Doch glücklicherweise waren die übrigen Helden noch bei klarem Verstand und konnten Gannayev davon abhalten etwas sehr Dummes zu tun. Sie nahmen ihn mit in das Zelt, in dem sie ihre Schlafstätten eingerichtet hatten und begaben sich zur Ruhe.
Am nächsten morgen wurden sie von lauten Hörnern geweckt. Schnell krochen überall im Lager die Leute aus ihren Zelten - Gannayev mit einem schmerzhaften Stechen hinter seinen Schläfen. Das Lager sah bei Tageslicht kaum anders aus, als am Tag zuvor. Die Leute im Lager hingegen schon. Statt der dunklen Kleidung, die die Plünderer auch in Grünnest getragen hatten, konnten die Helden mehr und mehr violett zwischen dem grauen Stoff und braunen Leder entdecken. Es fiel jetzt sehr viel leichter die Kultisten von den einfachen Söldnern zu unterscheiden, als noch am Abend zuvor. Wirklich die Aufmerksamkeit erregte allerdings ein Spektakel, das auf der Freifläche vor dem Zelt der Anführer stattfand. Die Beute war inzwischen vollständig verschwunden und stattdessen hatte man dort ein Kreuz aufgestellt, das an den oberen Ende in zwei Drachenköpfen endete.
An diesem Kreuz gefesselt war eine erbärmliche Gestalt. Die spitzen Ohren verrieten seine elfische Herkunft, doch der vollbart machte deutlich, dass er auch das Blut von Menschen in sich tragen musste. Seine Augen waren geschlossen, sein Kopf leicht geneigt und er wirkte äußerst erschöpft. Ein Kreis hatte sich um das Marterinstrument gebildet und zahlreiche Plünderer versuchten zu sehen, was vor sich ging. Ein in eine schwarze Rüstung gehüllter Mann stand direkt neben dem Halbelfen und vor ihm knieten insgesamt vierzehn Männer und Frauen, die meisten Menschen, aber auch eine Zwergin, ein Halbling und zwei Halbelfen. Ihre Hände lagen auf einem purpurnen Tuch und ihre Augen waren starr auf den Mann in der schwarzen Rüstung gerichtet. Dieser ergriff das Wort, so laut, dass alle ihn verstehen konnten:
"Die große Mutter - gepriesen sei ihr Name - hat diese auserwählt in ihren Dienst zu treten. Sie lenkt uns und ihr Wille ist es, den wir hier vollbringen. In ihrem Namen sähen wir Chaos auf dieser Erde, auf dass ihre Kinder von neuem über sie herrschen mögen. Seid ihr bereit ihr zu dienen, ihr zu folgen und ihr jede Faser eurer Existenz zu widmen?" Einstimmig erscholl die Antwort der vierzehn Initianden:
"Wir sind bereit! Du bist unsere Herrin! Tiamat, gepriesen sei dein Name!"Es ging eine ganze Weile weiter mit diesem Wechsel, in dem die vierzehn immer wieder ihre Treue zur Sache der Drachengöttin verkündeten. Schließlich wurde es wieder spannend, als die Vierzehn sich erhoben, ihre purpurnen Roben anlegten und der Gerüstete ihnen einen reich verzierten Dolch hinhielt:
"Tiamat - gepriesen sei ihr Name - ist bereit euch aufzunehmen, besiegelt den Bund, in dem ihr das Blut ihrer Feinde vergießt." Nach und nach traten die jetzt in Purpur gehüllten Kultisten an das Kreuz heran und fügten dem Halbelfen mit Dolch tiefe Schnitte an Armen, Beinen und Oberkörper zu. Bei jedem Schnitt stöhnte er lautstark auf. Im Anschluss daran sah der Gepanzerte, jetzt umringt von den neu Initiierten in die Runde:
"Das ist der Preis, den all jene zahlen müssen, die sich dem Willen Tiamats widersetzen. Ihre Wunden werden tief sein und werden brennen wie Säure." Auf einen Wink seiner Hand wurden Schwämme herbeigebracht, die in eine Flüssigkeit getränkt waren. Zwei Kultisten wuschen damit den Körper des Halbelfen, doch seine unterdrückten Schreie jedes Mal, wenn die Schwämme sein verletztes Fleisch berührten, zeugte davon, dass die Flüssigkeit kein einfaches Wasser war.