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Autor Thema: Der Weihort  (Gelesen 129552 mal)

Beschreibung: Die Seuche von Ansdag

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Lîf

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Der Weihort
« Antwort #315 am: 08.08.2017, 18:59:42 »
Auf Freydis' Erwiderung reagiert Lîf nur mit einem kurzen Kopfschütteln und meint trocken: "Wem sagst du das... daher sind Seeräuber und ähnliches Gelichter ja auch darauf aus, Siedlungen zu überfallen, deren Männer unterwegs sind." Leiser fügt sie hinzu: "Ihr müsst bei euch jedenfalls viel Zeit und gute Böden haben, dass das Essen für alle die Waffenschmiede und Kampfesgeübten reicht..." Danach braucht sie ihre Konzentration für das Gebet an die Große Mutter, weshalb sie der Diskussion erst mit einiger Verzögerung wieder folgen kann. Als sie sieht, dass es Talahan besser zu gehen scheint, nickt sie ihm zu und stemmt sich wieder in die Höhe. Da sie Rogars Vorschlag mitbekommen hat, äußert auch sie sich, als sie an der Reihe ist: "Wie ich schon sagte, lernen die Weiber bei uns selten, mit Waffen umzugehen. Doch ich vermag Gayas Segen zu erbitten und auch Ihren Zorn auf Feinde herabzurufen." Wie sie dabei schaut, scheint anzudeuten, dass sie angesichts der jüngsten Erlebnisse im Moment eher willens ist, letzteres zu tun.

Als man sich dann auf den Weg macht, hält sie sich dicht bei ihrem Mann, versucht aber vor allem auch Talahan im Auge zu behalten, der auf die Heilerin nach wie vor den Eindruck macht, als sei die neugewonnene Kraft des Gotteskriegers nichts, dessen man sich allzu lange wird erfreuen können. Mit der Ankunft am Gotteshaus dann mag aufmerksamen Beobachtern auffallen, dass der Rotschopf wiederum zögert. Das Betreten eines ummauerten Ortes, jetzt, nach dem Gang durch die Natur, bei dem sie die Kraft der Großen Mutter direkt unter ihren Füßen gespürt hat, scheint der drudkvinde noch immer wenig verlockend. Doch da man mit einem festen Ziel hier ist, bezwingt sie ihre düsteren Gefühle beim Anblick dieses Ortes der Verehrung für jenen Gott, dessen Anhänger ihre Religion mal als bloßen Aberglauben, mal gar als Hexerei zu geißeln gewohnt sind. Sie fühlt sich definitiv unbehaglich, wie ein Eindringling in verbotenem Feindesland, denn sie mag ihrerseits wenig Achtung vor der Lehre des Einen empfinden – dass hier ein Ort seiner Macht ist, lässt sich schwer leugnen.

Die Zerstörungen im Inneren schocken die junge Frau dann aber doch. Die Mönche hängen einem Glauben an, den sie ablehnt, doch sie sind immerhin Gläubige. Die absichtliche, umfassende Schändung eines geweihten Ortes und aller heiligen Zeichen ist eine Tat, die ihr als einer Dienerin der Göttin Grauen einflößt, und sie macht vor ihrer Brust ein Schutzzeichen gegen Sünde und Frevel[1]. Dann folgt sie den Erklärungen Tristans und fragt sich einmal mehr verwundert, wie es eigentlich kommt, dass die Herrin ihre Schritte und die eines ehemaligen Schülers der Mönche zusammengeführt und ihre Herzen aneinander gefesselt hat. Es ist ihr direkt unangenehm, wie viel er über die Rituale und Zeichen hier weiß... Allerdings muss auch sie stumm zugeben, dass seine Kenntnisse im Moment mehr als nützlich für die Gruppe sind. Sie hätte sich viele der Spuren hier nicht oder nur durch vage Vermutungen erklären können. "Mit welch finsterer Raserei hier gewütet wurde..." sagt sie leise, immer noch erschüttert von dem, was sie sieht.
 1. Dazu beschreibt Lîf mit Zeige- und Mittelfinger einen dreifachen Kreis über ihrem Herzen – was allen Anhängern des Alten Glaubens vertraut sein dürfte.

Abdo al'Mbabi

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Der Weihort
« Antwort #316 am: 08.08.2017, 23:54:56 »
Der Weg mit Talahans Gruppe zum Tor hat seine Tücken, doch letztlich erreichen die im Kloster verbliebenen die Kapelle, wo sich ihnen ein schauriger Anblick bietet. Abdo ist dennoch erleichtert, denn Tristan scheint seinen Groll für den Moment vergessen zu haben und erklärt freigiebig die Gebräuche der Mönche beim Gebet. Die Folgerung jedoch treibt dem Ya'Keheter den Schweiß auf die Stirn. Gut, dass der Blitz in der Sturmnacht nicht rein natürlichen Ursprungs war, das hat er sich schon vorher zusammengereimt. Doch die Präzision, mit der gerade die heiligen Symbole zerstört worden waren, hat etwas Schreckliches an sich. Welche Macht verfügt über solche Mittel, nicht nur einen solchen Akt der Zerstörung zu verursachen, sondern dabei offenbar auch noch die getroffenen Mönche ihrem Willen zu beugen?

"Was kann so etwas verursacht haben?" flüstert er fast ehrfürchtig, während er mit den Fingern die Richtung der Einschläge nachzeichnet. "Freydis, du hast Fähigkeiten, die ich in meiner Heimat noch nie gesehen habe. Kann das hier durch eine solche Magie entstanden sein?" formuliert er seinen Verdacht. Gleichzeitig fürchtet er jedoch die Antwort. Hirnlose Wiedergänger waren eine Sache - aber ein intelligentes Wesen, das über eine solche Macht verfügt: Wie sollte so etwas zu besiegen sein?

Rogar, Apothekarius

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Der Weihort
« Antwort #317 am: 10.08.2017, 17:05:21 »
Rogar ist ein wenig amüsiert, ohne es sich anmerken zu lassen, von Tristans Worten zur Vererbung des Standes. Wie oft hat er diese 'Weltordnung' von seinen Lehrern, Archivaren und Volksgenossen gehört. Nur das diese damit etwas vollkommen anderes meinen, zum Beispiel die Gildenzuordnung, de sich nach Talent und Bedarf der Gemeinschaft richtet.

Draußen lässt der Dainkrieger seine Armbrust locker in den Armen liegen und sieht sich aufmerksam um. Er ordnet sich dem aktuellen Anführer unter und sucht immer eine Position zu halten, die ihm zum ersten Ziel eines Angriffs machen würde. Ansonsten ist er schweigsam und wirkt, als würde er vor sich hin brüten. Zu Talahans Vorschlag nickt er stumm und folgt. Lifs Warnung überrascht ihn ein wenig, aber er macht sich gleich an die Umsetzung. Als sie die Gebüsche untersuchen, gibt er Astrid seine Armbrust und wappnet sich mit Schild und Äxten. Kaum brechen die Kreaturen hervor, saust auch schon seine Wurfaxt, dicht gefolgt von einem erstaunlich behänden Dain. Wenn der Aufprall im Kampf nicht so eine heftige Wirkung entfalten würde, sähen seine Bewegungen fast lustig aus. Ein paar wuchtige Schläge später ist das Scharmützel überstanden und Rogar säubert und pflegt seine Waffen. Zum Abschied richtet er ein paar höfliche Worte an alle, die nun den Weg ins Dorf antreten.

Im Kloster führt er mit Zurückhaltung, wobei er kurze Informationen zur Orientierung gibt. Die Kapelle inspiziert er mit skeptischem Blick und lauscht den anderen, bevor er eine Position neben der kleinen Seitentür einnimmt, so, dass er auch das Eingangsportal im Blick- und Schussfeld hat. Vieles wusste er schon, nur das Bild des Innenraumes hatte noch gefehlt. Er überlegt, was seine Lehrgeschichten über Dämonen und ihre Taten ihm beigebracht haben.[1] Passte etwas ins Bild der das Leben verdrängenden Fremdweltler? Irgendwelche Spuren seiner Volksgenossen oder der Ausrüstung fehlten, daher hat er schnell den Eindruck, alles gesehen zu haben, was er will, und ist bereit, weiterzugehen.
 1. Dämonenwissen 20

Freydis

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Der Weihort
« Antwort #318 am: 11.08.2017, 16:18:44 »
Soweit es Freydis betrifft hat sie Rogars Frage nach ihren Fähigkeiten längst beantwortet soweit es Waffen betrifft, und bei dem anderen weiss sie schließlich selbst nicht allzugenau, wo ihre Grenzen liegen.

Draussen hält sich die Berührte zurück und in Liv nähe und lässt den besseren Kämpfern den Vortritt.
Die drei Gegner aus dem Busch sind so rasch niedergermacht, das Freydis dankbar darauf verzichtet ihre Magie gegen sie einzusetzen. Sie hat zwar das Langmesser gezogen aber Abdo, Tristan und Rogar machen den Gegnern so schnell ein Ende das sie gar nicht dazu kommt die Klinge einzusetzen. Von der Behändigkeit des Dain ist sie sehr überrascht, macht er doch in seiner schweren metallenen Rüstung und den kurzen Beinen eher schwerfällig. Ein Eindruck der offensichtlich täuscht.

Bei der Kapelle angekommen ist die Berührte trotz Rogars Bericht geschockt von dem was sie vorfinden. Völlig automatisch führt sie, genau wie Lív neben ihr das Schutzzeichen der Göttin vor ihrer Brust aus, wie man es sie und fast jeden anderen Albioner von Kind auf lehrt.
Bei Abdo frage schüttelt sie den Kopf. "Ich glaube nicht. Wer oder was auch immer das hier getan hat hatte es auf das Reifkreuz abgesehen. Seht", sie hält dem Dunkelhäutigen das Gebetbuch hin das sie aufgehoben hat, "selbst auf den Büchern wurde es ausgebrannt. Ich habe Geschichten gehört und gelesen von Berührten, die mächtig genug waren um sowas hier zu tun. Aber mit einer solchen Raserei gegen das heilige? Und dann sind da diese Hungerkreaturen." sie schüttelt wieder den Kopf. "Nein, hier sind Dämonen am Werk, keine Berührten." Aber ganz so sicher wie sie klingt ist sie sich nicht. Aus den Geschichten die sie gelesen und Gehört hat und von der alten Undis weiss sie, das es kaum Grenzen gibt in dem was Berührte mit der rohen macht des Feuernetzes tun können. Zwar scheinen die Fähigkeiten der einzelnen Berührten begrenzt, die meisten berührten auf Albion zum Beispiel können das Feuer des Netzes nur als die Kraft des Blitzes manifestieren, wie Undis und sie selbst, aber die Geschichten wissen von Berührten zu berichten, die Wände, Bälle und gar Lanzen aus Feuer erschaffen haben sollen. Nur die Kraft der Heilung, so stimmen die Quellen überrein ist allein Gajas Segen und liegt jenseits der Macht des Feuernetzes.
"The storm is up, and all is on the hazard."

William Shakespeare, Julius Cæsar (1599), Act V, scene 1, line 67.

Lîf

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Der Weihort
« Antwort #319 am: 13.08.2017, 13:26:26 »
Nachdem sie sich von dem Anblick einigermaßen erholt hat, beginnt die drudkvinde die Räumlichkeit etwas näher in Augenschein zu nehmen. Dabei hält sie einen respektvollen Abstand von allem, was nach einem heiligen Symbol aussieht, und seien es auch nur noch Überreste. Den Boden hingegen und die Spuren des Blitzes betrachtet sie eingehend. Und trotzdem es ein wenig schwerfällig erscheint, ist sie sich nicht zu schaden, auf die Knie zu gehen, um auch unter den umgestürzten Bänken nachzuschauen, ob sich etwas ungewöhnliches findet, das darauf schließen lässt, welche finstere Macht hier am Werk war - oder auch etwas, das ein persönlicher Gegenstand gewesen sein könnte, der von Wert für seinen Besitzer wäre. "Sofern er noch lebt..." murmelt der Rotschopf durch die zusammengebissenen Zähne. Vor allem der Gedanke an die Novizen, die hier waren, lässt sie einen hilflosen Zorn empfinden. Sie waren noch kaum Männer, eher Knaben, nach Tristans Worten zu schließen. Was werden ihre Mütter fühlen, wenn sie vom Schicksal ihrer Söhne erfahren..?

Gaja

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Der Weihort
« Antwort #320 am: 14.08.2017, 16:25:59 »
Auf seinem Wachposten, von dem er die ganze Kapelle einsehen kann, grübelt Rogar darüber nach, ob das Bild der Verwüstung zu dem passt, was er über Dämonen gehört, gelesen oder mit eigenen Augen gesehen hat. Freydis scheint zu meinen, es müssen Dämonen gewesen sein, die hier die heiligen Symbole des Einen zerstört hätten—nun, damit kennt Rogar sich nicht aus. Bei den Zwergen gibt es weder den Einen noch Gaja, deren Segen die rothaarige Heilerin zu erbitten meint oder vielleicht tatsächlich erbittet. Und trotzdem setzen die Dämonen den Zwergen zu. Sie hassen das Leben, alles Leben, gleichermaßen—was sollten sie sich um Göttersymbole scheren? Nein, Rogar glaubt nicht, dass hier Dämonen am Werk waren. Zumindest nicht direkt. Falls nämlich einer von denen hier gewütet hätte, und sei es auch nur einer ihrer läppischsten Fußsoldaten, dann wäre alles an diesem Ort verdorben, dann hinge ein noch viel fauliger Geruch über allem, dann wären draußen die Büsche ums Gemäuer verdorrt oder krankhaft verwachsen, dann sprösse und kreuchte und fleuchte dort alles, was widerlich ist, alles was sich aus Verderbnis nährt, während alles schöne, alles heilsame überwuchert, erdrückt, verdurstet oder vergiftet wäre. Daher sein Schluss: wenn Dämonen dies verursacht haben, dann indirekt.

Und darin sind sie Meister. Die zwergischen Annalen enthalten mehrere dutzend historischer Berichte, wie Dämonen willenschwache Zwerge durch Einflüsterungen—im Traum, wie gerne behauptet wird, oder wie darf man sich das vorstellen? Jedenfalls aus der Ferne—dazu gebracht haben, sich gegen die Gemeinschaft zu wenden und die schrecklichsten Taten zu begehen, die Täter selbst stets im Glauben, aus eigenem Antrieb zu handeln, den eigenen Wünschen nachzugehen. Nicht umsonst sind seit gut zwei Jahrhunderten jede Wohn- und Arbeitshöhle durch Runensteine geschützt: um diese perfiden Einflüsterungen zu unterbinden. Gibt es bei den Menschen hier einen ähnlichen Schutz?[1]

Doch auch Freydis ist sich, kaum dass sie ihre Behauptung in den Raum geworfen hat, gar nicht mehr so sicher, dass es sich hierbei um Dämonenwerk handelt und nicht doch um Berührtenmagie. Zum einen, weil, wenn sie ehrlich in ihrem Inneren nachforscht, sie da doch einen brennenden Hass auf die Anhänger des Einen findet—und das, obwohl sie von Hexentötungen[2] nur gehört hat, aber nie eine mitansehen musste. Und auch wenn sie nicht die geringste Ahnung hat, wie ein Berührter das hier bewirkt haben sollte oder ob es machbar wäre—ihre eigenen Zauber sind lächerlich kraftlos dagegen—so weiß sie zumindest eines: So wie der Sturm die elementaren Kräfte der Natur entfesselt, so entfesselt er auch die magischen Kräfte in einem Sturmgeborenen. Es braucht allerdings viel Mut und eine eherne Geisteskraft, sich mitten in diesen Orkan aus widerstreitenden Elementen zu stellen. Vor vier Jahren hat Freydis einmal vorsichtig versucht, während ein Sturm mit aller Macht gegen die Ravensklippe schlug, einen winzigen Funken zu entfachen—und hätte fast die gesamte Feste abgefackelt samt Dorf drumherum. Einzig dem Wolkenbruch war ihrer aller Rettung zu verdanken. Und die Schuld wurde offiziell einem Blitzeinschlag gegeben. Alles andere hätte zu Freydis' Ausstoß aus der Sippe geführt, Fürstentochter hin oder her. Und ob sie als Friedlose lange überlebt hätte, wo jeder sie hätte schänden, versklaven oder erschlagen können, ohne dass ihre Familie hätte Buße fordern können oder auch nur wollen...[3]

So schweifen Freydis' Gedanken ab und dies mag erklären, warum sie ihre Erkenntnisse zunächst verschweigt.

Derweil sucht Lîf im hinteren Teil der Kapelle, wo die Verwüstungen sich in Grenzen halten, nach Hinweisen, was hier passiert sein könnte, oder nach persönlichen Besitztümern der Mönche. Von letzteren findet sie einige, zum Beispiel ein gutes Dutzend verlorener Sandalen, was ihr eines deutlich zeigt: die Mönche müssen von dem, was sie hier in der Sturmnacht erlebt haben, so entsetzt gewesen sein, dass keiner von ihnen sich später noch einmal hier herein traute, um diese doch höchst wichtigen Stücke zu bergen. Denn wer besitzt schon mehr als ein Paar Schuhe oder allenfalls eins für den Sommer und eins für den Winter? Das zweite, was sie findet, ist ein eiserner Ring—ein Schlüsselring, nur ohne Schlüssel—um den ein vor einer Woche wohl noch frischer, jetzt vertrockneter Efeuzweig gewickelt ist. Statt Schlüssel hängt ein einzelnes Amulett am Ring, nämlich ein Holzplättchen mit einer darein geritzten Rune, doch handelt es sich um keine Druidenrune. Das Andenken eines Mönches an seine verstorbene Frau?

Ihr dritter Fund dagegen stellt Lîf vor ein Rätsel: gleich mehrere Ketten findet sie auf dem Boden, bestehend aus verschieden großen Holzkugeln, die man auf einem Lederband aufgereiht hat. Das ganze ist aber zu eng, als dass sie es über den Kopf streifen könnte, als Armschmuck dagegen viel zu weit. Jede der Holzkugeln trägt eine Kerbe, die Lîf versteht, weil jedes Kind in Fersland sie verstehen würde: die kleinen Kugeln sind mit einem | wie "eins" versehen, die mittleren mit einem + wie "fünf", von den beiden großen aber ist die erste mit einem - als "zehn" markiert, die zweite mit einem = als zwanzig. Genauso wird auf dem Kerbholz markiert, wieviele Mann oder Schafe oder Kornsäcke man den Amtsmännern des Fürsten schuldig ist. Doch was zählen die Mönche während ihrer heiligen Riten? Lîf wendet sich fragend an ihren Mann.

"Damit zählt man seine Gebete", erklärt dieser achselzuckend, doch als sein Weib ihn weiterhin verständnislos anblickt, nimmt Tristan sich eine der Ketten. "Schau!" Die Kette in beiden Händen haltend, beginnt er, monoton vor sich hinzumurmeln. Weil er so leise und so monoton spricht, versteht Lîf nur einzelne Worte: Gnade, Vergebung, Demut, Sünden, Sühne, Herrschaft auf Erden, in alle Ewigkeit. Große Worte, aber durch die Weise, in der sie aufgesagt werden, und weil sie alle viel zu dicht aneinander gedrängt stehen, um ihre Bedeutungen tatsächlich zu entfalten, rauschen sie nur so am Ohr vorbei, ohne die ihnen eigentlich gebührenden großen Gefühle zu erwecken. Irgendwann schiebt Tristan eine der kleinen Kugeln zur Seite. Lîf begreift nicht sofort, warum, doch dann fällt ihr auf, dass seine Sätze begonnen haben, sich zu wiederholen. So richtig sicher ist sie sich aber erst, als Tristan die zweite Kugel verschiebt: ja, hier beginnt das Ganze von vorne. Und es warten noch siebzehn Kugeln darauf, verschoben zu werden!

"Wenn Novizenmeister Holmgot mich fragte, welche Strafe mir lieber sei: zwanzig mal von der Birke gestreichelt werden oder hundert mal das Glaubensbekenntnis beten", sagt Tristan trocken, "dann hab' ich immer nach den Schlägen verlangt."

~~~

Als sich die Gefährten einig werden, dass man alles gesehen habe, was es in der Kapelle zu sehen gibt, führt Rogar sie durch die westliche Seitentür in einen kurzen Gang, dann links durch eine weitere Tür. Geradeaus befinden sich beiderseits je eine Tür. Aeryn huscht vor und, nachdem sie an den Türen gelauscht hat, untersucht in fliegender Eile die stillen Kammern dahinter. Die erste, linkerhand, ist wohl das Zimmer des Abtes: ein mächtiges Bett steht hier an der östlichen Stirnseite, ein Pult gegenüber beim Fenster, und allerlei Truhen und Regale hier und dort, dazu hängen bestickte Stoffe an den Wänden und der fünfarmige Kerzenständer ist aus Silber und die Karaffe mit fünf Trinkgefäßen aus buntem Zwergenglas. Offen auf dem Pult steht ein Kästchen mit Schmuck: Halskette, zwei Ringe, eine Gewandfibel, alles mit dicken Edelsteinen besetzt. Neben dem Bett hängt ein einzelnes Regalbrett an der Wand, darauf stehen zwei Phiolen, ebenfalls aus kostbarem Zwergenglas. Die Korken sind beschriftet. "Quellwasser", entziffert Aeryn mühsam die Menschenrunen. Das Bett selbst untersucht Aeryn nicht, denn es ist zu arg besudelt. Offenbar hat man hier nach der Blitzschlag den verletzten Abt gebettet. Auch das Zimmer gegenüber ist wenig interessant. Wesentlich kärger eingerichtet, aber immer noch üppig, wenn man es mit einem Bauernhaus vergliche, stehen hier acht Betten. Unter der herumliegenden Habe sticht Aeryn jedoch nichts als nützlich ins Auge.[4]

Und weiter geht's. Als die Gefährten vor der gegenüberliegenden Tür links abbiegen, erkennen Lîf und Abdo den Gang wieder: direkt vor ihnen liegt die Treppe zum Keller, welche aber auch nach oben führt. Mit besonders wachen Sinnen rücken sie weiter vor und gelangen—mit klopfenden Herzen, aber unbescholten—ins Obergeschoss.

Dort herrscht dieselbe Totenstille wie in der Kapelle und den Schlafkammern des Abtes und seiner handverlesenen kleinen Schar. Im oberen Stock gibt es hauptsächlich lange Gänge mit vielen Türen. Freydis und Abdo machen sich die Mühe, eine jede davon zu öffnen, ob sich dahinter ein Feind oder ein Überlebender verbürge, doch sie finden nichts außer einer Schrift (ursprünglich unter der Matratze versteckt, doch das Bett war umgestoßen) mit äußerst anzüglichen Geschichten, wie Freydis auf einen Blick erkennt, und diverse Verstecke mit vergammelten Leckereien. Novizenkammern, so viel steht fest.[5] Und dann steht man auch schon vor der Treppe, die höher in den Novizenturm hinaufführt. Ob es weise sei, mag man sich fragen, sich in eine vom Feind derart leicht abzuschneidende Stellung zu begeben—und vielleicht bleibt auch jemand hier zurück, um zu verhindern, dass der Feind dies ausnutzt—doch Lîf und auch Abdo drängt es auf jeden Fall weiter hinauf. Doch auch hier sind alle Kammern leer. Dann steht man schließlich unter dem Dach—mit leeren Händen, unschlüssig, enttäuscht, denn entgegen aller Vernunft hat man doch gehofft...

Da fällt Lîf etwas auf. Die Wand des obersten Turmzimmer ist an einer Stelle ganz nass, von der Decke bis zum Boden, auf welchem sich eine kleine Pfütze gebildet hat. Ein scharfer Geruch steigt ihr in die Nase.[6]
 1. Dämonenwissen 20
 2. Verbrennungen kommen auch vor, vor allem wenn Priester dies offiziell veranlassen. Wehrt das Volk sich eigenmächtig in nächtlicher Aktion, wird die "Hexe" öfters einfach nur rasch erwürgt, am nächsten Baum aufgehängt, ertränkt oder im Moor versenkt.
 3. Wissen (Arkanes) 19. S. auch die Geschichte von Askyr, dem Sturmboten in den Schriftrollen, Beitrag 5.5.
In Stürmen, besonders in Sturmnächten, kann auch Freydis auf ihre Kräfte verstärken (wie durch die passenden metamagic feats, nur ohne höhere slots) abhängig von der Stärke des Sturmes, was allerdings auch enorme Gefahren birgt. Da es aber unwahrscheinlich ist, dass dies im Abenteuer vorkommt, weise ich dem jetzt keine Werte zu. Falls Freydis doch einmal während eines Unwetters zaubern sollte, tät ich mir dann etwas geeignetes (samt Gefahren + Einschränkungen) überlegen.
 4. Aeryn Perception = 29; es dürfen aber auch andere mit ins Zimmer und ihr beim Suchen zuschauen; das gilt auch für die noch folgenden Untersuchungen.
 5. Abdo, Freydis perception 10; Rogars Wurf war 7, das reicht für nix. Er hat halt keine Zeit, Sachen zu untersuchen.
 6. Lîf perception 22
« Letzte Änderung: 15.08.2017, 13:32:40 von Gaja »

Aeryn

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Der Weihort
« Antwort #321 am: 15.08.2017, 11:38:06 »
"Nach Schätzen scheinen sie jedenfalls nicht her zu sein," bemerkt Aeryn und weist die anderen auf die prunkvollen Schmuckstücke hin, die sich in dem Kästchen neben der Lagerstatt des Abts befinden.

"Mir ist nachwievor völlig unklar, welche Motivation diese Wesen antreibt und welche Ziele sie hier verfolgen. Aber wenn sie, wie wir vermuten, dämonischen Ursprungs sind, ist es sicherlich etwas höchst Verderbliches."

Im Novizenturm übernimmt die Elbin zunächst die Rückendeckung, folgt den anderen nur langsam und achtet darauf, dass ihnen keine Dämonen oder "Mönche" unbemerkt in den Rücken fallen können. Angespannt rechnet die Waldläuferin jederzeit mit einem Angriff oder Hinterhalt, doch sehr zu ihrer Beruhigung bleiben diese bislang aus.

Abdo al'Mbabi

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Der Weihort
« Antwort #322 am: 15.08.2017, 11:56:09 »
Abdo verwundert Freydis' Reaktion nur wenig: Es ist einfach, die Shetani - Dämonen - für alles Übel verantwortlich zu machen. Ein leichter Ausweg, der es einem erlaubt, böse Taten als von Aris gegeben hinzunehmen, anstatt sich aktiv dagegen zu stellen. Doch dies hier sieht ihm viel zu zielgerichtet aus, als dass Shetani dahinterstecken könnten[1] Natürlich ist es möglich, dass deren Einflüsterungen den Verstand der Verantwortlichen korrumpiert haben, doch die eigentliche Tat und die Wahl der Mittel muss anderen Ursprungs sein.

"Nein!" entgegnet er deshalb scharf. "Dies hier ist nicht das Werk von Dämonen. Zumindest nicht das direkte. Etwas oder jemand aus unserer Welt muss dies getan haben. Jemand, der einen besonders innigen Hass auf diesen Gott uns seine Symbole hegt."
Abdos eigentliche Frage jedoch hat Freydis beantwortet: Sie hat von Menschen gehört, die solche Kräfte besaßen. Wenn solche korrumpiert worden sind, kann eine derartige Zerstörung also möglich sein. Aber auch das Wiedererwecken von Leichen?

Schließlich verlässt die Gruppe, auch auf Abdos Drängen hin, die Kapelle und stößt weiter in das Hauptgebäude vor. Dank Rogars Ortskenntnissen finden sie sich gut zurecht und erreichen schnell das offensichtliche Zimmer des Abtes. Der Raum steht in einem krassen Kontrast zur ansonsten eher schlichten Klostereinrichtung, denn hier herrscht ein fast schon prunkvoller Luxus. Sein Blick fällt zunächst auf das Bett, von dem sich Aeryn deutlich wahrnehmbar fern hält. Der Ya'Keheter kann es ihr kaum verdenken, so wie es aussieht. Doch er selbst betrachtet es sich genauer - gibt es irgendwelche Hinweise darauf, was mit dem Abt geschehen ist? Augenscheinlich hat er hier nach dem Gewitter tatsächlich gelegen, doch wo ist er hin?
Erst danach nimmt er die Einrichtung des Zimmers genauer in Augenschein, öffnet die Truhen und sucht nach Hinweisen auf irgendetwas Ungewöhnliches.[2]

Schließlich zieht er einen der größeren Behänge von der Wand, breitet ihn auf dem Pult aus und beginnt, die augenscheinlich wertvollen Stücke darauf zu legen.
"Wir sollten die Sachen nicht Plünderern hinterlassen." erklärt er sein Vorgehen, als er beginnt, die juwelenbesetzten Stücke und andere Dinge von Wert zu sammeln. Dann verknotet er die Enden, so dass sich ein geschlossener Beutel ergibt, und packt diesen in seinen Rucksack. Dabei macht er klar, dass er die Sachen nicht für sich selbst behalten will.
Als Aeryn die Beschriftung auf den Phiolen vorliest, stutzt Abdo. Wieso sollte man Quellwasser, was in diesen Gegenden wohl keine Rarität darstellt, in solch wertvollen Phiolen aufbewahren? Er nimmt sich vor, auch diesem Geheimnis auf die Spur zu gehen und wickelt die beiden Glasbehälter sorgfältig in Stoff von der Wand ein. Sollte keiner der anderen signalisieren, die beiden Behälter nehmen zu wollen, packt er auch diese in seinen Rucksack.

Schließlich setzt die Gruppe ihre Suche fort und nimmt den Weg nach oben, von wo Abdo am Vortag noch Geräusche gehört hat - wenn auch auf der anderen Gebäudeseite. Doch der Novizenturm scheint leer zu sein - bis Lîf die nasse Stelle entdeckt. Was immer sich dahinter - oder darüber - verbergen mag, Abdo ist entschlossen, das Geheimnis zu lüften, und betastet zunächst die Wand, um dann seine Finger zu beschnüffeln.
 1. Das schließe ich aus den Antworten auf meine bisherigen Wissenswürfe, die ja in eine ähnliche Richtung gingen
 2. Durchsuchen des Zimmers und Betts: 17
« Letzte Änderung: 15.08.2017, 14:21:10 von Abdo al'Mbabi »

Lîf

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Der Weihort
« Antwort #323 am: 15.08.2017, 12:19:00 »
Ratlos schüttelt die junge Frau den Kopf, als ihr Tristan den Gebrauch der seltsamen Kugelkette erklärt. "Glauben sie etwa, ihr Gott hört sie eher an, wenn sie ihm ihre Gebete wiederholen wie einem Schwerhörigen?" meint sie spitz, aber doch leise – immerhin will sie an diesem Ort keine Lästerung äußern. Dennoch nimmt sie den fremdartigen Gegenstand an sich. Vor ihrem inneren Auge steht das Bild eines jungen Burschen, dem diese einfachen kleinen Holzkugeln vielleicht viel bedeuten. Und eine, die der Mutter aller lebenden Wesen dient, darf keinen jungen Menschen verletzen, nur weil er hier mit Irrlehren auf einen falschen Pfad geführt wird. Eine Mutter zeigt Liebe gegenüber allen Kindern.

Sie verwahrt den Kultgegenstand daher in ihrer Schürze, wo sie ihn sicher, aber griffbereit hat – sollte man wider Erwarten auf den Besitzer stoßen. Auch den Schlüsselring mit der Rune nimmt sie an sich und schiebt ihn tief in eine der aufgenähten Taschen, nachdem sie ihn kurz Tristan gezeigt hat, um diesen nach der Bedeutung des unbekannten Zeichens zu fragen. Der Bund zwischen einem Mann und einem Weib ist ihr erst recht heilig, ganz gleich, nach welchem Ritus besiegelt. Männliches und weibliches Prinzip müssen stets die Vereinigung finden, damit das große Rad des Lebens sich weiter drehen kann. Sie sind füreinander geschaffen, weshalb dieser Bund, wenn es sich denn um ein Symbol dafür handelt, zu ehren ist.

Im Zimmer des Abtes nimmt der Rotschopf an der Durchsuchung von Truhen und Regalen teil, um eventuell weitere Hinweise zu finden, greift aber nach keinem der Schmuckstücke und sonstigen Wertgegenstände. Um in einer solchen Situation zur Diebin zu werden, ist sie viel zu stolz. Dass Abdo die Dinge einpackt, lässt sie kurz die Augenbrauen heben, aber Einwände erhebt sie nicht. Sie will sich hier keines Frevels schuldig machen – doch es ist kein Ort, der der Großen Mutter geweiht wäre, also muss der dunkelhäutige Mann selbst wissen, was er tut.

Beim Weg nach oben verlässt sie sich auf den Schutz durch die Mannsleute und konzentriert sich lieber auf ihre Umgebung. Der Anblick der Treppe nach unten, wo sie entführt werden sollte, lässt sie kurz erschauern, und sie fasst nach der Hand ihres Mannes, um sie fest zu drücken, schweigt aber. Unter dem Dach schließlich sieht sie sich mit gerunzelter Stirn um. Dann geht sie auf die nasse Stelle zu, beugt sich leicht nach vorn und fächelt sich mit der flachen Hand vorsichtig Luft zu, um den Geruch genauer zu prüfen, ohne eine volle Ladung davon abzubekommen. "Seltsam..." murmelt sie und versucht sich zu besinnen, ob der Geruch sie an etwas Bekanntes erinnert[1]. "Vorsicht – das könnte ätzend oder giftig sein!" versucht sie Abdo noch zu warnen, kommt aber wohl zu spät, als er die Finger in die Substanz taucht. Dann schnuppert sie, überlegt und fügt hinzu: "Nein, es scheint ungefährlich." Seltsam nur, dass die Mönche hier das Rezept für die Warzentinktur kennen, die sie auch verwendet...
 1. Kein Erfolg mit einer 9 bzw. 10...

Abdo al'Mbabi

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Der Weihort
« Antwort #324 am: 15.08.2017, 14:28:14 »
Als er die Substanz schmeckt, verzieht Abdo sofort das Gesicht und spuckt aus.
"DAS IST PISSE!" entfährt es ihm, doch sofort hält er sich die Hand vor den Mund, erschrocken darüber, wieviel Lärm er gerade verursacht hat. Nach einem kurzen Moment fasst er sich wieder.

"Naja, giftig hoffentlich nicht. Aber ich würde gerne wissen, wie es dort oben an die Decke kommt."

Rogar, Apothekarius

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Der Weihort
« Antwort #325 am: 15.08.2017, 17:09:36 »
Eigentlich hatte Rogar schweigen wollen, da er nicht viel zu den untersuchungen beitragen konnte, aber Freydis Antwort war in seinen Augen zu irreführend, als man sie stehen lassen konnte. So erhebt er noch in der Kapelle das Wort: "Wenn ich etwas ergänzen dürfte, Fräulein Redwaldsdottir? Vielleicht ist das Suli in diesem Punkt ungenau, aber das hier kann eine fremdweltlerische Entität nicht direkt gewesen sein, also kein Dämon im engeren Sinne. Es mag sein, das ihr auch anderes so bezeichnet, aber die Außenweltler hinterlassen immer auch andere Spuren - Verderbnis, Fäulnis, Lebensverneinend. Das fehlt hier. Gut möglich ist jedoch, dass ein Mensch unter Einfluss eines Dämons dies angerichtet hat. Wrden den Reif-Symbolen bestimmte Abwehrwirkungen nachgesagt?"

So oder so führt der Dain die Gruppe weiter, scheint sich aber votnehmlich darauf zu konzentrieren, Spuren seiner Kameraden, seiner und deren Ausrüstung zu finden. Und natürlich die Gruppe zu bewachen. Erst als sie in der Kammer des Abtes sind, untersucht er flüchtig die Truhen und Regalflächen, was sie beherbergen, und überprüft zum Schluß, welche Spuren die Behandlung des Abtes hinterlassen haben, um auf den Zeitraum, die Verletzungen und Behandlungsmethoden zu schließen. Abdo bittet er, ihm die beiden Quellwasserphiolen zu überlassen.

Oben im Turm angekommen erinnert sich Rogar daran, dass die Pilger und er von dort unter Feuer genommen worden waren, bevor er das Problem 'entschärft' hat. Mit mulmigem Gefühl sucht er fieberhaft und gründlich, bis er irgendwelche Hinweise auf die Leiche des Schützen hat. Er hofft, das er einen Gegenbeweis findet, dass es sich um seinen anderen Kameraden handelt.

Freydis

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Der Weihort
« Antwort #326 am: 18.08.2017, 02:35:34 »
Freydis ist nicht gerade glücklich als Rogar, wie höflich auch immer, ihre Aussage in Zweifel zieht.
Sie ist so schon unsicher genug.  "Unter Einfluss eines Dämones? Wie geht das vor sich? Überedet der Dämon jemanden einfach nur oder können sie sich gar nicht dagegen wehren zu tun was immer der Dämon will?" fragt sie einerseits weil sie es wirklich wissen will, andererseits um abzulenken. Sie hat nicht die Absicht von jener Nacht vor vier Jahren zu erzählen, oder warum es doch möglich ist, dass ein Berührter die Kapelle angegriffen hat, besonders bei Sturm, ob unter dem Einfluss eines Dämons oder aus freien Stücken.
Sie will nicht, das ihre Fähigkeiten in den Augen ihrer Gefährten noch unberechenbarer und gefährlicher erscheinen als es wohl ohnehin schon der Fall ist.
Die Albionerin ist einerseits erleichtert, als die Gefährten auf dem Weg nach oben keine weiteren Leichen und auch keine falschen Mönche oder Hungerkreaturen finden, andererseits ist sie entäuscht, weil es hier anscheinend auch keine weiteren Hinweise gibt.
Als Abdo beginnt die Wertsachen des Abtes zu verpacken will sie erst einschreiten - das letzte was die Berührte braucht ist von den Anhängern des einen des Diebstahls oder gar des Frevels beschuldigt zu werden - aber sie erkennt rechtzeitig, das der Mönch die Dinge nur in Verwahrung nimmt.
Über die Verwunderung der Elfe und des Yakheters kann sie nur bitter lächeln. "Ist bestimmt von einer heiligen Quelle. Der Wasserfall muss ja irgentwo oben auf dem Berg entspringen.""und offenbar hat Rogar die Wahrheit gesagt. Der Abt war hier." denkt sie mit Blick auf das blutige Bett. "oder zumindest hat hier irgentwer eine Menge Blut verloren. Aber wo ist er hin?"

Oben angekommen wendet Freydis angewiedert den Kopf ab, als Abdo die Flüssigkeit probiert. Als ob der Geruch nicht gereicht hätte! Ihr Blick folgt dem des Mönches zur Decke.
"Da oben muss jemand gewesen sein. Jemand der große Angst hatte. Oder keine andere Möglichkeit seine Notdurft zu verrichten." schlussfolgert sie und musstert die hölzerne Decke auf der Suche nach einer Falltür oder etwas ähnlichem.
"The storm is up, and all is on the hazard."

William Shakespeare, Julius Cæsar (1599), Act V, scene 1, line 67.

Lîf

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Der Weihort
« Antwort #327 am: 18.08.2017, 14:11:43 »
Auf Abdos angewiderten Ausruf schaut Lîf erst erstaunt, dann, als sie begreift, wie sehr sie sich geirrt hat - tatsächlich enthält die Tinktur auch Urin - muss sie ein Grinsen unterdrücken. Da die Große Mutter aber lehrt, dass Schadenfreude keine gute ist, senkt sie ein wenig beschämt ob ihrer Anwandlung den Kopf und überlegt. "Geister können in einen Menschen schlüpfen und ihn zu allen möglichen Taten veranlassen - guten wie bösen. Meist sind es leider böswillige Geister, die solches von sich aus tun" wendet sich die junge Frau schließlich an Freydis. "Wir nennen sie zwar nicht Dämonen, aber es sind sicherlich die, welche er meint" fügt sie mit einem Nicken in Rogars Richtung hinzu.

Dann folgt sie den Blicken der anderen zur Decke und nickt mehrmals langsam. "Vielleicht einer, der fliehen konnte und sich nicht mehr hinab traut. Er hätte Grund, sich ganz still zu verhalten" meint sie, bevor sie einen halben Schritt zurück tritt, eines der Amulette fasst, die um ihren Hals hängen, und leise ein Gebet zu murmeln beginnt[1]. Darauf hebt sie den zweiten Arm, streckt die Finger weit aus und schwenkt ihn wie eine Wünschelrute hin und her, während sie die Augen fest geschlossen hält und sich zu konzentrieren scheint.
 1. Magie entdecken

Tristan

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Der Weihort
« Antwort #328 am: 19.08.2017, 16:55:39 »
Rogars Frage nach einer etwaigen Abwehrwirkung, die Anhänger des Einen dem Reifkreuz zuschrieben, beantwortet Tristan ebenso ausführlich und bereitswillig wie zuvor in der Kapelle Abdos Frage. So schnell kann der Zwerg gar nicht mitschreiben, wie Tristan erzählt, flüstert wohlgemerkt und in den richtigen Momenten, in denen man die äußere Lage nicht gut überblickt, verstummt, bis feststeht, dass kein Feind in der Nähe ist. Das eigentliche Schutzsymbol sei der Kreis, welcher aber im Reifkreuz ja auch vorhanden sei, auch wenn er natürlich nur in der nicht durchstoßenen Variante Sicherheit versprechen kann.

Als Rogar nachhakt, weil ihm dies noch zu obskur ist, holt Tristan aus und erklärt die fünf zentralen Symbole des Wahren Glaubens im Detail: das Kreuz, den Kreis und das Reifkreuz in seinen drei Varianten: geschlossen, durchstoßen, gebrochen. Das Kreuz symbolisiert das Diesseits wie auch den Menschen; der Kreis das Jenseits wie auch die Seele des Menschen oder, auf einer noch geistigeren Ebene betrachtet: für Vollkommenheit, Wahrheit, das Absolute, Gott. Das durchstoßene Reifkreuz, wie bereits gesagt, für die Missionierungsaufgabe, das geschlossene für die ewige Herrschaft Gottes auf Erden, genauer: für das Ende der Zeit. Wenn nämlich eines Tages alle irdischen Völker Gottes Wahrheit erkannt hätten und das Böse dadurch besiegt würde, würde der Himmel auf Erden einkehren und der Kreislauf von Leben und Sterben durchbrochen und alle lebten in Frieden und vollkommener Glückseligkeit auf immerfort.

Und falls Rogar dann immer noch nicht genug hat, erklärt Tristan auch noch kurz das gebrochene Reifkreuz, dem rechts oben ein Bogen des (durchstoßenen) Kreises fehlt: dies sei nämlich Symbol für die Unvollkommenheit der heutigen Welt, den Einfall der Dämonen, die Versuchung durch das Böse, also für Urian selbst—und damit aber auch, in der Hand eines Gläubigen, für den Kampf gegen das Böse.[1]

"Um auf Abwehr gegen das Böse zurückzukommen, dazu braucht es im Glauben der Mönche drei Dinge: Willenskraft, den rechten Glauben und ein Herz frei von Sünde. Und wenn man ganz sicher gehen will, zeichnet man einen Schutzkreis um sich herum, denn der Kreis steht für Gott, und nur mit Gottes Hilfe kann Urian besiegt werden."

All dies klingt wieder sehr auswendig gelernt.[2]
 1. Wissen (Religion) = 26 => Alles, was diesbezüglich in den Schriftrollen unter 5.3 steht, im Fall Kreis und Kreuz nur aus Sicht des neuen Glaubens, darf nun jedem, der zuhört, als bekannt gelten. Im Text oben habe ich alle fetten Stichworte zusammengefasst.
 2. An die Gaja-Gläubigen: Sorry, zum Jenseitsglauben des alten Glaubens habe ich leider noch nichts für die Schriftrollen stehen außer dem Bild in 5. 2. Der Grundgedanke: jeder, der sich im Leben bewährt, steigt in eines der entsprechenden himmlischen Reiche auf (s. insbesondere "Halle des Wissens", "Halle der Heiler", "Halle der Erbauer", "Halle der Krieger") in denen sie ihre Fertigkeiten weiter üben und verbessern und auf den Tag warten, da sie wieder gebraucht werden. Die Welt selbst ist nämlich dem selben Zyklus aus Geburt und Tod unterworfen wie alles Leben auf ihr. Das heißt, es wird eine Endzeit geben, komplett mit epischer Schlacht. Die Erde wird vergehen und neu geboren und die Überlebenden aus der Schlacht werden die neugeborene Welt neu besiedeln. Der Gedanke eines statischen Paradieses, von dem die Anhänger des Einen träumen, ist... seltsam, denn schließlich muss man die Welt um sich herum nur beobachten, um die Prinzipien des Lebens (und Vergehens) zu erkennen und um zu begreifen, dass sie für alles und für jeden gelten.
@ Rogar & Aeryn: Ich nehme an, dass die Zwerge diesbezüglich näher am Gaja-Glauben stehen als am neuen Glauben, oder zumindest kennen so grob die Ansichten der Elben diesbezüglich, welche wiederum dem menschlichen Gaja-Glauben über große Strecken gleichen - evtl. mit Ausnahme der Endzeitschlacht - aber sicherlich insoweit, dass man sein Leben gut leben soll, um zu den Heldar aufzusteigen und mit ihnen in die Neue Zeit zu ziehen (die nächste Inkarnation Erde, wie auch immer...)

Gaja

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Der Weihort
« Antwort #329 am: 19.08.2017, 18:01:53 »
Während Tristan im ersten Stock den Treppenaufgang sichert, zunächst unterstützt durch Aeryn[1], untersuchen die anderen das oberste, nahezu leere Turmzimmer.

Rogar, der schon auf dem gesamten Weg vergeblich nach Spuren ausgeschaut hat, die auf die Anwesenheit eines Zwergen hindeuten, stürzt sich oben zuerst auf die am Boden verstreuten Wachstafeln und entziffert die (leider nur menschlichen) Runen darauf. Auf der ersten Tafel steht achtmal in großer, krakeliger Schrift: "Ich darf beim Beerenpflücken nicht jede zweite Beere selber naschen", auf der zweiten in kleinerer, wesentlich ordentlicherer Schrift, etwa zwanzig Mal: "Ich darf nächtens nicht Hand an mich legen, denn Wollust ist Sünde und wer der Sünde nachgibt, gibt Urian nach." Da begreift der Zwerg endlich, wozu dieser Raum offenbar dient: karg, mit nichts als einigen weit auseinander plazierten Pulten, diese von einfachster Art in verschiedenen Höhen, jeweils ein Schemel davor, dazu die Fleißarbeiten auf Wachstafeln und, nicht zu vergessen, draußen an der Tür das aufgebrochene Schloß—es muss sich hierbei um eine Art Strafkammer handeln.

Lîf erfühlt derweil ihre Umgebung auf eine Art, wie nur eine Dienerin Gajas sie erfühlen kann, und tatsächlich: da ist etwas hier ganz in der Nähe, das zehnmal so machtvoll vor Leben pulsiert wie alles gewöhnliche. Und, noch näher, in Griffweite—an ihrem Körper!—ist etwas fremdes. Lîf erschrickt und verliert die Konzentration und muss erneut ansetzen. Diesmal blickt sich gleich an sich herab und kramt rasch alles hervor, was sie in den vielen Taschen ihrer Schürze verstaut hat und entdeckt recht bald, dass eine der drei Gebetsketten, die sie in der Kapelle aufgelesen hat, eine ihr fremde Aura verströmt—nicht feindselig, aber doch so anders, dass ihr der Anblick unangenehm ist. Vielleicht in etwa so, als würde ein fremder Mann sich vor ihr zum Bad entblößen, zwar ohne böse Absicht und er selbst von angenehmer Gestalt, aber trotzdem ist es eine Nähe, die ihr aufgezwungen wird. Sie schaut auf und fühlt sich sofort ein wenig besser. Die zweite, für sie wesentlich angenehmere Aura, geht von Rogar aus und ist so wohltuend, so heilkräfitg, so göttlich, dass Lîf vor Entzücken aufseufzt, während sie den Zwergen mit offenem Mund, aber noch immer geschlossenen Augen bewundert.

Freydis' Blick sucht die Decke ab. Einfache Holzbretter, unbehandelt, mit zahlreichen Astlöchern versetzt, liegen hier auf den Dachbalken, nicht immer ganz sauber aneinandergefügt. Teilweise müssen sich sogar die Nägel gelöst zu haben, oder sind vom Rost zerfressen worden und gebrochen, denn an etlichen Stellen scheinen die Bretter nur noch lose aufzuliegen. Ihr zweiter Blick geht zum Boden mit der Frage: wie könnte jemand dort hinaufgelangt sein? Auch hierauf findet sie schnell Antwort: obwohl dieser Raum ebenfalls verwüstet wurde und kaum ein Pult oder Schemel noch ordentlich an seinem Platz steht, fällt doch auf, dass da drüben zwei Pulte direkt nebeneinander liegen, ineinander verkeilt, als hätte jemand sie aufeinander gestellt. Dann mag ein halbwegs mannsgroßer Novize darauf gestiegen sein und einen jüngeren, oder mehrere, hochgehoben haben, denn genau darüber liegen die Bretter lose. Und weiter? Irgendwie muss er den oberen Pult ja heruntergetreten haben. Wie ist er selbst hochgelangt? Ob die Novizen wohl ihre Roben auch mit Seilen gürteten? Dann könnte man ein Seil hinuntergelassen haben. Ja, dort ist ein Abdruck an der Wand, da könnte sich jemand mit dem Fuß abgestützt haben.

Zufrieden mit ihren Beobachtungen wendet Freydis sich an die anderen.[2]
 1. Du schreibst etwas von Rückendeckung, aber nicht genau wo und wie lange, deshalb bleib ich hier auch vage
 2. Perception = 23

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