Die Nachricht über Vigo Keldens Verrat trifft Willow schwer; erneut zuckt sie schockiert zusammen, dann starrt sie Lazard an. In seinem kühlen Blick kann sie nur tiefsten Ernst erkennen. Es muss wahr sein.
"Er hat was?! Und ich dachte, er hätte durch ein Wunder überlebt! Na dann ist er hier in einem passenden Loch gelandet! Ooh Onkel, wart' ab, wenn ich dich in die Finger kriege, jage ich dich durch alle Neun Höllen! Und ich kriege dich, das schwöre ich bei Dame Feuerhaar!" Das bereits getrunkene Bier macht es der Rächerin nicht einfach, sich immer zu beherrschen, und ihr Ausruf fällt lauter aus, als beabsichtigt, außerdem unterstreicht sie ihr Versprechen, indem sie mit der Faust gegen die Tischplatte haut. Dies stört sie jedoch nicht im geringsten, denn sie hat nur für eine einzige Person Augen.
Als Lazard ihre Hände in die seinen nimmt, schießt eine neue, heftigere Woge der Wärme durch den Körper der Halbelfe. Hoffnungsvoll und gequält zugleich erwidert sie seinen Blick, in dem unterdrückte, an die Oberfläche dringende Gefühle flackern. Die Worte des Mannes tun der Sunitin weh und wecken in ihr tiefstes Bedauern und Mitleid und gleichzeitig gerechten Zorn gegen ihren Stiefonkel, den Verräter.
Unvermittelt rutscht Willow mit ihrem Stuhl näher an ihren Stiefbruder und schlingt die Arme erneut um ihn, drückt seinen Kopf mit einer Hand gegen ihre Brust, wie eine Mutter, die ihr Kind tröstet. Ihre Sicht verschwimmt vor aufsteigenden Tränen.
"Lazard... es ist furchtbar... Aber wir haben uns wieder, ja? Nicht alles ist verloren. Ich habe jahrelang zu Sune gebetet, und sie hat uns einander zurückgegeben. Sie wird uns stets helfen, ich weiß es. Damit du wieder lächeln kannst, wie damals. Ach, Lazard... Und Onkel Vigo wird für alles büßen, was er uns angetan hat, alles, was er uns genommen hat! Das sind wir ihm schuldig! Und damit dein Herz genesen kann, ja?," vermengen sich in den Worten der jungen Frau Mitgefühl und Hoffnung mit Groll und Wut.
Während sie Lazard in den Armen hält, merkt Willow, wie sich noch eine andere Art von Wärme in ihr ausbreitet. Ihre tränenbenetzten Wangen färben sich nun tiefrot, als ihr richtig bewußt wird, an welche Stelle sie den jungen Mann gerade drückt. Das Gefühl der intimen Nähe wird immer überwältigender, verdreht ihr immer mehr den Kopf...dennoch ist die Sunitin sich der vielen Augen in der Kneipe bewußt, und die gesamte Atmosphäre mitsamt der Duftnote schaffen nicht gerade romantische Stimmung.
Zitternd, unsicher, drückt die Halbelfe Lazard etwas zurück, umfasst aber seine Unterarme fest, als fürchte sie, er würde sich gleich in Luft auflösen. Ihren Blick kann sie jedoch nicht in seine Augen richten.