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Die Feuer der Schöpfung I

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Iron God:



9. Rova 4713 AR, Ratssaal in Fackel:


"Mitbürger, Verwandte und Freunde. Wir haben diese Versammlung heute einberufen, um mit euch unsere Erkenntnisse der letzten Ereignisse zu teilen."

Die alte Zwergin mit schütterem grauen Haar steht auf einem steinernen Podest hinter einem aus eisernem Schutt geschmiedeten Rednerpult und spricht mit kraftvoller Stimme zu dem fast gänzlich gefüllten Ratssaal. "Die vor zwei Tagen entsandte nunmehr fünfte Expedition unter der erneuten Führung von Ratsherr Khonnir Baine ist leider nicht zurückgekehrt. Wir erwarteten ihre Rückkehr vor mehreren Stunden..."

Ein Raunen durchdringt die Menge. Erschrockene Blicke werden getauscht und ein ängstliches Flüstern der Masse beginnt. Reya und Kieyanna sehen sich erschrocken an und blicken zeitgleich zu Val, deren weit aufgerissene Augen sich mit Tränen füllen. Dolga Freddert hebt beschwichtigend die Hände und schlägt schließlich mit einem fein gearbeiteten Kriegshammer gegen ihr massives Pult, ehe sie fortfährt.

"Wir wissen nicht was mit ihnen geschehen ist, doch die Chance besteht, dass ihre Möglichkeit die tiefen Gewässer des Tränentümpels zu überwinden, verstrichen ist, bevor sie eine Möglichkeit hatten, zurückzukehren. Ich weiß dies klingt wenig beruhigend, doch um herauszufinden, was mit unserem anerkannten Freund und Helfer geschehen ist, ersuche ich alle Freiwilligen für eine Rettungsmission..."

Ein Mann erhebt sich aus der Masse und brüllt nach vorne. "Um noch mehr von uns an diese Höhlen zu opfern? Wollt ihr, dass die halbe Stadt verschwindet?" Mehr Leute erheben sich und stimmen ihrem Vorredner zu. Jon drückt einen der Aufschreienden entschlossen auf seinen Stuhl zurück. Erschrocken blickt dieser ihn an, bleibt jedoch ruhig. Jakob sieht unterdessen zu seinen Eltern. Angst und Schrecken zieren ihre Gesichter und scheinen ihre Befürchtung zu bestätigen, die sie mit ihm und seinem Bruder geteilt haben, als sie vor wenigen Stunden hier angekommen sind.

"Bitte bewahrt Ruhe! Es liegt uns nichts ferner als das Wohl unserer Stadt und ihrer Einwohner, doch solange unsere Lebensgrundlage erloschen ist, ist unsere Zukunft ungewiss. Jeder der gewillt ist herauszufinden, was mit Khonnir Baine und der violetten Flamme geschehen ist, möge sich bei uns im Ratshaus melden."

"Die Technikliga steckt sicher hinter all dem. Einer ihrer Leute hat die Fackel gelöscht, damit wir alle pleitegehen und sie dann hier alles übernehmen können, ohne eine rote Kupfermünze zu bezahlen. Nun haben sie auch noch Khonnir verschleppt, weil er ihnen auf die Schliche kam!" ruft ein jüngerer Landwirt in den Raum und bringt die Menge erneut zum brodeln.

"WIR SCHREIBEN eine hochkarätige Belohnung aus für die, die unserer Stadt die Rettung bringen!" setzt die Zwergin über die harschen Worte aus der Menge hinweg, bevor noch mehr ihrem Unmut freien Lauf lassen. Ohne ein weiteres Wort verlässt sie sichtlich erschüttert ihr Rednerpult und zieht sich mit den anderen beiden Ratsherrn in die hinteren Räume zurück. Es dauert eine Weile bis die Wachhabenden der Stadt den verängstigten und wütenden Saal wieder unter Kontrolle hat, alle Anwesenden sich einigermaßen beruhigt haben und zum Gehen aufgefordert werden.

Iron God:
Eine kleine Gruppe Neuankömmlinge löst sich aus der nach draußen drängenden Masse, angeführt von einem rundlicheren Herren mit Schweinsnase, der sie zielstrebig auf ein älteres Ehepaar zuführt. "Caran, darf ich dir Gendus Vardrud vorstellen. Er ist vor Kurzem mit einer Gruppe von Archäologen hier eingetroffen und scheint sehr interessiert an den Höhlen unter unserer schönen Heimat zu sein." Er rückt sich die schmale Brille zurecht und klopft sich überschwenglich räuspernd auf seinen runden Bauch. "Sie stammen aus Ustalav und haben die weite Reise auf sich genommen, um die mysteriösen Funde dieser Lande zu erforschen. Der Zufall will es, dass sie zu dieser schweren Stunde in unser kleines Nest kamen und uns nun bei der Suche nach Khonnir Baine unterstützen könnten. Vielleicht wärt ihr ..."

"Ihr wisst genau was ich davon halte!" unterbricht der wohlhabend gekleidete Elf schneidend und wendet sich sogleich an den älteren Mann, der mit ausgestreckter Hand eine Begrüßung erwartet. "Herr Vardrud, ich empfehle ihnen und ihren Leuten die Ruinen und Funde dieses Landes zu meiden. Wie sie gerade vielleicht mitbekommen haben, werden nun schon über ein Dutzend Männer und Frauen vermisst, die in diese Höhlen oder was das auch immer dort unten ist hinabgestiegen sind, und selbst der Ratsherr, der sich am besten mit dieser 'Technologie' auskannte, konnte das Rätsel um die violette Flamme nicht lüften. Letztendlich fiel auch er ihr nun zum Opfer. Die Tage dieser Stadt sind gezählt, tun sie sich selbst einen Gefallen und suchen sie woanders nach unentdeckten Schätzen oder sprechen sie mit der Ratsvorsitzenden. Guten Tag."
Mit diesen Worten winkt Caran Liader, ein elfischer Händler des Ortes, ab und greift nach der Hand seiner Frau. Janice steht derweil hinter ihrem Expeditionsleiter, der erstaunt hinüber zu dem sprachlosen dicklichen Mann sieht. Die junge Frau kann sich die abweisende Haltung des Elfen nicht erklären, doch ist ihr der versteinerte Blick aufgefallen, den er der jungen Halb-Elfe einige Stuhlreihen entfernt zugeworfen hat.

Kieyanna sieht bedrückt hinüber zu ihren Eltern, die mittlerweile von ihren Stühlen aufgestanden sind. Ihr Vater hat gerade noch mit einem ihrer früheren Nachbarn und einer Gruppe Männern und Frauen, die sie nicht kennt, gesprochen, während ihre Mutter traurig zu ihr hinüber sieht. Schon über eine Woche ist es her, dass sie mit ihr ein paar Worte gewechselt hat und noch viel länger, dass sie ihre Mutter hatte herzhaft lachen sehen. Heute erkennt sie nur noch ein gequältes Lächeln und eine grüßende Hand. Als ihr Vater ihren Kontakt bemerkt, beendet er sein Gespräch abrupt und bedeutet seiner Frau zu gehen. Die Halb-Elfe kennt dieses Verhalten, mittlerweile kommt sie kaum noch in den kleinen Laden an der Ecke der großen Schmieden. Sie sieht ihren Eltern nach und ihre Gedanken verweilen für einen Moment in den Erinnerungen an ihre Kindheit.

Reya bleibt hinter den Stuhlreihen stehen und blickt zurück zu Kieyanna. Sie beschließt für einen Moment zu warten und beobachtet nahe des Ausgangs mit verschränkten Armen und einem Stiefel an der Wand lehnend die Gesichter, die an ihr vorbeiziehen. Den Großteil kennt sie selbst nach mehreren Wochen noch nicht, doch bemerkt sie ernüchternd die Sorgenfalten, welche sie in den letzten Stunden auch bei sich selbst entdeckt hat. Khonnirs Verschwinden stimmt sie besorgt und nachdenklich. Instinktiv greift sie neben sich nach der Schulter der kleinen Val, die sie nach draußen begleiten wollte, doch fühlt sie nach einem kurzen Moment unter ihren Fingern nur das nackte Holz der Wand. Stutzig blickt die junge Frau um sich und entdeckt gerade noch, wie sich das Mädchen mit gesenktem Kopf durch eine Lücke der Masse am Eingang drückt.

Ambiente

Die eisernen Scharniere ächzen, als die großen Tore des hölzernen Portals des Ratshauses aufgestoßen werden. Ein lauwarmer Wind trägt den Regen in den steinernen Eingangsbereich, auf dem nach und nach immer mehr Stiefelpaare ihre Spuren hinterlassen, während die Einwohner der Stadt Fackel besorgt, wütend und traurig die Bekanntmachung am Abend des 9. Rova verlassen. Es ist dunkel geworden. Die matschigen Wege durch den seit Tagen anhaltenden Regen glitzern in den Lichtern der entzündeten Laternen der Einwohner, die wie eine Schar aus Glühwürmchen von der hell erleuchteten Halle ausschwärmen. Seltsame eiserne Stab-Konstruktionen in grotesken Formen verlaufen nahe der Dachrinnen und verschwinden in knie-hohem Gras an den Füßen der steinernen Häuser. Kisten und Fässer voll mit Schutt und Müll türmen sich in den Gassen der Häuser und ein fauliger Geruch wird hin und wieder über den Platz getragen.

Jon und Jakob treten hinter ihrem Vater, der gerade sanft, aber bestimmend, eine der tratschenden Trauben am Eingang teilt, in die Nacht hinaus. "Habt ihr das von dem alten Dornoll mitbekommen? Er sagt die mechanischen Kreaturen, die Ratsherr Baine unter dem Hügel gefunden hat, sind nicht die einzigen. Andere kriechen rumd ums Dorf aus dem Boden und greifen Leute an! Bald kann man sich Abends nicht mehr vor die Tür trauen." Beide hören beiläufig die Worte des ängstlichen Mannes in der moosgrünen Kutte, als sie ihre Mutter stützend hinter ihrem Vater nach draußen geleiten.

"Geht es, Lalra? Warte, ich helfe dir." Behutsam legt Jordan seinen bulligen Arm um seine Frau und übernimmt die Stütze, die seine Söhne ihrer Mutter gewährt haben.





"Nun behandelt mich mal nicht wie eine Schwerkranke, ich konnte schon immer spüren, wenn sich das Wetter ändert. Es sind nur die Kopfschmerzen. Luhias Verschwinden, das alles..." antwortet sie schwach. "Sie wieder zu finden ist wichtiger als alles andere. Bestimmt ist sie mit diesem Baine gegangen. Sie verschwand zur gleichen Zeit ..." schluchzt sie und vergräbt ihr Gesicht in der Brust ihres Mannes. Jon und Jakob entgeht der schmerzende Blick in den Augen ihres Vaters nicht, als er ihre Mutter tröstend umarmt.

Reya:
Ihr erster Impuls war laut "Hier!" zu rufen, als die Ratsherrin erwähnte, das nach Freiwilligen für eine Rettungsmission gesucht würde. Doch die brodelnde Stimmung im Saal ließ Reya zunächst zögern.

Das scheint mir hier nicht der richtige Ort und die richtige Zeit zu sein, denkt sie sich. Vielleicht später oder morgen früh.

Eins war jedoch klar, sie würde sich freiwillig melden. Daran gab es für sie nicht den Hauch eines Zweifels. Natürlich war die Sache gefährlich und sie hatte auch nicht das umfangreiche Wissen, welches Khonnir Baine besaß, aber dennoch oder auch gerade deswegen, mussten sie ihn finden. Der Magier hatte sie so herzlich aufgenommen und ihr in den vergangenen Wochen so viel geholfen. Jetzt oblag es ihr, diesen Gefallen zurückzuzahlen, und ihn zu suchen und zu retten. Sie verschwendete keinen Gedanken daran, dass er vielleicht gestorben sein könnte. Nein, das konnte nicht sein. Das durfte nicht sein!

Im Moment galten ihre Gedanken aber vor allem Val. Die "kleine Schwester", wie sie sie manchmal nannte, auch wenn sie natürlich nicht im Entferntesten miteinander verwandt waren, war ihr mit ihrer quirligen Art schnell ans Herz gewachsen. Für sie musste gerade eine Welt zusammenbrechen. Und dann war da ja auch noch die "Gießerei". Reya nahm sich fest vor, erstmal auf das Mädchen aufzupassen, auch und vor allem, damit sie in ihrer aufbrausenden Art keinen Unsinn anstellte. Zwar war Vernunft auch nicht gerade ihre größte Stärke, aber sie hatte doch schon einige Jahre mehr auf Golarion verbracht und einen gewissen Erfahrungsschatz angesammelt. Und Reya war sehr wortgewandt, wodurch es ihr in ihrer Zeit hier in Fackel bereits das eine oder andere Mal gelungen war, Val zu beruhigen, wenn sie wieder einmal eine ihrer Phasen durchmachte.

Natürlich entgingen der aufmerksamen Halbelfin auch nicht die Blicke zwischen Kieyanna und ihren Eltern. Da lag offensichtlich auch einiges im Argen. Ihr war bewusst, dass das Verhältnis der Hexe zu ihren Eltern ein wenig kühl war, aber so hatte sie es bisher noch nicht erlebt. Die beiden Halbelfinnen hatten sich über Khonnir Baine und über ihr gemeinsames Interesse an der Magie und den technologischen Wundern Numerias kennengelernt. Wobei Kieyanna sie mit ihrem scharfen Verstand mehr als nur einmal beeindrucken konnte. Sie hatte schon viel länger mit dem Magier zusammengearbeitet und ihr Wissen über Technologie war beachtlich. Wenn es jemanden in Fackel gab, der Khonnir Baine dahingehend das Wasser reichen konnte, dann war das Kieyanna. Wahrscheinlich war das auch der Grund für die ablehnende Haltung ihres Vaters. Er wirkte eher skeptisch und wenig begeistert von diesen Dingen. Warum er dann mit seiner Familie gerade hier in Fackel lebte, war eine andere Frage. Dass Kieyanna sich ebenfalls für die Rettungsmission melden würde, hält Reya für sehr wahrscheinlich, schließlich lag ihr mindestens ebensoviel an dem Magier. Aber wie würde ihr Vater darauf reagieren? Sie will im Moment nicht darüber nachdenken.

In dem Moment, wo Reya sich wieder Val widmen will, bemerkt sie gerade noch, wie das junge Kellidin sich durch die Menge nach draußen windet. "Val! Warte!" ruft sie ihr nach, doch so schnell wie das quirlige Mädchen konnte sie sich dann doch nicht nach draußen begeben.

"Phoebe, ich könnte jetzt wirklich mal Deine Hilfe gebrauchen," sagt sie etwas leiser, als die Tätowierung auf ihrem rechten Schulterblatt sich auch schon ablöst und in einen kleinen Vogel verwandelt.

"Ja, wenn Du mal wieder meine Hilfe brauchst, bin ich Dir gut genug, hmm?" zwitschert Phoebe in ihrer gewohnt hochnäsigen Art. "Na, ich will mal nicht so sein..."

"Zu gütig, Eure Hoheit!"

Eine kurze Erklärung folgt und schon flattert der kleine Vogel davon, für Phoebe ist die Menschenmenge kein ernsthaftes Hindernis, um in gebührendem Abstand ein Auge auf Val zu werfen und ihr erstmal zu folgen, um dann später (oder früher, je nach Dringlichkeit der Lage) zu Reya zurückzukehren, und ihr zu berichten.

In der Zwischenzeit bahnt Reya sich dann auch ihren Weg nach draußen. Ein wenig frische Luft würde ihr jetzt sicherlich gut tun.

Kieyanna:
Kieyanna blickt ihren Eltern etwas hinterher. Sie lässt sich nichts anmerken, doch die ganze Situation macht die Halbelfe traurig. Trotz alle dem wird sie sich nicht von ihrem Traum abbringen lassen, eine große Gelehrte zu werden und die Technologie so gut es geht zu erforschen. Der Zwist mit ihrem Vater schmerzt Kieyanna, aber vielleicht war er unvermeidlich, auch wenn gar manches Mal vor allem Nachts ein Gefühl der inneren Zerrissenheit, ob den jüngsten Geschehnissen auftrat. Nur ihr Ritual mit dem Zauberstab und die mystische Verbindung zu einem höheren Wesen gab ihr irgendwie die Kraft nicht vollends zu verzweifeln in dieser schwierigen Lage.

Kieyanna war in Gedanken versunken und so bemerkte sie nicht das, was Reya reaktionsschnell zu bemerken schien. Die kleine Hexe folgte einfach Reya so gut es ging. Ihre Sinnesschärfe war sicherlich besser als die Kieyannas. Jedenfalls sagt sie auf dem Weg zu ihr auf Varisianisch mit keiner allzu auffällig lauten Stimme: "Du weißt ja, wie sehr ich Khonnir mag! Ihm verdank ich viel. Er hat mich als jugendliche Halbelfe mit all ihren Träumen immer ernst genommen. Ich hoffe auch Val macht nichts Doofes und wir finden und retten meinen Lieblingsgelehrten."

Als Händlerin hatte Kieyanna die Sprache des wandernden varisianischen Volkes aufgeschnappt und sprach diese Sprache überraschend gut. Eines Tages würde die kleine Hexe bestimmt auch exotischere Sprachen beherrschen. Das war zumindest ein weiteres großes Ziel von ihr.

Jakob Faust:
Jakob streicht sich mit der Hand durch das lichter werdende Haar.

Kaum war er wieder eine Woche in der Stadt, schon kam es ihm vor als wäre er nie fort gewesen. Als hätte alles was er erlebt hatte nie stattgefunden.

Hier war er wieder der Sohn seiner Eltern, einer der Fausts. Die Leute nickten ihm zu, einige tuschelten auch hinter seinem Rücken. Nicht das es ihn kümmern würde.

Hatte man bemerkt, dass er fast 6 Jahre lang weg war? Wenn dem so war, dann ließ es sich niemand anmerken.

Die blasse Stirn in Falten legend wendet sich Jakob von seinen Eltern ab und blickt hinauf in den Sternenhimmel.

"Dieser Baine... was hatte Luhia mit ihm zu schaffen?
Von dem was ich über ihn gehört habe, scheint er ein netter Kerl gewesen zu sein. Hart arbeitend, durchschnittliches Aussehen, vermögend, aber nicht verschwenderisch.
Klingt nicht nach Luhias Typ von Mann.

Sicher, dass sie mit ihm gegangen ist, Mutter? Könnte sie nicht einfach abgehauen sein?"

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