Der Junge nimmt aufgeregt das Schwert entgegen. Als Sard ihm dann die Geschichte der Waffe in einem knappen Satz mitteilt, bleibt sein Mund offen. Sein Gesichtsausdruck schwankt zwischen: "Hä, was meint der damit ?" und einer Mischung aus Angst und Ekel.
Mit großen Augen und immer noch heruntergeklapptem Unterkiefer gibt er die Klinge zurück, ohne sie sich angesehen zu haben, und rennt schnell davon.
Indes setzt sich Zarna-Kai einige Gänge weiter in der Haupthalle ans Feuer, und versucht die Stimmung und Gespräche der Leute aufzuschnappen.
Rings um das große Feuer sitzen noch mindestens zwei Dutzend weitere Personen. Einige Frauen, die die gerade im unterirdischen See oder Fluss gewaschenen Kleider trocknen. Andere rösten sich diverse Stücke von Fleisch oder Pilzen.
Insgesamt - trotz der ausgelassen spielenden Kinder - ist die Stimmung, vorallem bei den Erwachsenen, eher angespannt.
Zwei der Frauen, die die Kleider trocknen, unterhalten sich offenbar über die Bedrohung durch Frostmantel. Ein Satz ist zu hören wie: "...werden sie uns bald hier finden, und kommen. Ich vertraue unserem König, aber..."
In diesem Moment kommt ein kleine blonder Junge, mit etwas verstörtem Gesichtsausdruck, aus dem östlichen Tunnel gerannt.
Zarna-Kai schaut sich ein wenig um. Von den Wachen abgesehen, die ab und an ihre Patroullien durch die Haupthalle machen, handelt es sich um "ganz normale" Leute.
Doch zwei von ihnen passen absolut nicht ins Bild: Von Osten kommend, sieht Zarna-Kai zwei in schwarze Lederrüstungen und Ledermänteln gehüllte Männer, die eine sehr ähnliche Erscheinung wie die des Vindikator Thûl besitzen. Zwar tragen sie nur Leder, und offenbar keine Waffen, doch ihre Gesichter sind genauso bleich und ausdruckslos, ihre Pupillen seltsam violett. Langsamen Schrittes durchmessen sie die Halle...
Neben Zarna-Kai sitzt ein älterer Herr mit ergrauten schwarzen Haaren und den schwieligen Händen eines Arbeiters oder Handwerkers. Dieser sagt gerade zu seiner Frau, die neben ihm sitzt "Weißt du noch, als wir noch in Dorf Blutstein lebten ?"
Offenbar sind die meisten Leute hier aus Dorf Blutstein selbst, oder der näheren Umgebung.
Ursprünglich gab es wohl tatsächlich irgendwo hier mehrere Höhlen, in denen der Widerstand - jene Kämpfer und Rebellen, die nun größtenteils als Soldaten hier ihre ehrenvolle Pflicht tun - seine kleinen, unabhängigen Lager und Stützpunkte hatte. Erst durch König Pavel Drachenbann, und der Kraft des Baumjuwels, konnte für die breite Masse der Bevölkerung Platz und Sicherheit geschaffen werden.
Doch das Leben "unterm Berg", wie jener grauhaarige Steinmetz es genannt hat, ist für die wenigsten wirklich erbaulich. Auch wenn sie freilich froh sind, und es ihnen allemal besser ergeht, als der halbverhungerten, und in höchstem Maße schikanierten Landbevölkerung im Rest von Damara, die im besten Fall nur bespitzelt, im schlimmsten Fall brutal ausgeplündert wurden.
Eben jenen hageren, teilweise verhungerten, oder aber der Trunksucht verfallenen, Bauern, die ihr auf eurem Weg hierher getroffen habt.
"Wenn doch bloß diese verdammten finsteren Vaasaner nicht wären. Ich verstehe wirklich nicht, was die hier wollen, die sollen sich verdammtnochmal...", der Mann hält inne, und schaut nach rechts - genau in Richtung der beiden dunklen Ritter, die soeben abrupt stehen geblieben sind.
Falls sie dies wirklich gehört haben, so müssen sie wohl sehr gute Ohren haben.
Doch offenbar haben sie es gehört, denn sie steuern mit nun sehr viel schnellerem Schritt und geradewegs auf das alte Ehepaar (und damit auch Zarna-Kai) zu.
Der Mann läuft knallrot an, und beginnt am ganzen Leib zu zittern.
Wie ein geschlagener Hund, in Erwartung einer Tracht Prügel.
Es ist keine Wache anwesend.
Der ältere Mann schaut gerade aus ins Feuer, und tut so, als ob er die nahenden Männer nicht bemerke.
Auch seine Frau scheint regelrecht in innerlicher Panik zu sein.
Die Leute ringsherum scheinen das Nahen der beiden zu bemerken, und ihr Verhalten gleicht dem auch. Frauen zerren ihre Kinder weg, und versuchen unauffällig zu verschwinden. Andere stehen auf, und laufen zu den Wohnquartieren.
Schließlich sind sie nur noch wenige Meter weit weg.
"Die sollen sich verdammtnochmal was ?", wiederholt einer von ihnen, den damaranischen Dialekt des Älteren nachäffend, leise, und mit grinsendem Gesicht, während er sich den Mantel weit aufschlagend neben den älteren Mann (und damit zwischen ihn und Zarna-Kai, den er offenbar noch gar nicht gesehen hat) auf den Boden kniet. Der andere stellt sich mit dem Rücken zu ihm, und beäugt die Gänge (offenbar ob Wachen kommen)
Der Alte verbleibt stumm, auch wenn Zarna-Kai ihn jetzt wegen des Mantels nur schlecht sehen kann.
Weitere Leute weichen vom Feuer zurück, und drängen entweder in den östlichen Teil der Halle, oder in die Gänge zu den Wohnbereichen.
"Was sollen die sich, he ? Hat es dir die Sprache verschlagen du altes Stück Scheiße ?", die Worte des Hexenritters sind hart, doch seine Stimme seltsam und morbide sanft und leise. Dazu das Grinsen. Von weitem könnte man meinen, er würde ein paar freundschaftliche Worte mit dem Alten wechseln.
Dieser verbleibt weiterhin stumm, seiner Frau treten unwillkürlich die Tränen ins Gesicht.
Mit blankem Entsetzen starrt sie auf irgendetwas, was der Hexenritter - durch den Mantel verborgen - in der Hand hält.
Der alte Mann und seine Frau zittern nun am ganzen Leib und bringen kein Wort mehr heraus...