Nel hüpft Farin lieber auf die Schulter und will alles sehen was um ihn herum so vor sich geht. Auch Tabor war mit Sarakaja an Deck gekommen. Raft winkt ihn zu sich am Bug. Sarakaja bedeutet er ein wenig beiseite zu gehen, klopft ihr tätschelnd auf den Kopf und sagt was von Mäuschen. Beides lässt die große Katze sich gefallen, wirkt aber leicht irritiert. Bis auf eine Handvoll Seeleute, die sich weiter um das Schiff kümmern, versammelt sich die ganze Mannschaft inklusive Soldaten. Auf dem Hauptdeck sind die Verwundeten auf Bahren untergebracht, ein wenig abseits verdeckt die Toten. Tamara steht neben dem Steuermann, Filly hält sich neben ihrer Freundin Helene bei der Mutter auf. Sie winkt Farin zu sich herüber, deutet auf eine Kiste von welcher er besser sehen kann und bedeutet ihm leise zu sein. Sie wirkt ein wenig angespannt und besorgt um Helene.
Die Sonne strahlt warm und gütig auf die Versammlung, ein blauer Himmel mit wenigen Wolken versprach einen herrlichen Tag.
Endlich kommt Doron an Deck. Der junge Mann trägt nur eine Art Kniebundhose, Sandalen und ein wenig Schmuck. Der Oberkörper ist nackt, wodurch Jugend und seine unnatürliche Hautfarbe noch mehr zur Geltung kommen. Freundlich aber konzentriert schaut er in die Gesichter der Leute und er scheint in keinster Weise nervös zu sein dass ihm soviele Leute genaustens zusahen, jede seiner Bewegungen beobachteten. Ruhig tritt er neben eine Brandschale, die Jean-Baptiste am Bug in der Nähe von Raft aufgebaut hatte. Der Offizier steht daneben und fungiert offenbar als Meßdiener, was er soweit Valeria bemerken kann mit einiger Erfahrung tut.
Die folgende halbe Stunde fliegt an ihr und den anderen vorbei. Das Verbrennen der Kräuter, das Herbeirufen von Schajunes Segen, Bittgesänge und ein wenig gemeinsames Singen. Das alles kannte sie. Und es kam eigentlich auch nichts vor, was sie nicht aus vergleichbaren Gottesdiensten zu Ehren anderer, wohlmeinender Gottheiten kannte. Trotzdem war alles irgendwie anders. Den Beginn machte Doron. Er sprach nicht so sehr davon was andere zu tun hatten, sondern was jedem ihn eingeschlossen oblag. Er sprach von einem Glauben den er fühlte. Tabor hatte viele Priester erlebt, solche die von Dingen redeten die sie irgendwo gelesen hatten. Fanatiker die Glauben verlangten. Ausgebrannte welche schon lange alles verloren hatten was jemals in ihnen gewesen war. Doron war anders. Er fühlte das was er sagte und er ließ es jeden spüren. Seine Liebe zu Schajune und Schajunes Liebe ihm gegenüber. Fast war der Paladin geneigt sich ganz Schajune anzuvertrauen und Tabor war sicher, dass er in Zukunft nicht vergessen würde hier und da auch Schajune ein paar Dankesworte zukommen zu lassen.
Aber Doron verlangte auch keinen Übertritt. Ihm Gegenteil betonte er den Glauben gegenüber anderen Göttern als etwas wichtiges. Jeder hatte seinen Platz. Ebenso wie Schajune. Nur sehr fanatische Glaubensanhänger konnten an seinen Worten etwas auszusetzen haben, aber Lizk war sicher, dass es solche geben würde.
Farin faszinierte sicher ebenso sehr, wie Doron von Schajunes Himmelreich berichtete. Es war kein allgemeines Blabla, sondern recht genaues Berichten wie es dort war, wie es dort aussah und es sich anfühlte. Entweder Doron hatte eine sehr lebhafte Fantasie oder ... er war schon einmal da gewesen.
Der eigentliche Gottesdienst ging dem Ende entgegen und voller Inbrunst stimmten alle die letzten Gesänge ein. Lizk sah, wie sich während des Gottesdienstes nach und nach die Verkrampfung bei Helene löste. Sie hatte zu Beginn ganz fest seine Hand ergriffen und hing die ganze Zeit mit ihren Augen an Doron. Tränen liefen ihre Wangen herunter, aber sie sah nun glücklicher aus und der Elf konnte spüren wie Helene von etwas durchströmt wurde, von Schajunes Präsenz, die alle hier auf dem Schiff überall um sich her wahrnehmen konnten.
Ein trauriger Moment trat ein, als Doron dann die Toten segnete. Sie sollten aber nicht über Bord gehen sondern wurden später wieder unter Deck gebracht. Viele der Kranken sahen nun viel besser aus als zuvor. War es eine Art von Magie? Oder einfach das Bewusstsein, dass da draußen jemand über sie wachte? Auf jeden Fall schienen alle sich nun wohler zu fühlen, stärker als zuvor. Auch Saharana sah gesünder aus. Es würde wohl noch Tage dauern bis sie wieder gesund war, aber wenigstens konnte sie sich nun aufsetzen und sogar ein wenig lächeln.
Doch es war mehr Helenes Mutter, die Lizk Sorgen bereitete. Doron hatte sich als Abschluß wohl etwas besonderes ausgedacht. Bedächtig schritt er hinüber zu Helene und trat mit ihr an das Bett ihrer Mutter. Leise versammelte sich die Mannschaft drum herum und sah zu was geschah. Lächelnd sah er Helenes Hand in der von Lizk, ergriff die andere, legte sie zusammen mit seiner eigenen auf die Stirn der Mutter. Unruhig und nicht viel mitkriegend von dem was um sie herum geschah, lag sie auf ihrer Bahre, drehte sich hin und her.
Helene. Es ist nun an der Zeit, dass wir Deiner Mutter helfen. Besser gesagt, dass Du ihr hilfst. Denn meine Kräfte sind hier nicht von Belang. Dein Wille und Deine Liebe zählen hier. Deine Mutter ist krank, nicht nur am Körper sondern auch am Geist. Den Körper kann ich heilen, aber was nützt das, wenn ihre Seele verwundet bleibt? Sie hat viel Gutes getan in ihrem Leben, aber auch viel Böses. Erst im Angesicht des Todes ihrer Kinder und ihres Mannes wurde ihr klar, was sie angerichtet hat. Aber für Schajune ist es nie zu spät. Und auch Seluvia ...
Wenn Hacathra anwesend ist, schaut Doron kurz zu ihr hinüber.
... hat ihr verziehen. Jetzt ist es für Dich an der Zeit Dich mit ihr zu versöhnen. Damit sie sich lösen kann und ihren Frieden finden mit sich selbst. Ich weiß, was Du in Dir fühlst. Trotz allem was sie falsch gemacht hat in den Jahren. Habe den Mut dazu zu stehen und es ihr zu zeigen. Du hast zwei Mütter, eine von Körper und Herz, eine von Seele und Geist. Beide musst Du anerkennen, beide lieben, beiden verzeihen. Vereine sie durch Deinen Glauben und Deine Liebe.