Lieber Menthir,
eine interessante Frage, die du hier aufwirfst und sicherlich auch etwas, woran viele Spielleiter zu knabbern haben. Ich möchte Mal versuchen, meine Gedanken zu diesem Thema so gut es geht darzustellen.
Selbstanspruch:Ich denke, einige hier im Gate sehen sich in gewisser Weise als Hobbyschriftsteller. Ich ganz sicher. Da ist es unvermeidlich, dass man einen gewissen literarischen Anspruch an seine Beiträge hat. Das bezieht sich sowohl auf die sprachliche Ebene, als auch auf den Plot- und Spannungsbogenaufbau.
Dieser Anspruch ist für mich auch nicht verhandelbar - weder auf mich selbst bezogen, noch auf die Mitspieler oder - noch wichtiger - den SL. Ich erwarte sicherlich nicht von jedem, dass er professionelles Schriftstellernieveau erreicht in seinen Beiträgen, aber wer grobe Fehler beim Satzbau macht und die Worte nur lieblos hinklatscht, verhagelt mir schnell die Lust am Lesen. Während ich das bei Mitspielern noch in Einzelfällen hinnehmen kann (das kommt im Gate übrigens sehr selten vor), ist es bei einem Spielleiter ein absolutes KO-Kriterium für mich. Das hatte ich Mal in einem anderen Forum, wo z.B. die Ankunft eines Gottes auf Erden, seine Transformation vom Tier zum Menschen und seine göttliche Botschaft an die SC in einem Absatz mit 5 Zeilen abgehandelt wurden, in einer Beiläufigkeit, als wäre gerade eine Katze über den Trampelpfad gelaufen. Damit bin ich aus der Runde dann ausgestiegen.
Ich denke allerdings, dass das Hauptproblem nicht in der Qualität der Beiträge verborgen ist, sondern in der von dir angesprochenen Länge. Lange Beiträge sind in der Tat oft ein Hemmnis. Übermäßig kurze Beiträge lassen nicht genug Raum zu Entfaltung. Was ist also die optimale Länge? In meinen Augen ist das sehr schwer zu sagen. Ich bin selbst jemand, der
als SL eher lange - vielleicht sogar sehr lange - Beiträge verfasst. Das hat vor allem zwei Gründe:
1) Ich versuche die Welt stimmungsvoll zu beschreiben und das heißt für mich, dass man viele Details einbauen muss - oft auch solche, die spielmechanisch oder für den Plot nicht entscheidend sind. Damit zieht man die Spieler tiefer in die Welt hinein. Das braucht nun einmal Platz und Raum.
2) Meine Beträge handeln meistens einen größeren Zeitraum bzw. mehr Handlungen ab, als die einiger meiner SL-Kollegen. Hintergrund ist, dass ich das ohnehin schon recht langsame Forenspiel nicht allzu sehr in Mikroereignisse zerhacken will. Daher operiere ich eher mit etwas ausgedehnteren Szenen, gestehe den Spielern aber auch zu, retrospektiv auf bestimmte Ereignisse in der vorherigen Szene zu reagieren. Auch das verlängert die Beiträge.
Bis jetzt bin ich mit diesem Konzept ganz gut gefahren. Ich glaube aber, dass es entscheidend ist, dass man in seinen Beiträgen den Spielern genug Cliffhanger bzw. Anknüpfmöglichkeiten für Reaktionen liefert. Fragen der NSCs die an den SC gerichtet sind, eine Situation, die eine Reaktion provoziert (Hilfsbedürftiger vor Augen, Feind in der Ferne, Winken mit Zaunpfahl etc.

). Sind die Spieler mit einer Szene konfrontiert, die gewissermaßen auch ohne sie ablaufen kann, also keine Reaktion provoziert oder fordert, haben meiner Erfahrung nach viele Probleme damit, zu reagieren oder zu interagieren. Man muss die Spieler also schon gewissermaßen ein wenig an der Hand nehmen. Auch ist es wichtig, dass der Beitrag nicht
unnötig lang ist. Das heißt - der Text sollte zusätzliche Informationen liefern und sich nicht zu sehr auf einzelne Details versteifen.
Auf bestimmte Wortmengen oder Textmengen kann ich mich aber nicht festlegen - das variiert von Szene zu Szene, wobei ich allerdings wohl nur in den seltensten Fällen unter 500 Worten bleibe und oft genug im vierstelligen Bereich bin.
Bei
Charakteren ist die Sache wieder etwas anders. Hier sind meine Beiträge meist deutlich kürzer, als als SL. Wichtig ist hierbei, glaube ich, dass man sich nicht zu sehr auf das Innenleen des eigenen Charakters in den beiträgen konzentriert. Das ist unterhaltsam für die Mitspieler, wenn es einmal alle 4-5 Beiträge passiert, wenn aber ein Spieler z.B. in jedem Beitrag die Gedankengänge des eigenen SCs
langatmig beschreibt, dann ist die Gefahr groß, dass Mitspieler sich langweilen. Logischerweise hängen sie nicht so sehr an diesem SC, wie man selbst, und so ist sein Innenleben für sie meist weniger interessant, als für einen selbst. Wenn also die Gedankengänge nicht extrem spannend geschrieben sind, wird deren übermäßiger/langer Einsatz oft zum Stolperstein für die Mitspieler - vor allem weil er auch keine bzw. nur sehr indirekt Möglichkeiten zur Interaktion bietet.
Längere Gespräche oder Beschreibungen von (nicht komplett nebensächlichen) Handlungen dagegen sind meist für alle unterhaltsam und kein Problem für die Mitspieler, so weit ich das überblicken kann.
Natürlich steht das einem psychologischen Entwickeln oder einer freudschen Analyse des SCs InGame etwas im Weg, aber dafür gibt es ja den Hintergrund, um vieles festzulegen, und dort kann man sich ja austoben. Und im Spiel - wie gesagt - kann man auch schon Mal mit ausschweifenden Gedankengängen operieren, aber eben nicht übertrieben oft.
So, hoffe, meine Gedankengänge hier helfen dir ein wenig weiter bei deiner Einschätzung.