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Autor Thema: Der Weihort  (Gelesen 129608 mal)

Beschreibung: Die Seuche von Ansdag

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Lîf

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Der Weihort
« Antwort #675 am: 17.10.2018, 20:45:47 »
Lîf gibt zwar Antwort und beteiligt sich gelegentlich am Gespräch, wirkt aber nach wie vor nur halb anwesend. Ihre Blicke gleiten mit einem Ausdruck von Trauer über die Natur um sie herum. In ihren Augen schimmert es leicht, um die Mundwinkel hat sich ein schmerzlicher – oder verbitterter? – Zug eingegraben. Der Anblick nimmt in ihren Gedanken sichtlich eine dominante Rolle ein. Einzig Rogars Versuch mit seinem "Knalleffekt" lässt sie wohl vorübergehend vergessen, was sie bedrückt: Wie hat der kleinwüchsige Apothekarius das zustande gebracht, einfach nur mit einer Flamme?! Sie ist mittlerweile relativ sicher, dass er keine Zauberei verwendet – was also ist eben vor ihren Augen geschehen? Sie wirft Tristan einen kurzen Blick zu, um zu ergründen, ob er es ebenfalls gesehen hat. Oder jemand von den anderen?

Dann nimmt das unmittelbare Gespräch sie wieder in Anspruch, und sie schiebt ihre Beobachtung und vor allem ihre Fragen dazu vorläufig zurück. "Wir sollten uns nicht streiten" meint sie in einem begütigenden Ton sowohl in Richtung der anderen Frauen als auch ihres Mannes. "Uther ist ein Mann dieses Landes, und nach den hier geltenden Sitten wollen wir uns richten. Das gebietet uns die Vernunft." Zu den übrigen Worten ihres Mannes wiederum nickt sie bekräftigend. Exakt diese Informationen brauchen sie. Sie hält sich also wieder ein wenig zurück, lauscht auf Freydis' Antwort und mustert lieber die Gebäude, denen sie sich nähern.

Freydis

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Der Weihort
« Antwort #676 am: 20.10.2018, 19:45:37 »
Bei Tristans Frage nach Fürst Oren Villag muss lächelt Freydis humorlos.
"Oh, man erzählt sich sogar eine ganze Menge über Soren Villag den Vielgeliebten.", meint
sie mit beissendem Sarkasmus. "und nicht wegen der zwei Weiler und zwei Klöster und das bischen Land über das er herrscht. Nein, sie nennen ihn den vielgeliebten weil er mittlerweile bei der fünften Ehefrau ist."
Sie denkt kurz nach. "Die erste war Uthers Mutter," beginnt sie aufzuzählen, "Die soll dem Wahn verfallen sein als Uther noch keine Sieben Winter zählte. Soren hat sie dann irgentwohin abgeschoben, die Ehe für aufgehoben erklärt und die nächste geheiratet. Die ist im Kindbett verstorben. Die dritte hat er als Hexe auf dem Scheiterhaufen verbrennen lassen. Danach hat es eine Weile gedauert bevor er wieder eine gefunden hat. Die war aber so hässlich das er sie lieber ins Kloster geschickt hat. Und als fünfte hat er sich dann Uthers Verlobte gekrallt. Aber Gaja hat ihre eigenen Wege und nach einem Jahr hat er sie vor die Tür gesetzt, nachdem er sie mit Uther im Bett erwischt hat." schließt sie mit einem schadenfrohen Grinsen.
Nur kurz fragt sie sich, was wohl aus der Frau geworden ist. Der Uther den Ninae ihnen beschrieben hat würde sie nicht einfach so im Stich gelassen haben. Ob er seiner ehemaligen Verlobten diskret geholfen hatte?"Alles in allem" ,schließ sie, "kann es für die Leute hier nur besser werden wenn der Alte endlich abtritt und Uther übernimmt."
Anders als Kjartan ist die Berührte vom Anblick des Gutshofes nicht überrascht. Höchstens von dessen guten und gepflegten Zustand. "Uthers Verdienst möchte ich wetten.". "Nun ja", antwortet sie Kjartan, "von dem was zwei Dörfer und das Land hier abwerfen kann man keine Burg unterhalten. Soren ist Fürst weil die Villag die reichsten und mächtigsten Bauern hier in der Gegend waren.  Und das sind sie eben immernoch."
« Letzte Änderung: 23.10.2018, 00:54:26 von Freydis »
"The storm is up, and all is on the hazard."

William Shakespeare, Julius Cæsar (1599), Act V, scene 1, line 67.

Rogar, Apothekarius

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Der Weihort
« Antwort #677 am: 22.10.2018, 06:58:27 »
Dem Gespräch über das Verhalten dem Fürsten gegenüber hört Rogar weiter nur zu, seine Kenntnisse über lokale Menschengepflogenheiten lassen ihn zurückhaltend sein. Dass der Wortwechsel über den Kampf gegen die Dämonen nicht weiter verfolgt wird, betrübt ihn ein wenig, da er hier gerne mehr erfahren hätte. Doch seine Untersuchungen der Pflanzen lenken ihn ab. Immerhin scheint der Dunkelhäutige es sich zu Herzen genommen zu haben, sein Wissen nicht weiter zurückzuhalten.

Die Ergebnisse seiner Untersuchungen lassen ihn dainisch vor sich hin murmeln und kurze Notizen auf seinen Papieren machen. Schaden an Händen oder Bart vermeidet er bei der Kienspanprobe durch Panzerhandschuhe und Helmvisier. Um zwischen seinen aktuellen drei Theorien zu unterscheiden, schaut er sich die Pflanzen noch einmal genau an und prüft ihre Konsistenz: Faulen sie von innen nach außen oder umgekehrt? Sind sie eher aus Windrichtung befallen? Bildet sich ein pflanzenfremder Pelz oder Geflecht?[1] Haben sich Knoten oder unnatürliche Auswüchse gebildet?[2] Oder kann man Fraß und Gänge erkennen?[3]

Die schmutzige Wäsche, die die Berührte über den Fürsten ausbreitet, lässt Rogar nur den Kopf schütteln über so viel Unverstand bei dem jungen Volk. Sie erkannten den Wert des Gechenkes, das ihnen durch ihre Fruchtbarkeit gegeben war, nicht. Mangelnder Respekt vor den Frauen, mangelhafte Versorgung, anscheinend nicht einmal Einfluss auf die Partnerwahl, das Überleben dieses Volkes erstaunte ihn, wenn auch nicht in positiver Art. Das ein Ehebruch samt ungeeigneter Bestrafung dann Grund für Vergnügen sein soll, erschließt sich dem Dain keineswegs. Es passt allerdings ins Bild einer Berührten Person, das sein Volk von ihnen hat.

Die vergängliche Bauweise der fürstlichen Behausung erregt kaum die Aufmerksamkeit des Dain, in seinen Augen scheint kaum ein Volk längerfristig in die Zukunft zu planen.
 1. spräche für Pilzinfektion
 2. spräche für Krnakheit (eigentlich Virus, aber das Konzept ist vermutlich unbekannt)
 3. spräche für Parasitenbefall

Kjartan

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Der Weihort
« Antwort #678 am: 24.10.2018, 12:21:27 »
Nun..., wollen wir vielleicht mal klopfen?“, schlägt Kjartan vor und macht selbst schon ein paar Schritte Richtung Tor. Sollte ihn niemand aufhalten, würde er auch schon auf ihr Kommen aufmerksam machen.
« Letzte Änderung: 24.10.2018, 12:21:49 von Kjartan »

Tristan

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Der Weihort
« Antwort #679 am: 29.10.2018, 15:29:14 »
Bei Freydis' Auflistung sämtlicher Eheweiber des "vielgeliebten" Fürsten wurde Tristan schwindelig. "Fünf Weiber nacheinander, ist der Mann verrückt? Um mir ein einziges ins Haus zu holen, habe ich bald zwanzig Jahre gebraucht. So etwas sollte man sich schließlich gut überlegen, will man nicht im eigenen Heim auf immer seine Ruh' verlieren."

Diese Bemerkung ist teils dazu gedacht, das eigene Weib ein wenig aufzuheitern, welches gar so trübsinnig daherschritt, teils, um sich eine andere Bemerkung zu verkneifen, die ihm eigentlich auf der Zunge läge. Herr im Himmel, was für ein Weibertratsch! Daran bin ich selbst schuld. Was stell' ich auch einem Weib eine vernünftige Frage! Und gibt sich dieses hier auch eine Waffe in die Hand und brüstet sich, es den Männern im Kampf und allen anderen Dingen gleich tun zu wollen (was körperlich allein schon absurd ist), so fehlt ihr, Adelstochter hin under her, doch das rechte Denken dafür.

Ein Mann jedenfalls hätte auf Tristans Frage eine interessantere Antwort gegeben, als die Reihe an Ehefrauen, die der alte Soren durchgegangen ist: etwa, wieviele Gefolgsleute und Knechte im Dienst der Familie Villag stünden, wieviele weitere Familienmitglieder im Hause wohnten, welche Bündnisse ins Dorf es gäbe, in die weitere Umgebung, wie die Machtverhältnisse sich verteilten... Wie gesagt: seine eigene Schuld ist's, von einem Weib eine derartige Antwort zu erwarten.

"Und bei fünf Weibern hat er es nur auf einen Sohn gebracht? Nicht einmal eine Tochter, die ihm einen Schwiegersohn und Verbindungen zu anderen Häusern gebracht hätte? Und sogar den eigenen Sohn macht er sich zum Feind, indem er ihm das Weib, das dieser ehelichen wollte, ausspannt? Da wundert's mich nicht, dass der Abt hier das Sagen hatte und nicht der Fürst. Ein Adelstitel allein nutzt nichts, wenn ein Mann es so gar nicht versteht, sich mit Anhängern und Gefolgsleuten zu umgeben, oder die Bedeutung des Wortes 'Treue' auch nur zu verstehen scheint."

Er wendet sich wieder an Aeryn. "Dabei fällt mir ein: Wir sollten Uther außerdem fragen, ob er inzwischen von den Gefolgsleuten gehört hat, welche den Räubern auf der Spur waren[1]. Vor lauter Fluch und Seuche wollen wir doch unseren eigentlichen Auftrag nicht vergessen, sonst gibt's keinen Lohn."
 1. s. hier

Abdo al'Mbabi

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Der Weihort
« Antwort #680 am: 01.11.2018, 18:25:24 »
Kjartans Drängen schmeichelt Abdo gegen seinen Willen, und er beschließt, sich schon bald mit einem Plan für ihre gemeinsamen Übungen zu befassen. Selbiges entgegnet er auch dem enthusiastischen jungen Mann, vertröstet ihn jedoch damit, dass er sich zunächst überlegen muss, wie seine eigene Ausbildung begonnen hat - schließlich liegt dies schon weit über zwanzig Jahre zurück. Und wie lehrt man einen Erwachsenen? Ein anderer Weg als sein eigener (der durchaus nicht mit wenigen Schlägen verbunden war) ist wohl nötig.

So grübelt er also während der Reise über diese Dinge nach, und ist nicht unglücklich, als seine Gedanken schließlich davon abgelenkt werden, dass sie das Gut des Fürsten erreichen. Verglichen mit dem Kloster scheint es eher bescheiden zu sein, was aber wenig überrascht, wenn er sich die Worte in Erinnerung ruft, die Ayrin ihnen zu Beginn ihrer Reise auf den Weg gegeben hatte. Also lauscht er Freydis' Ausführungen über Soren Villag und muss wieder einmal feststellen, dass die hiesigen Sitten ihn immer wieder überraschen. In diesem Fall scheint jedoch auch Tristan seine liebe Mühe mit den Eigenheiten des Fürsten zu haben, wenn auch aus anderen Gründen als er.
"Mir fällt es eher schwer zu verstehen, welche Frau sich mit einem solchen Mann noch einlässt. Spätestens seine vierte Frau hätte ihm in der Hochzeitsnacht den Dolch ins Herz rammen sollen."

Als Kjartan schließlich Anstalten macht, an die Tür des Hauses zu klopfen, ermuntert Abdo ihn mit einem zustimmenden Nicken und legt daraufhin Tristan die Hand auf die Schulter, um das Gespräch nun zu unterbrechen.

Gaja

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Der Weihort
« Antwort #681 am: 05.11.2018, 21:32:21 »
"Nun, von wegen einlassen, sie wird nicht gefragt worden sein", erwidert Tristan. "Denn wenn's auf dem Festland so gehandhabt wird wie bei uns auf den Inseln, und Lîf hat mir nie zu verstehen gegeben, dass es anders sei, so bestimmt der Vater eines Weibes den Ehegatten und handelt mit diesem oder, ist's dessen erste Ehe, mit dessen Vater, den Ehevertrag aus. Wie hoch etwa die Ablöse ist, die der zukünftige Gatte der Familie des Weibes zahlen muss, als Entschädigung für den Verlust ihrer Arbeitskraft, wieviel andersherum sie an Heimsteuer mit in die Ehe bringt, also an Hausrat und nützlichen Dingen, dann was der Gatte ihr als Morgengabe nach der Hochzeitsnacht zu übergeben hat an Schmuck und Tand, und worin ihr Witwenteil bestehen soll. Wenn er also eine ordentliche Ablöse geboten hat und an Heimsteuer kaum etwas gefordert (beim vierten Weib, was wird er da noch gebraucht haben), so wird er schon einen Vater überzeugt haben, die am wenigsten tüchtige unter seinen Töchtern herzugeben.

Seltsamer finde ich den Fall der fünften Frau. Wenn sie zu recht Uthers Verlobte geheißen wurde, müsste es eigentlich schon einen Vertrag gegeben haben, von Soren ausgehandelt im Namen des Sohnes. Und dann hat der Alte sie sich selbst genommen? Womöglich war's von Anfang an so geplant, der Handel im Namen des Sohnes von Anfang an ein Trick? Und da hat der Vater der Braut den Kerl nicht zur Rede gestellt ob seines Wortbruchs? Spätestens, als das arme Weib in Schande fortgejagt wurde, weil es dem ihr eigentlich Versprochenen beilag, hätte ihr Vater oder Bruder den Fall vors Thinggericht bringen müssen oder anderweitig seiner Rachepflicht nachkommen!"
Klarheit in diesen Dingen sucht sein fragender Blick bei Freydis.[1]

"Und was wurde aus Uther? Hat er inzwischen ein Weib? Aus guter Familie? Hier aus der Gegend?" Damit ist er endlich bei der Sache angelangt, die ihn tatsächlich interessiert, denn er will zum einen die hiesigen Machtverhältnisse verstehen, zum anderen Information darüber erlangen, wer alles hier auf dem Hof lebt oder wer der Familie bei Gefahr beistehen würde.

~~~

Rogars Begutachtung der Pflanzen ergibt: Fraß und Gänge sind nicht erkennbar, ebensowenig ein Pelz, Geflecht, Knoten oser sonstige Auswüchse, noch ein einseitiger Befall. Eine vierte Theorie drängt sich ihm auf: was, wenn nicht Faulgas in der Folge entstand, sondern vielmehr Grubengas (für Zwerge eine alltägliche Bedrohung, von der Zusammensetzung ist es nahezu identisch mit Faulgas, nur eben oft geruchlos, weshalb es ja so gefährlich ist, dass die Minenarbeiter stets Käfige mit kleinen Tiere—Mäuse oder Singvögel—mit zur Arbeit nehmen, um durch deren Tod vorgewarnt zu sein und den Stollen sofort zu evakuieren) wenn Grubengas also vielmehr die Ursache der Pflanzenwelke war? (Und geruchlos ist es ja, das Gas hier, auch wenn Rogar sich nicht zu erklären weiß, was Grubengas hier verloren hat.)

~~~

Derweil die anderen plaudern, schauen sich Kjartan und die stets wachsame Elbin sehr genau um. Da wäre zunächst der Blick in die Ferne, der sich recht überraschend bietet, als die Kuppe des kleinen Hügels erklommen ist und sich dazu linkerhand eine Lücke im ansonsten dichten Baum-und Strauchbewuchs auftut. Am letzten Ausläufer des Küstengebirges gleitet das Auge des Betrachters südlich vorbei, über eine saftig grüne Ebene hinweg, die abrupt endet, dahinter ein weiter, grauer Dunst bis an den Horizont—das Meer. Wolken ziehen darüber auf, vorangetrieben von einem Wind, der hier nur noch als Brise die erhitzten Gesichter streift und den leisesten Geschmack an Salz auf den Lippen zurücklässt. Sofort weitet sich die Brust, hebt sich der Atem, die Gedanken segeln frei wie die Möwen, deren Schreie man in der Ferne vernimmt...

Doch dann zwingt man den Blick zurück auf die nähere Umgebung.

Das Haus ist gar nicht so klein, wie Kjartan zunächst dachte. Erstens hat das Gebüsch dort einen großen Teil des Gebäudes verdeckt, das sich wesentlich weiter nach links erstreckt, als Kjartan erwartet hätte; zweitens wird klar, als man sich der mittig gelegenen Tür nähert, dass es sich offenbar um ein reines Wohnhaus handelt, denn von dem halben Dutzend an Nebengebäuden sind zwei ganz offensichtlich Ställe, mit angeschlossenener Unterkunft für die Mägde und Knechte. Knechte selbst sieht man auch einige, in weiter Ferne, auf den Feldern. Zwei, drei Mägde zeigen sich dazu zwischen den Gebäuden, ihrem Tageswerk nachgehend. Fünf Kinder spielen an einem Karpfenteich. Ein großes Gedränge herrscht auf dem schmalen Steg, der ins Wasser hineinrag, es wird gebalgt und gerangelt, bis das geschieht, was jedes Weib, welches die Szene betrachtet, schon die ganze Zeit befürchtet: eines der Kinder, das Kleinste, das eigentlich gar nicht beteiligt war, plumpst ins Wasser und taucht nicht mehr auf. Die anderen Kinder kreischen vor Schreck und rufen um Hilfe, doch niemand eilt herbei; eines verfällt auf die Idee, mit einem Stock im Wasser zu stochern, doch ohne Erfolg; ein anderes verschwindet in Richtung des nächsten Nebengebäudes, doch wird es rechtzeitig jemanden finden?
 1. Du könntet auf knowledge (law) und/oder (nobility) würfeln, falls Du magst.
« Letzte Änderung: 29.02.2020, 19:34:00 von Gaja »

Abdo al'Mbabi

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Der Weihort
« Antwort #682 am: 05.11.2018, 23:52:58 »
Abdo hört sich die Erläuterungen Tristans staunend an - der schiere Aufwand, der hier getrieben wird, um so etwas Grundlegendes wie eine Ehe in die Wege zu leiten, weckt in ihm eine Mischung aus Faszination und Unverständnis. Dann jedoch fallen ihm alte Geschichten aus seiner Heimat ein, über Fürsten und Kalifen, Ehen, die aus rein politischen Zwecken geschlossen wurden. Und plötzlich geht ihm auf, dass einige der Dinge, die er für rückständige Rituale hält, in Wirklichkeit dazu geschaffen sind, in einer komplizierten Welt eine Machtbalance zu erhalten. In Ya'Kehet ist all das nicht mehr nötig, seit keine Macht mehr existiert, die verteilt werden kann, das Leben ein einziger Existenzkampf ist. Sollte das der Grund gewesen sein, dass Aris die Invasion der Shetani zuließ? Um den Menschen zu zeigen, wie eitel all ihr Tun die ganze Zeit gewesen ist?

Abdo hängt diesen Gedanken eine Weile schweigend nach, ist dann allerdings froh, dass das nahende Anwesen selbige zerstreut. Doch just, als er sich umzusehen beginnt, sieht er zufällig in die Richtung des Teiches, als ein kleines Kind hineinfällt. Ohne dass es den Umweg über seinen Verstand braucht, setzen seine Beine sich sofort in Bewegung und er beginnt in die Richtung des Steges zu rennen. Es ist kein besonderer Mut oder etwas in der Art (welchen Mut erfordert es schon, in einen Teich zu springen?), sondern einfach nur eine automatische Reaktion auf das Schreien der Kinder, die den Krieger dazu bringt, schließlich kopfüber ins Wasser zu hechten an der Stelle, wo das Kind zuvor untergetaucht ist, und dort im Tauchen nach dem Körper des Kleinen zu suchen.

Rogar, Apothekarius

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Der Weihort
« Antwort #683 am: 06.11.2018, 17:26:50 »
Auch nach weiterem Austausch der Männer über die Regeln der Menschen zum Eheschluss fühlt sich Rogar keineswegs an die komplizierten Systeme und Rituale seines eigenen Volkes erinnert. Und ein Vertragsbruch in diesem Bereich wäre auch bei ihnen mit Ehrverlust und Ahndung einher gegangen. Als Rechtfertigung der Frau und des Sohnes für ihr Handeln hätte es auch nicht herhalten können. Er zwingt seine Gedanken wieder in die Gegenwart und meint schließlich brummelig zu den anderen: "Tut es nicht lautes Rufen, um unsere Annäherung bekannt zu geben?"

Kaum gesagt, zieht die Szene der spielenden Kinder seine Aufmerksamkeit auf sich. Ein leichtes Lächeln stiehlt sich auf sein Gesicht, obwohl er eigentlich die Verschwendung des so kurzen Lebens auf etwas anderes als Training und Lernen kritisieren möchte. Dann folgt der Fall und sein Lächeln gefriert. Bei einem Volk, das so selten und wenige Kinder bekommt, das jedes Paar nur eines zur Zeit aufzieht, ist deren Leben etwas Unersetzliches. Große Sorge lässt ihn loslaufen. Über die schulter ruft er noch der Elfe zu: "Fräulein Aeryn, helft bitte!" Auch wenn er den körperlichen Fähigkeiten des dunklen Mannes einiges zutraut, hat er noch ein ganz  anderes Bild von denen der Elfen. Für sein Volk ist er ein pasabler Schwimmer, aber mit der Rüstung nicht mehr so sehr. So begnügt er sich, Richtung Teichrand zu laufen, sein Reisegepäck abzuwerfen und den Empfang des Patienten vorzubereiten. Die verängstigten kinder versucht er nebenher zu beruhigen: "Keine Angst, wir werden helfen. Kommt schnell vom Wasser weg und holt eure Eltern, bitte." Eine gewisse Dringlichkeit liegt in seiner Stimme, einschüchtern möchte er sie aber nicht.
« Letzte Änderung: 08.11.2018, 18:40:16 von Rogar, Apothekarius »

Lîf

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Der Weihort
« Antwort #684 am: 07.11.2018, 19:57:20 »
Lîfs ohnehin schon düstere Miene wird bei den Schilderungen nicht gerade heiterer, die Freydis gibt. Sie murmelte irgendetwas in ihren nicht vorhandenen Bart und schnaubte dazu. Natürlich – so läuft das! Ein edler Herr verschleißt ein Weib nach dem anderen, von denen ihm doch jedes einzelne hätte heilig sein sollen als seine Partnerin, die ihm das unendlich kostbare Geschenk macht, welches Kinder darstellen, die seine Sorgen und Nöte teilt, ihm den Rücken freihält... Große Mutter, wie weit sind die Gebote der Göttin zur Zweieinheit von Mann und Weib und der Umgang der Menschen damit voneinander entfernt..! zürnt sie lautlos. Immerhin, bemerkt sie mit einem kurzen Schmunzeln, scheint sich ihr Tristan nicht mit ähnlichen Ideen zu tragen – wiewohl sie ihm einen heimlichen Rippenstoß gibt, als er die kostbare Ruhe des Ehemannes als Grund anführt. "Untersteh dich, alle Weiber als nervtötende, ewig nörgelnde Ziegen darzustellen..!" flüsterte sie ihm in ihrem gemeinsamen Dialekt zu, halb warnend, halb neckend. Abdos Kommentar hingegen lässt sie erstaunt den Kopf schütteln. Sie nickt zu Tristans Worten, als der dem Mann mit der dunklen Haut seine Illusionen über die Eheschließung hierzulande nimmt.

Um sich vom niederdrückenden Anblick der Wunden in der Landschaft auf ihrem Weg abzulenken, schaltet sie sich darauf auch wieder ins Gespräch ein, indem sie meint: "Das ist natürlich auch richtig, Liebster, aber den Fluch vom Land zu nehmen, das muss ich als Dienerin Gayas zuallererst." Bei diesen Worten wird ihr Blick ein wenig weicher, und sie fasst kurz besänftigend seinen Unterarm, weiß sie doch, warum er wegen des Lohnes überhaupt anfängt – oder glaubt es zumindest zu wissen: Das Weib ist es zwar, welches in einer Ehe das Geld klug verwalten soll, doch der Mann hat die Aufgabe, die Familie zu ernähren. Er will ihren Eltern also nicht mit leeren Händen entgegentreten, wenn er um sie freit und damit den Formen gänzlich genüge tut. Guter Tristan – dabei würden die Eltern ihn gewiss nach einigem Hadern auch so akzeptieren, da ist sie sicher. Und sei es nur, weil sie den Dickschädel ihres eigenen Nachwuchses kennen... Sie lächelt still in sich hinein.

Darüber sind sie auf der Hügelgruppe angelangt, und ihre Brust hebt sich tatsächlich unter einem tiefen, tiefen Atemzug. Auch wenn sie eigentlich eine Tochter des Landes ist, so hat sie durch das Leben mit Tristan mittlerweile doch auch das Meer lieben gelernt. Und es ist ein gutes Gefühl, nach dem Hinweg hier etwas gänzlich Unverdorbenes, Reines von der Natur wahrzunehmen. Doch noch ehe sie sich recht an diesem Genuss weiden kann, kommt es zu dem Unglück am Teich, und die Schwangere, deren Blick sich ganz automatisch den Kindern zugewandt hat, schreckt sichtlich auf. "Tristan – das Kind..!" stößt sie erschrocken hervor. Dann sucht sie zu dem Teich zu kommen, so schnell es ihr Zustand erlaubt. In Gedanken richtet sie ein Stoßgebet an die Große Mutter. Zwar sind die Männer bereits dabei, zu helfen, doch sie sucht in ihrem Gedächtnis ganz automatisch nach Möglichkeiten, sie dabei zu unterstützen. Leider fällt ihr in der Panik wenig hilfreiches ein.
« Letzte Änderung: 07.11.2018, 19:57:40 von Lîf »

Abdo al'Mbabi

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Der Weihort
« Antwort #685 am: 08.11.2018, 09:59:20 »
Abdo muss sich nur kurz unter Wasser orientieren, und er hat Glück: Ob es der Zufall so will oder eine Fügung Aris', kaum ins Wasser eingetaucht, sieht er vor sich einen dunklen Schemen, dem er entgegentaucht - und tatsächlich entpuppt dieser sich beim Näherkommen als das Kind, dessen Fuß sich wohl in einer Art Schlingpflanze verfangen haben muss und das panisch, aber auch erfolglos, mit allen Gliedmaßen wedelt. 

Als Abdo es erreicht, haben seine Kräfte schon merklich nachgelassen, und Eile ist geboten. Mit einem schnellen Ruck reißt der Ya'Keheter die Ranken entzwei, greift sich das Kind, indem er den anderen Arm um dessen Oberkörper legt, und zieht es an die Oberfläche, wo er sofort nach helfenden Händen Ausschau hält. Wenig überraschend sieht er dort Rogar, überbrückt die Distanz mit einigen kräftigen Schritten, und übergibt dem Dain sein Bündel so rasch es geht.

"Wir müssen das Wasser aus der Lunge schaffen!" teilt er ihm überflüssigerweise mit. "Es hat sicher viel geschluckt."

Aeryn

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Der Weihort
« Antwort #686 am: 14.11.2018, 11:47:26 »
Aeryn war noch ein wenig in Gedanken versunken gewesen, ob der seltsamen Gepflogenheiten der Menschen, nachdem sie Freydis Beschreibung von Soren und der darauf folgenden Diskussion gelauscht hatte. Als Rogar sie bittet zu helfen, war Abdo aber schon geistesgegenwärtig ins Wasser gesprungen. Die Elbin hatte sich dann auch auf den Steg begeben, um zu helfen.

Nachdem Abdo das Kind herausgefischt hatte, machte sie aber Platz, da Lîf sich viel besser mit solchen Dingen auskannte, als sie selbst.

Rogar, Apothekarius

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Der Weihort
« Antwort #687 am: 16.11.2018, 06:22:00 »
Als Abdo Rogar das nasse Bündel übergibt samt Anmerkung übergibt, beißt sich dieser auf die Zunge, um einen Kommentar zu der fehlerhaften Diagnose zu geben - Magen und Lunge beziehungsweise schlucken und atmen waren verwechselt worden. Immerhin scheint er es nicht als Zweifel an seiner Kompetenz als Apothekarius wahrzunehmen und damit als weitere Beledigung seiner Ehre. Stattdessen konzentriert er sich auf das Kind. Er legt esneben der Decke ab und untersucht es vor allem auf den Bewusstseinszustand. Nebenbei registriert er Lifs Anwesenheit, außer einem Stirnrunzeln reagiert er aber nicht auf sie. Schnell entkleidet er das kleine Wesen und wickelt es fachmännisch in die Decke ein zum Trocknen und Wärmen, dann beginnt er je nach Zustand mit den weiteren Maßnahmen: Wiederbelebung bei Herzstillstand, Beatmung bei Ohnmacht, geeignete Lagerung zum Abhusten/-fluß des Wassers bei Bewusstsein.[1] Sollte er die Frage bekommen, wie geholfen werden kann, brummelt er nur, man möge auf die anderen Kinder aufpassen, die Erwachsenen holen und sehen, wo man das Kind wärmen kann (im Zweifel Lagerfeuer vor Ort und Trinkwasser erhitzen).
 1. Heilkunde 16

Lîf

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Der Weihort
« Antwort #688 am: 16.11.2018, 20:07:52 »
Bedingt durch ihre eingeschränkte Beweglichkeit trifft Lîf erst am Ort des Geschehens ein, als der leblose Körper des Kindes schon tropfnass am Boden liegt. Sie kniet sich mit einem angestrengten Schnaufen neben Rogar und mustert den Patienten, die Miene versteinert vor Sorge. Trotzdem sie als werdende Mutter das Schicksal eines Kindes ganz besonders berührt, verfällt sie aber nicht in Schockstarre. Als erfahrene Heilerin beobachtet sie stattdessen das Tun des Apothecarius mit Argusaugen, unterlässt aber einen Kommentar, obwohl sie sein Stirnrunzeln wahrgenommen hat, denn er unternimmt vorerst nichts wesentlich anderes als das, was auch sie getan hätte. Doch da das Kind keine erkennbare Reaktion auf all die angespannte Aktivität um sich herum zeigt, fasst sie schließlich nach der kleinen Hand, nimmt sie wärmend zwischen ihre Hände und schließt die Augen, um ein Gebet zur Großen Mutter zu sprechen. Ihre Lippen bewegen sich stumm, während sie die kalten Finger gegen ihre Brust drückt – genau dorthin, wo unter ihrem Kleid der Anhänger verborgen ist, den ihre Lehrmeisterin ihr zu ihrer Weihe schenkte. Tiefe Gläubigkeit spricht aus der Art, mit der sie ihre Gebete kurz unterbricht, um mit dem Daumen das Zeichen ihres Glaubens über der Stirn des Kindes mit den wirr festklebenden nassen Locken zu zeichnen[1].
 1. Automatische Stabilisierung über Wesenszug Göttliche Berührung, sollte das Kind in Gefahr schweben, das Leben zu verlieren.

Gaja

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Der Weihort
« Antwort #689 am: 23.11.2018, 21:32:38 »
Die Zwerge und Elben von Dalaran mögen die Gebräuche ihrer menschlichen Mitbewohner auch noch so befremdlich finden und in stille Beteuerungen verfallen, die eigenen seien gänzlich anders, sinnvoller, so sind sich die drei Völker kulturell doch wesentlich ähnlicher als das Menschenvolk von Ya'Kehet dem von Dalaran ähnelt. Aeryn und Rogar jedenfalls fällt es nicht weiter schwer, Tristans Erläuterungen zu den Ehegebräuchen der Menschen zu verstehen—auch wenn erstere denkt, wie seltsam diese doch seien, während sie letzterem noch komplizierter erscheinen als die eigenen, was etwas heißen will, schließlich geht es bei den Zwergen bei einem Ehevertrag darum, die Verhältnisse zwischen einen Weib und drei Männern zu regeln. Abdo dagegen zieht einen völlig falschen Schluss. Hätte er ihn laut ausgesprochen, hätte man ihn aufklären können ("Um Macht? Nein, darum geht es nicht, sondern vor allem um Besitz!"), aber er schweigt lieber und verharrt in Unwissen. Sicher, er hatte einen, und nur diesen einen, Grund, warum er nach Dalaran aufbrach, und alles, was nicht direkt damit zu tun hat, ist ihm lästig, ist ihm Zeitverschwendung. Aber wäre es nicht doch ratsam, und zum Wohle seiner Mission, wenn er sich ein wenig auf die hiesige Kultur einließe? Wenn er so viel wie möglich über sie erführe—zum Beispiel, wie sich die Gesellschaft organisiert, wie sie zusammenarbeitet?— auf dass er sich besser darin einfügte und zurechtfände, leichter das Vertrauen dier hiesigen Bevölkerung erlangte? Würde das seine Aussichten nicht heben, Antwort auf seine dringendsten Fragen zu finden? Oder ist er seiner ya'kehetischen Denkwelt noch derart verhaftet, dass er die Möglichkeit, es könne eine andere Erklärung für die beschriebene Sitte geben, ihm gar nicht in den Sinn kommt? Dann kann er freilich nicht auf die Idee kommen, seine Begleiter um Bestätigung oder Widerledung seiner Theorie zu bitten.

~~~

Als Aeryn für Lîf Platz macht, damit diese sich um das bewusstlose Kind kümmern kann, gerät sie Rogar in den Weg, der es aus Abdos Armen entgegennehmen will. Für einen Moment orientierungslos, hält sie inne, sodass die beiden Männer die Übergabe vollziehen können. Möglich, dass die eine der drei anwesenden Frauen sich ihren Teil denkt, Tristans Augen jedenfalls werden schmal und seine Fäuste ballen sich. Was wagen es die beiden, sein Weib so zu übergehen. Sie ist die drudkvinde! Überhaupt, welch groteske Idee, ein kleines, verletztes Kind einem zum Kampf bis zur Nase Gerüsteten Kerl zu überreichen? Seine Lîf hätte längst der Göttin Segen auf das kleine Mädchen herabgerufen, da wurschtelt der Zwerg noch an seiner Kleidung herum und dreht es hierhin und tastet dort und drückt da. Jetzt pustet er ihm in gar in den Mund und drückt mit seinen Pranken auf der armen kleinen Brust herum! Tristan will gerade einschreiten—ein wenig verwundert, dass sein Weib es nicht längst getan hat—da kommt das Kind prustend und spuckend zu sich. (Und zwar genau in dem Moment, als Lîf doch gerade vorgetreten ist und sich selbst der Sache annehmen will. Den Segen der Mutter spricht sie trotzdem noch auf das Kind, und schickt selbst ihren Dank zur Erde hinab.)

Und da kommt auch schon der Junge, der bei den Hütten Hilfe gesucht hat, zurückgerannt in Begleitung einer Frau, die wenig aufgeregt scheint. Tatsächlich rennt sie nicht, man kann ihren Schritt kaum beschleunigt nennen, und scheint auch gar nicht erschreckt über das am Boden liegende, hustende Kind, und die vielen Fremden, die um es herumstanden.

"Ja?" fragt sie, als sie heran ist, die nassen Hände an ihrer Schürze trocken wischend. "Was ist? Hast Du mich wegen der Leute da geholt, Siggi? Was führst du dich deshalb so auf? Du weißt, ich habe an Waschtagen wirklich keine Zeit, mich um andere Dinge oder andere Leute zu kümmen. Was wollt ihr?"

Die letzte ihrer Fragen ist, ein wenig unwirsch, an die Gefährten gerichtet.
« Letzte Änderung: 30.07.2019, 22:08:50 von Gaja »

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