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Autor Thema: Der Weihort  (Gelesen 129495 mal)

Beschreibung: Die Seuche von Ansdag

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Gaja

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Der Weihort
« Antwort #360 am: 11.09.2017, 13:34:28 »
Rogar untersucht also den Raum. Seine Funde: Ingenieurskunst? Nicht vorhanden. (Die Verarbeitung der Zellen ist so schlecht, das hätte daheim nicht einmal ein Lehrling verbrechen dürfen, ohne rauszufliegen. Die Schlösser daran? Je weniger diese erwähnt werden, umso besser.) Die strukturelle Integrität der Felswände? Keine Beanstandung. Die beiden gemauerten? Nun ja, dazu spart er sich jetzt lieber den Kommentar. Das Wasser verläuft hier jedenfalls schon immer. Man befindet sich hier, wenn er das richtig interpretiert, noch ein wenig unterhalb des Wasserfalls, was bedeutet, dass der Bach da irgendwo über ihren Köpfen hinweggurgelt, nicht ohne über einige kleinere Ritzen in seinem unterirdischen Bett ein wenig seiner Kraft zu verlieren. Kein Problem, denn den nötigen Abfluss scheint er ja zu finden. Die Pfütze lässt sich mit den Regenfällen der letzten Tage erklären, die den Bach offenbar haben anschwellen lassen. Der Gang nach rechts, so meint der Dain jetzt mit einiger Sicherheit zu sagen, führt in die Nähe des Wasserfalls, dort, wo sich der Bach nämlich aus seinem unterirdischen Gefängnis befreit und furchtlos die Klippe hinunterstürzt.[1]

Die beide Seile, die offenbar dazu dienten, jemandes Handgelenke an die Metallringe des Tisches zu fesseln, sind erst vor kurzem zerschnitten worden. Eingetrocknete Blutflecken zeugen von mangelnder Sorgfalt dabei.
 1. Rogar, Fertigkeitswürfe bitte als Fußnote Deinen Beiträgen hinzufügen. Eine Übersetzung für den Zwergenspruch wäre auch sehr nett, ebenfalls als Fußnote.
« Letzte Änderung: 16.09.2017, 22:57:00 von Gaja »

Tristan

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Der Weihort
« Antwort #361 am: 11.09.2017, 14:00:38 »
"Für alle, die den Worten des Propheten widersprechen? Nein, darum geht es hier nicht", korrigiert Tristan die unwissende Freydis, während er an die Wandhaken herantritt und die Stecken begutachtet. "Oder nicht nur. Schau, die Vogelbeere hier", er nimmt die Rute in die Hand und macht Freydis auf die Rune am dickeren Ende aufmerksam, welche offenbar als Kennzeichen dient. "Hiemit wird tatsächlich traktiert, wer sich der schwarzen Magie, also der Hexerei verdächtig gemacht hat. Und den Eschenstab bekommt zu spüren, wer an einem heidnischen Ritual teilgenommen hat, ach, und die Espe, damit treibt man Stolz und mangelnde Demut aus, das kann bis zur Blasphemie gehen." Er lässt die Vogelbeerenrute einmal durch die Luft pfeifen, dann hängt er sie rasch zurück, die Miene ähnlich angewidert wie die der Berührten.

"Jede Rute ist aus einem anderen Holz, davon soll jedes eine andere Sünde austreiben. In den meisten Fällen tanzen diese Stecken auf den Hinterteilen der Mönche selbst. Mir persönlich sehr vertraut sind", Tristan deutet der Reihe auf die Stecken, die er beschreibt, "die Fichte natürlich, damit büßt man für Faulheit und Unordnung, die schlanke Linde treibt einem die Lügen aus, die Erle den Ungehorsam. Bei uns in Gotburg gab's noch den Stock aus Rosenholz, wenn man als Novize seine Schweigepflicht brach, aber der fehlt hier, da offenbar keine Schweigepflicht besteht. Und was ist das hier? Eiche. Hm. Nein, die blieb mir wohl erspart, ich müsst's trotzdem wissen... halt, ja: gegen Völlerei. Man denke an Eicheln und Schweinemast. Ach, und die Birke darf natürlich nicht fehlen, da halten sich die Mönche an die alte Weisheit: 'Kinder und Knechte züchtige man ausschließlich mit Birkenruten, nur so geraten sie gut.' Novizen unter zehn bekommen also nur die Birke. Allerdings, wenn einer der Mönche sich in irgendeiner nicht weiter benannten Weise unrein fühlt, da mag er sich auch vom Bruder Konfessiar erbeten, dieser möge ihn mit der Birke nur ordentlich reinigen.

Denn anders als du meinst, Freydis, ist es so, dass die meisten Mönche oder auch sehr frommen Gläubigen, wenn sie eine Sünde an sich selbst zu erblicken vermeinen oder ihr Gewissen reinigen wollen, von sich aus besagten Beichtvater aufsuchen, ihm jeglichen Fehltritt gestehen und um die entsprechende Bestrafung bitten. Die Gründe dafür sind nun andere als die des aufrechten Mannes, der die Heimlichkeit, Schwester der Feigheit, verachtet und seine Taten stets offen verkündet, weil er dazu steht wie zu seinem Wort, nein, wer beichtet will sich dadurch von der Tat lossagen, will sich davon reinigen lassen, das eigene Gewissen von der Last befreien—bereuen nennt man dies und lobt es, gerade als sei es eine Tugend, Dinge zu tun, die man gleich darauf bereut."


Die beiden sind am letzten Haken angekommen. "Und hier hängt die für mich als junger Mensch Geheimnisvollste: die Weidenrute." Diese nimmt Tristan abermals in die Hand, kopfschüttelnd. "Sie bekommt nämlich der zu spüren, der etwas 'Unaussprechliches' getan hat. Was genau man sich darunter vorzustellen habe, verriet man uns Novizen natürlich nicht, denn, nun ja, dazu hätte man es ja aussprechen müssen." Er zwinkert Freydis zu. "Man fürchtete wohl auch, uns dadurch erst auf die Idee zu bringen. Unsere Phantasie hat das natürlich sehr beflügelt. Und wie du siehst: hier im Kloster geschah regelmäßig 'Unaussprechliches', der Stecken deucht mich doch recht abgenutzt... So, aber jetzt stutze ich: eine Rute fehlt. Oder gibt es hierzulande keine unkeuschen Gedanken, keine jungen Männer mit natürlichen Bedürfnissen, nichts, was nach der Hasel riefe?"[1]

Er sieht sich suchend um und tatsächlich: eine Rute liegt unter dem Prügeltisch. Er hebt sie auf, besieht die Rune, nickt. "Ja, der letzte, der hier bestraft wurde, hat wohl ein Mädchen geküsst. Oder gebettet. Gut für ihn. Ein letztes schönes Erlebnis, bevor ihn das Ende ereilte." Tristan hebt als zweites die zerschnittenen Fesseln auf. "Oder waren es Retter, die diese zerschnitten?"

Aus Richtung der Zellen erklingt ein Schluchzen.
 1. @ Freydis & Lîf: Die Tradition mit der Birke wie auch mit der Hasel ist euch bekannt, der Rest dagegen nicht. Die Mönche scheinen aus dem alten Brauch eine Wissenschaft gemacht zu haben, und dabei die Bedeutung bzw. magischen Kräfte der Bäume ganz auf das Strafen (bzw. "Sünde austreiben") zu reduzieren.
« Letzte Änderung: 13.09.2017, 11:18:00 von Tristan »

Lîf

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Der Weihort
« Antwort #362 am: 11.09.2017, 14:24:31 »
Lîf folgt den Erläuterungen Rogars mit mäßigem Interesse. Sie fragt sich stumm, woher der kurz gewachsene, stämmige Mann seine Kenntnisse haben mag... und warum in aller Ahnen Namen man sich dermaßen dafür interessieren kann, wie tote Felsen beschaffen sind oder ob eine Wand – wie nannte er das doch gleich? – exakt lotrecht ist oder auch nicht. Obwohl er, denkt man sich einmal diese unmöglich schwere, unbequem aussehende Rüstung und die viel zu kurz geratenen Beine weg, eigentlich fast wie ein bärtiger Krieger von den Inseln aussieht, muss er doch aus einer Kultur kommen, deren Denkweise sie nicht wirklich begreifen kann. Ein wenig gelangweilt leuchtet sie mit ihrem Kamm umher, während Rogar referiert. Sehr gern würde sie sich allerdings auf etwas anderes konzentrieren, denn während sie sich in dem düsteren, feuchten Kerker umsieht, fällt ihr der Traum wieder ein, aus dem sie jüngst hochgeschreckt ist.

Ihr Blick fällt auf die diversen Ruten, die hier liegen, und dann beginnt zu allem Übel auch noch Tristan, der unbedarften Freydis die Bedeutung jeder einzelnen zu erklären. Vor den Augen des Rotschopfs erscheinen wieder die Gestalten, die ihn und sie verschleppten, um ihn vor ihren Augen zu schlagen. Das Blut, die Schreie... sie presst eine Hand auf den Bauch, keucht leise und wankt einen Schritt zurück, als sich der Raum um sie zu drehen beginnt. Wenige Herzschläge später ebbt der Übelkeitsanfall wieder ab, doch Lîf ist sichtlich blass, und einige Schweißtropfen stehen ihr auf der Stirn, als sie verlangt: "Hier gibt es ja doch nichts, das zu sehen sich lohnt – lasst uns gehen!" Die Worte klingen deutlich forscher als ihr Tonfall. Rasch hebt sie den Kamm und weist damit auffordernd in Richtung der Tür – und vor allem hofft sie, dass ihr Gesicht damit im Schatten liegt.

Abdo al'Mbabi

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Der Weihort
« Antwort #363 am: 11.09.2017, 15:19:07 »
Als sie den Kerker betreten, fragt Abdo sich unwillkürlich, wohin die falschen Mönche sich wohl alle verzogen haben mögen. Auch dieser Raum ist leer, oder zumindest menschenleer. Das hält seine Gefährten jedoch nicht davon ab, sich sofort jeden Winkel genauer anzusehen und darüber zu referieren, was sie gefunden haben. Diesmal schreitet der Ya'Keheter nicht direkt ein, denn immerhin könnte ja etwas hilfreiches dabei herauskommen - wie z.B. auf Freydis' Frage nach der Stabilität des Raumes, denn schließlich muss das Wasser ja durch Öffnungen ein- und wieder austreten, was auch auf einen verborgenen Gang hinweisen könnte. Die Antwort des Dain enttäuscht ihn in dieser Hinsicht, aber immerhin ist nun klar, dass der verbliebene Gang den einzigen Weg für sie darstellt. Sollten sie auch dort nicht fündig werden ... nun, was sie dann noch tun können, werden sie entscheiden müssen, wenn es so weit ist. Noch hat Abdo Hoffnung, der Quelle des Übels dort Herr werden zu können - und je mehr er darüber nachdenkt, desto mehr Sinn ergibt es, dass diese in der Nähe des Baches zu finden sein muss. Schließlich war das Wasser es auch, welches die Einwohner des Dorfes vergiftet hat.

Während er über diese Dinge nachdenkt, bekommt er nur am Rande mit, dass Tristan einmal mehr einen Vortrag über irgendwelche Bestrafungsmethoden dieser Mönche hält. Wieder einmal muss er feststellen, wie barbarisch viele der Rituale in diesem Lande doch sind. Wobei es wohl auch im alten Ya'Kehet Folter und ähnliches gegeben hat - einen Luxus, den man sich in Zeiten des Überlebenskampfes nicht mehr wirklich leistet. Als klar wird, dass Tristan viele der beschriebenen Instrumente am eigenen Leib erfahren hat, kann Abdo sich ein "Der Erfolg dieser Strafen scheint ja eher zweifelhaft zu sein, wenn man sich ansieht." nicht verkneifen.

Als er dem Redeschwall gerade Einhalt gebieten will, um die Gruppe nun doch in den anderen Gang zu führen, hört er aus der Zelle, die auf den ersten Blick völlig leer gewesen zu sein schien, ein Schluchzen! Sofort geht sein Blick dorthin, um erneut nachzusehen. Haben ihn seine Augen vorhin so im Stich gelassen? Oder jetzt seine Ohren? Auch der Dain hat doch gerade noch die Zellen untersucht. Vorsichtig nähert er sich der Stelle, aus der er das Geräusch wahrgenommen hat, und untersucht sie noch einmal genauer.[1]
Erst wenn seine Suche keinen Erfolg bringt, versucht er es mit Reden: "Hallo? Ist da jemand?"
 1. Wahrnehmung 16

Aeryn

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Der Weihort
« Antwort #364 am: 15.09.2017, 17:45:57 »
Den Ausführungen über die verschiedenen Sünden und wie man sie den Novizen durch Prügel mit verschiedenen Hölzern auszutreiben gedachte, folgt Aeryn mehr oder weniger aufmerksam. Es war durchaus interessant über solcherlei Sitten und Gebräuche zu erfahren. Plötzlich ein Geräusch.

"Habt ihr das auch gehört? Es scheint aus der Richtung der Zellen zu kommen. Aber die Zellen waren doch leer?" bemerkt die Waldläuferin, als sie das Schluchzen vernimmt. Sofort festigt sich der Griff um ihren Bogen, hier mussten sie jederzeit mit Gefahren rechnen.

Die Elbin ist sich sicher, dass sie niemanden in den Zellen gesehen hatte. Sie hatte zwar nur einen eher flüchtigen Blick hineingeworfen, aber eine Person wäre ihren Augen sicher nicht entgangen.

Sie hebt ein Stück Holz auf, das sie gerade in der Nähe entdeckt hat, und streicht sanft mit der Hand darüber. Sofort beginnt es zu leuchten, hell wie eine Fackel[1]. Mit dem Licht geht Aeryn näher in Richtung der Zellen, von wo sie das Schluchzen vernommen hatte, und blickt sich dabei aufmerksam um[2].
 1. Light (spell-like ability)
 2. Perception 26

Gaja

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Der Weihort
« Antwort #365 am: 17.09.2017, 16:19:03 »
"Ach, ich weiß nicht", erwidert Tristan leichthin auf Abdos Seitenhieb. "Der Sinn und Zweck der Prügelstrafe ist letztlich doch, demjenigen, der in ihren Genuss kommt, das Gewissen zu erleichtern, und ein reines Gewissen habe ich eigentlich immer." Da bemerkt er jedoch, dass sein Weib ganz blass geworden ist. Von einer plötzlichen Schwäche ergriffen schwankt sie gar und taumelt in Richtung Tür. Sofort ist er an ihrer Seite. "Was ist dir, Lîf? Du wirkst, als hättest du einen Geist gesehen."

Und damit verfehlt er das Ziel nur knapp: statt 'Geist' hätte er 'Traumgestalt' sagen müssen, um es zu treffen. Je länger Lîf die schreckliche Kammer betrachtet, und sei es auch nur aus den Augenwinkeln, desto sicherer weiß sie: der Ort gleicht nicht nur jenem aus ihrem Alptraum, es ist derselbe! Damit auch die Perspektive stimmt, müsste sie lediglich in eine der beiden Zellen treten und sich den geliebten Mann auf dem Tisch dort ausgestreckt denken, während ein Gehilfe des 'Beichtvaters' ihn blutig prügelt! Derart aufgewühlt nimmt sie das Schluchzen kaum wahr, das aus der Zelle dringt, hält es vielmehr für eine Erinnerung an ihren Traum oder fürchtet, es sei ihrer eigenen Kehle entschlüpft.

Auch ihrem Gatten, der beruhigend einen Arm um sie legt, entgeht das Geräusch. Die restlichen Gefährten aber schreckt es gründlich auf.

Abdo und Aeryn treten sofort an die Zelle heran, aus welcher sie den Schluchzer gehört haben wollen, und suchen darinnen jeden Fußbreit mit ihren Blicken ab. (Von außen, denn die Zelle ist ja verschlossen.) Dazu hat Aeryn sich eine der Ruten geschnappt, die Linde[1], und deren Spitze zum Leuchten gebracht, sodass sie damit weit durch die Stäbe hindurch in die Zelle hineinleuchten kann. Gerade, als Abdo neben ihr fragt, ob dort jemand sei, stößt die Elbin mit ihrem leuchtenden Stecken auf einen Widerstand.

Ist es Abdos Frage, der die Aufmerksamkeit der restlichen vier auf die Zelle richtet, oder Aeryns Zauber? (Die Offenbarung, dass auch die Elbin zaubern kann, kommt für die Gefährten durchaus überraschend, hat sie dies auf der Reise doch kein einziges Mal getan. Für einen Fremden in Dalaran mag es gar so anmuten, als könnten hierzulande alle Weiber, ob Elbin oder Menschenfrau, zumindest Licht herbeizaubern und unterschieden sich lediglich darin, ob sie es vorziehen, einen Kamm, ein Langmesser oder einen Holzstecken zum Glühen zu bringen.)

Einen atemlosen Augenblick starrt also alles die leere Zelle an—dann flimmert darin kurz die Luft, gleitet leise rauschend eine Decke aus grobem Sackstoff zu Boden, dann steht eine dunkelhaarige, weißhäutige, wunderschöne und gänzlich nackte junge Frau vor ihnen.

Rogar und Freydis erkennen sie sofort, auch wenn sie in ihrer Zelle ganz anders erscheint als das Traumbild, das ihnen so unbekümmert, so aufreizend und verspielt, dazu selbst ganz und gar verträumt anmutete: dasselbe Weib steht verängstigt, bedrückt, mit großen, rotgeweinten Augen vor ihnen. Und die beiden erinnern sich an das vorherrschende Gefühl in ihrem Traum: eingesperrt, lebendig begraben, keine Luft zum Atmen haben! Und an das eine Wort, das ihnen beim Aufwachen im Sinn nachhallte: Hilfe.

Doch selbst eingesperrt und verschreckt ist die junge Frau noch immer strahlend schön, dass jeglichem Betrachter, ob Mann oder Weib, erst einmal der Atem stockt.[2]

Aeryn zieht erschrocken ihren Leuchtstecken zurück und starrt die Gestalt mit offenem Mund an. Wie kann jemand nur so schön sein! Eine Menschenfrau gar! Bisher ist Aeryn noch nie auf die Idee gekommen, sich mit einer solchen zu vergleichen, davon ausgehend, dass Elbinnen in jedem Fall hübscher seien, graziler, anmutiger, gewandter—aber diese Frau hier ist alles davon und könnte, selbst in ihrer Lage noch, jegliche Elbin darin übertreffen. So schön ist sie, dass man selbst am liebsten im Boden versinken will vor Scham, weil man so hässlich ist, so plump und ungelenk, so unförmig... die Nase zu lang, die Ohren zu kurz, der Mund zu breit, der Hintern erst recht, die Brust zu flach, der Bauch zu fett, die Augen zu weit auseinander, die Haare zu rot, die Haut zu gebräunt... Die Gedankenkette reißt nicht ab und Aeryn wird immer mutloser dabei. Wie soll sie jemals einen Gefährten fürs Leben finden, wenn sie so hässlich und unzulänglich ist?[3]

Abdo erschrickt zwar auch, als plötzlich eine so schöne nackte Frau vor ihm auftaucht, aber er bewahrt in jeder Hinsicht Haltung. Vielleicht ist er Lîf in diesem Moment dankbar, dass sie in ihrer Verwirrung am frühen Morgen so unbedacht aufgesprungen ist und ihn dadurch auf eine solche Situation vorbereitet hat. Der Unterschied ist freilich, dass ihr die Decke aus Versehen von den Schultern glitt, das Weib vor ihm aber ihre Hüllen mit Absicht hat fallen lassen.

Auch Rogar starrt die Erscheinung mit offenem Mund an. Was für ein wunderschönes Wesen! Und so hilflos! Er muss ihr helfen! Und wenn es das letzte ist, was er auf dieser Welt tut. Ja, er ist verheiratet, woher kommt dieser Gedanke bloß, der tut doch nichts zur Sache! Er will diesem armen Kind ja bloß helfen. Welcher Grobian hat sie bloß eingesperrt? Den sollte man gleich da über den Tisch ziehen und ordentlich verprügeln. Verprügeln... oh weh... man hat sie doch nicht... das arme, zarte Wesen? Man wird sie doch nicht...? Eine solche Unschuld, wer wollte sie denn... wofür...? Sie auch nur einer Untat zu verdächtigen... wie absurd! Unschuldsreines Ding![4]

Ebensowenig wie der Zwerg kann Tristan seine Augen von der fremden Frau abwenden. Auch die Gedanken, die ihm durch den Kopf gehen, mögen ähnliche sein. Auf seiner Miene vermischt sich allerdings noch so einiges mehr: Anbetung dieses wunderschönen Geschöpfes, fast könnte man denken, er sinkt gleich mit einem Seufzer vor ihr auf die Knie, vergessen das eigene Weib neben ihm! Dazu glimmt ein begehrliches Feuer in den Tiefen seiner Augen: wäre man allein, er mit ihr, und ermutigtete sie ihn auch nur mit einem Wink, einem leichten Deuten ihres Kopfes, sofort wäre er bei ihr, auf ihr, in ihr! Zuletzt ist da noch ein stiller Zorn: auf die, welche das schöne Kind hier einsperrten und ihr wehewollten. Eine Hand ist am Schwertgriff: sollen sie nur kommen, er wird sie alle niedermähen!

Lîf und Freydis bleiben dagegen so gelassen wie der Ya'Keheter. Die Berührte vielleicht deshalb, weil sie sich aus Schönheit so gar nichts macht? Weil sie seit einem Alter, wo diese für Mädchen wichtig wird, ganz andere Sorgen hatte? Überhaupt niemals auf diese Weise sich mit ihren Geschlechtsgenossinnen gemessen hat? Welche Hoffnung darf sie sich schon auf einen Ehegatten machen, oder auch nur auf einen Liebhaber? Und wer braucht so etwas schon! Lîf dagegen scheut den Vergleich mit der dunkelhaarigen Schönen aus ganz anderem Grund nicht. Sie weiß genau, wie verschieden die Geschmäcker der Männer sind. Da mag es solche geben, die sich eine Unschuld wünschen, die es mögen, wenn ein Weib hilflos tut und sich an ihn klammert wie an ihren Retter, aber ihr eigener ist nicht so! Er liebt sie so, wie sie ist! Was hat sie sich als frischgebackenes Eheweib gesorgt, sie sei nicht hübsch genug für ihn, zu flachbrüstig, zu schmal, nicht genug zum Zupacken, wie gründlich aber hat Tristan ihr derlei Bedenken ausgetrieben! Gut, der Blick, mit welchem er gerade die nackte Fremde betrachtet, könnte ein Eheweib verletzen, sie in Zweifel stürzen—nicht aber Lîf! Sie weiß, dass sein Herz nur ihr gehört, treu bis zum Tode. Wenn er also derart auf die da in der Zelle reagiert, dann kann ja wohl nur ein Zauber im Spiel sein. So wie er selbst die Menschen mit seiner Stimme in den Bann zieht, so zieht wohl das Weib dort die Mannsbilder in ihren Bann mit ihrer Schönheit! Richtig, der Zwerg schaut ähnlich drein. Die Frage ist nun: macht sie es absichtlich? Oder ist sie so ahnungslos in dieser Sache wie Tristan...?

Auch Freydis kommt zum selben Schluss: die Frau in der Zelle ist von einem Zauber umgeben. Kein Wunder haben die Mönche das arme Weib hier eingesperrt.
 1. Zufallswurf, s. hier; anderere Holzstücke gibt's hier nicht
 2. Staggering Beauty, will save vs. 18, eine supernatural ability, charm/mind-affecting.
Freydis, Lîf: um 8 übertroffen (nat. 20); Abdo: um 5 übertroffen. Versemmelt: Tristan (um 13), Aeryn (um 10), Rogar (um 2).
So wie auf dem Bild sieht die Dame natürlich gerade nicht aus, aber so ist sie Freydis und Rogar im Traum erschienen. Es ist eindeutig dieselbe.
 3. Aeryn ist so mit dem Aufzählen ihrer Unzlänglichkeiten beschäftigt, den Vergleichen mit der wesentlich hübscheren Gefangenen, dass sie in ihren Aktionen eingeschränkt ist (staggered = nur eine Aktion pro Runde, wenn man im Rundenmodus wäre); außerdem erhält sie einen -2 Moralmalus auf alle Fertigkeiten wegen mangelnden Selbstvertrauens.
 4. Rogar ist charmed. Er will der Frau helfen, sie aus ihrer schrecklichen Lage befreien, sie beschutzen. Ansonsten ist er aber Herr seiner Sinne. Er verliert auch nicht seinen Verstand, eigenen Willen oder Denkfähigkeit. Er steht NICHT unter ihrem direkten Befehlsgewalt. (Tristan geht's ebenso.)
« Letzte Änderung: 18.09.2017, 15:14:16 von Gaja »

Abdo al'Mbabi

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Der Weihort
« Antwort #366 am: 18.09.2017, 12:41:46 »
Aeryns bestätigt Abdos frühere Vermutung, dass dieses Land so anders ist als seine Heimat: Nach und nach scheint jeder seiner Gefährten übernatürliche Fähigkeiten zu demonstrieren, so nun auch die Elbin. Es schockiert ihn schon nicht mehr, lässt ihn jedoch mit einem immer stärkeren Gefühl der Machtlosigkeit zurück. Vielleicht aber auch bedeutet es einen Hoffnungsschimmer im Überlebenskampf seines Volkes: Vielleicht lassen sich diese Künste erlernen, und bringen die Wende im Kampf, zumal wenn sie nicht wie hier verschwendet werden, sich untereinander zu bekämpfen, statt eine gemeinsame Front gegen das Böse zu bilden.

Die Zelle scheint zunächst leer zu sein, trotz des Geräusches, das klar wahrnehmbar gewesen ist. Doch plötzlich erscheint aus dem Nichts eine Gestalt - eine Wahnfigur, so nimmt Abdo zunächst an, bis er die Reaktion seiner Gefährten bemerkt, die sie offenbar auch sehen. Nackt ist sie, natürlich; also wollte Aris ihn und seine Keuschheit wieder und wieder auf die Probe stellen. Diesmal jedoch hält Abdo dem Anblick stand und wendet sich nicht ab. Zumal hier etwas nicht mit rechten Dingen vorgeht: Seine Gefährten scheinen im wahrsten Sinne des Wortes verzaubert zu sein von dem Wesen. Und der Ya'Keheter weiß nur zu gut, dass eine verführerische Hülle längst kein Zeichen für ein gutes Inneres sein muss. Vieles hier im Kloster zeigt, dass die Mönche nicht immer reinen Herzens gehandelt haben können. Und doch: Bedeutet dies, dass jedes Wesen, das hier im Kerker sitzt, automatisch gut ist? Mit Sicherheit nicht!

Abdo hält den Blick fest auf die Augen der (scheinbaren) Frau gerichtet. "Wer bist du? Wie bist du hierher gekommen?" Gleichzeitig stellt er sich so vor die Zellentür, dass den anderen der Weg versperrt ist, sollten sie diese voreilig öffnen wollen.
« Letzte Änderung: 18.09.2017, 12:42:32 von Abdo al'Mbabi »

Lîf

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Der Weihort
« Antwort #367 am: 18.09.2017, 15:02:28 »
Die Erkenntnis, dass sie tatsächlich in derselben Albtraumkammer steht, von der sie auch geträumt hat – oder war es eine Vision, die die Groß Mutter schickte? – lässt Lîf nochmals wanken. Als Tristan sie in den Arm nimmt, krächzt sie tonlos: "Dieser Raum... ich kenne ihn..! Ich habe ihn schon einmal gesehen..." Ihre Erinnerung erweist sich als großes Hemmnis, sich überhaupt noch weiter hier umzusehen, hat man hier doch ihren Mann auf unsägliche Weise gequält![1] Erst als die anderen Gefährten sich der bewussten Zelle nähern, fokussiert sich ihr herumirrender Blick wieder, und sie fährt erstaunt zurück. Da ist doch etwas – aber diese Zelle war doch eben noch leer?! Oder hat sie nur nicht so genau hingesehen, weil das Grauen sie überwältigte..?

Dann fällt ihr die Fremde ins Auge, und ganz unwillkürlich schaut sie in die Runde ihrer Begleiter, kann man doch die Aura, die von diesem Weib ausgeht, beinahe mit Händen greifen. Und richtig: Die Mannsleute starren sie an wie eine Erscheinung – die sie womöglich sogar sein mag – jeder! Bis auf Abdo, der vielleicht andere Begriffe von Schönheit und Charisma hat. Wer weiß, wie es in seiner Heimat aussehen mag. Immerhin, stellt Lîf erleichtert fest, einer von den Männern, der seine Sinne beisammen behält. Sie kann es nicht einmal ihrem Tristan verdenken, dass er das geheimnisvolle Weib mit Blicken zu verschlingen droht, tut es ihm doch Rogar fast gleich. Und... nanu?! Aeryn gar, die sich fast ebenso sehr von den Menschen unterscheidet wie der Zwerg..? Ja, tatsächlich: sogar ihr Mund steht offen! Lîf schluckt. Der Zauber, der dieses Wesen umgibt, muss stark sein, wenn er sogar andere Weiber in seinen Bann zieht...

Dennoch: Abdo und Freydis scheinen ebenso wenig wie sie selbst von diesem Bann betroffen. Und Lîf muss zwar zugeben, dass sie eine ungemein starke Aura spürt, doch kann diese ihre Sinne nicht im Geringsten verwirren. Im Gegenteil: Die Ablenkung von der Zelle und ihrem grässlichen Traum helfen ihr eher dabei, sich wieder aufzuraffen. Besonnen legt sie ihre Hand auf die Tristans, mit der er schon den Schwertgriff gepackt hält, als gelte es, Horden von Feinden niederzumetzeln, und mustert die aus dem Nichts Erschienene eingehend. Ein Zauber muss sie in der Tat umgeben... doch was ist sie? Eine Zauberin, eine Fee..? Sie tritt schweigend neben Abdo und schaut durch die Gitterstäbe.
 1. Angesichts ihres Nachteils ("Zuneigung: Tristan") halte ich es für plausibel, dass sie das ziemlich erschüttert.

Rogar, Apothekarius

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Der Weihort
« Antwort #368 am: 20.09.2017, 21:57:18 »
Die Ablenkung, die Freydis während seiner Untersuchung darstellt durch das huschende Licht und die Fragen, kommentiert Rogar nicht und seine zusammengezogene Stirn / -n Brauen könnten auch von der Konzentration stammen. Jedoch beantwortet er sie gewissenhaft, so auch die nach dem Wasser: "Mein Eindruck ist eher, das niemand den Aufwand gemacht hat, es auszusperren oder den Zufluss unabhängig vom Wasserstand des Baches zu machen." Der Rest der kruden Konstruktionen bestätigt den Eindruck des Dain, dass dies nachträglich von Menschen - und eher nachlässig und in Eile - geschaffen worden ist. Er lauscht Tristans Beschreibungen, die ihn zwar an die Strafregister seines Volkes erinnern, aber nicht die Gründe und erst recht nicht die lächerliche `Pseudo-Wissenschaft` dahinter. Das angedeutete Durchhaltevermögen der 'Sündigen' vermittelt allerdings das Bild einer widerstandsfähigeren Spezies, als er es ihnen zugetraut hat.

Lifs Aufbruchswunsch will der Apothekarius gerade widersprechen, denn er hat seine Untersuchung noch nicht abgeschlossen, als ein anderes Geräusch ihn herumfahren lässt. Und ihn erstaunt - endlich hat er seine Frau gefunden, sie war noch nicht außer Reichweite! Bevor er seine Gedanken in Handeln umsetzen kann, merkte er allerdings, das es irgendwie nicht passt. Hat er nicht geträumt? Und war nicht Rika seine Lady? Während sein Verstand noch versucht, die Dinge zu sortieren und ein fürchterlicher Verdacht aufkommt, übernimmt ein anderer Teil von ihm nach etwas Zögern leider immer noch schneller das Handeln. Mit einem grollenden Grummeln warnt er den dunklen Krieger noch vor, bevor er seine Axt ein beide Fäuste nimmt, und ihn aus dem Weg zu schubsen versucht. Als das nicht gelingt und er registriert, wie er auf ihn losgeht, protestiert Rogar: "Hey, hey, gemach, gemach, ich will ihr doch nichts tun, sie nur befreien!"
« Letzte Änderung: 22.09.2017, 20:26:54 von Rogar, Apothekarius »

Freydis

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Der Weihort
« Antwort #369 am: 21.09.2017, 00:46:16 »
Freydis nimmt Tristans Erklärungen zum Zweck der Ruten mit einer Mischung aus Unglauben, Verwunderung  und kaum verhohlener Verachtung zur Kenntnis. Sicher, Kinder müssen gelegentlich gezüchtigt werden, wie sonst sollen sie lernen, für die Folgen ihrer Taten einzustehen und sich an Regeln, Gebote und Gesetze zu halten.
Aber Menschen für ganz normale Gefühlsregungen und Handlungen mit Ruten verdreschen? Und warum sollte ein normaler Mensch der sein verhalten bereute eine Tracht Prügel mit einer dieser Ruten brauchen, nur um zu dem völlig normalen und logischen Vorsatz zu kommen sein Verhalten nicht zu wiederhohlen und möglicherweise Wiedergutmachung zu leisten.
Und wie Abdo ganz richtig anmerkt: funktionieren tut das mit den Ruten offenbar auch nicht besser.

Rogars Antwort bezüglich des Wassers nimmt sie mit Erleichterung zur Kenntnis, für einen kurzen Moment hatte sie sich ausgemahlt wie es wohl wäre, wenn die Wand plötzlich nachgebe und die Gefährten unter einer Mischung aus eisigem Wasser und Felsen begraben würden.

Das auch Aeryn den Lichtzauber beherscht verwundert die Berührte weniger als die meisten anderen:  Bücher und Geschichten erzählen oft von der Magie des "schönen Volkes". Auch wenn da viel dramaturgische Übertreibung und menschliches Vorurteil drin stecken mag, sie hatte schon immer angenommen, das es dahinter einen wahren Kern gibt. So sehr wie die Elben im Einklang mit Gajas Schöpfung leben, wäre es eher überraschend, wenn es bei ihnen keine entsprechung zu den menschlichen Druiden gäbe.

Ob der so völlig veränderten Umstände dauert es einen Moment ehe Freydis begreift woher sie die Schönheit in der Zelle kennt.
Sie erinnert sich an das unbekümmerte verspielte Wesen in ihrem Traum und an den Hilfeschrei am Ende. Zwar erkennt sie, dass wohl ein Zauber auf der Gefangenen liegt, oder von ihr ausgeht, aber sie kann sich nicht vorstellen, dass das Wesen wirklich gefährlich ist, zumal Tristans Erklärung bezüglich der Ruten und die offensichtliche Magie naheliegende Gründe dafür liefern, dass die Mönche sie hier eingekerkert haben. Und so ist, obwohl sie dem Zauber nicht erliegt, Freydis erster Impuls die Frau aus ihrer Zelle zu befreien.
Aber wenn dieses Wesen durch viele Schritt Stein hindurch in ihre Träume eindringen konnte ist sie vielleicht um ein vieles gefährlicher als sie erscheint.
Sie kann sich nicht entsinnen in Büchern oder Geschichten von ähnlichem gehört oder gelesen zu haben.
Aber noch bevor sie ihre Gefährten vor der Magie warnen kann geht Rogar auf die Tür los und beginnt, als Abdo ihn aufhalten will eine wilde Rangelei mit dem Yakheter.
Freydis hat zwar davon gelesen, das einige Berührte die Fähigkeit besaßen die Zauber anderer Berührter zu stören oder gar aufzuheben, aber sie beherrscht das bislang nicht. Und selbst wenn, wer weiß ob das gegen dieses Wesen funktionieren würde. Also bleibt ihr nur die anderen zu warnen: "Es ist Magie! Lasst euch nicht täuschen. Sie ist weder so schön noch so hilflos wie sie scheint."
« Letzte Änderung: 21.09.2017, 19:57:13 von Freydis »
"The storm is up, and all is on the hazard."

William Shakespeare, Julius Cæsar (1599), Act V, scene 1, line 67.

Aeryn

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Der Weihort
« Antwort #370 am: 22.09.2017, 09:14:53 »
"Sie ist wunderschön, nicht wahr?" antwortet Aeryn auf Freydis warnende Worte und hält sich die Hände vor's Gesicht, um sich zu verstecken.

Von den Rangeleien zwischen Abdo und Rogar scheint sie garnichts mitbekommen zu haben, oder zumindest reagiert sie nicht darauf.

Überhaupt wirkt sie im Moment ziemlich antriebslos, sie weiß auch tatsächlich nicht so recht, wie sie mit der Situation umgehen soll. Am liebsten würde sie verschwinden und sich irgendwo verstecken, aber irgendwo im Unterbewusstsein taucht immer wieder das Wort 'Gefahr!' auf, wenn sie daran denkt. Daher steht sie derzeit einfach nur da und murmelt ab und an etwas vor sich hin, in einer Sprache, die wohl niemand der Anwesenden zu verstehen mag. Die Worte klingen schön, melodisch, aber auch irgendwo melancholisch und traurig.

Abdo al'Mbabi

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Der Weihort
« Antwort #371 am: 22.09.2017, 11:51:11 »
Während Abdo an den Gitterstäben steht und auf eine Antwort der Frau wartet - oder dessen, was wie eine Frau aussieht - bemerkt er zunächst gar nicht, wie Rogar von hinten an ihn herantritt. Gerade als er den Dain, den er bisher als ruhigen und bedächtigen Mann kennengelernt hat, nach seiner Meinung fragen will, sieht er den glasigen Blick in dessen Augen, und kann sich gerade noch entgegenstemmen, als Rogar ihn plötzlich versucht, zur Seite zu schieben - offenbar völlig hingerissen von dem Wesen hinter den Gitterstäben.

Obwohl der Dain all seine Kraft einsetzt und Abdo kurz davor ist, das Gleichgewicht zu verlieren und den Weg zur Zelle frei zu machen, schafft er es mit letzter Kraft doch noch, Rogar zurückzuhalten.[1] Stattdessen versucht er, den kleinen Mann zu packen, um ihn wieder zur Besinnung zu bringen, und auch wenn die massive Rüstung es schwierig macht, einen guten Griff anzusetzen, gelingt es dem Ya'Keheter doch schließlich[2], und so stehen die beiden im gegenseitigen Griff da - Rogar, der vergeblich versucht, sich zu befreien, und Abdo, der nicht lockerlassen kann, ohne Gefahr zu laufen, dass der Dain sofort wieder versucht, die Zellentür zu öffnen.

"KOMM ZU DIR, MANN!" schleudert der Dunkelhäutige seinem Gegenüber entgegen. "Was ist los mit dir? Ein Mannsbild wie du wird doch nicht wegen einer Frau den Verstand verlieren!"
 1. Bullrush knapp nicht gelungen
 2. Grapple gelungen

Lîf

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Der Weihort
« Antwort #372 am: 22.09.2017, 12:36:14 »
Lîf hat mit wachsender Verwunderung registriert, wie stark der Einfluss der Fremden auf einige in der Gruppe sein muss. Freydis' Warnung bedarf es da gar nicht mehr, ihr klarzumachen, dass es hier mit nicht alltäglichen Kräften zugeht. Im Gegensatz zu der Berührten geht die junge drudkvinde aber nicht automatisch davon aus, dass das Wesen ihnen schaden will. Vielleicht handelt es sich um einen Naturgeist, um eine Verkörperung einer Macht, die dem Schoß von Mutter Erde entsprungen ist und deren Anblick nicht für die Augen Sterblicher gedacht ist - nun, jedenfalls nicht sterblicher Mannsleute!

In dem Bemühen, die mit einem Mal so chaotische Situation zu überschauen, löst sie sich von dem Anblick der Gefangenen, ignoriert die leichte Übelkeit, die sie wieder überkommt, und schaut zuerst zu Aeryn. Die Elbe wirkt so seltsam abwesend... doch während die beiden Männer an der Gittertür miteinander ringen, scheint sie zumindest nicht akut in Gefahr zu schweben, eine Dummheit zu begehen. Die junge Frau wendet sich daher Rogar und Abdo zu, nähert sich ihnen mit erhobenen Händen und ruft: "Um Gayas Willen - nehmt Vernunft an! Rogar! Besinnt Euch doch, was ist in Euch gefahren? Handelt so ein besonnener Mann?!" Auf diese Weise hofft sie, den Zwerg womöglich bei seiner Ehre packen zu können. Immerhin schien er bislang äußerst zuverlässig.

Abdo ruft sie zu: "Versucht ihn zu beruhigen!" Dann tritt sie noch näher auf das unirdisch schöne Wesen zu - soweit es ihr möglich ist, ohne an die Kämpfenden zu geraten - und sagt durch das Gitter hindurch: "Wer immer du bist: Gib unsre Männer aus deinem Bann frei, bitte! Wir können dir sonst nicht helfen!"[1] Vielleicht merkt die Fremde ja gar nicht, was sie anrichtet?
 1. Lîf versucht sie mit einer 24 auf Diplomatie/natürlichen 20 zu überzeugen.

Rogar, Apothekarius

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Der Weihort
« Antwort #373 am: 22.09.2017, 20:42:03 »
Mit ziemlichen Erstaunen stellt der Dain nicht nur fest, wie er sich nicht gegen den Menschen wehren kann, wie er von ihm und der Heilerin übelst beleidigt wird[1] - wo sie nur froh sein können, dass er dies, da es nur in Suli kam, nicht korrigieren muss, und vor allem, wie sie dem armen Wesen Vorwürfe machten. Was war nur in die alle gefahren. In seiner Sorge, das hier das völlig falsche geschieht, lässt er die Axt fallen und grummelt zurück: "Das sollte ich eher euch fragen?! Wo ist eure Ehre, eure hehren Ziele vom Beklämpfen von Unrecht und Hilfsbereitschaft geblieben?! Nicht nur lasst ihr sie in ihrer üblen Lage - wer weiß, was ihr angetan wurde - nein, ihr haltet andere von der Hilfe ab und bedroht sie weiter. Wer ist hier der Unmensch, der ihr nicht einmal die Möglichkeit gibt, ihre Blöße zu bedecken und sie stattdessen mit seinen Blicken belästigt?" Mit den Worten war die Wut kaum zu überhören. Mit einem kurzen Griff zieht er ein kleines Fläschchen aus Metall hervor, schnippst den Verschluss auf und kippt sich etwas in den Mund. Abdo kann etwas alkoholisches riechen, begleitet von so üblem anderen, dass es eigentlich nur giftig sein kann. Kurz erschlafft sein Opfer, dann reißt es unter Grollen mit einer solchen Gewalt an der Umklammerung, das er sich eigentlich diverse Gelenke und Muskeln zerreißen müsste. Rogars Kraft scheint in der Verzweiflung wesentlich größer geworden zu sein und er ignoriert jeden Schmerz.
 1. Nachteil Stolz getriggert
« Letzte Änderung: 22.09.2017, 21:14:07 von Rogar, Apothekarius »

Tristan

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Der Weihort
« Antwort #374 am: 23.09.2017, 10:46:54 »
"Was? Wie sollte das gehen?" bekommt Tristan gerade noch an Lîf gerichtet heraus—da ist's um ihn geschehen. Langsam nähert er sich der schönen Frau; sein Weib, bemerkt er wohl, weicht ihm dabei nicht von der Seite, die treue Seele. "Oh, das ist sehr seltsam, Lîf", findet er. "Erst erzählst du mir, der Kerker hier käme dir bekannt vor, und gleich darauf ergeht's mir wieder so wie vor zwei Jahren, als ich dich das erste Mal sah. Lass uns dem armen Mädchen helfen, ja?"

In Gedanken ist er bereits weiter. Ein Plan beginnt sich zu formen. Natürlich müsste Lîf ihre Einwilligung dazu geben, aber warum sollte sie das nicht? Sicherlich würde auch sie sich freuen, eine solch reizende neue Freundin zu haben. Schwestern könnten die beiden werden. Dann bliebe nur noch die Frage: Gibt es in Fersland auch die Sitte, dass ein Mann sich zwei Eheweiber nimmt? Gerade will er sich bei Lîf danach erkundigen, da platzt Freydis mit ihrer lächerlichen Warnung heraus.

"Es ist Magie, lasst euch nicht täuschen!" höhnt Tristan. "Wie, so ein Spruch kommt von dir? Ausgerechnet von dir? Du würdest das arme Mädchen hier in der Zelle der Mönchlein verrotten lassen, deren einzige Missetat war, dass sie sich von einem der ihren hat herzen und liebkosen lassen?" Er nickt in Richtung Tisch, auf welchem noch die Haselrute liegt, die er vorhin aufgehoben hat. "Zu einer solchen Tat wärst du also fähig, erwartest aber von uns, dass wir dir trauen? Nicht schön sei sie in Wirklichkeit, da sieht man wohl, woher der Wind weht: neidisch bist du bloß!"

Da geraten aber auch schon der Zwerg und Abdo vor der Zellentür in ein Gerangel. Offenbar wollen beide derjenige sein, der die Schöne befreit und so ihre Gunst gewinnt. Da nutzt man doch am besten flink den Streit der beiden, indem man selbst vorprescht und sich um die Sache kümmert! Doch ausgerechnet sein eigenes Weib tritt ihm in den Weg. Wie, begreift sie denn gar nicht...?

"Lass mich, Lîf, siehst du denn nicht, wie schön es werden könnte mit uns dreien?" Auf sie losgehen wie der Zwerg auf Abdo will Tristan aber nicht. Sie ist doch sein Weib. "Ich hab' euch doch beide lieb, die eine ganz genau so sehr wie die andere!"

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