Während die Karawane sich noch in einfach zu befahrendem Gelände befand, nutzte Solitaire die Zeit vor allem, um die letzten Gegenstände fertigzustellen, die sie in Kalsgard nicht mehr vollständig beenden konnte. Es war etwas anstrengender, verglichen mit einem ruhigen Platz in der Stadt, und es dauerte dementsprechend auch etwas länger, aber sie hatte diese Aufgabe bewältigt, noch bevor sie an dem großen Gebirge angekommen waren.
Mit einem etwas skeptischen Blick auf ihre Nahrungsvorräte, immerhin war die gesamte Truppe, die mit der Karawane unterwegs war, mittlerweile auf zweiundzwandzig Köpfe gestiegen, dazu noch das Eidolon und Phoebe, wobei letztere bei der Nahrung nicht ernsthaft ins Gewicht fiel, und natürlich auch die Zugpferde, wunderte sich die Zauberin, wie lange diese wohl reichen würden. Die Reise war lang, mehrere Monate würden sie unterwegs sein. Mit dieser Frage im Kopf ging sie daher an einem Abend zu Ulf, der sich von ihnen allen am besten in der Gegend auskennen dürfte.
Der Gebietskundige hatte sie bereits von Anfang an aufgefordert, möglichst viel Nahrung während der Reise zu suchen, und die Vorräte nur anzufangen, wenn es wirklich nötig war. Das hatte durchaus auch dazu beigetragen, dass Solitaire sich darüber wunderte.
"
Ulf, eine Sache frage ich mich, seit wir unterwegs sind. Wir haben doch nicht einmal annähernd genug Nahrung dabei, um die gesamte Reise zu bewältigen. Werden wir denn auf der Krone der Welt auch auf Siedlungen treffen, wo wir unsere Vorräte aufstocken können?"
Einige Zeit verbrachte die Varisierin bei ihren Nachtlagern auch damit, sich mit Koya über varisische Traditionen und die Wahrsagerei zu unterhalten. Die alte Priesterin hatte viel Erfahrung als Wahrsagerin und Solitaire hatte selbst einiges Interesse und auch einige Übung darin.
Als sie den schneebedeckten Pass überwunden und das Hügelland dahinter erreicht hatten, nahm sich Solitaire am Abend etwas Zeit, um ihre Turmkarten herauszuholen und die Zukunft damit zu deuten. Sie mischte die Karten, während sie einen Zauber wirkte
[1], der ihnen die Kraft verlieh, in Geschehnisse aus der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft zu blicken. Sie legte drei Reihen von je drei Karten aus, welche positive, undeutliche und negative Ereignisse der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft symbolisierten.
Als erste Karte für die positive Vergangenheit deckte sie
Die Verlorenen auf. Diese war das absolute Gegenteil dessen, wofür die Position stand in der sich die Karte in der Anordnung befand. Normalerweise deutete sie auf eine Leere und den Verlust der eigenen Identität hin. Allerdings war die Karte hier falsch ausgerichtet und stellte somit das Gegenteil dar, Geistesschärfe selbst unter Zwang. Für Solitaire war gleich klar, dass hiermit nur der Bund gemeint sein konnte, den sie durch das Siegel mit Ameiko und den anderen eingegangen war. Dieser hatte ihr eine klare Richtung vorgegeben, die sie zuvor in ihrem Leben vermisst hatte.
Die zweite Karte zeigte die positive Gegenwart.
Der Bronzene Zwerg symbolisierte Durchhaltevermögen. Das würde ihr bei der langen Reise sicherlich helfen.
An dritter Stelle verbarg sich die positive Zukunft.
Die Königinmutter. Sie setzt sich für die Unterprivilegierten ein, wenn die Mächtigen sie im Stich lassen. Dazu steht sie für das Wissen, ist aber nur gewillt es zu teilen, wenn man ihr folgt. Ein gutes Zeichen, ihr Ziel war es schließlich, Ameiko auf den Thron zu verhelfen.
Das Dornenlabyrinth zeigte ihre undeutliche Vergangenheit. Es steht für einen Gegenstand oder eine Person, allerdings bereits vor langer Zeit verloren oder getötet. Es war nicht schwer dies mit der Amatetsu-Familie in Verbindung zu bringen, die in der Vergangenheit viel Leid ertragen hatten müssen.
Als nächste Karte wurde
Das Theater für die undeutliche Gegenwart aufgedeckt. Eine Prophezeihung, die aber so ungewiss war, dass man sie nicht direkt einordnen konnte.
Der Schlosser war schließlich das Symbol für die undeutliche Zukunft. Irgendwo würde er helfen, einen Weg zu öffnen, indem er die Mittel bereitstellte, die benötigt waren, vielleicht in der Form eines ungewöhnlichen Gegenstands.
Der Wanderer stand für die negative Vergangenheit. Für gewöhnlich sah er Wert auch in Sachen, die andere nicht weiter beachteten. In der unteren Kartenreihe war er allerdings falsch ausgerichtet und deutete daher eher darauf hin, dass man den wahren Wert einer Sache oder Person oder auch Situation nicht erkannt hatte. Ob dies wohl mit dem seltsamen Helm zu tun hatte, den sie bei den Ulfen gefunden hatten, und der sich irgendwann einfach in Luft aufgelöst hatte?
Als Karte für die negative Gegenwart deckte Solitaire
Die Hochzeit auf. Eine Verbindung zwischen Personen, aber manchmal auch Ideen oder Königreichen. Hier würde sie sicherlich auf die bunt gemischte Gruppe zeigen, mit der die Varisierin jetzt zusammen war und es wohl auch bleiben würde. Und auch wenn niemand von ihnen diese Verbindung als schlecht bezeichnen würde, es war natürlich auch eine Belastung für alle, insofern machte es durchaus Sinn, die Karte in dieser Position vorzufinden.
Mit der letzten Karte galt es etwas über ihre negative Zukunft zu erfahren.
Der Schlangenbiss wurde aufgedeckt und passte zudem auch perfekt an diese Position. Gift, entweder in seiner reinen Form oder aber als Metapher. Solitaire würde sich vorsehen müssen, denn irgendwo lauerte etwas auf sie.