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Autor Thema: Der Weihort  (Gelesen 129472 mal)

Beschreibung: Die Seuche von Ansdag

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Gaja

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Der Weihort
« Antwort #375 am: 23.09.2017, 13:52:47 »
Als Rogar mit erhobener Axt auf die Zelle zustürmt, stolpert die schöne Gefangene mit einem entsetzten Aufschrei zurück. An die hintere Wand drückt sie sich schutzsuchend, als die beiden ringenden Männer gegen die Gitterstäbe krachen. Den Wortwechsel verfolgt sie hin- und hergerissen zwischen Hoffnung und Verzweiflung. Freydis' Warnung, wohl wegen der enthaltenen Beleidigung, lässt sie wütend mit dem Fuß aufstampfen, Aeryns Lob dagegen freudig lächelnd zwei Schritte auf die Elbin zumachen. Lîfs Ansprache bringt sie erneut zum Halt. Sie legt den Kopf schief und scheint zu überlegen. Ihr Blick zuckt zwischen der eskalierenden Situation und der jungen Heilerin hin und her.

"Helft mir", fleht sie, gerade als Tristan dazutritt, den sie nur kurz anschaut, bevor sie all ihr Bemühen auf Lîf richtet. Sie kommt ganz nah an die Stäbe heran. "Bitte, bitte lass mich hier raus! Ich will doch bloß hier raus! Wo ist Uther? Warum hat er mich nicht längst befreit? Ist ihm etwas zugestoßen? Niemals würde er mich sonst im Stich lassen! Er hat geschworen, uns vor dem verrückten Abt zu beschützen, mich und meine Schwestern, und sogar unsere Nachtschwester! Ich habe nichts Unrechtes getan, keine von uns, so ist die Abmachung!"

Etwas verwirrt schaut sie, als der Zwerg etwas von 'Blöße bedecken' und 'mit Blicken belästigen' schreit, und zuckt erneut zusammen, als er darauf erschreckend wild wird.

"Blöße? Belästigen? Das waren die Mönche. Sie haben mir mein Kleid weggenommen und nur den dreckigen Sack da gelassen. Flittchen, nannten sie mich, Luder, Metze, Kokotte, Gewerblerin, Dirne, leichtes Mädchen—mich! Ich habe nie etwas anderes getan als denen zu helfen, die verzweifelt zu mir kamen mit Bitten und Geschenken, ob ich ihnen nicht raten könne, was sie tun sollen, was sie erwartet, wenn sie das erste Mal ihr Lager teilen, oder, wenn's ein Bursche ist, ob ich ihnen nicht zeigen wolle, was einer Frau gefällt, womit sie ihr am meisten Freude machen. Der Werk der Großen Mutter tue ich und dafür sperren die verrückten Mönche mich ein! Bitte lasst mich raus, ich ersticke hier drin unter der ganzen Erde. Der halbe Berg drückt auf uns, spürst du das nicht?"

Freydis

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Der Weihort
« Antwort #376 am: 24.09.2017, 17:39:57 »
Bei Tristans Worten vergisst Freydis für den Moment, dass der Rûngarder höchst wahrscheinlich unter
dem Einfluss der Schönheit in der Zelle spricht. So ungeheuerlich und ungerecht ist der Vorwurf.
Es gibt Zeiten und Umstände unter denen die Albionerin wohl versucht hätte ihren Zorn herunterzuschlucken und die Unterstellung hingenommen hätte. Aber nicht hier, und nicht von diesem dahergelaufenen Rûngarder Piraten mit seiner offensichtlichen Sympathie für diesen absurden arroganten Eingott-Glauben.
Mit plötzlich himmelblauen Augen fährt sie zu dem Barden herum, das plötzlich noch heller leuchtende Langmesser drohend erhoben.
"Wie kannst Du es wagen Du da hergelaufener Rûngarder Abschaum!" zischt sie ohne eine Spur ihrer üblichen Reserviertheit. "Vielleicht bin ich eiffersüchtig auf das normale Leben, das jemand wie ich nie haben kann. Aber ich habe nie behauptet, wir sollten sie da drin lassen. " blanker Sarkasmus mischt sich in den Zorn "anders als die Mönche für die Du ach soviel Verständnis aufbringst." sie schnaupt verächtlich.  "und Vertrauen habe ich noch nie von Fremden erwartet! Nicht mehr, seit ich weiß was ich bin. Niemand traut einer Berührten je wirklich. Weis doch jedes Kind in ganz Dalaran. Wir sind zu gefährlich zu unberechhenbar. Wieso sollte ich da die Ausnahme sein?"
Sie hätte ihn wohl als nächstes gefragt wie er  auf die Idee kommt Vertrauen von ihr zu erwarten. Als ob eine Albionerin, jemals einem Rûngarder Piraten vertrauen würde. Aber sie wird von den flehenden Worten der Gefangenen abgelenkt. Immernoch kochen vor Wut, und ohne Tristan eines weiteren Blickes zu würdigen, öffnet sie mit mehr Kraft als notwendig die Silberfibel die ihren tiefblauen Mantel an der rechten Schulter geschlossen hält und reicht das Kleidungsstück durch die Gitter. Mit einem mal ist ihre Stimme warm und mitfühlend, aber bestimmt. "Bedeck dich ersteinmal, damit unser Mannvolk wieder mit dem richtigen Körperteil denken kann!  Dann hohlen wir Dich da raus. Was deinenen Uther anbelangt, " die Berührte ist sich ziemlich sicher von welchem Uther hier die Rede ist und ihre Stimme wird um einiges zynischer. "falls Du Uther Villag meinst, dem ist nichts passiert. Aber wenn Der weiß dass Du hier bist hatte er es nicht gerade eilig Dich hier rauszuholen als wir ihn das letzte mal gesehen haben."
Sie erinnert sich nur zu gut, dass der junge Adelige sie nur deshalb überhaupt zum Kloster hat ziehen lassen, weil sie sich auf Fürst Ayrins Befehl berufen konnten. Keine Spur eines Bedürfnisses die Ereignisse im Kloster zu überprüfen geschweige denn, seine Geliebte zu befreien, falls er überhaupt weis, das sie hier eingesperrt ist.  Dieses Wesen ist offenbar nicht nur überirdisch schön sondern auch noch erstaunlich naiv. Keinen Finger wird der Prinzling für sie rühren, nicht wenn ihn der Skandal seinen künftigen Titel und den Gerhorsam seiner Ein-Gott-Gläubigen Untertanen kosten kann. Schwur hin oder her.
Erst jetzt, wo ihre Wut wieder etwas abgekühlt ist, kommt sie dazu die anderen Worte der Gefangenen zur Kenntnis zu nehmen. "und warum haben die Mönche nur Dich und nicht auch deine Schwestern erwischt?""und was muss ich mir unter einer Nachtschwester vorstellen?"
« Letzte Änderung: 24.09.2017, 17:44:59 von Freydis »
"The storm is up, and all is on the hazard."

William Shakespeare, Julius Cæsar (1599), Act V, scene 1, line 67.

Aeryn

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Der Weihort
« Antwort #377 am: 24.09.2017, 22:52:16 »
Aeryn lauscht gespannt den Worten der jungen Frau, während sie versucht den Rest eher auszublenden, den sie im Moment eher als chaotisches Rauschen wahrnimmt. Sie horcht auf, als sie sagt, dass die Mönche ihr die Kleidung genommen hatten und ihr diesen dreckigen Sack als einziges Kleidungsstück, wenn man es überhaupt so nennen mag, gelassen haben. Das bringt sie auf eine Idee.

Sie kniet sich auf den Boden und fängt an in ihrem Rucksack zu kramen. Dann holt sie nach und nach einige Kleidungsstücke hervor, einen Umhang, eine leichte Tunika und Hosen. Mit diesen tritt sie näher an die Gitterstäbe der Zelle heran, wobei sie soviel Abstand von den Rangeleien hält, wie es ihr möglich ist.

Sie hält die Sachen der Schönheit hin.

"Hier, bitte. Nehmt diese bis wir etwas Passenderes gefunden haben. Es ist nichts besonderes und eurer Anmut sicherlich nicht würdig, aber dennoch weit besser als dieser Fetzen dort." Damit deutet sie kurz auf den Sack, der auf dem Boden liegt.

Lîf

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Der Weihort
« Antwort #378 am: 25.09.2017, 12:09:31 »
Mit wachsender Sorge, aber auch einer allmählich höher kochenden Wut beobachtet Lîf das in ihren Augen sehr törichte Verhalten der Mannsleute. Nur mühsam schluckt sie eine scharfe Entgegnung auf Rogars ungerechte Vorwürfe hinunter, wohl ahnend, dass der wuchtig, kurz geratene Mann offenbar ebenso unter dem Einfluss der Fremden steht wie ihr Tristan. Diesem wiederum würde sie in einer anderen Situation wohl mehr als nur den Kopf waschen, treffen sie doch seine Worte tief – es könnte schön werden mit ihnen dreien?! Welches Weib würde sich das wohl anhören, ohne sich zutiefst verletzt zu fühlen? Doch auch ihm hält sie, mühsam beherrscht[1], den Bann zugute, unter dem er stehen muss.

Freydis dagegen macht nicht den Eindruck, als ob sie dem Liebreiz des unbekannten Wesens erlegen sei. Daher wirft sie ihr einen eisigen Blick zu und sagt leise, aber sehr betont: "Gerade du solltest sehen, dass sie ihn bezaubert hat. Wer also hier Abschaum ist, diskutieren wir später. Jetzt werden wir erst darüber reden, ob wir sie aus der Zelle lassen können. Ob, wohlgemerkt..!" Mit einem Ruck wendet sie sich wieder dem Wesen zu, das sie nun intensiv mustert. "Dass du in ihr Ähnlichkeiten zu dir selbst zu sehen glaubst, sollte dich nicht dazu verleiten, automatisch anzunehmen, sie sei ungefährlich. Genauso wenig, dass sie womöglich keine bösen Absichten hat. Ein Bär, der dir das Genick bricht, hat auch keine bösen Absichten. Er hat nur Hunger – und es liegt in seiner Natur, zu töten, was fressbar ist" fährt sie fort, ohne Freydis oder die ringenden Männer anzusehen. Sie wendet den Blick nicht von der blendenden Schönheit ab.

Ja, das ist ein Wesen, das der Natur entstammt, das glaubt sie deutlich zu spüren. Und wie alles natürliche hat es zwei Seiten: Es ist schön, lebendig, warm und impulsiv - aber es kann auch zerstören. Das hat nichts mit gut oder böse, mit Absicht oder Planung zu tun. Es ist die Art der Dinge, wie sie von der Großen Mutter eingerichtet wurden. Töricht, das nicht einzusehen! Nur für einen Moment schießt aus ihren Augen noch einmal ein Blick zu der Berührten, der jedoch entgegen Lîfs sonst so heißblütiger Art überraschend kalt funkelt. "Oder bist du ihren Reizen so erlegen wie unsre Mannsleute?! Lass uns erst hören, was sie zu sagen hat. Und sehen, ob sie sie freigibt..." Der Gefangenen sagt sie: "Wir wollen dir gern helfen, wenn du uns mehr erzählst. Doch du bringst uns in Gefahr, wenn du unsre Männer weiter verwirrst. Kannst du nichts dagegen tun?" Aeryn nickt sie kurz dankbar für deren angebotene Hilfe zu, Tristan versucht sie mit ihrem Körper gegen die Gefangene abzuschirmen, wohingegen sie bei Rogar und Abdo machtlos ist. Hier hofft sie einfach nur...
 1. Mit nat. 20 auf Willen

Abdo al'Mbabi

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Der Weihort
« Antwort #379 am: 25.09.2017, 14:45:43 »
Rogars plötzlicher Angriff hat Abdo tiefer getroffen, als er nach außen zugeben würde. Nicht körperlich: der Dain hat offenbar nicht vorgehabt, ihn zu verletzen. Immerhin. Doch die Zweifel an seiner eigenen Führungsstärke sind stärker als je zuvor, und die Tatsache, dass gerade Rogar, der auf ihn den Eindruck gemacht hat, am ehesten die Notwendigkeit einer Führungsstruktur zu erkennen, nun seine Autorität untergräbt, versetzt ihm den entscheidenden Schlag.

Die Ungerechtigkeit der Anschuldigungen Rogars trifft ihn härter als jeder Fausthieb, so dass der Kleinwüchsige sich schließlich beinahe mühelos aus seinem Griff befreien kann. Wie benommen steht Abdo da, während um ihn herum erneut das Chaos ausbricht und Gefährten aufeinander losgehen. Er wankt einen Schritt zurück, dem Dain keine Gegenwehr mehr liefernd, schließt die Augen, verschließt seine Gedanken vor dem umgebenden Chaos und beginnt leise, ein Gebet an Aris zu sprechen. 
"O Bwana, nimeshindwa. Tafadhali nisamehe makosa yangu, kwa sababu nia yangu ilikuwa nzuri. Nipe nguvu za kupambana na uovu, ili nipate kukata tamaa shujaa shujaa Talahan hata zaidi. Kwa wakati huu, ni lazima nifanye uamuzi, na natumaini kuwa ni kwa maana yako, kwa maana hapa nikosa ufafanuzi na mgongano."[1]

Noch immer scheinbar unbeeindruckt von dem, was in dem Kerker vor sich geht, spricht der Ya'keheter noch einige Worte in der hiesigen Sprache: "Verzeih mir, Talahan, dass ich dich enttäuscht habe. Hier ist nicht der Ort, an dem ich gebraucht werde.", und will gerade auf der Sohle kehrtmachen und in den dunklen Gang eilen, als sein Ehrgefühl ihn packt. "Du kannst diese Leute nicht im Stich lassen, sie wurden dir anvertraut."
Verzweifelt blickt er von Rogar, der inzwischen freie Bahn hat, das Schloss zu öffnen, zu Aeryn, die ebenfalls der Schönen erlegen zu sein scheint. Dann zu Lîf, die gleichzeitig Tristan aufzuhalten versucht, während sie mit Freydis streitet. Unfähig einzuschreiten, kann Abdo nur hilflos zusehen, wie Rogar sich daran macht, die Zelle zu öffnen. Als letztes sieht er die Fremde an, und versucht an ihren Augen abzulesen, ob sie tatsächlich nur ein hilfloses Opfer ist, oder doch finstere Absichten hegt.[2]
 1. Oh Herr, ich habe versagt. Bitte verzeih mir meine Fehler, denn meine Absichten waren gut. Gib mir die Kraft, das Böse zu bekämpfen, auf dass ich den tapferen Krieger Talahan nicht noch mehr enttäuschen möge. An diesem Punkt muss ich eine Entscheidung treffen, und ich hoffe, sie ist in deinem Sinne, denn hier säe ich nur Zwietracht und Streit.
 2. Sense Motive 15
« Letzte Änderung: 26.09.2017, 00:12:51 von Abdo al'Mbabi »

Rogar, Apothekarius

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Der Weihort
« Antwort #380 am: 26.09.2017, 12:53:38 »
In seinem Ringen mit dem dunklen Menschen bekommt Rogar nur am Rande mit, wie auch die anderen in Streit geraten. Ein Teil von ihm kann das Geschehen recht gut einordnen, leider ist der noch unterdrückt. Die Worte der Schönen nimmt er umso intensiver wahr, sie verwirren ihn allerdings. Es fällt ihm schwer, sie mit seinem Bild, das er sich von ihr - vor allem im Traum - ausgemalt hat. Unter den Dain käme es nicht zu so etwas, da ist er sich sicher, doch warum ist sie ihm dann so wichtig? Doch auch diese Gedanken schaffen es nicht, seinen Verstand zu klären. Mit Zufriedenheit stellt er fest, dass zumindest Aeryn noch vernünftig handelt - in seinen Augen. Bei allem, was sein Volk diesen Ewigen Kindern nachsagt, am Ende ist der Umgang mit ihnen zwar nicht einfach, aber bekannt, sie sind eben doch älter als Menschen oder Kolkra.

Überrascht stellt er fest, dass er freikommt. Bis eben hatte sich doch der Mensch erstaunlicherweise als geschickter und stärker erwiesen. Er vermutet eher, dass er Vernunft angenommen hatte und zischt mit einem Grinsen: "Na also." Schon hebt er die Axt und lässt sie dreimal niedersausen, jedesmal schwächer als davor.[1] Wie präzise abgeschätzt hängt das Schloss am Schluss noch in der leicht lädierten Gittertür, ist aber offen. "Mmph.", schultert Rogar seine Axt, ist zufrieden und entspannt sich. Fast kommt er ins Straucheln, als die Wirkung der Substanz nachlässt, er stützt sich gegen die Wand neben dem Gitter ab.

Kurz neigt er den Kopf in Richtung der Schönen, dann brummelt er zur Waldläuferin: "Kümmert ihr euch um sie, is' eher euer Gebiet." Wachsam stellt er sich neben den Zelleingang und dreht sich zur Gruppe um sicher zu gehen, dass die Gemüter ruhiger werden und die 'Dame' sicher ist. Im Moment ist er sich nicht klar, wen er zu ihr vorlassen würde. Abdos Worte lassen ihn die Augen schließen und seufzen: "Komm schon, Junge, nimm's nich' so schwer, Perfektion und Führungsfähigkeiten wachsen mit Erfahrung."
 1. Angriffe durch Berserkerwut verstärkt - 7,2,1 Schaden bei 10 TP

Abdo al'Mbabi

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Der Weihort
« Antwort #381 am: 27.09.2017, 09:59:19 »
Abdo beobachtet wie in Trance, wie Rogar mit mehreren Axthieben das Schloss zertrümmert, und ihn danach auch noch von oben herab behandelt deswegen. Langsam jedoch kommt der Ya'Keheter wieder zu sich und nimmt die Szenerie in sich auf. Tristan und Rogar, aber auch Aeryn, verhalten sich offenbar absonderlich. Lîf und Freydis streiten zwar, scheinen aber beide bei Verstand zu sein.

Was sind seine Optionen? Zwar kann er kaum noch verhindern, dass die Elbin das Gitter öffnet, aber das Verhalten seiner Kameraden zusammen mit den Worten Lîfs lassen es als sicher erscheinen, dass die Gefangene irgendwelche düsteren Kräfte anwendet. Einfach gehen lassen wird Abdo sie nicht, doch wie sich gegen sie und drei seiner Gefährten erwehren?
Er baut sich erneut vor Rogar auf und versucht es mit Argumenten: "Sieh doch nur, welche Zwietracht sie zwischen uns sät! Und erinnere dich an dein Pflichtbewusstsein. Ist es normal, dass du alle Vorsicht in den Wind fahren lässt, um so überstürzt zu handeln? Oder kann es nicht sein, dass dein Verstand von irgendetwas beeinflusst ist?"

Tristan

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Der Weihort
« Antwort #382 am: 10.10.2017, 22:40:15 »
Freydis' Tirade bekümmert Tristan weniger als Lîf, welche sich offenbar in seinem Namen angegriffen fühlt, während er selbst nur an einer Sache Anstoß nimmt: "Verständnis für die Mönchlein? Was denkst du? Sieben Jahre war ich ihr Gefangener, bis Rûngarder Abschaum mich befreite!" Das musste gesagt werden, damit das arme gefangene Mädchen keine falsche Vorstellung von ihm gewinnt. Als nächstens dann eine kurze Geschichtslektion, weil dies nun einmal Aufgabe eines Skalden ist und das liebe Ding, dessen Meinung Tristan furchtbar wichtig ist, außerdem sehr verwirrt schaut, weil sie nicht verstehen kann, worüber hier eigentlich gezankt wird. Geradezu verängstigt zuckt ihr Blick vom einen zum anderen. "Und von wegen Abschaum... Ihr Albioner seid doch zu den Festländern übergelaufen wegen ein paar hübschen Versprechungen, die der alte Jork euch machte, für die ihr ihm gleich auch noch verraten habt, wie man Drachenschiffe baut, entgegen eures Schwurs. Was beschwert ihr euch also heute, dass die Rûngarder nicht mehr eure Freunde seien?"[1]

Etwas Sorgen macht Tristan sich ja doch, als sein Weib anfängt, von irgendwelchen Bären zu faseln, die einen ohne böse Absicht auffressen wollen, um gleich darauf zu behaupten, die Männer seien verwirrt. Ha, dabei sind's doch zwei Weibsbilder, die hier Unfug reden! "Ist dir wohl?" fragt er sie, doch sie ignoriert seine besorgte Frage. Statt dessen stellt sie sich wie schützend vor ihn.

"Aber da ist doch gar kein Bär in der Zelle", beruhigt er sie, über ihre Schulter spähend. Allmählich befürchtet auch er, dass irgendetwas den Leuten hier unten den Verstand verwirrt. "So glaub' mir doch!"

Wenigstens kommt Abdo endlich zur Vernunft und lässt den Zwerg frei, der darauf mit wuchtigen Hieben das Zellenschloss bearbeitet. Beim ersten Hieb zieht Tristan sein Weib zwei Schritt zurück und deckt sie mit seinem Körper. Man kann ja nie wissen, ob und in welche Richtung Splitter durch die Gegend fliegen. Dann endlich ist das Schloss zertrümmert und alle starren die Gefangene erwartungsvoll an. Etliche Fragen stehen im Raum, die in dem bisherigen Durcheinander noch nicht beantworten werden konnten. Eine davon liegt Tristan besonders am Herzen.

"Wie heißt du eigentlich?" fragt er die holde Maid.
 1. Also ist es ca. 110 Jahre her, dass Albion und die Rûngard-Inseln nicht mehr eng verbündet sind. Im Albion-Faden hatte ich geschrieben, dass man schon unter Alberichs zerstrittenen Söhnen auseinanderbrach. Daraus würde ich lieber die Enkel machen und dann war man auch erst einmal noch eine Weile lang einander zumindest näher als irgendwelchen Festländern. (Alberich Einhand, der erste Jarl des von ihm vereinten Albion und Rûngard, starb vor ca. 215 Jahren.)

Gaja

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Der Weihort
« Antwort #383 am: 10.10.2017, 23:01:46 »
Rogars krachende Schläge hallen den Gefährten in der darauffolgenden Stille noch lange in den Ohren. Auch die Gefangene rührt sich nicht sofort, obwohl sie sehnsüchtig das zerschlagene Schloss anschaut. Bei Abdos ungerechtem Vorwurf aber stampft sie wieder mit dem Fuß auf.

"Ich bin es nicht, die Zwietracht unter euch säht!" ruft sie aus, hochaufgerichtet, ihre geballte Rechte in die Hüfte gestemmt. "Dass ihr so miteinander streitet, das seid schon ihr selbst schuld, dafür kann ich gar nichts!" Ihre Miene ist dabei so trotzig empört, dass jemand, der sie zuvor vielleicht für zwanzig gehalten hätte (oder das entsprechende Alter einer Elbin oder Zwergenfrau), seine Schätzung rasch um fünf oder sechs Jährchen nach unten korrigiert.

Nachdem sie ihrer Empörung Luft gemacht hat, schiebt sie sich vorsichtig in Aeryns Richtung. Offenbar ist sie mit Rogars Anweisung an die Elbin voll einverstanden: ja, es soll sich jemand darum kümmern, damit sie endlich aus dieser Zelle darf! Bei so viel Misstrauen, das ihr hier entgegengebracht wird—und der erschreckenden Streitsucht der Leute hier!—muss man ja sonst damit rechnen, dass sich jemand auf sie stürzt, sollte sie sich selbst an dem Schloss zu schaffen machen.

"Ninae heiße ich", beantwortet sie Tristans Frage zuerst. Dann wendet sie sich bittend an Lîf: "Gar nichts kann ich dagegen tun, dass die Männer mich anbeten. Dass sie in mir sehen wollen, was immer sie sich von einer Frau erträumen. Schau, ich zeig's dir!"

Doch ganz so schnell geht das nicht mit der Demonstration. Das Kleidungstück will gut gewählt sein, und so geht Ninaes Blick mehrmals zwischen den verschiedenen ihr angebotenen Dingen hin und her, wie jedes Weib es tun würde, das überlegt, was ihr wohl besser steht. Schließlich aber greift sie zu Aeryns in Waldtönen gehaltener Kleidung, die gewiss besser zu den grünen Augen passen wird. Graziös schlüpft sie in Tunika und Hosen und reicht, mit Dank, den Umhang an die Elbin zurück.

Vollständig bekleidet präsentiert sie sich darauf den drei Misstrauischen, welche wiederum ihre drei bezauberten Gefährten aus dem Augenwinkel betrachten, ob sich an deren Mienenspiel oder Gebaren etwas ändere, doch hängen die beiden Männern mit unverändert anbetenden Blicken an der schönen Ninae, während Aeryn einfach nur erleichtert wirkt, dass sie mit ihrer Kleidung aushelfen konnte.

"Männer wollen halt, was sie wollen", erklärt Ninae leichthin. "Was kann ich dafür, dass sie mich schön finden? Dass andere Weiber sich an mir messen wollen. Red' ich ihnen das ein? Sag' ich ihnen irgendwas böses? Nein! Ich bin bloß, wie ich bin, für eure Reaktionen kann ich nichts. Bitte, ich will doch bloß hier raus und heim zu meinen Schwestern! Wenn die drei mich nicht mehr sehen, dann vergessen sie mich auch bald."

Stirnrunzelnd wendet sie sich darauf Freydis zu, deren Frage als letzte noch nicht beantwortet ist. "Warum die Mönche mich erwischt haben? Weil sie einem der ihren heimtückisch nachgeschlichen kamen, der nämlich wegen seiner immer näher rückenden Priesterweihe in Zweifel geraten war, ob er denn überhaupt zum Mönch tauge, ob er nicht doch sein Lebtag bereuen täte, sich nicht für Frau und Familie entschieden zu haben. Das wollte er mit meiner Hilfe herausfinden und gütige Gaja, ich sag euch was, ganz gewiss hätte er nicht zum Mönch getaugt! Aber du wolltest ja wissen, warum sie nur mich erwischt haben und nicht meine Schwestern. Was für eine seltsame Frage! Wo du herkommst sind die Sitten ganz anders als hier, wie ich sehe. Ist das so bei euch? Nimmt man da immer die Schwestern mit, wenn man sich heimlich mit einem Liebhaber trifft?" Das fragt sie gar nicht spöttisch, sondern in aller Unschuld. Nachdenklich sinnt sogar weiter: "Wenn ich das nur getan hätte! Dann wäre ich niemals gefangen genommen worden. Drei von uns hätten sie niemals überwältigen können." Ihre Miene hellt sich auf: "Ich werde es den Schwestern vorschlagen, sobald ich heimkomme, mal schauen, was sie davon halten!"

Doch sofort verdüstert sich ihre Miene wieder. "Aber unserem guten Uther tust du unrecht. Er ist nicht so dumm und gemein wie sein Vater, er hält zu uns, weil er nämlich weiß, dass wir gut sind für sein Land, gut für alle seine Leute, die hier leben, und überhaupt ist er viel zu klug, um vor einem Weib Angst zu haben, bloß weil sie ein bisschen zaubern kann. Es muss also so sein, dass er versucht hat, mich zu befreien, aber gescheitert ist. Oder vielleicht ist er gerade auf dem Weg hierher? Wann hast du ihn denn zuletzt gesehen?"
« Letzte Änderung: 13.10.2017, 14:24:49 von Gaja »

Lîf

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Der Weihort
« Antwort #384 am: 11.10.2017, 10:56:08 »
Mit wachsender Verzweiflung sieht Lîf aus dem Augenwinkel, dass Abdo sich anschickt, vor dem Chaos zu kapitulieren – ausgerechnet der einzige ihrer Männer, der noch bei Sinnen scheint! "Abdo, um Gayas Willen..!" keucht sie, während sie sich bemüht, ihren Mann von dem zauberischen Weib in der Zelle fernzuhalten. Außer ihnen beiden ist offenkundig nur noch Freydis in der Lage, sich völlig frei zu bewegen. Doch die Berührte hat gerade eine sehr wunde Stelle des Rotschopfs getroffen, denn Streiterei hin oder her: Dass jemand außer ihr etwas Schlechtes über ihren Tristan sagt, lässt sie jedes Mal aus der Haut fahren! Und selbst wenn sie einig wären: Zwei Weiber gegen den Rest der Truppe, das wäre ein recht aussichtsloses Unterfangen. Zu ihrer unendlichen Erleichterung jedoch entscheidet sich der dunkelhäutige Krieger schließlich, seine Gefährten nicht im Stich zu lassen. Leider – auch wenn Lîf im Stillen einräumen muss, dass er damit wohl vernünftiger handelt, als sie es an seiner Stelle täte – hält er Rogar aber nicht entschlossen auf, sondern versucht den verwirrten Zwergen mit Vernunft und Argumenten zu besänftigen.

Mit zu geringem Erfolg, ihrer Auffassung nach, denn noch ehe sie sich versieht, kracht es hinter ihr und hallt schauerlich durch das Gewölbe, als der stämmige Bartträger auf das Schloss der Zellentür einschlägt. Sie hat gerade ihrem Mann entgegengehalten: "Bist du denn blind, Tristan?! Das Weib hat euch verzaubert!", als sie sich auch schon ergriffen und hinter ihn geschoben fühlt. Wütend, aber auch in Sorge um ihn krallt sie ihre Hände in sein Wams und sucht ihn ihrerseits hinter sich zu ziehen, was der Schwangeren aber aufgrund der ungleichen Verteilung der Körperkräfte nicht recht gelingen will. Mit blutendem Herzen muss sie mit ansehen, wie er das fremde Weib geradezu mit Blicken verschlingt – und auch wenn sie weiß, dass ein Zauberbann ihn dazu treiben muss, schmerzt das gewaltig. Als die Fremde, Ninae, ihr endlich antwortet, presst sie die Lippen zusammen und schnaubt leise durch die Nase. Pah... sie, Lîf, allein soll Tristan anschauen, immerhin ist er der Ihre! Und da kommt so ein fremdes Weibsbild daher, behauptet, dass es gar nichts tue, und wie ein Kater hinter der rolligen Katze her... sie ballt die Fäuste und kämpfte gegen ihre Eifersucht an.

So schaut sie zu, fest an ihren Mann geklammert, wie Ninae sich in die Kleider hüllt, die Aeryn ihr gereicht hat. Die junge drudkvinde muss wirklich schwer an sich halten, denn die Schönheit des fremden Wesens tut fast schon weh. Und in den Männersachen wirkt sie auf Lîf immer noch fast so frivol wie unbekleidet. Sie zupft Tristan unsanft am Ärmel und starrt ihn mit gerunzelter Stirn an. Wie ein verliebter junger Hammel steht er da, gütige Göttin..! Dann allerdings kommen ihr leichte Zweifel, ob die Fremde vielleicht wirklich die Wahrheit sagen mag. Ein so kindlich-naives Auftreten kann man doch unmöglich schauspielern..? Und ihr Satz: "Wenn die drei mich nicht mehr sehen, dann vergessen sie mich auch bald" hallt im Kopf des Rotschopfs nach. Mühsam versucht sie sich wieder an Tristan vorbei zu drängen und fragt Ninae: "Kannst du uns mehr darüber sagen, was hier geschehen ist, nachdem die Mönche dich gefangen nahmen?" Ihr ist da wieder der Traum von der Nacht eingefallen, und irgendwie weckt das verständnisvollere Gefühle in ihr, da das Schicksal der Gefangenen dem nicht so unähnlich zu sein scheint, an das sie sich mit Grauen erinnert.

Abdo al'Mbabi

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Der Weihort
« Antwort #385 am: 13.10.2017, 14:26:37 »
Immer noch ist die Situation unübersichtlich, jeder scheint gegen jeden zu wettern, doch langsam klärt sich Abdos Geist wieder. Die weibliche Gestalt ist befreit, doch immerhin scheint sie zumindest im Moment nicht feindlich gesinnt zu sein. Antworten hat er trotz der Rede des Mädchens allerdings nur wenige erhalten - neue Fragen stellen sich dafür umso mehr. Dass sie Rogar und die anderen nicht aktiv verzaubert hat, sondern diese "nur" auf ihre Schönheit reagieren, glaubt der Ya'Keheter ihr nicht im Ansatz. Auch in der Heimat gibt es wunderschöne Frauen, und ja, Männer reagieren auf eine bestimmte Art und Weise darauf - doch niemals hat er ein solches Schauspiel wie hier gesehen. Ob die anderen Dinge stimmen? Wer kann das schon beurteilen. Doch ist es so, wie sie gesagt hat, ist sie entweder ein Flittchen oder eine Hure; beides ist jedoch kein Verbrechen, und würde Abdo auch nicht weiter beunruhigen - wenn diese Magie nicht wäre. Als sie jedoch schließlich Uther erwähnt, wird er hellhörig: Es scheint sich tatsächlich um den Sohn des Provinzfürsten zu handeln.

Schließlich erhebt er, im Versuch, die Stimmung zu besänftigen, die Stimme, wobei er sich ebenso an Rogar und Tristan wendet wie an die Frau, die sich als Ninae vorgestellt hat.
"Hör zu, Ninae. Niemand will dir etwas tun, wenn du dir nichts zuschulden hast kommen lassen. Aber wenn du dich aus dem Nichts materialisierst, und danach meine Freunde plötzlich ihren Verstand verlieren, werde ich unruhig. Also nochmal ganz ruhig; kannst du uns ein paar Fragen beantworten?
Wann bist du hier eingesperrt worden? Und wo sind die Mönche hin, die du gesehen hast? Und wann hast du sie zuletzt gesehen?

Und ist dir an den Mönchen etwas verdächtiges aufgefallen?"


Abdo hofft, dass sein Tonfall auch die anderen dazu bringt, sich zu beruhigen, und sich nicht mehr gegen ihre eigenen Verbündeten zu stellen.

Freydis

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Der Weihort
« Antwort #386 am: 13.10.2017, 17:31:03 »
"Also darum weiss er soviel über diesen Ein-Gott-Glauben und ist so willens die Untaten seiner Landsleute zu ignorieren." denkt sich Freydis als sie zum ersten mal von Tristans Gefangenschaft erfährt. Lîvs Angriff ignoriert die Berührte. Erstens ist es nicht erstaunlich, dass die Druidkvinne ihren Mann verteidigt und zweitens haben sie gerade wichtigeres zu tun. Wenn Lîv es dann immer noch will wird Freydis ihr nur zu gerne
einige Lektionen über die Geschichte der Inseln und das Übliche verhalten der Rungarder Seeräuber auf ihren Überfällen erteilen.

"Gestern" antwortet Freydis auf Ninaes Frage während sie ihren Mantel wieder an sich nimmt, "und glaub mir Mädchen, der ist nicht auf dem Weg hier her, der wollte doch noch nichtmal uns hier rauf kommen lassen um nach der Ursache der Seuche zu fahnden.
fährt sie mit bitterem Sarkasmus fort.
Sie bemüht sich sich an die Begnung mit dem Fürstensohn zu erinnern. Uther hatte behauptet vor zwei Tagen im Kloster gewesen zu sein ohne dass ihm was aufgefallen war.[1]
"Er hat gesagt er wäre vor zwei Tage hier gewesen und da sei ihm nichts besonderes aufgefallen." meint sie deutlich nachdenklicher. "das kann ich kaum glauben. Du wurden Rogar und die anderen ja schon im Turm belagert. Also entweder hat er gelogen, oder er war bemerkenswert blind. Jedenfalls hat er nichts von Dir gesagt." endet sie mit Blick auf die ehemalige Gefangene und legt ihren tiefblauen Mantel wieder an während sie Abdo das Wort überlässt.

 1. hier
"The storm is up, and all is on the hazard."

William Shakespeare, Julius Cæsar (1599), Act V, scene 1, line 67.

Rogar, Apothekarius

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Der Weihort
« Antwort #387 am: 14.10.2017, 06:43:51 »
Rogars Augenbrauen ziehen sich zusammen, als Abdo ihm erneut Vorwürfe macht. Gerade hatte der dunkle Mann in seinen Augen seine Vernunft wiedergefunden und seinen Fehler eingesehen, nun machte er wieder alles zunichte, indem er sein Versagen ihm unterschieben wollte - Lächerlich und kleinlich, wie der Dain fand. Doch außer ihn verärgert aus den schmalen Augen anzustarren reagiert er zunächst nicht weiter. Sich auf das Niveau begeben war ihm zuwider, zumal jeder Zuhörer schon merken konnte, wie der designierte Anführer sich da selbst demontierte.

Stattdessen lauscht Rogar lieber den Wortwechseln und hält seine Aufmerksamkeit argwöhnisch auf diejenigen der Gruppe, die wirken, als würden sie der Freiheit Ninaes im Weg stehen wollen. Der bekleideten Schönheit wirft er einen Blick aus dem Augenwinkel zu und ist irritiert, dass keiner nach Verletzungen gesehen zu  haben scheint. So übernimmt er dies zunächst aus Armeslänge Abstand und zurückhaltend.

Neben neuen Informationen über Uther, die ihm die anderen vorenthalten hatten, bildet sich durch Ninaes Beschreibungen ein trübes Bild über die Situation und das Verhalten der Menschen. Eingedenk seiner ursprünglichen Mission muss er mit Bedauern feststellen, dass die Sitten und Bräuche hier noch sehr barbarisch sind. Mehrere Männer liegen bei der gleichen Frau, ohne das auch nur einer sie schützt und unterstützt? Dann wiederum überziehen die Mönche ihre Strafe und Logik ins Absurde und Selbstzerstörerische - Die Strafe dient keiner Belehrung oder Wiedergutmachung, sonder rein der Qual; und wenn alle Männer ihrem 'unverdorbenen' Weg folgen, gibt es bald keine mehr, mangels Nachkommen. Wenn die anderen Dain einen ähnlichen Zustand bei allen Menschen feststellen, kam hier entweder eine Menge Arbeit auf die Dain zu oder die Hoffnung auf diese Generation Menschen würde aufgegeben. In dem Fall würde man es mit einer der nächsten versuchen.

Das Tristan eine Gefangenschaft bei den Mönchen zugibt, erinnert ihn an den Verdacht, den er über  den Rungarder hat. Haben die gewusst oder zumindest geahnt, was er für ein Erbe in sich trägt? Für solche, sollten sie erfolgreich überzeugt werden von dem Weg der Mönche, könnte dieser ein geeigneter Weg sein, die von ihnen anrichtbaren schäden einzudämmen.

Gaja

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Der Weihort
« Antwort #388 am: 14.10.2017, 20:53:53 »
"Wenn er euch nichts von mir erzählt hat, dann wusste er offensichtlich nicht, ob ihr auf seiner Seite seid oder auf der seines Vaters und des verrückten Abtes", entgegnet Ninae der zweifelnden Freydis unbeirrt. "Und deshalb wollte er dann auch nicht, dass ihr hierher kommt und mich findet und mir womöglich etwas antut, bevor er mich retten kann. Von was für einer Seuche redest du da? Ich weiß nichts von einer Seuche. Sind deshalb die Mönche alle plötzlich verschwunden?"

Rogars Untersuchungen lässt sie stirnrunzelnd über sich ergehen. Was er da tut scheint sie zu verwirren, als begreife sie weder Zweck noch Absicht. Aber nach einer Weile beachtet sie den Zwerg gar nicht weiter. Überhaupt beachtet sie die drei Verzauberten kaum, sondern richtet all ihre Aufmerksamkeit (und Überredungskunst) auf die drei Unbeeinflussten.

Etwa, indem sie ein Stück näher zu Abdo rückt und ihn mit großen, bittenden Kinderaugen anschaut, während ihr Mund ein wenig (nämlich ganz und gar entzückend) schmollt. "Ich musste doch erst einmal schauen, wer ihr seid", erklärt sie ihren Auftritt allerdings in bestechender Logik. "Es laufen hier in letzter Zeit so komische, richtig eklige Wesen herum, die mir Angst machen, deshalb habe ich mich versteckt. Wie lange ich hier schon festsitze, kann ich nicht genau sagen, weil man hier unten ja die Sonne gar nicht sieht. Jedenfalls ist es bereits furchtbar lange, sodass ich schon richtig Angst bekommen habe und auch schrecklichen Hunger, und verdurstet wäre ich längst, wenn nicht auf einmal das ganze Wasser aus der Wand gelaufen wäre. Wo die Mönche hin sind, weiß ich nicht. Am Anfang sind sie noch öfters mal hier hereingekommen. Zuerst, um meinen armen Kjartan ganz furchtbar zu verhauen, da auf dem Tisch angebunden, dass er geschrien und geschrien hat und ich konnte ihm doch nicht helfen, bis sie ihn schließlich fortschafften und ich ihn nie wieder sah. Mir brachten sie noch dreimal etwas zu essen und hielten mir dabei meine Sünden vor, wie sie es nannten, die ich doch bitteschön um meines Seelenheiles willen bereuen sollte. Aber ich habe überhaupt nichts zu bereuen, weil ich nämlich nichts unrechtes getan habe, im Gegenteil: großzügig war ich, fast wie die Mutter selbst, und lieb und gut zu meinem Kjartan!" Hier stampft sie wieder mit dem Fuß auf.

"Weil er nämlich auch ein besonders lieber und guter Mann war. Das sagte ich den Mönchen auch, aber darauf drohten sie mir nur mit allem möglichen, etwa dass sie mich nackt und mit geschorenem Haar aus dem Dorf prügeln müssten, auf dass jeder meine Schande sähe, wenn ich diese nicht einmal bereute, oder dass sie mich nach Hildridsrast schicken wollten, wo ich für den Rest meines Lebens eingesperrt würde. Ich wusste gar nicht, wie mir geschah. Alle Erklärungen, die ich versuchte, schienen sie nur noch mehr aufzuregen und alles schlimmer zu machen. Solch schreckliche Sachen, wie die mir androhten, die gab es hier nicht, bevor der verrückte Abt hier auftauchte, das sag' ich euch! Wisst ihr, was er sogar getan hat?"

Hier rückt Ninae zu Lîf hinüber und senkt vertraulich die Stimme.[1] "Er hat Uthers dritte Mutter als Hexe auf dem Dorfplatz verbrennen lassen bei lebendigem Leib! Ich habe damals gar nicht verstanden, was eine Hexe sein soll, aber Uther hat mir erklärt, dass die Mönche damit Frauen meinen, die böse sind und zaubern können, aber weder das eine noch das andere stimmte in Anuks Fall, sie war herzensgut und hatte nicht einen Tropfen zaubermächtiges Blut in ihren Adern. Dumm fragte ich also den guten Jungen—er war damals noch ein Junge, unser Uther—wie Abt Halfir und sein Vater sich denn so schrecklich hätten irren können. Da hat Uther ganz böse geantwortet, dass sie sich nicht geirrt hätten, das sei Absicht gewesen, auf seines Vaters Seite gewiss, und auch der Abt hätte schon lange danach gelechzt, ein Exempel zu statuieren, weil zu viele Frauen der Gegend noch Gebete an die Große Mutter richteten. Ich wollte das nicht glauben, aber er erklärte weiter: Eifersüchtig sei der Vater nämlich gewesen, weil, als Anuk ihr erstes Kind gebar, er sofort zu erkennen meinte, es könne unmöglich von ihm sein, zu fremdartig schien ihm das Aussehen des kleinen Mädchens. Darauf setzte der alte Soren seinem jungen Weib derart zu, bis diese alles gestand. Ja, untreu sei sie ihm gewesen, ein einziges Mal und doch bloß vor lauter Verzweiflung! Weil er ihr doch gedroht habe, sie zu verstoßen, wenn sie nicht endlich einen dicken Bauch bekäme! Und deshalb habe sie eines Nachts unter dem Fall um ein Kind gebeten und die Große Mutter habe sie erhört! Also eigentlich war's ja unser Nachtbruder, der sie erhört hat. Wie konnte Choron ahnen, dass die Sache ein derart schreckliches Ende nehmen würde? Hexe, pah! Das kann schon deshalb nicht sein, weil Choron ihr geholfen hat. Choron hilft nämlich nur ganz selten, dazu muss es schon jemand mit besonders guter und schöner Seele sein, der ihn um etwas bittet. Alle anderen weist er ab und ist ihre Not noch so groß! So ist unser Nachtbruder nun einmal, er kann nicht anders.

Und deshalb"
, zischt sie plötzlich, zu Freydis herumfahrend, "kannst du mir auch nicht weismachen, Uther hätte mich hier unten vergessen. Er hat sie nämlich geliebt, die Anuk, fast so sehr wie die eigene Mutter, und Anuk hat ihn geliebt wie einen Sohn, und deswegen weiß ich so genau, dass er auf unserer Seite ist und niemals auf der seines Vaters oder des Abtes. Was glaubt ihr wohl, was mit Anuks Tochter geschehen wäre, wenn Uther sie nicht all die Jahre geschützt hätte? Dem armen Mädchen wollte der Abt nämlich auch nachsagen, sie sei eine Hexe. Wie die Mutter, so die Tochter, hetzte der grässliche Kerl gegen sie! Ihr seht also, wie vollkommen verrückt er ist! Und dass man gar nichts Böses getan haben muss, um in einer seiner Zellen zu landen. Darf ich jetzt gehen?"
 1. Dies, und dass Ninae überhaupt so viel und so leutselig erzählt, ist noch die Auswirkung von Lîfs Diplomacy Wurf von 24, (nat. 20).

Abdo al'Mbabi

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Der Weihort
« Antwort #389 am: 16.10.2017, 12:58:43 »
Nach und nach entspannt sich Abdo während des Wortschwalls der jungen Frau, als ihm mehrere Punkte klar werden: Zum einen wäre sie schon eine verdammt gute Schauspielerin, würde sie die ganze Geschichte aus dem Stegreif zusammenspinnen. Zwar kann der Ya'Keheter dem schnellen, fast atemlosen Wortschwall kaum folgen, als sie Namen über Namen in den Raum wirft, die Abdo fast allesamt unbekannt sind. Was er jedoch aufschnappt ist der Umgang des alten Fürsten Soren mit seinen Ehefrauen und der Unterstützung, die er dabei vom Abt erfahren hat. Dafür würden sich beide noch verantworten müssen, so wahr Aris ihm helfe.

Was ihn aber noch eher davon überzeugt, dass Ninae zumindest keine wirkliche Gefahr darstellen würde, ist der Umstand, dass sie wohl Tage hier unten in der Zelle verbracht hat. Wäre ihre Magie wirklich so stark, wie Abdo zunächst befürchtet hatte - wieso wäre sie nicht einfach ausgebrochen?

All das stellt Abdo jedoch vor die nächste Gewissensfrage: Was tun mit der Frau? Sie einfach alleine gehen lassen kommt nicht in Frage, dazu ist es viel zu gefährlich, mit dem, was immer aus den Mönchen geworden ist, dort draußen. Mitnehmen? Ein Mädchen, fast noch ein Kind, bei dem, was sie vorhaben? Ihm wird fast übel bei dem Gedanken. Und hierbleiben wird sie ebenfalls nicht wollen. Und schließlich: Wie soll man Tristan und Rogar, und womöglich Aeryn, wenn er ihre Handlungen richtig gedeutet hat, davon abhalten, sie hier im Stich zu lassen und Ninae einfach zu folgen?

"Gut, es ist gut!" stoppt er den Redeschwall der jungen Frau. "Du hast mich überzeugt, dass du nichts Böses im Sinn hast - und schon gar nicht mit den Mönchen unter einer Decke steckst, oder dem, was aus ihnen geworden ist. Hör zu: etwas Unnatürliches ist mit den Mönchen geschehen, und wir haben geschworen, dem Unheil auf den Grund zu gehen. Ich weiß nicht, was du jetzt vorhast, aber ich warne dich davor alleine hier rauszugehen. Dort draußen lauern Wesen, denen du nicht gewachsen bist. Du kannst mit uns kommen, aber halte dich hinten. Ich bin sicher, dass meine Kameraden alles dafür tun werden, dass dir kein Leid geschieht." Bei diesen Worten wirft Abdo einen bedeutungsschwangeren Blick in Richtung von Rogar und Tristan.
"Also, möchtest du mit uns kommen?" blickt er Ninae fragend an.

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