Alle drei laufen - so schnell und trittsicher ihre Beine sie durch diesen Hindernisparcours aus Tropfsteinen, Gebeinen, gefährlichen Pfützen und gigantischen Schnecken zu tragen vermögen. Sich hier völlig unbeschadet fortzubewegen ist in großer Hektik eine ganz andere Schwierigkeit, als schleichend und mit Bedacht. Oft taucht im wild flackernden Fackelschein unerwartet eine größere Pfütze auf, die umgangen oder übersprungen werden muss...
Kiran hat von allen die kürzeste Strecke zum südlichen Durchgang, doch ebenso hat er zwei Götterschnecken im Nacken, welche eifrig seinem Licht hinterherjagen. Zweimal hört er das markante Geräusch und dampfende Zischen hinter sich, als die Kreaturen ihre Säure versprühen, doch wenn sie ihn getroffen haben sollten verspürt er es nicht, sondern hastet fokussiert weiter in Richtung Ausgang. Einar schließt trotz zerfressenem Stiefel und deutlich humpelnder Fortbewegung erstaunlich rasch zu ihm auf und nahezu gemeinsam erreichen sie die nächste große Kammer. Yalena stolpert im Lauf in einen beinahe intakten Brustkasten und muss einige Tritte aufwenden, um die garstigen Knochen loszuwerden. Sie verliert nicht komplett den Anschluss, fällt aber diverse Meter zurück - nun halb umringt von erdrückender Dunkelheit, die wild tanzenden Fackeln ihrer Kameraden wie Signalfeuer voraus. Im um sie schwindenden Licht wird sie zweier gewaltiger schwarzer Schatten gewahr, die sich lautlos von rechts nähern: Die beiden Schnecken, die Kiran in Schach gehalten hatte. Mit Mühe und Not erreicht sie vor ihnen den Durchgang und kämpft sich nun auf klebriger Spur weiter vorwärts, jeder Schritt wie durch knöchelhohen Schnee und in der Gefahr, jederzeit von hinten angespuckt zu werden.
Einar und Kiran bemerken, dass Yalena zurückgefallen ist und es steht ihnen frei, ihr Tempo etwas zu drosseln, so dass sie nicht in pechschwarze Dunkelheit gerät. Sie selbst kämpfen sich mit langen, watschelnden Schritten durch den zähen Schleim. Sie sind in der sehr großen, länglichen Vorkammer und bemerken voraus - von schräg rechts kommend - eine inzwischen bekannte Kontur in der Dunkelheit: Eine weitere Götterschnecke - diesmal fast mitten im Weg. Im Gegensatz zu ihnen selbst gleitet das Ungetüm auf dem Schleim, anstatt davon behindert zu werden. Und im Gegensatz zu ihnen hat es alle Zeit der Welt...
Von den dreien unbemerkt ist der gigantische Egelschwarm, welcher sich hinter ihnen nach wie vor stetig vergrößert. Immer neue glitschige Körper winden sich aus den Löchern des Schreins und schlängeln über schleimige Pfade hinter Yalena her. Die gesamte Kammer wimmelt nun von ihnen. In seiner Verfolgung spreizt sich dieser lebendige Teppich wie die Finger einer Hand, um die massigen Leiber der Schnecken zu umgehen und bald haben sie die eher behäbigen Giganten eingeholt. Yalena hört von hinten das schmatzende Winden und Aneinanderreiben ihrer unzähligen Körper - aber auch von vorne könnten sich neue Probleme anbahnen, denn die erleuchteten Konturen von Einar und Kiran scheinen in Überraschung kurz zusammenzuzucken...
[1]