28. Eyre 999 NBK
So, mein erster Monat in Woodhelm ist fast überstanden. Ich muss sagen es macht nicht solch einen langweiligen Eindruck wie ich zunächst erwartet habe. Sicherlich gibt es hier nicht viel zu tun für die Soldaten, zumindest was Blut und Tod angeht. Allerdings gibt es oft genug Auseinandersetzungen, die geschlichtet werden müssen und die sich teilweise über Tage, wenn nicht sogar Wochen, hinziehen können (und erstaunlich viel schriftliche Ausarbeitung erfordern...).
Oft genug dreht es sich dabei um das "braune Gold", wie es hier offenbar manche nennen. Ich bezweifle zwar immer noch, dass man mit einem Stück Baum hier soviel Geld machen kann, sodass manch einer sich davon eine ganzes Anwesen mit Personal und allen drumrum leistet. Aber offenbar scheint es bei einigen doch zu klappen, wie ich zwischen einigen "normalen" Häusern entdecken konnte.
Obwohl zwar der Name Woodhelm darauf schließen lässt, dass das Baumaterial dieser Stadt zum Großteil vielleicht aus Holz besteht, war ich sehr überrascht doch recht viele Gebäude aus Steinen errichtet entdecken zu müssen, bis man mir erklärte, dass nur die Stämme hier gefällt und verkauft werden, aber nicht weiter verarbeitet. Daher sind nur in ärmeren und einfacheren Stadtteilen, vor allem der Ostausläufer der Stadt (liebevoll "Astloch" von den Bewohnern genannt), die Hütten komplett aus groben Stämmen zusammengeschichtet. Doch kann man auch innerhalb der besseren Viertel oftmals Gebäude finden, deren unteren Etagen aus Stein und die oberen dann weiter aus Holz gezimmert wurden. Der Anblick gefällt mir gut, wobei mich der Gedanke graut, was eine Feuersbrunst hier wohl anrichten würde...
Der Kommandant hat mich vor ein paar Tagen in ein paar Organisationsstrukturen und die Geschichte hier eingeweiht, wobei ich immer noch nicht den hunderprozentigen Durchblick habe, da offenbar vieles hier miteinander verzweigt. Ich bezweifle, dass selbst der Kommandant alles weiß.
Offenbar wird recht regelmäßig eine Art Stadtrat in Woodhelm bestimmt, der sich um das allgemeine Wohl der Bewohner kümmert und den Großteil der Bestimmungen für Land und Wälder übernimmt, eigentlich sogar die wichtigste Rolle, die sie hier inne haben. Mehrere dieser Räte, oft allgemein angesehene Personen, stehen im engen Kontakt mit der Folgschaft Arwais, einer Druidensekte, die sich um das Wohl des umliegenden Waldes kümmert und mehr oder weniger auch zum Stadtrat gehört. Diese Druiden laufen wohl ständig durch die Wälder und kontrollieren, ob die Rodung stets in der Balance und dem Ausgleich der natürlichen Regeneration des Waldes steht und dieser in seinem Wesen nicht zu stark verletzt wird. Bis jetzt ist mir noch nie ein Druide begegnet, aber sie sollen sich wohl nicht sonderlich oft aus ihrem Wald heraustrauen. Zumal ein baumloser Ring um die Stadt herum freigelegt wurde, wo sich einige kleinere Farmen mit Feldern befinden, die die Grundversorgung der Stadt sichern. Der Boden, der nach der Rodung freigelegt wird, ist wohl optimal für die Ackerbauern und ihr Saatgut. Einen besseren kann man angeblich selten finden, hat man mich belehrt. Ich hab nicht viel mit Pflanzen am Hut.
Neben dem Stadtrat und den Waldhütern gibt es da noch das Militär, also uns. Wir sorgen für das allgemeine Gesetz und die Ordnung in dieser Stadt, auch wenn es da oftmals nicht viel zu ordnen gibt. In den ärmeren Vierteln, wo die Holzarbeiter und Bauernjungen leben, die tagsüber hart arbeiten aber Abends dann auf Olladras Segen hoffen, bei dem Versuch ihren Tagelohn beim Würfeln zu verdoppeln, herrscht so manche geduldete Unordnung. Diese wird dennoch inoffiziell ebenfalls beobachtet und kontrolliert, jedoch in der Regel nicht weiter eingeschränkt. Die einfachen Arbeiter brauchen etwas um ihren Frust zu kompensieren und da würde ihnen auch kein Tempel bei helfen. So zumindest Hauptmann Nolte, als ich ihn darauf angesprochen habe.
Ansonsten weiß ich noch von der großen Gruppe der Forstwirte, die sich ständig in den Haaren haben, um Gebiets- und Rodeansprüchen. Wenn ich für jede Beschwerde eine Krone kriegen würde, bei der sich ein Forstwirt beschwert hat, dass sein Konkurrent einen Baum umgelegt hat, der aber auf seinem Grund und Boden stand, könnte ich meine Karriere vergessen und meine eigene Stadt kaufen.
Naja, das schrecklich jedenfalls ist an dieser ganzen Stadt, dass hier jeder irgendwie jeden versucht zu beeinflussen... Die Forstwirte wollen sich bei den Stadträdten einkratzen, damit diese mit den Zulassungen und Verträgen für die Rode- und Handelsgenehmigungen rausrücken. Die Stadträte wollen weiter ihre Stellung bei der Bevölkerung stärken, und da ja nun ein Großteil der Bevölkerung für die Forstwirte arbeitet, kratzt sich also auch der Stadtrat bei den Forstwirten wiederum ein. Der Kommandant Nolte muss stets darauf achten, dass er den Grundbesitzern beim ausüben seines Dienstes nicht zu nahe tritt, da er ansonsten Ärger mit dem Stadtrat bekommt. Die einfachen Arbeiter buhlen um das Ansehen der bäuerlichen Grundbesitzer und der Förster, damit diese mehr auf menschliche Arbeiter setzen und auf weniger Kriegsgeschmiedete. Nur auf die Wächter Arawais scheint niemand so recht zu hören, sofern diese sich mal beschweren.
Das wird noch eine lustige Zeit hier, habe ich das Gefühl. Man muss aufpassen, wem man hier auf die Füße tritt. Das wird ansonsten sicherlich schnell nach hinten losgehen. Ich glaube am Ende werden sich hier alle gegenseitig an den Hals springen, sofern sie nicht jemand anderes dafür finden sollten, der am besten ihre Stadt bedroht und am besten gleich niederbrennen will. Ich hätte jedenfalls gegen einen schönen Kampf nichts einzuwenden... Aber was tut man nicht alles für seine Karriere... durchhalten...