Geschehen zur achten Stunde des Far, dem 13. Dravago 999 YK
Die Nacht wurde noch lang, entsprechend kurz fällt der Schlaf für die beiden Gottesdiener aus. Schon früh werden sie geweckt und zu einem gemeinsamen Frühstück mit Valkus Dun und Tolliver Trask, dem Garnisonskommandanten, eingeladen. Nach wie vor ist noch unklar, was in der Nacht genau geschehen ist und warum Tarkor, der Wächter, ermordet wurde. Trask, der offenbar genau so wenig geschlafen hat wie seine Gäste, ist daher nicht besonders gut gelaunt und entsprechend wortkarg. Immerhin entschuldigt er sich nochmals bei Aitvaras und Alatheus für sein anfängliches Misstrauen.
Nach dem Frühstück führt Valkus Dun die zwei zu einem kleinen Wohnhaus auf dem Gelände der Garnison und klopft an die Eingangstüre. Es dauert eine kurze Zeit, dann öffnet sich die Tür und ein ziemlich verschlafenes Gesicht schaut heraus.
"Guten Morgen, Diedrik, es tut mir leid, Euch so früh wecken zu müssen, aber wir haben eine Frage an Euch. Dürfen wir reinkommen?"
Das Gesicht nickt und kurz darauf sitzen die drei mit ihrem Gastgeber in einem einfach eingerichteten Wohnraum und Diedrik bietet jedem einen gerade frisch aufgebrühten Tee an.
"Na, gings gestern wieder lang?" beginnt Valkus Dun die Konversation. Diedrik grient schief. "Ja, wurde spät, ich hätte gestern fast zum ersten Mal in meinem Leben Ellival d'Thuranni besiegt, er konnte sich gerade noch in ein Remis retten."
Valkus nickt verständnisvoll. "Ihr müsst wissen", wendet er sich an seine Begleiter, " dass Diedrik einer der stärksten Drachenschachspieler in Diamantsee ist, nur übertroffen von besagtem Ellival..." "Übertreibt es nicht, Lazare ist auch um Längen besser als ich. Und außerdem glaube ich nicht, dass ihr mit mir über gestern abend reden wollt oder?" unterbricht Diedrik ihn.
Valkus seufzt leise. "Ihr habt natürlich recht, obwohl es in gewissem Sinne schon um gestern abend ging." Ohne sich in den Details zu verlieren, erzählt Valkus dem Kartenmacher von der Prophezeiung, deren Zeugen Alatheus und Aitvaras gestern wurden.
"Warum wir uns an Euch wenden, ist der Teil mit dem Grab. "Da wo das Grab whispert" war der Wortlaut und mir ist, als hätte ich ähnliche Worte schon einmal aus Eurem Mund kommen hören. Könnt Ihr uns dazu vielleicht näheres sagen?
Valkus älterer Freund nickt bedächtig. "Kann ich tatsächlich. Es gibt tatsächlich ein Grab, in dem man Stimmen zu flüstern hören vermeint, und das deswegen früher den Namen Wispergrab trug. In meiner Kindheit wurde es deswegen gerne für Mutproben benutzt. Um sie zu bestehen, musste man eine Nacht in dem Grab verbringen. Tatsächlich dürfte ich der einzige sein, der noch davon weiss, der Krieg und die Seuche, die vor 25 Jahren durch die Region hier ging, haben zuviele Opfer gekostet."
Für einen Moment scheint der alte Kartenmacher in Erinnerungen zu versinken, dann erhebt er sich von seinem Sitz. "Wartet, ich habe eine alte Karte, auf der die Lage des Grabes eingezeichnet ist. Wenn Ihr wollt, mache ich Euch eine Kopie, dann könnt Ihr euch das Grab selbst ansehen, wir sind als Jugendliche nie über den Eingangsbereich hinaus in das Grab eingedrungen, dazu war es uns dort zu unheimlich."
Diedrik geht in einen kleinen Nebenraum, man hört ihn ein wenig rascheln und rumoren. Kurz darauf kommt er mit einem mehr als verblüfften Gesichtsausdruck zurück.
"Die Karte... sie ist weg!"