Mika beschlich die dumpfe Ahnung, dass sie wohl gefragt ist, denn keiner kann eine so gute Antwort auf die Frage des Hauptammes geben wie die junge Bardin, der in diesem Moment nicht nach Geschichten erzählen zumute war. Doch alles half nichts. Keiner erhörte ihren Wunsch, erstmal außen vor zu bleiben, vor allem, wenn sie den Wunsch nicht aussprach.
"Es ist eine etwas längere Geschichte." Kündigte Mika an, die traurig zu Boden schaute. "Ich wollte am späten Nachmittag die Stadt verlassen. Mich auf die Reise. Die Welt kennenlernen. Ich scheiterte an verschlossenen Toren, weil seltsame Tiere vor der Stadt unterwegs sein sollen. Auf dem Weg jedoch, und das ist entscheidend, rannte jemand an mir vorbei. Jemand, der nicht zu sehen war. Beweis dafür war Spritzwasser von einer Pfütze, das meine Hosenbein durchtränkt hatte. Ein Elf, einige Meter weiter, wurde offensichtlich von jemand angerempelt, ohne das jemand zu sehen war.
Nachdem ich nicht die Stadt verlassen konnte, bin ich zurück nach Hause gegangen und fand vor dem Haus unserer Nachbarn, der Familie des Seilmachers Goldoar Finneran, lauter Wachmänner vor und eine Gestalt unter einem blutigen Lacken. Ich erfuhr, dass ein unsichtbares Wesen die Tochter unserer Nachbarn, Mereira, angegriffen und getötet hat. Ihr Bruder wurde beim Versuch seiner Schwester zu helfen schwer verletzt. Doch zum Glück haben die Eltern Geld und konnten ihn anscheiend zu einem Heiler bringen." Mika atmete daraufhin hörbar durch und schwieg mitten in der Erzählung, während sie in einer eigenen Welt weilte.
Einige Zeit müssen alle warten, dann plötzlich beginnt Mika wieder zu sprechen: "Papa meinte, dass wir die Stadt verlassen werden, wenn irre Mörder durch die Stadt rennen. Ich sollte meine Brüder holen, die beim Markt waren, weil Angar sich eine Lehrstelle bei der Bogenmacherin Quinta erhoffte.
Ich fand meine Brüder nicht bei der Bogenmacherin, sondern an einem Met-Stand. Und dann wurde eine Edeldame von niemanden umgestoßen, das heißt, jemand schubbste sie, der nicht zu sehen war. Sofort rief ich meine Brüder.
Kurz darauf schepperte und knurrte es im Laden und wir gingen rein. Angar blieb beim Eingang. Leonas und ich gingen zur Wendeltreppe und folgten ihr in den Keller und eine dort befindliche Bibliothek, weil wir das Gefühl hatten, dass das unsichtbare Wesen dort hinabgestiegen ist.
Unten hörten wir Stimmen und Knurren. Leonas sicherte die Tür, damit das unsichtbare Wesen nicht fliehen kann. Ich traute mich vorwärts.
An unsichtbaren Wesen mangelte es dann auf einmal, dafür erschienen eure Ermittler, wenn ich es richtig verstanden habe. Weil ich aber nicht wusste, ob ich ihnen glauben darf oder ob sie mich nicht täuschen wollen, um ihre Tat zu vertuschen. Es konnte ja sein, dass sie die Unsichtbaren sind und sich im Keller, als ich sie nicht sah, sichtbar gemacht haben.
Auf meinen Verdacht hin, habe ich sie unten festgesetzt. Ich möchte mich dafür nochmal ausdrücklich entschuldigen. Auch für meine Worte, die dort gefallen sind. Doch in meinen Augen ist ein Mörder in den Keller gelaufen und so konnte auch nur ein Mörder herauskommen. Ich habe nicht geahnt, dass dort jemand wartet, um ihn zu stellen. Beziehungsweise, dass eure Unterstützung den wahren Übeltäter überführt hat, der angeblich den dann nackten, ohnmächtigen Leuten den Befehl gegeben haben soll, dass sie Leute umbringen sollen." Damit beendete die junge Frau ihren scheinbar emotionslosen Vortrag und schwieg wieder, während ihr Blick am Boden festgenagelt blieb.