Nachdem der erste Schrecken abgefallen war, begannen die Gefangenen rasselnd die Spinnenstatue zu reinigen. Die dunkelhäutige Aufseherin mit den zwei Schwertern scheuchte sie unnachgiebig von Spinnenbein zu Spinnenbein, bis nur noch der fette Unterbauch des Monsters in Reichweite war. Als Heynryck kurz verschnaufte, um sich für die mühselige Arbeit über Kopf bereit zu machen, schweifte sein Blick durch den Raum. Im hinteren Teil befand sich ein halbkreisförmiger Berg aus Samt- und Seidenkissen die von Silberfäden geziert wurden. Dann entdeckte der Halbelf mit Entsetzen ein, zwei, drei, vier schwarze, kreisrunde Augen in denen sich das abyssale Licht der roten Flammen spiegelte. Es waren zweifellos Spinnenaugen. Echte Spinnenaugen. Und ihre Größe ließen auf eine echte Riesenspinne unter den Kissen schließen.
"Annehmbar.", quittierte die Drow die Leistung der Gefangenen.
"Wenn ihr mit dem Bauch fertig seid, benetzen zwei von euch ihre Tücher mit Öl. Dann heisst es auftragen und polieren! Auftragen und polieren. VERSTANDEN?"Buppido, Shuushar und Sarith taten wie ihnen geheißen. Drowsoldaten gossen Öl auf die Tücher des Derro und des Kuo-Toa und begannen von Neuem mit den acht Beinen der Statue.
Plötzlich konnten die Gefangenen ein Kichern am Eingangsportal vernehmen. Eine sichtlich amüsierte Drow in Seidenroben stand auf den schwarzen Matten des Altarraums.
Die Aufseherin steckte ihre Schwerter weg und verneigte sich.
"Priesterin.", begrüßte sie die Drow. Dann wandte sie sich wieder an die Gefangenen:
"Schneller, schneller, schneller! Fester! Die ehrenwerte Priesterin Asha Vandree soll sich in der Spinne SPIEGELN können!"Die Priesterin kicherte.
"Kümmert euch um den oberen Teil, Izzia.", befahl sie mit sanfter Stimme und schlenderte um die Statue zu den Kissen. Während die Soldatin nach oben schwebte, ließ sich Asha Vandree seufzend in die Kissen fallen.
Izzia begann ebenfalls die hölzerne Riesenspinne zu polieren. Sie murmelte dabei fremde, kehlige Worte in einer abscheulichen Sprache. Es war weder die Handelssprache des Unterreichs, Drow oder Elfisch. Angst erfüllte die Gefangenen, die diese Sprache nicht kannten und auch nicht verstanden. Nur Heynryck war der Sprache der Dämonen mächtig. Er verstand die finsteren Gebete an die Spinnenkönigin.
"Ihr sprecht die Zunge der Dämonennetzgruben?", fragte Asha freudig überrascht. Nun spürte auch der Halbelf, wie ihm die kalte Angst die Kehle zuschnürte. Kurz darauf erkannte er, dass die Priestern die andere Drow angesprochen hatte und nicht ihn.
Zwischen den beiden Frauen entwickelte sich ein vertrauliches Gespräch. Es drehte sich um die männlichen Drow des Außenpostens und ihre Qualitäten als Liebhaber. Es ging aber auch um die Nützlichkeit von Jorlan Duskryn für Asha Vandree, das konnte Heynryck ganz deutlich heraushören. Sie nutzte den entstellten Edelmann und ehemaligen Liebhaber von Herrin Ilvara ganz offensichtlich dazu mehr Informationen über ihre Vorgesetzte zu erlangen.