Keine der anderen Waisen widersprach, und so nahm Azrim einen Wasserschlauch (Bier schien ihm nicht das richtige für diese Angelegenheit zu sein) und füllte den Kelch. Vorsichtig setzte er an und nahm einen Schluck. Noch während er das Gefäß weitergab, spürte er einen leichten Schwindel, doch die anderen sahen ihren Bruder plötzlich erstarren und mit verdrehten Augen da sitzen.
Maldrek und Scarlett waren nicht allzu überrascht, hatten sie das gleiche Verhalten doch auch schon bei Vorbis gesehen, als dieser im Turm aus dem Kelch getrunken hatte. Doch sie wussten auch, dass diese Wirkung nicht lange angehalten hatte und Vorbis danach immer noch normal gewirkt hatte, also tranken auch sie, und schließlich tat es ihnen auch Arsys gleich.
Alle vier spürten einen Schwindel, ganz so als hätten sie einen ganzen Krug Wein in einem Zug ausgetrunken. Doch keiner von ihnen wankte und auch ihre Wahrnehmung wurde nicht schwächer, sondern das Gegenteil geschah. Auch mit geschlossenen Augen konnten sie ihre Geschwister um sich herum spüren, die in einer vertrauten Wärme strahlten. Doch noch weiter breiteten sich ihre Sinne aus, über die Mauern der Taverne hinweg weiter in die Stadt hinein.
Und dort konnten sie sie spüren: Kalte, tödliche Präsenzen, die in den Leichen lauerten; selbst die Dunkelheit im Nebel selbst konnten sie wahrnehmen. Sie verstanden es selbst nicht genau, wie das sein konnte, aber sie hörten aus dem Nebel eine Stimme, wie die Gedanken eines Menschen, die sie lesen konnten. Die Worte ließen sie schauern: "Kommt meine Kinder, die Tore sind offen, dringt hinein durch den Spalt, breitet euch aus, sucht euch ein Heim und bereitet den Weg."
Es war wie ein Singsang, merkwürdigt hypnotisch, doch je länger sie zuhörten, umso mehr waren sie überzeugt, dass hier eine gewaltige Bedrohung auf sie wartete. Doch dann verwandelte sich die Stimme von einem Moment auf den anderen. Der Singsang wurde drängender, befehlender: "Unser Feind kehrt zurück meine Kinder, auf jetzt, spürt nach ihm. Er strahlt hell, erstickt sein Licht, vernichtet seine Diener, zerbrecht ihn und verderbt ihn, die Tore müssen offen bleiben."
Die vier waren sich sicher, dass diese Präsenz im Nebel ihrer Gewahr geworden war; sie hatten das plötzliche Gefühl, dass nicht sie die Präsenz belauschten, sondern dass auch die Präsenz sie sah und ihre Diener gegen die Geschwister ausschickte. Eine letzte Stimme hörten sie nun, einen tausendstimmigen Chor, der antwortete: "Ja, Dendar."