. Kirsten war zu schlau, um Spuren zu hinterlassen oder über sowas verurteilt zu werden und ihm eine Scheidung leicht zu machen. Und der Skandal erst... Immerhin ersparte er sich das Wahnsinnshonorar, berichtet hatte er nämlich nichts.
"Kommt deine Frau etwa zurück?", ertönt eine angenehm junge, aber in ihrer Panik etwas schrille Stimme vom Gastsofa. "Keine Sorge, Schnuckelhäschen, ich habe alles im Griff. Kümmer dich weiter um deine Nägel." Sie war ja hübsch, aber nicht helle - zum Glück, dachte er. Den Protestlaut ignorierte er.
Er hatte die nervösen Männer am anderen Ende der Leitung gut vorbereitet, den miserablen Direktor und Vorgesetzten seiner Frau sowie den hirntot einfach gestrickten Sicherheitschef. Sie hatten ihm einiges Interessantes mitgeteilt: Sie hatten ein Problem mit noch einer Leiche, einem Schmuggelskandal und mit einem Zusammenbruch seiner Frau. Zu letzterem hatten sie ihm nur Diffuses erzählt. So etwas hatte er aber noch nie gehört. Die Eiskönigin auf dem Weg zum Psychater? Bei den anderen Dingen hatte er ihnen alle Sorgen genommen, er würde sich schon um ein vorteilhaftes Urteil kümmern - diese Naivlinge, grinste er innerlich. Dafür würden sie bestimmte Berichte an den Psychater senden. Sie waren sogar so nett gewesen, ihm die Kontaktdaten zu geben. Mit einem Lächeln auf den Lippen wählte er die Nummer.



Der Mann lag bewusstlos vor seinem Schreibtisch auf dem Boden seines Büros. Nur zwei Schmauchspuren an seinem Pulli an seiner Körperflanke zeugten vom geschehenen. Der Elektroschocker lag wieder friedlich auf dem Tisch, während Kirsten ihre frischeroberte Akte durchblätterte. Sie hatte schon mehr als einmal in den psychatrischen Sitzungen nach Einsicht verlangt und diese trotz ihres Rechts darauf nicht bekommen. Nun hatte sie sich den Zugang verschafft und begann zu verstehen, warum sie kienen bekommen sollte. Was da stand, war ungeheuerlich. Ihre ehemaligen Kollegen von McMurdo erzählten von Empathielosigkeit, sadistischen Zügen, eingebildeten Vergewaltigungen und ihren Erzählungen von Männern draußen im Schnee, wo keine gewesen wären. Eine Übertreibung jagte die nächste Lüge, das Bild, dass sich dabei formte, erschloss sich ihr sehr schnell. Doch ihre Familie war nicht besser. Ihr eigener Mann unterstellte ihr Hysterie, häusliche Gewaltanwendung und Wahnvorstellungen. Nebenbei las sie auch etwas über ihre Kinder: Ihr Sohn war wegen Selbstmordversuch in Behandlung, ihre Tochter musste zwangsernährt werden, da sie stark magersüchtig war. Am Ende stand die Analyse: Wahnhafte Psychose, DD schwerwiegende Persönlichkeitsstörung vom antisozialen Spektrum, erhebliches Eigen- und Fremdgefährdungspotenzial, fehlende Entscheidungsfähigkeit, fehlende Krankheitseinsicht, Schuldfähigkeit nicht gegeben, empfohlen wird eine Unterbringung in einer forensisch-psychatrischen stationären Einrichtung bis auf weiteres. Kirsten stand da wie betäubt. In all den Sitzungen hatte es nicht einen Hinweis auf diese Analysen gegeben. Ihr war klar, worauf das hier hinauslaufen würde. Draußen polterten schwere Schritte und die Polizei verlangte lautstark Einlass.



'Roberts versus Manzoni' stand der Titel breit und deutlich auf der Akte. Stolz präsentierte die frischexaminierte Staatsanwältin sie ihrem Chef: "Schauen Sie mal, was ich hier gefunden habe! Ein Wunder, dass sich noch niemand darum gekümmert hat, das ist ja quasi ein Selbstläufer. Ein bekannter Schwerenöter, Beweisphotos, eine glaubhafte Geschichte, die geschädigte Familie ist einflussreich und wird öffentlich keine Freiwilligkeit bei außerehelicher Aktivität einräumen wollen. Die Verteidigung wird einen Höllenjob vor sich haben. Das wäre doch ein guter Einstand, oder?" Ihr Chef schaut sie überrascht an, dann die Akte, woraufhin ihm die Augen endgültig übergehen: "Sind Sie von allen guten Geistern verlassen, da können Sie sich gleich einsargen lassen! Der Ex-Ehemann der Geschädigten ist DER Dr. jur. Roberts, den wollen Sie nicht als Feind! Der Angeklagte ist der berühmte Dr. Manzoni, dessen Arbeiten über Klima und Ökologie internationale Beachtung gefunden haben. Und die Geschädigte selbst ist für unzurechnungsfähig erklärt worden, entmündigt und eingewiesen worden! Was glauben Sie denn da gewinnen zu können? Sie machen sich nur zum Gespött. Wo haben Sie das überhaupt gefunden? Geben Sie her!" Geschockt und kleinlaut verließ die junge Dame das Büro und hörte, bevor sie die Tür schloß, das Rattern des Aktenvernichters.



Die Patientin war nun 20 Jahre bei ihnen gewesen, und Vater Staat hatte in seiner unendlichen Weisheit (entdecktes Einsparpotential) beschlossen, dass solche Langzeitpatienten, die längst rentenfäig wären, nun gesund wären und entlassen werden könnten. Das Abschlussgespräch würde ihm noch eine Weile nachhängen. Während er ihr zu verdeutlichen versuchte, dass sie genesen wäre, hielt sie dagegen. Ihre Alpträume vom ewigen Eis, ihr außerhalb der Station stehend und durch wandelnde Eisleichen den Rüchweg versperrt bekommend, waren nicht verschwunden, sondern hielten sie jede Nacht wach. Ihre Familie hatte sie nicht einmal besucht, sie wusste nicht einmal mehr, wer dazugehörte (hatte ihr Mann nicht neu geheiratet, hatten ihre Kinder Ehen und Kinder?) und wer noch lebte (ihre Kinder waren sehr krank gewesen). Sie hätte auch keine Zukunft, da ihr Vormund gemeinsam mit ihrem Mann ihr für die Rente angelegtes Geld genutzt hatten, da sie kein Mitspracherecht mehr hatte. Sie würde um Anerkennung sozialer Bedürftigkeit kämpfen müssen.
Genutzt hatte es nichts, er hatte sie entlassen müssen. Er sah sie durchs Fenster draußen stehen, mitten im Schneegestöber. Eine dunkle, hagere und hochaufgerichtete Person. Fast so unwirklich wie eine Geistergestalt.

Kirsten spürte die Kälte nicht, als sie ihre Brieftasche hervor holte und aufklappte. Dort war eigentlich nichts drin, nur eine verblichene Photographie: Eines von denen, die Whitaker von ihr und Marco geschossen hatte. Ihr Gesicht zeigte einen unergründlichen Ausdruck, der Entschlossenheit wich, als sie es wieder wegsteckte und ins Schneegestöber hineinstapft.
« Letzte Änderung: 15.11.2015, 09:10:01 von Dr. Kirsten Roberts »
Vizedirektorin McMurdo-Station

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