"Ah, da bist Du ja." begrüßt Saul die Sarenrae-Priesterin. "Ich hab euch bisher ja noch nicht allzuviel verraten, als hört zu. Das ganze wird so ablaufen ..."
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Nach einiger Suche hat Rendal den Halbelfen auch endlich gefunden. Gemeinsam sitzt man am Tisch und wartet darauf, dass das Turnier beginnen möge.
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Langsam wird es draußen dunkel, und drinnen beginnen die Gäste schon nach Kerzen oder anderen Leuchten zu fragen. Als plötzlich die Vorhänge zufallen und es für einen Moment stockfinster ist. Dann beginnt es von der Tür, die in die Küche führt, her zu scheinen. Mehrere als Palastdiener verkleidete Angestellte treten langsam heraus und durch den Saal , hin zu dem Podest. Sie tragen brennende Fackeln, die wie Heugabeln geformt sind, auf denen Menschenköpfe aufgespießt sind. Hinter diesen tragen zwei kräftige Männer, deren nackte Oberkörper mit Öl eingeschmiert ist und die in den als Gürtel dienenden Schärpen gefährlich aussehende Krummschwerter befestigt haben, eine große, mit Ketten verschlossene Kiste zum Podest und platzieren es oben auf der kleinen Plattform.
Als letzter folgt Saul Vancaskerkin, der Veranstalter des Turniers in Begleitung zweier wunderschöner, als Succubi verkleidete Frauen (Mihalyi erkennt die eine davon als Shirin). Er steigt mit seinen Begleiterinnen ebenfalls auf das Podest und nimmt vor der Kiste Aufstellung. Mit einer weit ausholenden Bewegung verbeugt er sich und wartet, bis das Gemurmel, dass sich bei diesem Schauspiel erhoben hat, wieder verstummt ist. Dann räuspert er sich und beginnt zu reden.
"Ich heiße euch alle im Goldenen Goblin, dieser schönen Spielhalle, willkommen. Heute abend werdet ihr alle die Gelegenheit dazu erhalten, den Teufel zu betrügen und nicht nur eure Seele zurückzugewinnen, sondern auch noch sein ganzes Gold zu stehlen."
Bei den letzten Worten tätschelt Saul liebevoll die Kiste, vor der sich in Positur geworfen hat.
"Ich hoffe, der Empfang durch seine liebreizenden Verführerinnen hat euch einigermaßen gefallen."
Das Gelächter der Gäste (und einige Pfiffe) ist ihm offensichtlich Antwort genug. Jedenfalls grinst der Spielhallenbesitzer selbstzufrieden.
"Wir sollten diesen Moment dazu nutzen, und dem Alten Kratzer dafür danken, dass er zu diesem Ereignis höchstpersönlich erschienen ist. Nicht nur, dass uns diese lieblichen finsteren Engel geschenkt hat, er hat sogar die tiefsten Kammern der Hölle geleert, um uns das Preisgeld für dieses Turnier zur Verfügung zu stellen."
Mit diesen Worten greift er nach oben und zieht mit kräftigem Schwung die Tücher herunter, die bisher den Käfig und seinen Inhalt verdeckten. Darinnen sitzt eine Kreatur, ein kleiner geflügelter Teufel mit langen, geschwungenen Hörnern und großen, im Moment am Körper zusammengefalteten Fledermausflügeln, die prompt zu toben beginnt und sich so heftig gegen die Käfiggitter wirft, dass man fast Angst haben muss, sie würden jeden Moment der Gewalt des Monsters nachgeben. Die Sprache der Hölle hallt durch den Saal und für einen Moment herrscht schockiertes Schweigen, dass aber alsbald in donnernden Applaus übergeht, als das Ding seine Raserei einstellt und sich die Aufmerksamkeit wieder auf den breit grinsenden Saul richtet.
"Natürlich hat er vor, seine monetären Verluste mit den Seelen derjenigen auszugleichen, denen heute im Spiel nur wenig Glück beschieden sein wird. Die Turnierregeln sind allerdings ziemlich einfach. In den Spielen könnt ihr Chips gewinnen, mit denen ihr euch den Weg aus der Hölle, in der ihr euch gerade befindet, freikaufen könnt. Auf diese Weise könnt ihr euch euren Weg immer tiefer bahnen, bis ihr schließlich den Schatz des Alten Kratzers erreicht habt. Zu Beginn, seid ihr alle in Avernus gefangen, der ersten der Neun Höllen. Um den neunten Kreis der Hölle zu erreichen, müsst ihr also Spiele gewinnen. Jedesmal, wenn ihr ein Spiel gewinnt, erhaltet ihr ein Goldauge. Als zweiter gewinnt ihr einen Silberzahn und als dritter ein Kupferherz. Diese mit Metall veredelten Fleisch- und Knochenstücke sind die Währung der Hölle und nur damit könnt ihr euch freikaufen, um euren Weg nach Nessus fortzusetzen. Der erste Spieler, der in Nessus ein Spiel gewinnt, darf nicht nur die in diesem Spiel erzielten Gewinne behalten; er gewinnt auch noch seine Seele zurück UND er darf die zehntausend Silbermünzen behalten, die der Alte Kratzer für dieses Turnier bereitstellte. Natürlich könnt Ihr eure Gewinne auch schon früher auszahlen lassen. Aber wenn ihr das tut, oder wenn ihr keine Einsätze mehr machen könnt... Naja, das bedeutet, dass ihr dem Alten Kratzer verfallen seid."
Vancaskerkin setzt ein teuflisches Grinsen auf. Wieder beginnt der im Käfig gefangene Imp zu toben und zu schimpfen.
"Und das bedeutet, dass ihr das Mal des Teufels sowie eine Eskorte aus der Spielhalle hinaus erhaltet, bis das Turnier vorüber ist."
Eine kleine, genau bemessene Kunstpause, bis das Gemurmel unter den Gästen etwas verebbt ist.
"Oh, ihr wollt wissen, was das Mal des Teufels ist? Wie soll ich es sagen, dass ist etwas viel zu schreckliches, als dass man überhaupt darüber nachdenken sollte. Es ist: der völlige Verlust eurer Seele. Aber ich denke, ich kann euch zumindest zeigen, was es ist. Die Götter wissen, dass ich das Mal des Teufels mehr als verdiene. Tatsächlich macht ihr am besten zwei daraus, Mädels!"
Auf diese Worte hin lehnen sich die beiden Succubi, die ihn begleiten zu ihm herüber und setzen ihm jede mit ihren rubinroten Lippen einen Kuss auf die Wange. Als sie wieder zurückweichen, sind zwei deutlich sichtbare Kussabdrücke in Sauls Gesicht zurückgeblieben. Saul strahlt über das ganze Gesicht.
"DAS ist das Mal des Teufels, meine lieben Gäste!" ruft er durch den Saal, was diesen in laute Begeisterungsrufe, Pfiffe und Gejohle ausbrechen lässt.
"Und jetzt seid Ihr an der Reihe. Lasst uns den Teufel betrügen und sein Gold stehlen!"
Woraufhin der alte Kratzer oben in seinem Käfig erneut in Schimpftiraden ausbricht, und das Turnier seinen Anfang nimmt.