Es wurde eine lange Nacht für Raphina und die Abenteurer, die Königin hatte sie abends noch einmal um ihre Unterstützung gebeten. Nach dem Gespräch mit dem ersten Richter hatte sie eine Loste von Personen zusammen gestellt, mit denen sie noch am selben Tag sprechen wollte. Kivan, Alyssa und Ponzio kam die Aufgabe zu, diese Leute sicher zu ihr zu bringen. Bei den Gesprächen selbst warn sie nicht zugegen, dies störte sie aber wenig, da sie so die Eingänge zum Haus im Auge behalten konnten. Es war noch nicht vorbei, das war zu spüren. Mit der aufkommenden Dunkelheit schien es, als würden diejenigen aus dem Schatten treten, die bisher im Hintergrund die Fäden gezogen hatten.
Vor dem Haus hatten sich viele Menschen versammelt. Sie trugen Fackeln und harrten aus, um die Ankunft der neuen Regentin zu feiern. Die Stadtwachen sicherten die Vorder- und Hintertür und eine Handvoll vertrauenswürdiger Männer des ersten Richters bewachten den nur wenigen Leuten bekannten Seiteneingang, durch den bei ihrem ersten Besuch auch die Gruppe in das Haus gekommen war. Je später der Abend wurde, desto nervöser wurden die drei Abenteurer. Alle rechneten in dieser Nacht mit etwas, womit genau konnte aber niemand sagen. Und es blieb auch alles scheinbar ruhig.
Es war schon weit nach Mitternacht als Alyssa erwachte. Sie war kurz eingenickt, aber hatte plötzlich einen seltsamen Traum, nachher sagte sie den anderen beiden, der Traum hätte sie gewarnt. Im Moment des Erwachens war ihr das aber nicht bewusst. Sie wusste nur, dass etwas nicht stimmte. Kivan war auf seinem Wachposten, müde zwar, aber wach. Er hatte aber nichts bemerkt. Alyssas eindringlicher Blick ließ ihn aber unsicher werden und so gingen sie, Ponzion hatte sie auch geweckt, um nach dem rechten zu sehen. Es war aber nichts zu entdecken, die Wachen waren alle auf ihrem Posten und alle Türen warn fest verschlossen. Schließlich ginge sie nach zum Zimmer der Regentin nur um sicher zu gehen. Und dort hörten sie Schreie. Im Innern fanden sie drei getötete Wachen und einen Mann, der scheinbar in der Luft zu schweben schien und mit den Füßen zappelte. Aber niemand war da, bis Ponzio einen Lichtzauber in den dämmrigen Raum warf und neben dem Mann ein Schatten zu erkennen war, der dort nicht sein sollte. Für den Mann war es aber zu spät, gerade schlitze eine schwarze Klaue ihm die Halsschlagader auf und ließ ihn dann einfach fallen.
Die Gruppe zögerte aber nicht lange, nun war der Gegner und er sollte nicht ungestraft entkommen. Es war ein harter Kampf, das Wesen versuchte sich immer wieder ins dämmrige Licht zu flüchten, wo es beinahe unsichtbar war. Aber gemeinsam gelang es der Gruppe, den Gegner zu überwinden, auch wenn alle schwere Wunden davon trugen. Nach Kivans letztem Schlag löste sich die Kreatur einfach auf, als sei sie nie dagewesen. Der Mann, Elon Park, war tot, die Regentin war aber unverletzt geblieben. Und sie hatte scheinbar alles wichtige erfahren, den sofort schickte sie die Gruppe los, um Kathalina Lain und Tamara zu verhaften. Sie waren guter Dinge, denn die in der Nähe postierten Wachen waren sich sicher, dass niemand das Haus verlassen hatte. Außerdem war Tamara am Abend erschienen und so hofften sie beide Frauen gemeinsam vorzufinden. Doch dann fanden sie nur ein verlassenes Haus vor. Offensichtlich war in aller Eile und nur das nötigste gepackt worden. Im Kamin glimmte noch die Glut, hier waren wohl einige Stapel Papier verbrannt worden. Die Abenteurer suchten nach einem geheimen Fluchtweg und am Ende war es Ponzio, der das Rätsel lösen konnte. Er fand im Büro die typischen Rückstände von einem Zauber, der jemanden an einen anderen Ort bringen konnte. Also waren ihnen die Frauen entwischt, wohin auch immer.
Zwar waren die Abenteurer enttäuscht, Raphina aber blieb gelassen. Die Flucht einer der wichtigen Figuren im Hintergrund, vielleicht gar der wichtigsten, würde die alten Seilschaften schwächen. Und das könnte dazu führen, dass viele Mitläufer die Seiten wechseln und es so einfacher wird, das Händler-Kartell aufzulösen. Dies war ein guter Startpunkt für einen Neuanfang, denn die bisherigen Günstlinge würden sich sicher erstmal verkriechen.
Und so geschah es dann auch. Es sprach sich schnell herum, das Kathalina Lain die Stadt verlassen hatte und es wurde in der Bevölkerung allgemein als Flucht gesehen. Dies schwächte die Position der Kritiker der neuen Regentin und bald meldeten sich einige Zeugen, die berichteten, wie das Haus Lain Beweise für Verfehlungen von Mitgliedern der Handelsfamilien gesammelt oder mit falschen Anschuldigungen gedroht hatte, die ihr Haus ruiniert hätten. Auch mindestens einen der Richter hatte sie in der Hand, und so war ein faires Gerichtsverfahren nahezu unmöglich. Auch diese Informationen sickerten schnell zu den Bürgerinnen und Bürgern der Stadt durch. Und so gab es kaum laute Proteste, als Raphina den Rat der Händler auflöste und alle Handelslizenzen aussetzte. Sie wollte eine völlig neue Struktur von Händlerinnen und Händlern aufbauen. Dies würde etwas Zeit kosten, das war allen klar. Aber viele spürten den frischen Wind und so bewarben sich bald viele einfache Leute der Stadt um eine Handelserlaubnis.
Die Abenteurer allerdings bekamen erst einmal Zeit, sich zu entspannen. Raphina sprach zwar regelmäßig mit ihnen, aber sie war so mit den alltäglichen Aufgaben beschäftigt, dass sie zunächst keine neuen Aufträge für die drei hatte.
Vielleicht würden ja bald neue Abenteuer auf sie warten, aber nun genossen sie die schönen Sommertage in der Stadt, die langsam begann, zu einem neuen Leben zu erwachen.