Ugnor interessierte die Szenerie herzlich wenig, er nahm sofort drei Ziele war und Reina hatte es mal wieder geschafft. Er bereute sein Lob bei den Affen sofort. Wie konnte man nur so unvernünftig und spontan Entscheidungen treffen angesichts des Todes?
Reina, dies war das letzte Mal!
Ugnor war verärgert. Doch was sollte er tun? Er nahm seine Axt und hoffte, daß Tempus ihm wohlgesonnen war.
Plötzlich ertönte Kampflärm von weiter vorne. Schnell eilte Naoko herbei um zu sehen, was dort vorging. Gefolgt von Ciaran, der schon einen Pfeil auf der Sehne liegen hatte.
Mit gebleckten Zähnen kamen die drei Piraten auf Reina zu, und es war augenblicklich klar, dass ihnen eine lebende Mahlzeit viel besser zu munden schien, als eine bereits tote; jedenfalls war die Gier in ihren Augen unverkennbar, obwohl die Gesichter selbst zu einer Fratze der Wut verzerrt waren. Der "Koch" schien besonders viel Vorfreude zu empfinden, geradezu gemütlich bewegte er sich hinter den anderen beiden her, so als sei er schon ein besonders leckeres Rezept am Durchdenken.
Dann waren die ersten beiden Piraten herangekommen und hieben mit ihren Krummsäbeln auf Reina ein, während sie gleichzeitig mit ihren Zähnen nach ihr schnappten. Doch stand Reina wie ein Fels in der Brandung und wehrte alle Angriffe ab, ohne auch nur einen Millimeter zurückzuweichen. Nachdem die ersten Angriffe an ihrem Schild abgeprallt waren, machte sie ihrerseits einen Schritt zu ihren Gegnern hin und schlug mit dem Schwert zu. Ugnor tat es ihr gleich, bewegte sich neben Reina und griff ebenfalls an.
Diese Höhlenbewohner waren eindeutig mal was anderes. Aber zumindest wusste Veleri nun wieder was zu tun war. "Essen fassen! Essen: Fass!" Mit einer Bewegung schob die Kriegerin sich an Ugnor vorbei - dem Halbork ein Augenzwinkern zuwerfend - und brachte die Glefe nach vorn. Diesem Küchentrupp wollte sie die Suppe ordentlich versalzen.
Nur zäh drangen die Waffen durch die beinahe ledrig zu nennende Haut der Monsterpiraten. Aber immerhin, sie drangen. Veleri musste dennoch feststellen, dass ihr Hieb, der einen normalen Menschen mühelos gefällt hätte, bei diesem Wesen, obwohl er ihm den Brustkorb aufriss, keinerlei Wirkung zeitigte. Erst Ugnors Hieb, verbunden mit dem plötzlich von hinten heranzischenden Pfeil Ciaráns schafften es, dem ersten der drei Angreifer den garaus zu machen. Noch im Fallen verrenkte dieser seinen Hals im Versuch, seine Zähne in Reinas Bein zu schlagen, doch hatte diese keine Probleme, mit einem kräftigen Tritt der Gefahr Herr zu werden.
Und dann geschah zum Entsetzen der Helden mit dem Piraten dasselbe, was auch schon mit den mutierten Affen geschehen war, denen sie auf dem Weg hierher geschahen war. Plötzlich schlug die Haut des Leichnams Blasen und platzten auf, eine grünliche Flüssigkeit spritzte von dem Körper weg, der in Sekundenschnelle in sich zusammenschmolz, bis nur noch eine schillerndgrüne Pfütze auf dem Boden zu sehen war.
Ugnor konnte den Spritzern ausweichen, Reina hingegen hatte weniger Glück und schrie auf, als sich die Säure in ihr Bein fraß. Der Schrei übertönte fast das wütende Fauchen Mirrasshis, die in der Erkenntnis, nicht ganz nach vorne gelangen zu können, ihren Wurfspeer nach dem noch stehenden Piraten geschleudert hatte, allerdings zu hoch angesetzt hatte, um ihre Gefährten nicht zu treffen.
Reinas Verletzung hatte allerdings eine unverhoffte Nebenwirkung. Für einen kurzen Moment geriet sie ins Wanken, weil sie unwillkürlich ihr Gewicht auf das andere Bein verlagerte. Die damit verbundene Bewegung reichte aus, um den Angriffen ihres Gegners zu entgehen, der sie weiterhin wütend Angriff.
Weniger Glück hatte Ugnor. Der "Koch" war inzwischen herangekommen und offenbar hatte er beschlossen, den Halbork zu tranchieren. "Ich schneid dich in Scheiben." knurrte er mit fast nicht verständlichem Grunzen, dann explodierte er förmlich und bevor Ugnor es sich versah, hatte der Pirat, der im Gegensatz zu seinen Kumpanen in ein mit Nägeln verstärktes Lederwams gerüstet war, seine Deckung durchbrochen.
"Wenn hier jemand wen ausweidet, dann bin ich das! Kusch!" schrie Veleri dem Mutanten entgegen und versuchte diesen mit Stichen ihrer Schwertlanze aus der zweiten Reihe von Ugnor zu verscheuchen. Innerlich machte sie sich jedoch bereit, ihre Taktik zu verändern, da die Kriegerin in diesem Gedränge mit ihrer Stangenwaffe nur suboptimal aufgestellt war. Ihre grünen Augen suchten flackernd nach einer Lücke in der Schlachtreihe, um in eine bessere Position zu gelangen.
Yuki hatte keine Ahnung, wie Reina es geschafft haben konnte, hier einen Hinterhalt gegen die Gefährten vorzubereiten, doch wusste es ganz sicher, dass dies im Moment auch nicht wichtig war. Als es sah, dass Ugnor angegriffen wurde, wusste es, dass es jetzt zuerst dafür sorgen musste, dass der niederträchtige Plan der Halbdunkelelfe nicht aufgehen würde. Hastig fischte es nach seinem Zauberstab und katapultierte sich gleichzeitig mit einem kräftigen Schlag seiner Flügel über die Köpfe seiner Freunde und Gegner hinweg in die Höhle hinein. Bald landete es, so wie es geplant hatte, hinter den Piraten und hatte freies Sichtfeld auf die beiden verbliebenen. Ugnor stellten sich die Nackenhaare auf, als er schon wieder Yukis Stimme rufen hörte: "Augen zu!" doch hatte das kleine Schattenwesen scheinbar seit seinem letzten Versuch dazu gelernt. Der von seinem Zauberstab ausgehende Lichtblitz wurde durch die Piraten, die von ihm getroffen wurden, von seinen Gefährten und auch von Reina abgeschirmt. Doch nicht das leichteste Stocken, nicht das geringste Verharren deutete darauf hin, dass die beiden Freaks Yukis Zauber überhaupt bemerkt hatten. Statt dessen drangen sie weiter auf Ugnor und Reina ein, die alle Hände voll zu tun hatten, sich ihrer Gegner zu erwehren. Veleri versuchte sie mit ihrer Glefe auf Distanz zu halten, kam aber aufgrund der räumlichen Enge nicht zum Zug. Immerhin gelang Ugnor ein Treffer, mit dem er sich ein wenig Luft verschaffen konnte.
Da Reina bereits schwer angeschlagen schien, musste Naoko nicht lange überlegen. Fast reflexartig legte er ihr eine Hand auf den Rücken. "Halt kurz still, Reina", bat er sie. Dann schoss auch schon die heilende Kraft in ihren Körper und begann langsam damit, ihre Wunden zu schließen.
Die Enge in dem Gang machte Mirrasshi zu schaffen. Sie konnte nicht gut genug sehen, was weiter vorne vor sich ging und es war auch nicht genug Platz, um ihre Waffen wirkungsvoll einsetzen zu können. Bevor sie sich jedoch dichter an den Gegner heran trauen konnte, musste sie sich ohnehin noch vorbereiten. So schickte sie ein Stoßgebet an ihre Göttin und spürte auch sogleich, wie deren stärkende Kraft sie durchströmte. Durch die Kraft ihrer Göttin wieder gestärkt und durch die Tatsache dass nur noch ein Gegner steht ermutigt, stürmt nun auch Mirrasshi vor, sich an Veleri und Ugnor vorbei drückend, und greift den verbleibenden Piraten mit einem wilden Schlag ihrer Klaue an.
Ein weiterer Pfeil zischte zwischen Ugnor und Reina hindurch und bohrte sich in die zum Angriff erhobene Hand von Reinas Gegner. Er stolperte einen Schritt rückwärts, was der Paladin geistesgegenwärtig ausnutzte und ihm ihr Schwert in die Brust rammte. Verzweifelt schnappten seine Zähne nach ihrer Hand, dann brach er tödlich getroffen zusammen, um gleich darauf in einer Säurepfütze zu verschmelzen. Diesmal hatte Reina keine Chance, den Säurespritzern zu entkommen, während Ugnor geistesgegenwärtig eine Ausweichbewegung machte und daher nichts von der ekelerregend stinkenden Brühe abbekam.
Nun war nur noch ein Gegner übrig. Der Koch, der mit unverminderter Wut weiter auf Ugnor einhackte, ohne diesen aber treffen zu können. Ugnor bemerkte, dass er im Gegensatz zu seinen beiden Kumpanen in eine beschlagene Lederrüstung gehüllt war, dass es also noch schwerer werden würde, ihm den Gar aus zu machen.
Naoko beobachtete mit wachsender Beunruhigung das Kampfgeschehen. Konnte er es sich noch länger leisten, nicht einzugreifen? 'Ach was solls?' Die Macht des Feuergeistes anrufend intonierte der Schamane einen Zauber woraufhin Flammen aus den Fingerspitzen seiner rechten Hand züngelten. "Vorsicht!", rief er noch ehe er das flammende Geschoss auch schon auf den Gegner schleuderte. Doch er hatte kein freies Schussfeld. "Reina, lass mich durch!", bat er die Halb-Drow während das erste Feuergeschoss verpuffte.
Ihr innerer Kampfinstinkt wurde für Veleri nun unüberhörbar. Sie brauchte einfach Platz zum Manövrieren, und zwar sofort! So schnell es ging wand sich die Kriegerin mit vor ihrem Körper vertikal aufgestellter Lanze durch die Schlachtreihen und versuchte den Schlägen des Koches so gut wie möglich auszuweichen. Vor allem aber wollte sie hinter die Kampflinie kommen, um frei mit ihrer gezahnten Waffe agieren zu können und den abartigen Metzger einzukreisen. Der erwartete Angriff kam, doch duckte sich Veleri gewandt unter ihm hinweg, um dann aus dem Lauf heraus abrupt anzuhalten, und mit dem Schwung ihrer Drehung ihre Schwertlanze auf den Gegner herabsausen zu lassen; dieser wich aber ebenso gewandt aus, wie er auch den Angriffen Mirrasshis und Reinas, die ihn in die Zange nahmen, auswich.
Dem gleich darauf folgenden Angriff Ugnors, den der soeben erlittene Schaden so erzürnt hatte, dass er alle Vorsicht fallen ließ und mit lautem Kampfschrei auf den Feind eindrang, hatte er hingegen nichts entgegenzusetzen, und auch das magische Geschoss Yukis fand sein Ziel. Zwar ging der Monsterkoch sofort zum Gegenangriff über, doch war Ugnor wieder zurückgesprungen, um erneut Maß zu nehmen, was ihn knapp außer Reichweite des Feindes brachte.
Naoko war sich nicht sicher ob Reina ihn über den Lärm des Kampfes überhaupt wahrgenommen hatte. Doch plötzlich hatte er freies Schussfeld auf den grotesken Gegner. Mit aller Macht, konzentrierte er sich darauf, so viel magisches Feuer wie möglich, in seine Hand fließen zu lassen, während er bereits zum Wurf ausholte.
Der "Koch" schrie auf, als er plötzlich in Flammen gehüllt zwischen seinen Feinden stand. Der Schrei wurde zu einem Wimmern, dann erstarb er. Noch während der nunmehr leblose Körper zu Boden sank, schien er zu schmelzen. Blasen bildeten sich auf der Haut, die aufsprangen und ihren Inhalt, die bereits bekannte grüngelbliche Säure, durch die Luft spritzte. Doch diesmal waren Mirrasshi, Reina und Ugnor darauf vorbereitet und sprangen geistesgegenwärtig aus der Reichweite der Säure.