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Autor Thema: Kapitel 2: Morgensonne  (Gelesen 132011 mal)

Beschreibung: Die Geschichte geht weiter...

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Mika

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Kapitel 2: Morgensonne
« Antwort #2130 am: 04.01.2013, 23:40:39 »
Mika war zufrieden, dass einer ihrer Kämpfer den Armreif behielt. Ihr erschien es klug, dass einer diesen potenziellen Lebensretter stets trug. Kurz hatte sie überlegt, ob nicht Eretria die richtige Person dafür wäre, weil sie als letzte stehende Person die ganze Gruppe im Notfall retten könnte, aber auch Liguar sollte es schaffen.
Damit es Liguar auch wirklich gelingen konnte, sagte Mika zu ihm: Sollte es mal ganz blöd kommen und alle außer dir, der diesen kleinen Helfer trägt, zu Boden gehen, ich besitze zwei Heiltränke. Mit denen kannst du Eretria zurückholen und sie hoffentlich dem Rest helfen."

Als die Gruppe den Baum erreichte, wartete sie erstmal die Einschätzungen jener ab, die zu dem Baum etwas sagen konnte. Denn sie fürchtete ernsthaft, dass der Baum vielleicht mehr sein könnte, als es schien.
Nachdem scheinbar alles gesagt war, meinte Mika mit gedämpfter Stimme: "Solange keiner diesen Baum dazu bringt, um sich zu schlagen, wie es Dok´Hae bewerkstelligen kann, ist für mich alles in Ordnung. Also, weiter geht es."
Mika sagte dies, trotz eines mulmigen Gefühls im Bauch, das daher stammte, dass sie dem Frieden nicht traute. Aber wie sollte man in diesen Gängen auch irgendwas trauen, wenn hinter jedem Stein eine Falle und hinter jeder Biegung ein tödlicher Gegner lauern konnte.
Langsam ging Mika weiter vor und schob sich wieder an Dok´Hae vorbei. Auf ihrem Weg hielt sie die ganze Zeit über nach Fallen Ausschau - besonders, weil ein Auslösen der allgegenwärtigen Magie vielleicht sogar den Baum erwecken konnte.
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Djarrissa

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Kapitel 2: Morgensonne
« Antwort #2131 am: 05.01.2013, 10:58:46 »
Djarrissa wechselte schnell zu Schild und Axt und folgte Mika. "Ich decke dich.", raunte sie ihr zu und achtete wie sie auf Fallen und darauf, ob der Baum nach ihr ausschlug, um sie gegebenenfalls aus dem Weg zu schubsen. "Wir sollten uns eine Eisenkugel und Stäbe zulegen, mit denen wir Schalter und Drähte auf Entfernung auslösen können. Bei der Fallgrube wäre es praktisch gewesen, wenn ich nach dem Auslösen nicht drin gestanden hätte und der Wächter vielleicht gar nicht erschienen wäre.", überlegte sie, als sie den Baum beobachtete. "Wenn er auf Bewegung reagiert..." Sie versuchte abzuschätzen, ob er überhaupt bis an die Gangwände heranreichen konnte. "Und selbst wenn nicht, ist er ein weiterer armer gequälter Geist in diesen Höhlen. Er gehört nicht hierher."
« Letzte Änderung: 12.09.2014, 21:29:23 von Djarrissa »

Milan

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Kapitel 2: Morgensonne
« Antwort #2132 am: 06.01.2013, 15:03:30 »
Milan blieb ratlos stehen. Sollte er in die Höhle vordringen und nach einem versteckten Ausgang suchen? Oder war dies tatsächlich eine Sackgasse? Dabei war dieser Weg der einzige gewesen, der ihm sicher erschienen war. Nun musste er mit der Last von Maruiko und Sil zurück auf den Gang und würde dort vermutlich seinen Entführern direkt in die Hände laufen. Dann würde ihm auch kein Schlüssel der Welt mehr helfen können.

Frustriert blieb Milan eine Weile stehen und dachte nach, wobei das Nachdenken sich auf wenige Gedankenzüge, die immer wieder in einem grausamen Tod endeten, beschränkten. Seine alte Unsicherheit kehrte zurück und insgeheim sehnte er sich danach, dass die anderen kämen, um ihn aus dieser Situation zu befreien. Aber er war allein und würde die anderen womöglich nie wieder sehen.

Schließlich schloss er die Tür wieder und entschied sich. Er konnte nicht ewig dort herum stehen, solange es für ihn und Sil noch eine Überlebenschance gab. Er packte seine Sachen zusammen, inklusive dem Handschuh, der ihm gerade das Leben gerettet hatte, und schnappte sich Sil. Wenn das Mädchen nur wach wäre...im Moment wäre es ihm lieber gewesen, sie wäre wach geworden, doch das schien noch eine ganze Weile zu dauern. Zuletzt nahm er Maruiko und wusste, dass er keine Hand frei haben würde, um sich im Notfall zu verteidigen, dann begab er sich zu der Tür, die auf den Gang führte und horchte daran[1]. Er konnte jedoch nichts hören und begab sich nach draußen. Er wusste in etwa, wo sich die Tür befand, hinter der sich seine Entführer aufhielten. Alle anderen waren ein Risiko, aber womöglich auch ein Weg. Er entschloss sich, insofern er nicht sofort seinen Verfolgern in die Hände fiel, die Tür zu wählen, hinter der er das andere Opfer vermutete[2].
 1. Lauschen 0, deshalb mach ich gleich mal weiter
 2. Ich nehm mal die Tür rechts bzw. unterhalb der Tür, die in die Vorratskammer führt, falls ich da nicht eh schon mal lang bin. Bin ein wenig irritiert, was wohl auch daran liegt, dass die Karte vermutlich gar nicht für mich ist.
Wenn der Glaube vorhanden ist, kann man selbst einen Heringskopf anbeten.

Eretria

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Kapitel 2: Morgensonne
« Antwort #2133 am: 06.01.2013, 15:26:45 »
Eretria betrachtete fasziniert den Baum, der an diesem Ort wuchs. Für sie wirkte es falsch, dass ein Baum überhaupt hier wachsen konnte und die verkrüppelte Form schienen ihren Vorbehalten recht zu geben. Als sich alle sehr vorsichtig verhielten, tat sie es ihren Gefährten nach. Auf die Hinweise ihrer Freunde nickte sie kurz, um zu zeigen, dass sie sie verstanden hatte.
"Hoffentlich kommen wir an diesem Baum vorbei. Mutter Sonne und ihr Zwei Monde helft uns!" Nur in Gedanken sprach sie das Stoßgebet. Sie musste an ihren Geliebten denken. Hoffentlich ging es Milan gut. Sie schwor sich, dass, wer auch immer für das Leiden ihres Verlobten verantwortlich war, eine gehörige Tracht Prügel von ihr beziehen würde.

Sternenblut

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Kapitel 2: Morgensonne
« Antwort #2134 am: 06.01.2013, 15:45:10 »
Langsam und vorsichtig ging die Gruppe, angeführt von Mika und Djarissa, an dem Baum vorbei, bedacht, so weit wie möglich Abstand zu der kränklichen Pflanze und ihren vermeintlich giftigen Blättern zu halten. Einige drückten sich regelrecht an die Wand, um den äußeren Ästen nicht zu nahe zu kommen.

Wie es schien, war die Pflanze jedoch harmlos, solange sie sie nicht direkt berührten. Sie passierten den Baum, und nichts geschah. Und doch blieb bei allen ein mulmiges Gefühl zurück. Der Baum passte einfach nicht hierher, also weshalb hatte man ihn hier angepflanzt?

Nach wenigen weiteren Schritten erhielten sie die Antwort. Ein seltsames, scharrendes Geräusch ertönte, wie von dutzenden kleiner Finger, die sich durch trockenes Laub bewegten. Alle in der Gruppe drehten sich um, und erstarrten, als sie die neuerliche Gefahr sahen, der sie sich nun wohl würden stellen müssen.

Aus dem oberen Ende des Baumstammes, der offenbar zumindest im oberen Bereich hohl war (was seinen Gesundheitszustand erklärte), ragten einige dünne Beine hervor, und schoben einen dunkelgrauen Spinnenkörper nach oben. Die Kreatur war größer als jeder Mensch, und sah sie kurz aus schwarz schillernden, undeutbaren Augen an[1] - bevor sie ihren Körper nach hinten streckte und etwas aus ihrem Körper schoss, das wie ein heller Kokon aussah. Noch im Flug öffnete sich das Objekt und stellte sich als ein Spinnennetz heraus, das direkt auf sie zugeschossen kam...[2]
 1. Hier ein Bild des hübschen Spinnchens - nur ohne die Totenschädel ;-)
 2. Reflex-Rettungswurf, um dem Netz zu entgehen, gegen DC 15
« Letzte Änderung: 06.01.2013, 15:51:37 von Sternenblut »
"Ein Blick in die Welt beweist, dass Horror nichts anderes ist als Realismus." - Alfred Hitchcock

Djarrissa

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« Antwort #2135 am: 06.01.2013, 19:49:17 »
Die Reaktionen der anderen machten Djarrissa klar, dass sie doch etwas übersehen hatten. Sie wirbelte herum und entdeckte den achtbeinigen Schrecken. Ihr Maunzen wirkte abgewürgt und ihre ganze Körpersprache drückte Ekel aus. "RUNTER!", kreischte sie und versuchte gleichzeitig den Bogen hochzureißen und den Fäden aus dem Weg zu springen. Das wurde ihr zum Verhängnis: Sie und ihr großer Bogen verfingen sich und sie stürzte. Ihre sonstige Ruhe war wie fortgeblasen. Mit einem "Gyaah!"-Kreischen versuchte sie sich in panischen BEwegungen zu befreien.
« Letzte Änderung: 12.09.2014, 21:29:30 von Djarrissa »

Amani

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Kapitel 2: Morgensonne
« Antwort #2136 am: 06.01.2013, 20:00:29 »
Es war merkwürdig. Dok'Hae hörte den Schrei der Katzenfrau und ohne, dass er die Netze kommen sah duckte er sich im richtigen Moment um den klebrigen Fäden zu entgehen[1]. Im gleichen Moment rasten seine Gedanken und er überlegte angestrengt, was er über diese Art von Spinnen wusste[2].

Noch während er dabei war sich wieder aufzurichten griff seine Hand nach der Keule, die an seiner Hüfte hing.
 1. Ref: 19
 2. Wissen (Natur): 22

Sternenblut

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Kapitel 2: Morgensonne
« Antwort #2137 am: 06.01.2013, 20:42:06 »
Während das Netz durch die Luft flog und sich dabei ausbreitete, blieben einzelne Fasern des weißlich-durchsichtigen Gewebes an den Wänden, dem Boden und der Decke hängen - und an einigen Mitgliedern der Gruppe. Djarissa, Drexxor, Carnazzo, Lemnor, sie alle verfingen sich in den klebrigen Fäden. Sie waren zwar nicht handlungsunfähig, aber solange sie sich nicht befreien konnten, würden sie zumindest nicht von der Stelle kommen. Gerade für Lemnor, den Nahkämpfer, würde das ein echtes Problem darstellen.

Dok'Hae indessen gelang es, instinktiv auszuweichen. Erinnerungen kamen in ihm hoch... er hatte ein solches Wesen schon einmal gesehen. Nicht weit von der Heimat seines Rudels hatte eine ähnliche Spinne gelebt, wenn auch deutlich kleiner - es war wohl noch ein Jungtier gewesen. Er selbst war kaum dem Welpenalter entwachsen, und mit anderen Gleichaltrigen waren sie durch den Wald gerannt, bis sie auf die gefährliche Spinne gestoßen waren. Sie war intelligent genug gewesen, ihre Umgebung für sich zu nutzen - und spontan fiel Dok'Haes Blick auf den Baum, der vielleicht doch noch eine Gefahr für sie werden würde.

Das Monstrum hatte einen gefährlichen Biss, und ihr Gift saugte dem Opfer die Stärke aus dem Körper. Aber noch mehr Sorgen machte Dok'Hae etwas anderes. Die Spinne hatte sich damals eine Zeit lang auf einen seiner Gefährten konzentriert, die Augen hatten sich dabei silbrig grau verfärbt - und Ehnor, der Älteste aus ihrer Gruppe, hatte sich verwandelt. Er war zu Stein erstarrt - es hatte ausgesehen, als ob man eine Figur aus einem Felsen geschlagen hätte. Das war der Moment gewesen, wo sie alle geflüchtet waren. Ehnor hatten sie nie wieder gesehen.
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Mika

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« Antwort #2138 am: 06.01.2013, 22:45:41 »
Mika schaffte es irgendwie dem Netz zu entgehen. Doch weil dieses Glück nicht alle ihrer Gefährten teilten und eine sehr große Spinne sich näherte, zog die Bardin sofort ihren Rapier und versuchte mit diesem, die Spinnweben von ihren Gefährten zu zerreißen und zu zerschlagen. Ihr Interesse galt dabei vor allem der Befreiung von Lemnor, der eine lebende Wand sein konnte, und dem überaus hilfreichen Carnazzo, dessen Dienste ihr unersetzbar erschienen.
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Sternenblut

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Kapitel 2: Morgensonne
« Antwort #2139 am: 07.01.2013, 00:16:24 »
Mikas Schlag auf die Spinnfäden führte beinahe dazu, dass sie sich selbst verletzte: Die Fäden waren nicht nur klebrig, sondern auch elastisch. Mikas Klinge sprang ihr entgegen, kaum, dass sie auf einen der Fäden geschlagen hatte. Gerade, als sie glaubte, die Kontrolle über ihren Rapier zurückerlangt zu haben, gab es einen weiteren Ruck, und nur knapp schaffte sie es, die Waffe überhaupt in der Hand zu halten. Das Metall ihres Rapiers hing an den Spinnweben, so wie es bei ihren Gefährten der Fall war. Mika hatte sich soeben selbst entwaffnet.

Auch Eretria hatte es nicht geschafft, dem hinterhältigen Netz auszuweichen. Somit waren nur noch vier der Gefährten frei. Doch auch ihre Bewegung war eingeschränkt: Das Netz, das die Spinne geworfen hatte, hatte sich inzwischen voll ausgebreitet und den gesamten Gang verschlossen. Selbst wenn die metallene Tür vor ihnen offen gewesen sein sollte, konnten sie sie im Moment unmöglich erreichen.

Noch während die Gefährten sich sammelten und sich auf den Kampf vorbereiteten, der vor ihnen stand, war die Spinne vollständig aus dem Baum geklettert und stand nun in ihrer ganzen Größe vor ihnen. Sie füllte mehr als die Hälfte des Ganges in der Breite aus, und war mindestens vier oder fünf Meter lang. Ihre dünnen, haarigen Beine reichten bis zu den Wänden. Auch die Flucht nach vorne war ihnen verstellt, schlicht durch die Größe des Monstrums, das vor ihnen stand.[1]

Igitt, macht das weg!
 1. Spinne gilt als Riesig (Huge)
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Sternenblut

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« Antwort #2140 am: 08.01.2013, 23:26:54 »
Milan eilte, so leise es ihm möglich war, den Gang entlang, und machte sich an den Ketten zu schaffen, die die von ihm ausgewählte Tür versperrten. Er brauchte ein wenig, aber tatsächlich fand er einen Schlüssel, der passte.

Er öffnete die Tür. Dahinter lag ein dunkler Gang ohne jede Beleuchtung, der leicht abwärts führte und nach einigen Metern eine Wendung nach links machte. Im Gegensatz zu den sonstigen, gut ausgearbeiteten Gängen glich dieser hier eher einem groben Stollen. Es roch unangenehm in dem Gang, auch wenn Milan den Geruch nicht ganz zuordnen konnte.
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Milan

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Kapitel 2: Morgensonne
« Antwort #2141 am: 13.01.2013, 11:27:35 »
Milan zögerte zunächst, in den Gang hinein zu gehen. Wer wusste schon, was für Ungeheuerlichkeiten oder Fallen da wieder auf ihn warteten. Aber wenn er noch länger da blieb, wo er war, würde man ihn finden. Nur so konnte er unmöglich dort hinein schlüpfen. Der Weg war zu dunkel und Maruiko würde ihn ob seiner Leichtsinnigkeit wieder nur verspotten. Er sah sich eilig in dem Gang um, in dem er sich befand und schlüpfte dann in den Gang vor ihm, um zumindest Sil kurz abzulegen. Dann schnappte er sich eine der Fackeln und zog die Tür hinter sich zu.

"Wahrscheinlich fällt es schnell auf, dass ich die Tür geöffnet habe. Machen wir uns besser aus dem Staub." Nur war Milan mittlerweile ein wenig damit überfordert, Maruiko, Sil, seine Habseligkeiten und nun auch noch die Fackeln zu tragen. Er beschloss, Sil einen Moment am Anfang des Ganges liegen zu lassen und sich zunächst allein in die Dunkelheit vorzuwagen, wobei er langsam voranschritt und bei jedem Schritt Decke, Boden und Wände genau betrachtete[1], ob er womöglich auf eine weitere Falle stoßen würde. Dann schlich er vorsichtig um die Ecke...
 1. Entdecken 0
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Sternenblut

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« Antwort #2142 am: 13.01.2013, 15:55:07 »
Milan ging vorsichtig, Schritt für Schritt, den Gang entlang. Das flackernde Licht der Fackel beruhigte ihn nicht gerade, und er bemerkte, wie sein Atem immer heftiger ging. Der Geruch wurde deutlicher. Es war unangenehm, und doch versuchte Milan, herauszufinden, woran ihn der Geruch erinnerte. Dann wurde es ihm klar: Es roch wie im Armenviertel der Großen Feste, wo die Leute die Straßen als Toiletten benutzten und sich nicht regelmäßig genug wuschen. Doch der Geruch hier war noch etwas schlimmer als das, was er in der Großen Feste erlebt hatte.

Dann bemerkte er, wie etwas an seinem Fuß zog - und sah gerade noch das Drahtseil, das er mit seinem Schritt gerade zerrissen hatte. Instinktiv machte er einen Schritt nach hinten, und fürchtete schon eine Explosion aus Gas oder ähnliches. Stattdessen rauschte urplötzlich eine scharfe Klinge an ihm vorbei - nur wenige Zentimeter an seinem Gesicht vorbei. Sie hatte die Form einer Doppelaxt, und kaum war sie aus der einen Wand aufgetaucht, verschwand sie schon in der anderen. Und zu Milans Glück, ohne ihn dabei erwischt zu haben.
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Sternenblut

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« Antwort #2143 am: 15.01.2013, 13:54:18 »
Tot lag die grauenhafte Kreatur nun vor ihnen. Eretrias Schwert steckte ihr noch im Kiefer, ein Bolzen ragte aus einem ihrer Augen, Wunden und Verbrennungen zierten ihren Körper. So gefährlich sie eben noch gewesen war, so kläglich wirkte sie nun.

Doch der Kampf hatte seinen Preis gefordert. Mika und Lemnor waren zu Stein verwandelt, und die meisten von ihnen hatten Gift abbekommen.

Schweigend steuerte Carnazzo seine Flammenkugel in Richtung des großen Netzes und verbrannte es kurzerhand: Ihr Weg nach vorne war nun wieder frei...
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Sternenblut

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Kapitel 2: Morgensonne
« Antwort #2144 am: 16.01.2013, 00:27:16 »
Shemiya bemühte sich, sich zu beruhigen. Sie war ja froh, dass die reichen Adligen sich einen Doppelsarg leisten konnten, auch wenn Lochnar - so sehr sie ihn mochte - nicht der Mann war, mit dem sie eines Tages würde beerdigt sein wollen...

"Was ich dich immer fragen wollte..." Lochnar stockte. Er war einer der ältesten Freunde Marushans, und er schien fast immer die richtigen Worte zu finden.

"Was denn?"

"Versteh mich nicht falsch, ich finde richtig, was wir hier tun. Wir können dem Sonnenvolk nicht trauen. Wir müssen handeln, bevor sie es tun. Aber... du weißt, dass Marushan diesen Krieg für dich führt, oder? Er kann es nicht ertragen, dich leiden zu sehen. Er wünscht sich, dass du deinen Frieden findest. Dass du ihn findest, wenn du deine Rache bekommst. Das ist für ihn der wahre Grund, diesen Krieg zu führen. Ohne dich hätte die Schlacht, die uns bevorsteht, für ihn keine Bedeutung mehr."

Die Worte stachen Shemiya ins Herz, tiefer als es eine Klinge gekonnt hätte.

Nein, das konnte nicht sein. Der Krieg war nötig, er war...

Und doch, tief in ihrem Innern spürte sie es. Wie sehr sie Marushan gedrängt hatte. Er hatte den Krieg nicht gewollt. Viele Abende hatte sie mit ihm diskutiert, über die Gefahr, was passieren würde, wenn sie diesen Krieg nicht führten. Doch hinter den Worten, was hatte sie ihm da gesagt? Ich brauche meine Rache...

Sie schüttelte den Kopf. Das war Unsinn. Sie konnte, sie durfte solche Gedanken nicht zulassen. Marushan war ein erwachsener Mann, der Führer eines ganzen Volkes. Er hatte diese Entscheidung getroffen, weil es richtig war. Wäre dem nicht so, dann würde die Verantwortung für diesen Krieg bei ihr liegen, bei ihr ganz allein. Sie wäre es, die den Opfern dieses Krieges das Leben geraubt hätte, eine Diebin, die den Menschen die Zukunft stiehlt, eine Diebin des Lebens...

Sie schlug die Hände vor ihr Gesicht. Was waren das nur für Gedanken? Hatte sie diese Zweifel, weil sie jetzt so kurz davor stand? Nein, sie würde sich nicht ablenken lassen. Nicht jetzt.

Das Sonnenvolk würde büßen. Aliya würde büßen. Sie war es, die Schuldige, die Verantwortliche für diesen Krieg, und sie musste sterben für das, was sie getan hatte.

Shemiya traf keine Schuld, sie hatte keine Verantwortung für das, was geschah. Sie, eine Diebin. Eine Diebin, die den Menschen das Leben stiehlt. Diese Gedanken waren lächerlich.

"Du denkst zu viel nach, Lochnar", antwortete sie schließlich. "Marushan ist ein erwachsener Mann. Er tut, was er tut, weil er es für richtig hält."

Nein, sie, Shemiya, traf keine Schuld...
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